RVR entscheidet in Sachen ‚Datteln 4‘: „Wo bleibt das regionale Bewusstsein, das Selbstbewusstsein dieser Region?“



Am morgigen Freitag tagt in Essen das RVR-Parlament. Läuft alles wie erwartet, dann wird die Mehrheit von CDU, SPD und FDP dabei beschließen bei der Landesregierung in Düsseldorf ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren für das juristisch gestoppte E.On-Kraftwerk ‚Datteln 4’ zu beantragen, um das stark umstrittene Projekt damit politisch am Ende vielleicht doch noch irgendwie ermöglichen zu können.

Neben vielen Bürgern sind auch die Partei ‚Die Linke‘, und zumindest bei dieser Abstimmung auch die ‚Grünen‘, gegen dieses Vorhaben. So konnte man zumindest aus den Äußerungen im Vorfeld schließen.

Die Grünen haben sich allerdings offenkundig erst einmal nur für diese eine Abstimmung wirklich festgelegt, wie man in ihrer jüngsten Pressemeldung der RVR-Fraktion dazu zwischen den Zeilen lesen kann. Ist dieses Verhalten der Bündnisgrünen aber vielleicht am Ende nur ein wahltaktisches Manöver im Vorfeld der Bundestagswahl, wie einige Kritiker glauben? Man muss es wohl abwarten, denn selbst gegenüber Ihrer Parteibasis aus Waltrop, wollten die RVR-Grünen sich dahingehend zuletzt nicht wirklich verbindlich äußern. Dabei hatte z.B. auch ein Reiner Priggen, seines Zeichens inzwischen Fraktionsvorsitzender des ‚kleinen Koalitionspartners‘ in Düsseldorf, vor der Landtagswahl 2010 (und damit als Oppositionspolitiker) noch glasklare Ansichten zu diesem Kraftwerksbau gehabt, wie ein kleines, lustiges Netzfundstück (oben) zeigt. Doch nun in Regierungsverantwortung sind solch klare Worte von Grünen schon länger nicht mehr zu hören. Bei den ‚Linken‘ scheint mir die Ablehnung dieses Projektes und auch des geplanten Zielabweichungsverfahrens da jedenfalls bisher wesentlich entschlossener, und eben nicht nur auf diese eine Abstimmung begrenzt zu sein.

Begleitet werden wird die morgige RVR-Sitzung in Essen auch diesmal wieder von Protesten einiger Anwohner aus Datteln und Umgebung, die auch einen „Kohlelobbyisten“ nach Essen entsenden werden, welcher den eintreffenden Mitgliedern des Gremiums zur Begrüßung kohleverschmierte Hände entgegenstrecken wird.

Die Kritiker des E.On-Baus demonstrieren in Essen unter dem Motto „Nein zu Datteln 4 – die Hände nicht schmutzig machen!“

Wenn auch die politische Mehrheit für die Beantragung des Zielabweichungsverfahrens im RVR längst zu stehen scheint, gibt es  natürlich, ungeachtet dessen, noch immer durchaus nachvollziehbare und fundierte Gründe das juristisch gestoppte Projekt nicht politisch retten zu wollen.

Eine schöne Zusammenfassung aus der Sicht vieler Bedenkenträger und Kraftwerkskritiker von ‚Datteln 4‘ ist dabei, meines Erachtens,  eine Rede von Univ.-Prof. i. R. Dr. rer. nat. Lothar Finke. Dieser ist  seit  2005 beratendes Mitglied der Verbandsversammlung des Regionalverbandes Ruhr (RVR) und dort auch Mitglied im Planungs- und Umweltausschuss, jeweils mit beratender Stimme, als Vertreter der Naturschutzverbände.

Und im Rahmen dieser Tätigkeiten hielt Prof. Dr. Finke Anfang Juni 2013 dort im Planungsausschuss eine Rede, welche den aktuellen Stand, auch aus meiner Sicht, noch einmal wunderbar zusammenfasst:

Sitzung des Planungsausschusses des RVR am 03.06.2013

TOP 2.1: 7. Änderung des Regionalplanes für den Regierungsbezirk Münster „Teilabschnitt Emscher-Lippe“ zur Festlegung eines Kraftwerksstandortes auf dem Gebiet der Stadt Datteln – Antrag auf Einleitung des Zielabweichungsverfahrens [Vorlage:12/0841] Hier: Redebeitrag von Prof. Dr. Lothar Finke

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,

als Vertreter der Naturschutzverbände, für die ich mit beratender Stimme in diesem Gremium sitze, habe ich hierzu heute einiges vorzutragen. Ich bitte Sie daher um Verständnis, dass ich heute ausnahmsweise mal etwas länger reden werde.

