Michael Brandtner und Constantin Wissmann haben aus ihrer Liebe zum Ruhrgebiet die Klamotten-Marke „Ruhrverliebt“ aus der Taufe gehoben. Seit ein paar Jahren vertreiben sie T-Shirts, Kapuzen-Pullover, Poster und weitere Accessoires mit Bezug zum Ruhrgebiet. Warum sie das machen, erklären sie uns ausführlich im Interview.
Hallo Michael und Constantin! Was heut euch dazu gebracht ein Modelabel mit Ruhrgebiets-Streetwear auf den Weg zu bringen?
››Das Ruhrgebiet ist unsere Heimat und für uns der schönste Ort der Welt. Er ist ein Schmelztiegel, in dem alle möglichen Schichten und Kulturen zusammen kommen und miteinander leben. Alles ist möglich! Ein zentraler Punkt im Pott ist die Zechenkultur, welche auch weiterhin in den Köpfen der Leute und im Herzen getragen werden sollte. Genau dieses Lebensgefühl wollen wir mit unserer Kollektion vermitteln und in die Welt tragen.‹‹
Wie habt ihr losgelegt?
››Im Prinzip ist das ganze Projekt „Ruhrverliebt“ über Jahre gewachsen und war nicht von Anfang an mit einem Streetwearlabel verbunden. Als erstes war da zunächst der Begriff „Ruhrverliebt“ – ein Gefühl welches die Verbundenheit zum Ruhrgebiet ausdrücken soll. Dieser hat sich vorallem durch regelmäßige Ausflüge an der Ruhr entwickelt und dann im Kopf festgesetzt. Das dadurch irgendwann mal ein Streetwearlabel entstehen könnte, war uns bis dato so gar nicht bewusst. Der Bezug zu Klamotten kam erst dann auf, als Constantin anfing den Begriff in verschiedenen Designs verpackt über eine Produktionsplattform auf T-Shirts und Hoodies drucken zu lassen. Zunächst erst einmal für den Freundeskreis und dann immer mehr über dessen Grenzen hinaus.‹‹
Ist ›Ruhrverliebt‹ euer einziges Business, oder habt ihr noch andere Jobs nebenher?
››Ruhrverliebt ist unsere große Leidenschaft aber nicht unser Hauptberuf. Daher können wir nicht so viel Zeit für unser Label aufwenden, wie wir möchten. Michael kommt aus dem handwerklichen Bereich und arbeitet als Servicetechniker bei einer großen Firma. Außerdem ist er leidenschaftlicher Fanbeauftragter beim Traditionsverein Rot-Weiß Essen. Seit Dezember hat er noch einen weiteren Job, nämlich Vater eines kleinen Sohnes. Constantin hat parallel zu dem Projekt „Ruhrverliebt“ vor vier Jahren eine Ausbildung als Mediengestalter begonnen und arbeitet nun nach erfolgreichem Abschluss dieser Ausbildung seit einem Jahr als Designer in einer Dortmunder Werbeagentur.‹‹
Welchen Background habt ihr? Ist einer von euch Designer?
››Ja, Constantin ist gelernter Mediengestalter. Alles weitere ist durch eigene Lernprozesse, Hilfe von Freunden oder Arbeitskollegen zu Stande gekommen.‹‹
Die Region zwischen Duisburg und Unna ist ja vor allem durch Armut geprägt, wie kaum eine andere Gegend in Deutschland. Was hält euch ihr, warum haut ihr nicht ab nach Berlin?
››Wir sind Jungs aus dem Pott und wer einmal hier war, will nicht mehr weg. Na gut, das ist eventuell eine etwas romantisierte Vorstellung, aber im Ernst – wo hast du gleichzeitig Industriekultur neben vielen schönen Grünflächen? Wo geben sich graue, triste Innenstadt und historische, wunderschöne Bauwerke die Hand? Wo mischen sich verschiedene Kulturen und feiern gemeinsam das Leben? Wo isst vom Malocher bis zum Vorstandsmitglied jeder gemeinsam an der Bude eine Currywurst und prostet sich dabei mit einer Bergbauschorle zu? Genau – hier im Ruhrgebiet. Warum zum Teufel sollten wir also woanders hin? Das neue Motto von Ruhrverliebt drückt genau das aus was wir empfinden. Denn wir sind „Nirgendwo lieber als hier“. Hier, das ist für uns das Ruhrgebiet, wo wir aufgewachsen sind, hier wo unsere Familie und Freunde leben. Hier, wo wir unsere gesamte Schulzeit verbracht haben, die ersten Partys mit Freunden gefeiert haben, das erste Mal verliebt gewesen sind und das erste Mal zum Fußball gegangen sind. Hier, wo wir unseren Kindern beim aufwachsen zusehen können. Das alles und viel mehr verbinden wir mit dem Ruhrgebiet – unserer Heimat.‹‹
Karl Lagerfeld sagte immer, dass Mode zeitlos sein muss. Glaubt ihr, das gilt auch für eure Motive, die ja häufig mit einem Bezug zum Bergbau ausgestattet sind?
