Wir haben uns hier schon öfter gewundert, warum die NRW-Landesregierung moralisch angreifbar ist. Wir haben uns gefragt, wie es sein kann,
– dass Regina van Dinther (CDU) noch Präsidentin des NRW-Landtages ist, obwohl sie offenbar keine ausreichenden Parteiabgaben leistete und dazu noch Kohle für Kaffekränzchen bei der RAG einstrich.
– dass Umweltminister Eckhard Uhlenberg die Öffentlichkeit mit frisierten Daten zur Giftbelastung täuschte, dieses Vergehen von einem Gericht bestätigt bekam und trotzdem behauptet, dem wäre nicht so.
– dass Roswitha Müller-Piepenkötter Justizministerin bleiben konnte, obwohl unter ihrer Herrschaft Leute in Gefängnissen zu Tode gefoltert oder ermordet wurden.
Die Reihe lässt sich fortsetzen. Der einzige der zurücktrat, war Oliver Wittke, der CDU-Chef aus dem Ruhrgebiet. Er war zu schnell gefahren. Eine Petitesse. Aber er wusste, was sich gehört. Vielleicht hat er sich deswegen auch aus dem Umfeld von Rüttgers davon gemacht.
Wie konnte es sein, dass Ministerpräsident Jürgen Rüttgers Skandale wie die Miet-Mich-Sache erdulden musste?
Heute enthüllte die Süddeutsche Zeitung auf der Seite 3 einen Vermerk des Ministerpräsidenten, den dieser im Urlaub 2005 verfasst hat. Darin geht es handschriftlich um Ideen für seine Regierungszeit. Was er machen will, wie er da stehen will. Auf dem Papier steht klein aber lesbar: „Imagekampagne“.
Ist das was besonderes? Ja. Dieses Wort beweist, dass der Ministerpräsident Rüttgers die Unwahrheit gesagt hat. Denn als der Ministerpräsident vor Jahren gefragt wurde, ob er mit Hilfe der Staatskanzlei eine Millionenschwere Imagekampagne geplant habe, ließ Rüttgers diese Pläne dementieren. Einer der engsten Vertrauten von Rüttgers sagte damals in der Staatskanzlei: „Nicht ich lüge, der Ministerpräsident lügt.“ Dem Vertrauten passierte nichts.
Diese Anekdote beweist, dass Rüttgers nicht in der Lage ist, einen moralischen Pol zu bieten, an dem sich seine Mitarbeiter und seine Regierung ausrichten können – und müssen. Rüttgers zweifelhafte Moral verdirbt damit auch die Moral seiner Umgebung, sie verdirbt die Moral der Landesregierung.
Der Ministerpräsident lügt, sein Vertrauter enthüllt die Lüge und nichts passiert.
Aus diesem Grund darf Uhlenberg lügen. Aus diesem Grund darf jeder andere in der Regierung das tun, wonach ihm der Sinn steht.
Aufrechten Konservativen ist das ein Graus.
Welche Politiker sagen denn jemals die Wahrheit?
Mir fallen dazu zwei kleine Witze ein, denn diesen Wahnsinn kann man nur mit Sarkasmus ertragen.
1.) „Wenn Politiker die Wahrheit über ihre Parteien sagen, sind sie entweder betrunken oder nicht mehr im Amt.“
2.) Ein Mann kommt in den Himmel. Er kommt an einem Baum vorbei, an dem lauter Glocken hängen. Die bimmeln so fröhlich vor sich hin. „Petrus, wozu ist dieser Baum da?“
„Das ist ein Lügenbaum. Jedes Mal, wenn auf der Erde ein Mensch lügt, klingelt ein Glöckchen.“ – „Aha!“ Der Mann bleibt noch eine Weile stehen, auf einmal fällt mit einem lauten Geschepper der ganze Baum um. „Petrus, was ist denn nun passiert?“
„Tja, NRW Landtagssitzung!“
Naja, ob hier bald noch solche Ansichten stehen werden? Wo der Bodo sich Euren Leader als ach so pfiffigen Schachzug einverleibt hat, um WAZ-kritische Töne in Zukunft im Ruhrgebiet zu unterbinden. Und im gleichen Abwasch kann er dafür sorgen, dass kritische Töne gegenüber seinem Freund Jürgen auch gleich unterbleiben. Wunder oh Wunder, dass sich noch keiner seitens der SPD Mülheim über diesen Kuschelkurs aufgeregt hat oder gar andere Initiativen diskutiert werden.
daß Politker lügen, welche Entdeckung. Interessant wäre doch mal die Frage, warum sie lügen. Aus eigenem Machterhalt? Stellt sich die Frage, ob dies systematisch notwendig ist für den Machterhalt – weil um Macht geht es ja wohl allen, deshalb sind sie ja Politiker – oder persönliches Versagen. So systematisch die Lüge ist, so systematisch ist die Auffassung der Öffentlichkeit: Zumindest idealiter gehört es zu einem Politiker, den Souverän nicht zu belügen. Man könnte sich auch hier fragen, wie eine solche Sicht der Dinge zustande kommt. Ständig wird gelogen und trotzdem wird nicht nach dem Warum gefragt, sondern einfach behauptet das würde nicht unbedingt dazu gehören. Wie kommt man dazu? Die Erfahrung weist ja einen anderen Weg. Es wird behauptet, daß die Lüge nicht zur Politik gehört, sondern zum Politiker. Der Rückschluss von der beständigen Lüge der Politiker auf den Charakter der Politik, daß die Lüge notwendig zu ihr (!) gehört, den will man partout nicht ziehen. Das würde dann ein schlechtes Licht auf die bestmögliche Staatsform werfen.