Zunächst erst einmal folgende Feststellung: Insgesamt stellt diese umfassende Vorlage aus meiner Sicht eine bewundernswerte Arbeit dar. Ich selbst bin jedoch sehr froh, dass ich nicht Mitglied dieser Gruppe sein musste, die diese Vorlageerarbeitet hat. Sehr froh vor allem deshalb, weil ich persönlich sicher ungeheuere Schwierigkeiten gehabt hätte, über 99% der vielen Seiten so zu tun, als gäbe es dort noch gar kein Kraftwerk. Das ist schon eine beachtliche intellektuelle Leistung, die da vollbracht wurde, die nicht jeder so ohne weiteres nachvollziehen kann.

Aus Sicht der Naturschutzverbände gäbe es eine Vielzahl von Anmerkungen zu dieser Vorlage, obwohl ich die Arbeit gerade gelobt habe.

Bitte verstehen Sie das nicht miss, das ist jetzt keine Kritik an Ihnen persönlich, sondern das ist eine Kritik, die im Grundsatz darauf hinausläuft, dass für meine Begriff hier das planungspolitische regionale Bewusstsein nicht hinreichend deutlich wird. Möglichkeiten, die man als Verband gehabthätte, werden meiner Meinung nach hier nicht wahrgenommen.

Wenn es zum Beispiel in dem Teil „Entwurf der gesamtplanerischen Abwägung“ auf der Seite 87 zu UVP heißt, dass es zu einer Erhöhung der bisherigen CO2-Emission im Plangebiet kommen wird, dann ist doch völlig unstrittig, dass hier ein Widerspruch zum Klimaschutzgesetz vorliegt. Dennoch – und das ist für mich jetzt unverständlich – heißt es dann, “dass es zu einer Erhöhung der bisherigenCO2-Emissionen im Plangebiet kommen wird, die aber für sich genommen nicht zur Verfehlung der Ziele des § 3 Abs. 1 KlimaschutzG führen wird.“

Das, muss ich sagen, ist für mich nicht so ohne weiteres nachvollziehbar. Wenn es zu einer Erhöhung kommt, dann soll man das doch einfach so festhalten. Warum kann ich denn nicht als Region sagen, hier kommt es unstrittig zu einer Erhöhung, und das enstpricht eigentlich nicht unserer Zielsetzung.

Denn es muss doch das Ziel der Regionalplanung in dieser unserer Region sein, die Lebensverhältnisse in allen Bereichen – auch dem Luftqualität – zu verbessern.

Diese Art der Argumentation für sich genommen spielt im letzten Punkt, den ich ansprechen werde – gemeint ist die Zielabweichung von dem schriftlichen Ziel D II.2.1 – noch einmal eine ganz entscheidende Rolle.

Da wird in der Vorlage so getan als ob „für sich genommen“- was heißt eigentlich „für sich genommen“ – nicht zu einer Gefährdung der doch beschlossenen Klimaschutzziele führt. Natürlich erwartet die Bundesregierung, die klimaschützende Gesetze wie z.B. die Wärmeschutzverordnung etc. verabschiedet, dass diese bei der Bevölkerung auf Verständnis stoßen, trotz der erheblichen Kosten. Es soll doch jeder Bürger dafür gewonnen werden, seinen kleinen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Und dann wird hier ein Großkraftwerk in die Landschaft gestellt, das unstrittig zu einer Erhöhung der CO2- Belastung führt, auch wenn man die Werke I- III stilllegt. Diese dürften meines Wissens gar nicht mehr laufen, weil die Betriebsgenehmigung am 31.12. letzten Jahres ausgelaufen ist. Dennoch wird dann hier gesagt, das sei durch die Regionalplanung hinnehmbar und dadurch würden die Ziele des Klimaschutzgesetzes nicht gefährdet. Das begreife ich nicht!

Das Klimaschutzgesetz und andere Gesetze auch werden ihre Ziele überhaupt nur dann erreichen können, wenn jeder Bürger seinen, wenn auch noch so kleinen, minimalen Beitrag leistet.

Also Frage in der Sache: Hätte man dies nicht anders ausdrücken können bzw. müssen? Wo bleibt das regionale Bewusstsein, das Selbstbewusstsein dieser Region?

