Karl-Heinz Rummenigge, beim nationalen Ligaprimus FC Bayern München immerhin der aktuelle Vorstandschef, sprach bei einer Diskussionsrunde in Mailand nun ganz offen von der möglichen Einführung einer Europaliga mit 20 Top-Mannschaften. Aktuell überlieferte Zitate des Funktionärs sorgen derzeit für viel Aufsehen in der Szene. Mal wieder, möchte man fast schon anmerken.
Dies dürfte wohl insgeheim ein weiterer Schritt des Rekordmeisters sein, die Diskussion der Vermarktung der Fußball-Bundesliga in seinem Sinne voranzutreiben. Erst kürzlich wurde ja innerhalb der Bundesliga das Thema TV-Vermarktung sehr kontrovers diskutiert. Hintergrund dürfte nun auch wohl hier sein, dass die englische Premier League durch einen neuen, besonders lukrativen TV-Vertrag finanziell in ganz neue Dimensionen vorstoßen konnte, während den FC Bayern (und auch andere Top-Clubs der Bundesliga) hierdurch ein großer Wettbewerbsnachteil erwarten.
„Ich schließe es nicht aus, dass man in Zukunft eine europäische Liga gründet, in der die großen Teams aus Italien, Deutschland, England, Spanien und Frankreich spielen“, sagte Rummenigge nun jedenfalls (lt. eines Berichts u.a. der Süddeutschen Zeitung) in einer Diskussionsrunde an der Mailänder Universität Bocconi. Das dürfte in den Ohren vieler Fußball-Manager wie eine offene Drohung klingen.
Dass sich die Bayern dann ihrem Selbstverständnis nach dann natürlich mit zu diesen 20 Clubs zählen dürften, das sollte klar sein. Doch welche anderen 19 Vereine sind dann mit dabei? Der BVB? Wahrscheinlich. Schalke? Möglich. Und sonst? Aus der Bundesliga? Wolfsburg? Leverkusen? Wohl wenig attraktiv außerhalb Deutschlands. Das dürfte dann schon bei der konkreten Besetzung einer solchen Liga spannend werden.
Zwar beteuerte der Ober-Bayer eine neue Liga sei nicht als Angriff auf die UEFA und die bestehende Champions League gedacht, es bestehe vielmehr Bedarf, „das Fußballsystem an die neuen Herausforderungen der Globalisierung anzupassen“.
Doch wie sonst soll diese neue 20er-.Liga verstanden werden? Denn eine 20er-Liga würde ja automatisch etliche Spiele beinhalten. Und zusätzliche Spiele verkraften die aktuellen Top-Spieler kaum. Darin sind sich aktuell eigentlich alle Experten einig.
Also ein Ende der bisherigen Champions League? Oder ein ‚Abstieg‘ der ersten nationalen Ligen zu einer Art ‚Unterhaus‘ der europäischen Liga? Gibt es dann auch dort Auf- und Abstieg?
Diese Superliga könne unter dem Dach der Europäischen Fußball-Union (UEFA) „oder auch privat“ organisiert werden, so ergänzte Rummenigge seine öffentlich laut ausgesprochenen Gedankenspiele. Und so eröffnen sich also dann also auch dazu wohl abermals nun unzählige Diskussions- und auch Streitpunkte.
Und wie man diese auch konkret lösen würde, die nationalen Spiele würden weiter an Bedeutung verlieren. Das dürfte der großen Mehrheit der Clubvertreter und auch der Fans wohl nicht gefallen. Egal wie die Details dann auch aussehen würden.
„Das ist eine Idee, die vor einiger Zeit entstanden ist. Ich beobachte, dass in den fünf stärksten europäischen Ligen die Spitzenklubs immer stärker werden.“, so Rummenigge weiter.
Doch ob ausgerechnet diese Idee den Fußball wieder zu mehr Chancengleichheit und Wettbewerb bringen würde? Schwer vorstellbar.
Wahrscheinlicher erscheint es da schon, dass Rummenigge durch solche Äußerungen nur neuen Druck auf die anstehenden Verhandlungen bzgl. eines neuen Fernsehvertrages für die deutsche Bundesliga machen möchte.
Schließlich droht auch den national zu enteilen drohenden Bayern die Überflügelung durch die englischen Top-Clubs. Und wenn man schon x-mal in Serie Deutscher Meister werden wird, dann möchte man international halt nicht abgehängt werden. Nicht in der Tabelle, aber eben auch nicht finanziell.