„obwohl unter ihrer Herrschaft Leute in Gefängnissen zu Tode gefoltert oder ermordet wurden“
Ist das nicht synonym?
Also „… zu Tode gefoltert und ermordet wurden.“
@ so, so – #3 In der Tat, ich würde auch sagen, daß die Lüge ein systemimmanentes Problem unserer politischen Kaste ist, um an den Fleischtöpfen der Macht zu bleiben.
Nicht ohne Grund forderten damals u.a. deshalb die dem der Theorie des staatsmonopolitischen Jungsozialisten bis Ende der 70er Jahre das imperative Mandat, denn solange die Abgeordneten nur ihrem „Gewissen“ für eine ganze Wahlperiode Rechenschaft ablegen müssen, nicht aber direkt den Wählern, sitzt das Gewissen bei den meisten im eigenen Portemonnaie und Wohlergehen.
Ich halte diesen Ansatz der sog. Stamokaps heute mehr denn je für richtig, da wir im Prinzip von Monopolkonzernen und ihren lügenden politischen Handlangern regiert werden.
Oskar Lafontaine hat die Situation passend beschrieben: „Ich beziehe mich auf Rousseau, der gesagt hat, in dem Verhältnis zwischen Starken und Schwachen befreit das Gesetz, und die Freiheit unterdrückt. Wenn den Starken keine Grenzen gesetzt werden, unterdrücken sie die Schwachen und schaffen ein System der Unfreiheit.“
Aber, auch dieses Zitat finde ich passend:
„Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen alle anderen.“ – Winston Churchill –
@ Olaf Du kannst doch jemanden ermorden, ohne ihn zu Tode zu foltern.
Unter Frau M-P sind doch auch diese beiden Lebenslänglichen mit Sicherungsverwahrung aus dem Aachener Gefängnis ausgebrochen, und das nach monatelanger Beschwerde seitens der Belegschaft über die Zustände dort, oder hab ich das falsch in Erinnerung?
@dieter Carstensen
ja, der gute alte Stamokap. Nur auch hier wäre die Frage angebracht, warum denn die Politiker explizit – mit der Gewissensfreiheit der Abgeordneten – das imperative Mandat verbieten. Alles Undemokraten? Mal abgesehen davon, daß der gute alte Engels – weil wir beim Stamokap sind, sei der Verweis erlaubt – die damaligen Anhänger des „Volksstaats“ darauf hingewiesen hat, daß die Schweiz als Realisierung aller dieser Ideale ein durchaus reaktionärer Staat war, gebe ich doch zu bedenken, daß es in der Demokratie eine Herrschaft gibt. Also die Fähigkeit andere Menschen zu zwingen etwas zu tun, was die Beherrschten nicht wollen und dies als über der Gesellschaft stehende Institution. Und es stellt sich die Frage wen das Volk, das herrscht, zwingt. Sich selbst? Und warum verdoppelt es sich denn in einen über ihm stehenden Gewaltapperat und sich selbst? Jemand der etwas will und zugleich dazu gezwungen werden muß und sich dann selbst zwingt zu etwas, was er will.
Was das Zitat von Lafontaine betrifft: Er unterstellt ja daß es Starke und Schwache gibt. Und er meint ja nicht Schläger sondern ökonomisch Starke und Schwache. Woher haben denn die Starken ihre Macht, wenn nicht von den durch die Politiker eingerichteten Institutionen? Das ist doch der Staat selbst, der den „Produktionmittelbesitzern“ die Macht gibt. Nur wegen seines Wirkens, kann sich die exklusive Verfügung über diese halten. Sie würden ja sonst ausgelacht, mit ihrem Anspruch, daß die Benutzung derselben nur zu ihren Konditionen stattfindet. Zuerst Verhältnisse einrichten, die man dann wieder eindämmen will, welch merkwürdiges Verfahren. Übrigens auch etwas was die Stamokaps so merkwürdig gesehen haben. Die Monopole bemächtigen sich des Staates. Und vorher war er neutral? Ja warum hat er denn dann systematisch Verhältnisse eingerichtet, die schon in Zeiten des „Konkurrenzkapitalismus“ unter König irgendwas systematisch zum größten Elend und zur Scheidung von Starken und Schwachen geführt hat, die übrigens auch ganz aktiv von ihm betrieben wurde. Da haben sich auch Demokratien wie die USA nicht lumpen lassen (der Film „Heavens Gate“ schildert das übrigens aufs Schönste).
@dieter carstensen
und noch was:
Churchills Aussage lebt ja vom Vergleich von Herrschaften. Daß es Herrscher und Beherrschte gibt, ist ihm das Selbstverständlichste in der Welt. Und dann merkt er an, daß die Demokratie doch das kommodste Zwangsverhältnis ist. Wobei ich bei Churchill nicht mal weiß, ob er das für die Beherrschten oder Herrschenden meint 😉
Haha und so was glaubst du David in der WAZ schreiben zu können?
Lächerlicher Klamauk zum Abschied? Ich glaube wir lesen bald in:
https://www.wir-in-nrw-blog.de/ von dir… oder?
Gruss
P.S. wenn man in „DerWesten“ einen Link auf die Ruhrbarone setzt wird er erbarmungslos gelöscht, mit dir auch?
Es heißt ja nicht umsonst: DerWesten Löscht und Zensiert am Besten!
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