Wir sind heute bereits eines der Energieerzeugungszentren der Bundesrepublik, wo Energie erzeugt wird, die anderenorts gebraucht wird – aber das wäre ja noch mal ein ganz anderes Thema. Die 40 % für Bahnstrom, die hier erzeugt werden, sind eine Seite. Aber die anderen 60 % Energie werden nach Rheinland- Pfalz abgeleitet. D.h., wir erzeugen hier als größte Industrieregion dieser Republik mit hoher Umweltbelastung Energie für den Export in just jene Regionen, die mit Hinweisen auf ihre hohe Umweltqualität mit uns als Region konkurrieren. Das muss man sich mal vorstellen!

Wenn dann in den Unterlagen steht, es gäbe keinen bundesweiten Plan zur Energieerzeugung und – verteilung, dann ist das ein planungs- und energiepolitischer Skandal. Seit der letzten Novellierung des Raumordnungsgesetzes hätte der Bund die Möglichkeit dazu gehabt. Da hätte der zuständige Minister sich dieses Themas einmal annehmen müssen.

Es ist doch völlig unbegreiflich, dass wir uns darüber Gedanken machen, wie wir die erzeugte Offshore- Windenergie mit neu zu bauenden Leitungen nach Süden bekommen und die erste Region, die auf dem Weg von Norden nach Süden überhaupt in der Lage gewesen wäre, diese Energie in großem Maße abzunehmen, ist selbst heute bereits Energie -Exportregion. Das in Lünen geplante, auch wieder auf Steinkohle basierende Kraftwerk Trianel ist der nächste Laden, der dann seine Energie hier gar nicht mehr losbekommt und nach Süden transportieren muss.

Wenn wir hier in der Metropole Ruhr so weitermachen, dann müssen wir uns natürlich auch damit abfinden, dass die CO2- Belastung und andere Schadstoffbelastungen weiter zunehmen, jedenfalls nicht signifikant abnehmen werden. Eigentlich sollte doch unser regionales Ziel sein, die Umweltgüte in dieser Region zu verbessern.

Solange wir das nicht schaffen und uns weiterhin so veralbern lassen, dürfen wir uns nicht wundern, wenn andere Regionen im Süden sagen: „ Leute, kommt hierher! Bei uns ist alles schön. Wir bieten höchste Lebensstandards und beste Umwelt !“

In diesem Sinne, das muss ich leider feststellen, kann ich diese in der Vorlage aufscheinende Zurückhaltung, dieses sich ducken, sich unter die Grenzwerte ducken und das klaglose Hinnehmen, dass man durch solche Bauten immer weiter an die Grenzwerte rankommt, nicht verstehen. Diese Unterwürfigkeit, so zu tun, als sei alles in Butter, solange wir unter den Grenzwerten bleiben, kann ich nicht begreifen.

Diese Grundhaltung zieht sich nach meinem Eindruck – und ich könnte das noch an vielen weiteren Stellen belegen – wie ein roter Faden durch den Zweispalter der gesamten Ausgleichsempfehlungen, die in Anlage 2 aufgeführt sind. Die meisten Einwände der Träger öffentlicher Belange und auch der Bürger und Bürgerinnen werden nach diesem Motto behandelt. Ich frage mich, wollen wir uns als Metropolregion wirklich auf Dauer mit einer solchen Haltung zufrieden geben?

Zum Thema Abstandserlass

Es ist völlig unstrittig, dass der Abstandserlass in NRW als Konkretisierung des § 50 des

BImSchG Abstände in einer Liste regelt, damit sie leicht anwendbar sind, damit man nicht immer wieder für jeden Einzelfall eine neue Modellrechnung erstellen muss. Das hat sich in der Planung und auch in der Politik bewährt.

Wenn der Abstandserlass für den hier vorliegenden Fall 1500 m Abstand fordert, aber nur 600 m eingehalten werden können, dann ist doch mal ganz klar, dass hier ein eklatanter Verstoß gegen diesen Abstandserlass vorliegt.

Wie man dann auf die Idee kommen kann, zu vermuten, das könne und müsse man in der Bauleitplanung regeln, weil das Problem in der Regionalplanung nicht zu regeln ist, so etwas kann jemand wie ich, der sich jahrelang mit Planung an der Hochschule befasst und Studenten ausbildet hat nicht nachvollziehen. Ich kann aus meiner Sicht nur fragen: Wie – bitteschön – soll das denn wohl gehen? Wie soll die arme Bauleitplanung das denn wohl machen? Wie das sachlich – inhaltlich möglich sein soll, wird hier in der Vorlage zum Regionalplanänderungsverfahren auch nicht ausgeführt, nicht einmal ansatzweise angedeutet.