So gesehen kann man Rummenigge dann schon auch irgendwie verstehen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Europasliga als 1. Liga und Bundesliga als 2. Liga etc. zu höheren Einnahmen für die großen Vereine führen würde.
Fußball lebt von den Reisen zu Auswärtsspielen, vom Lästern mit Kollegen etc.
Das würde entfallen.
Vermutlich wäre dann eine Regionalliga interessanter zum Zuschauen.
TV-Gelder müssen sich rechnen. Mein Budget an Zwangsabgabe, Streaming, Pay-TV hat Genzen. Bei Fußball sehe ich sie bei mir bei 20 EUR/Monat.
@ke: Die Einnahmen werden aber zu einem immer kleinerem Teil auch aus den Eintrittsgeldern der Fans in den Stadien gewonnen. Da werden die TV-Gelder immer wichtiger. Und auch wenn es, wie Du schreibst, immer viel Spaß macht mit auf Auswärtstour zu gehen, auf der Einnahmenseite der Clubs spielen die 'paar' Gästefans eben eine immer geringere Rolle. zumal viele Stadien ohnehin fast immer voll sind. Bleibt einer weg, dann kommt ein anderer. Sieht man ja auch an der seit Jahren laufenden Aktion gegen Montagsspiele und 'pro 15.30'. Das zündet nicht, weil die Clubs im Zweifelsfall auf die paar Reisefreudigen verzichten. Und in England kommt die Kohle aus dem Pay-TV. Da werden ganz andere Summen aufgerufen als hierzulande. Das wird hierzulande noch erbitterte Diskussionen bei und mit den Fans geben, denke ich. Zumindest dann, wenn man mit den anderen Ligen mithalten will. Und die 'großen' Clubs wollen das ganz sicher…
Auf dem dt. Pay TV Markt sind nicht die Summen zu erzielen wie in England.
Wir haben viel Privatfernsehen von relativ guter Qualität und viele andere frei empfangbare Programme.
Interessant wird es, wenn die Streaming-Dienste als Marketing-Maßnahme Rechte erwerben würden.
Ohne Fankultur etc . sehe ich auch nicht die grßen Einnahmen beim Merchandising von Original-Artikeln etc.
Ligen werden durch Spieler/Typen interessant. Ich hatte mir jetzt auch ein paar Liverpool Spiele angesehen. Das war richtig schlimm. Leicester als Spitzenmannschaft?
Interessanter wären da WM und EM Spiele im Jahreswechsel mit wenig Mannschaften und Auf-/Abstiegsregelungen (siehe Eishockey, wenn es da nicht geändert wurde).
Robin und kE:
Ich gehe davon aus, daß die für Unternehmen wie den FCB, wie für Barca, wie für Real, wie für ManCity usw. verantwortliche Manager über hinlänglich qualifizierte Gutachter und Gutachten verfügen, um zu wissen, ob mit einer "europäischen Fußball-Liga" durch ihr Unternehmen mehr Geld zu verdienen ist oder nicht, einschließlich der dazu gehörenden Risikobetrachtung, einschließlich einer Auflistung notwendiger Rahmenbedingungen -Wegfall von……..?? Stattdessen……? Und/Oder……
Und wenn sich die "europäische Fußball-Liga" für die Großvereine in Europa rechnet? Gibt es dann "ein Halten, ein Aufhalten"? Ich denke nein.
Robin,
es mag allerdings so sein wie Du abschließend feststellst: "Rummenige pokert "! Es spricht derzeit Vieles für Deine Vermutung.
Ich hab diese "Diskussionsanstoßung" vom Lippstädter bislang so verstanden, dass er eine richtige Liga meinte und kein "Zusatzbusiness" zu den bestehenden 1. Ligen der einzelnen Nationalverbände und deren nationalen Meisterschaften. Also Aufstieg in die Europa-Liga als jeweils Meister plus x dahinter Platzierte.
Wenn er allerdings mit dem Argument rumhantiert, es ginge um attraktiveren, offeneren Wettbewerb als in den jeweiligen Heimligen – über deren recht statische Nicht-Entwicklung mit langweiligen Titel"rennen" er ja richtigerweise lamentiert – , dann wird die Frage, wer darf und wer darf dann nicht, die UEFA schnell spalten. Das dürften dann nur noch wenige Vereine mit dem richtig fetten Festgeldkonto auf längere Sicht durchhalten, also ist diese westfälische Idee egoistisch und doof.
Bloß den FC Bayern raus aus der Bundesliga! Rein in die Europa-Liga!
Dann wäre die Buli endlich wieder interessant!
Es geht ja nur noch um den 2.Platz 😉