››In Zeiten des Klimawandels schließen Zechen, die Traditionen aber bleiben. Der Bergbau hat Generationen von Menschen und deren Lebensgefühl geprägt, welches sicherlich zeitlos ist. Motive unterliegen aber natürlich auch immer Modetrends und dem persönlichen Geschmack des Designers und das ist ja auch eine schöne Sache. Es gibt sicherlich nur sehr wenige Kleidungsstücke, die absolut zeitlos sind und schwer einer Epoche zugeordnet werden können. Karl Lagerfeld sagte schließlich auch, dass Menschen in Jogginghose die Kontrolle über ihr Leben verloren haben. Das ist doch absoluter Tinnef!…‹‹
Wie sieht euer Business genau aus? Momentan vertreibt ihr die Klamotten nur via webshop? Plant ihr auch ein eigenes Ladenlokal?
››Zu Beginn wurde das Label nur von Constantin geleitet, im Freundeskreis verkauft und entwickelte sich dann über diese Grenzen hinaus. Die jetzige Kollektion ist der Startschuss einer neuen Ära. Wir sind zu zweit und nutzen, bis auf eine neue Ausnahme, nicht mehr die vorherige Plattform, welcher wir nur die Designs zu Verfügung stellen konnten. Der neue Onlineshop bedeutet, dass alles von uns in Produktion gegeben, organisiert und versandt wird. Damit sind wir unabhängiger und näher am Kunden, genau das was wir wollen. Die neuen Klamotten für Kinder müssen wir aus wirtschaftlichen Gründen zunächst erneut über die Plattform laufen lassen, basteln aber auch hier an einer anderen, „eigenen“ Lösung. Geplant ist der Sprung vom ausschließlichen Onlineshop zur persönlichen Kontaktaufnahme zu unseren Kundinnen und Kunden auf Märkten oder Festen. Ein eigenes Ladenlokal steht noch nicht auf dem Plan – wir gehen Schritt für Schritt.‹‹
Eure Materialien sind, so steht es bei euch auf der website, selbstverständlich Fairtrade. Wie genau habt ihr die Handelketten dazu im Blick, dass ihr Ausbeutung und Dumpinglöhne ausschließen könnt?
››Irgendwie ist es doch so: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ – dem können wir beide auch nur zustimmen. Jedoch ist es im Endeffekt immer leichter gesagt als getan. Um eine gewisse Sicherheit zu haben, mussten wir im Laufe unserer Planungs- und Einkaufsphase eine gewisse Zeit an Recherche betreiben um Zertifikate, Produzenten und Standards zu analysieren, welche unseren Vorstellungen entsprechen. Unsere T-Shirts und Hoodies beziehen wir nun von etablierten und vertrauenswürdigen Produzenten die mit den Fairtrade- und Biobaumwoll-Zertifikaten unserer Vorstellungen ausgezeichnet sind.‹‹
Angenommen ihr könntet für einen Fußballverein als Trikotsponsor auftreten, wie würdet ihr die Trikots gestalten?
››Am liebsten sehen wir natürlich unsere Heimatbrauerei Stauder auf der Brust eines Fußballvereins. Sollte es wirklich mal so kommen, dass wir die Brust eines Vereinstrikots schmücken dürfen, würden wir es auf jeden Fall im Sinne der Fans gestalten und versuchen diese so gut wie möglich mit einzubinden.‹‹
War 2019 bislang ein gutes Jahr für euch? Und was wünscht ihr euch noch, damit es noch besser wird?
››Das Jahr 2019 zeigt uns bisher das die Liebe zum Ruhrgebiet und zum Bergbau im Speziellen nicht nur ein kurzer Trend war sondern eine tief verwurzelte Verbundenheit in den Menschen hier im Ruhrgebiet ist. Wir würden uns wünschen, dass die Anzahl an Menschen weiterhin steigt die unser Heimatgefühl „Ruhrverliebt“ genauso wie wir leben und es nach außen hin zu repräsentieren.‹‹