Im gleichen Stil der Verschiebung auf die Bauleitplanung finden wir die Argumentation, was die Rauchschwaden angeht, vor allem aber die visuelle Belastung. Für meine Begriffe wird das nicht so dargestellt, wie es bei einem vor Kraft strotzendem Regionalbewusstsein hätte dargestellt werden können. Dass man z.B. hätte feststellen können: „Ja woll! Hier kommt eine ganz entscheidende visuelle Beeinträchtigung neu hinzu!“

Da wir in einer Region leben, wo es bereits viele andere visuelle Belastungen gibt, im Gegensatz z.B. zum Münchner Umland oder zu anderen Regionen im Süd en der Republik, hätte man viel Verständnis für eine Aussage gehabt, das Maß des Erträglichen ist voll. Stattdessen wird diese zusätzliche visuelle Veränderung unter Hinweis auf die bereits vorhandenen visuellen Eigenarten unserer Region quasials regionstypisch dargestellt. Da hätte es uns doch ganz gut angestanden, diese Tatsache zu benennen und deutlich zu machen, was wir hier in unserer Region für ein Opfer bringen, wenn wir so etwas zulassen, im Sinne des gesamten Landes oder des Gesamtstaates.

Ich könnte noch vieles zu der Vorlage sagen – ich will jedoch zum Schluss kommen und noch kurz auf zwei andere mir wichtig erscheinende Punkte eingehen.

Der eine ist die Alternativenprüfung.

Aus den Unterlagen geht hervor, dass einige Beteiligte bemängeln bzw. feststellen, dass hier nicht ausreichend Standort – Alternativen geprüft worden seien. Man bringt u.a. vor, unsere Regionalplanung beim RVR hätte den Suchraum nicht auf den Teilabschnitt Emscher- Lippe beschränken dürfen, sondern man hätte das gesamte Ruhrgebiet zugrunde legen müssen.

Diese Meinung teile ich. Das hätte zwar zu einer ganz erheblichen Aufblähung der Arbeit geführt. Aber in der Sache teile ich diese Meinung – aus folgenden Gründen:

Wenn man zum Beispiel in der Begründung auf die Arbeitshilfe 2001/42/EG- also das Handbuch der Prüfung der Umweltauswirkungen der EU verweist- und daraus extra den Satzteil …“innerhalb des Planungsgebietes“ zitiert, dann frage ich mich folgendes: Wenn die Regionalplanungsbehörde dieses Hauses unter ihrem, unserem Planungsgebiet etwas anderes versteht als unsere Metropole Ruhr, dann weiß ich nicht mehr, wo wir sind.

Unser Planungsgebiet ist diese Region und sonst nichts, auch nicht irgendwelche Teilräume. Noch dazu solche, die wir gar nicht selber aus irgendwelchen sachlichen oder politisch begründeten Aspekten abgegrenzt haben. Wir haben diese übernommen, wir haben sie von der Bezirksregierung Münster vererbt bekommen, die das nun mal zufällig so ausgewiesen hat, warum auch immer. Wir wissen doch alle, es hätte auch andere Möglichkeiten gegeben, siehe z.B. die Bezirksregierung Düsseldorf. Dort hat man schon immer für den gesamten Bezirk einen Regionalplan bzw. Gebietsentwicklungsplan aufgestellt. Also, das kann doch gar nicht wahr sein, dass bloß, weil Münster irgendwann mal diesen Teilabschnitt Emscher- Lippe ausgewiesen hat, wir uns heute hier darauf begrenzen lassen.

Ich wage auch zu behaupten, dass dieser Zwang, jetzt so zu tun, als gäbe es dort noch gar kein Kraftwerk und in Wirklichkeit wissen wir alle, es steht ja schon da, für die Regionalplanung dieses Hauses eine schwere Hypothek darstellt. Eine Mrd. an € ist bereits investiert worden und es wäre – zumindest wirtschaftlich – ein Wahnsinn, das wieder abzureißen, das wissen wir doch alle. Trotzdem!

Mir geht es hier um das Regionalbewusstsein. Wieso sagen wir nicht, wenn wir so eine Altlast im Zuge der uns zugewachsenen Regionalplanungskompetenz prüfen, „Leute, passt mal auf, vor dem Hintergrund unserer regionalplanerischen Zuständigkeit müssen wir aber ganz neu einsteigen! Da müssen wir noch mal ganz neu eine Standortsuche in unserer gesamten Region, in unserem ganzen Planungsraum, für den wir zuständig sind, durchführen.“ Das begreife ich nicht!

Und einen letzten Punkt – das ist das Zielabweichungsverfahren.

Im Gegensatz zu dem standortbezogenem Ziel B 3.5. LEP NRW gilt dieses textlich festgelegte Ziel DII.2.1.LEP NRW landesweit. Das wird ja in der Vorlage auch so ausgeführt. In dem Zusammenhang wird auch ausgeführt, dass man unter diesem Aspekt die drei Alternativen gar nicht mehr hätte untersuchen müssen. Das ist richtig. Aber eben weil dieses Ziel landesweit gilt, hilft ein Zielabweichungsverfahren im Bereich des Regierungsbezirkes Münster, Teilabschnitt Emscher- Lippe, doch gar nicht weiter. Um diesen Zielkonflikt zu lösen, müsste doch ein Antrag auf Änderung des Zieles im LEP gestellt bzw. eine Ausnahmegenehmigung für Datteln IV beantragt werden. Und dann die Begründung, warum diese Änderung in diesem Verfahren so in einem Rutsch mit abgehandelt werden sollte. Da stellt sich mir die Frage: Gibt es denn überhaupt noch Steinkohlekraftwerke in NRW, die ausschließlich oder überwiegend heimische Kohle nutzen? Meines Wissens ist dies nicht der Fall.

Wenn dieses Gebot des Zieles D II.2.1.LEP NRW – ins besondere heimische Primärenergieträger zur Stromerzeugung einzusetzen – nur solange als „in sich abgerundet und in sich stimmig angesehen“ werden dürfte, solange nur an einem einzigem Standort davon abgewichen wird, dann müsste doch die Tatsache der Abweichung bei nahezu allen Steinkohlekraftwerken zur Versagung führen.

Zumindest dürfte ein Neubau eines noch zusätzlich eklatant von diesem Ziel abweichenden Projektes kaum genehmigungsfähig sein. Hierzu darf man gespannt sein, ob und inwieweit die Landesplanung dieses ihr eigenes Ziel weiterhin ernst nimmt, vor allem im Zusammenhang mit dem neuen Klimaschutzgesetz. Bleibt für mich die Frage: Wie kann diese eklatante Zielabweichung überhaupt aufgelöst werden?

Ich stelle fest, dass ich ganz starke Zweifel daran habe, dass die Voraussetzungen für eine Genehmigung vor dem Hintergrund dieses landesweit geltenden Zieles überhaupt gegeben sind.

Zunächst dachte ich, heute gegen die Beantragung eines Zielabweichungsverfahrens plädieren zu müssen. Nach all dem, was hier heute vorgetragen worden ist, Herr Bongartz, bin ich dafür, das Zielabweichungsverfahren so schnell wie möglich zu beantragen – dann haben wir hoffentlich sehr bald Klarheit. Denn bei allen Bedenken und Anregungen in Detailfragen zum Ziel B 3.5 bin ich der Meinung, dass sich der Konflikt zu diesem Ziel D II.2.1 als sehr viel gravierender und grundsätzlicher darstellt. Dabei vermag ich die Sorgen, Bedenken und Ängste der Menschen, die dort in der direkten Umgebung wohnen, sehr gut verstehen.

Ein letztes Wort dazu, dass man aus meiner Sicht hier nicht den Mut hat, die Dinge klar anzusprechen, die aus regionaler Sicht hätten betont werden müssen. Die Ausführungen zur Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sind doch in dieser Form einfach nicht wahr. Dieser hohe Kühlturm und das Kesselhaus beeinträchtigen das Landschaftsbild eben nicht nur in einem kleinen Umkreis von wenigen 100 Metern. Da könnte man ja fast auf die Idee kommen, die Gutachter hätten in ihrer Vorstellung vor lauter Nebelschwaden die Gebäude nicht mehr gesehen. Immerhin sollen ja die Nebeltage etwas zunehmen!

Die Beurteilung dieses Phänomens hätte man viel einfacher haben können, ohne Verweise auf Gerichtsurteile – einfach mal hingehen und anschauen, denn das Ding steht ja dort. Besonders bei schönem Wetter, wenn die Menschen zur Erholung draußen sind, hätte man sehr schnell sehen können, ob das Erholungspotential der Landschaft über das Landschaftsbild beeinträchtigt wird oder nicht. Dann hätte man das Kraftwerk von verschiedenen Standorten fotografieren und erleben können, dass es sich eben doch um einen ganz gewaltigen Eingriff handelt! Warum wird das hier klein geredet und wieso meint man ernsthaft, dass die Bauleitplanung dieses Problem wird lösen können? Ich kann nur darüber staunen, wie man glauben kann, dass hier eine Lösung mit den Mitteln der Bauleitplanung auch nur ansatzweise möglich sein soll.

Hier findet man übrigens weitere Infos über Prof. Dr. Lothar Finke:

http://www.llp.tu-dortmund.de/index.php?id=86

Und hier ein paar passende Texte zum Thema ‚Datteln 4‘:

http://www.ruhrbarone.de/datteln-4-wird-im-bundestagswahlkampf-2013-kein-grosses-thema-sein-dabei-waeren-doch-noch-viele-fragen-zu-diskutieren/

http://www.ruhrbarone.de/pr-aktion-oder-mehr-rvr-gruene-wollen-nun-doch-gegen-das-zielabweichungsverfahren-fuer-datteln-4-stimmen/

http://www.ruhrbarone.de/datteln-4-die-dinge-nehmen-ihren-lauf-und-die-gruenen-im-lande-schweigen-noch-immer/

http://www.ruhrbarone.de/wie-vertraegt-sich-das-kohlekraftwerk-datteln-4-mit-den-gruenen-zielen-der-bahn/

http://www.ruhrbarone.de/wie-sehr-das-kraftwerk-datteln-4-die-landschaft-seit-2006-veraendert-hat/

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Stefan Laurin
Admin
11 Jahre zuvor

Ich hoffe dass es morgen zu einer Zustimmung zu Datteln IV kommt – es gibt dafür eine Mehrheit im Ruhrparlament und wenn man die Leute fragen würde, ob sie dafür sind ein Milliardenprojekt wegen ein paar Ökos zu kippen, ging ich davon aus, dass es keine Mehrheit geben würde. Klar, der BUND und die anderen Grünen-Hilfstruppen werden klagen – sie leben ja auch vom Protest und von der Angst der Menschen und nicht von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Region.

Eckarhard
Eckarhard
11 Jahre zuvor

Ich hoffe das diese Umwelt belastende Drecksschleuder wieder abgerissen werden muß. Der ganze Komplex ist weder wirtschaftlich rentabel noch schafft er nennenswerte Arbeitsplätze – aber da sieht man mal wieder die veralteten Denkstrukturen ala CDU/FDP und Konsorten.

gruß
Ekki

Stefan Laurin
Admin
11 Jahre zuvor
Reply to  Eckarhard

@Eckarhard: Er ist nur vielleicht nicht rentabel, weil die Öko-Honks die Rahmenbedingungen so geändert haben, das sie gut für Immobilienbesitzer und chinesische Solarhersteller und schlecht für Stromkunden sind. Wir haben heute schon wegen der Öko-Spinnereien die zweithöchsten Strompreise Europas. Ich habe keine Lust auch nur einen Cent für die Paranoia anderer zu zahlen.

Robin Patzwaldt
11 Jahre zuvor

@Stefan: Wir haben unsere unterschiedlichen Meinungen dazu ja schon häufiger ausgetauscht. Ich möchte daher nur kurz noch einmal darauf hinweisen, dass ursprünglich ein Landwirt erfolgreich gegen das Projekt geklagt hatte.
Dieser fühlte sich von dem (damals noch geplanten) Bau arg bedrängt, da ihm der angedachte Koloss sprichwörtlich deutlich zu nah kam. Das Gericht gab ihm dann auch eindeutig Recht!
Er kann nichts dafür, dass E.On inzwischen (auf eigenes Risiko) über Jahre einfach schon mal kräftig weiter gebaut hat.
Mal allgemeiner gefasst: Welche Chance habe ich denn als einfacher Bürger am Ende noch mich gegen solche Projekte zu wehren, wenn sie (vom Gericht bestätigt) zu nah an meinem Haus errichtet werden?
Und Du kennst mich ja inzwischen auch persönlich. Bin ich etwa ein klassischer ‚Öko‘? Du machst Dir das, aus meiner Sicht, in diesem Fall viel zu einfach.
Die aktuellen Vorgänge hier vertragen sich jedenfalls so ganz und gar nicht mit meinem Rechtsempfinden.

Stefan Laurin
Admin
11 Jahre zuvor

@Robin: Nein, Du natürlich nicht. Ein Bauer fühlt sich von dem Kraftwerk bedrängt? Ich fühl mich von den Subventionne bedrängt, die ich von meinen Steuern zahlen muss, damit Bauern noch Bauern spielen dürfen.

Robert
Robert
11 Jahre zuvor

Für einen Stellungsvorteil kann man schon mal einen Bauern opfern. Manchmal stehen sie ja den eigenen Figuren im Weg. Will natürlich gut überlegt sein.

Thorsten Stumm
11 Jahre zuvor

Wäre eine gute Nachricht für den Industriestandort NRW wenn das Kraftwerk ans Netz geht. Sollen die Ökö-Wutbürger klagen….

Robert
Robert
11 Jahre zuvor

„Ich hoffe das diese Umwelt belastende Drecksschleuder wieder abgerissen werden muß. Der ganze Komplex ist weder wirtschaftlich rentabel noch schafft er nennenswerte Arbeitsplätze“

Der Abriss macht das ganze Projekt dann gleich viel rentabler. Auf welcher Waldorfschule wird denn diese Logik gelehrt?

Eckarhard
Eckarhard
11 Jahre zuvor

„Der Abriss macht das ganze Projekt dann gleich viel rentabler. Auf welcher Waldorfschule wird denn diese Logik gelehrt?“

Ein rechtschaffender Kaufmann würde die Reißleine ziehen, ein Steuerberater wird nur die Abschreibung sehen, weiter bauen und den Konzerngewinn später herunter rechnen..

gruß
Ekki

lars
lars
11 Jahre zuvor

Naja, das mit den Öko-Wutbürgern sollte man sich nicht so leicht machen. Wie sehe denn die Gegend Datteln aus, wenn es keine Bürgerinitiativen gegeben hätte? Dann wäre das ursprünglich in den Rieselfeldern geplante AKW ans Netz gegangen. In einigen Jahren werden wir sehen, dass die Kohlekraftwerke auch gänzlich veraltet sind und das Ruhrgebiet wieder mal unter dem Druck der Strom- und Kohlekartelle massenweise auf Dinosauriertechnologien gesetzt hat. In so einer Region lassen sich keine innovativen Umwelt- und Dienstleistungsunternehmen nieder und die hohe Arbeitslosigkeit wird zementiert. Das Image des Kohlenpotts hat bisher nur den altindustriellen Konzernen geholfen, die immer weiter Arbeitsplätze abbauen. Kohlenpott und rauchende Schlote scheint mir nicht so die intelligente Zukunftsstrategie im Strukturwandel zu sein, ohne dass man dafür auf eine Waldorfschule oder Baumschule gehen müsste…

Nobby.Brinks
Nobby.Brinks
11 Jahre zuvor

@ Robert, wer im Ruhrgebiet von Drecksschleuder spricht, der darf ins Braunkohlerevier, nach Niederaußen fahren.

Das modernste Braunkohlekraftwerk Niederaußem ist eine einzige Wolkenmaschine. Weitere stehen im angrenzenden Neurath und Frimmersdorf. Nebenan sind die drei großen Tagebaulöcher Hambach, Inden und Garzweiler.

In diesen Löchern sind schon ganze Ortschaften verschwunden. Die Menschen sprechen von der verlorenen Heimat. Die Menschen, ganze Dörfer und Kleinstädte mussten umziehen. Zuletzt wurde die Ortschaft Etzweiler verschlungen. Morschenich und Manheim werden folgen. Nach dem Tagebau kommen die Seen, die Landschaft verändert sich massiv zu einer Seenlandschaft.

Der Abriss von Datteln 4 ist dagegen wirtschaftlich unsinnig. Besser ist es, wenn ältere Kraftwerke stillgelegt werden. Besser ist es auch, wenn einige wenige Bewohner, mit Fördergeldern, ein paar Kilometer weiter ziehen.

Walter Stach
Walter Stach
11 Jahre zuvor

Robin,
prima, daß es Dir gelungen ist, den kompletten Text der Rede von Prof.Finke hier bei den Ruhrbaronen zu veröffentlichen. Das ist bisher m.W. in kenem anderen „Ruhrgebietsmedium“ geschehen. Es hat nicht ‚mal einen kurzen Hinweis auf den Redetext gegeben. Wundern kann das niemanden, angesichts der „Filzokratie im Revier von Poltik,Gewerkschaften,Wirtschaft und Medien, vor allem dann, wenn es um die Energiewirtschaft geht.

Die polemischen, weil unsachlien Beiträge dazu zeigen, daß der Text entweder nicht gelesen oder gelesen, aber nicht verstanden wurde oder gelesen und verstanden wurde , aber bei den Kohlekraftwerk-Fans für Frustration gesorgt hat, die über Polemik abgearbeitet wird , macht der Text doch -leicht verständlich und für jedermann nachvollziehbar- deutlich, welche gewaltigen rechtlichen Hürden überwunden werden müßten, um irgend wann doch noch zu einem für den Standort EON-Datteln IV rechts- und bestandskräftigen Bebauungs-Plan zu kommen.

Stefan,
und anders als 2oo9 wird das demnächstige Normenkontrollverfahren gegen den neuen B-Plan der Stadt Datteln nciht nur von „ener Bauerfamilie“ beantragt werden, sondern auch von Anderen, u.a.auch von der Stadt Waltrop.

Schon im ersten gescheiterten Versuch, ‚mal eben unabhängig von allen rechtlichen Bedenken, am Standort Datteln das größte Monoblock-Kohlekraftwerk-Europas zu installieren, weil E.ON das so wollte, hat sich gezeigt, daß alle Kraft-Werk-Fans gut beraten sind, sich intensiv mit allen rechtlichen Problemen zu befassen, die der Realisierung des Kraftwerkes an diesem Standort im Wege stehen;ansonsten ist das Scheitern des jetzt anstehenden Versuches, im nachhinein den derzeit rechtswidrigen Standort zu legalisieren, naheliegend.Der Redetext von Prof.Finke könnte da hilfreich sein.

Volker Steude
11 Jahre zuvor

Da wurde vieles richtige gesagt:

– Im Ruhrgebiet wird nicht in Alternativen gedacht. Jemand legt eine Planung vor, Parlamente und Räte entscheiden nur „Ja“ oder „Nein“

– Es gibt kein regionales Bewusstsein, Selbstbewusstsein in dieser Region. Die Menschen lassen sich Jahrzehnten in Wohn- und Lebensqualität einschränken, die Folge: Die Menschen fliehen regelrecht aus der Region. Und ihnen wird weiter erzählt, dieses Opfer müssten sie bringen, damit die Arbeitsplätze bleiben. Es hilft uns aber nicht, wenn wir hier Arbeitsplätze schaffen, mit der Folge, dass die Menschen zum Arbeiten herkommen, aber hier nicht leben wollen.

– Es gibt keinen bundesweiten Plan zur Energieerzeugung und –verteilung. Das ist in der Tat ein planungs- und energiepolitischer Skandal. Auch das Land hat keinen Plan. Man wirtschaftet so in den Tag hinein. Dafür ist dieses Projekt der Beleg schlechthin.

Man erinnere sich, um eine Genehmigung zu ermöglichen, wollten CDU und FDP die Landesgesetze ändern. Gleichzeitig hat man angefangen zu bauen. Dann passierte das, was absehbar war. Die Genehmigungsgrundlage fiel weg, weil Grüne und SPD die Änderung nicht vornahmen. Seit Jahren wird jetzt weiter gewurschtelt, plan-, hilf- und ziellos. Jetzt soll die Genehmigungsgrundlage nachträglich beigebogen werden. Eigentlich nur weil man sonst 1 Mrd. Investition vernichten würde.

Aber zum eigentlichen Punkt: Diese Region hat nur eine Zukunft, wenn die Menschen hier bleiben. Ganz offensichtlich ist dem aber nicht so. Da sollte man sich fragen, warum nicht? Weitermachen wie bisher ist keine Option. Denn offensichtlich hat gerade diese Denkweise zu den Problemen geführt.

Diese Region geht nicht an Datteln IV zugrunde. Egal ob es kommt oder nicht. Sie geht an der Plan-, Hilf- und Ziellosigkeit zugrunde und dem Festhalten an den überkommenen Strukturen und daran dass man sich die beständig schön redet.

400.000 Menschen haben in dern letzten 20 Jahren eine klare Entscheidung gegen diese Art Politik zu machen getroffen, Sie sind aus dem Ruhrgebiet abgewandert.

Robert
Robert
11 Jahre zuvor

Verlorene Heimat? Deine Sterne, oder wie? Bitte bloss nicht mit diesem Thema anfangen, mein Nachname endet auf Ypsilon und mein Vater war schon froh, keine Kartoffeln mehr aus der Erde klauben zu müssen.

Stephan Groß
Stephan Groß
11 Jahre zuvor

Dem Professor herzlichen Dank für seine klarsichtige Darstellung dieses absurden Vorgangs!
Übersehen wir mal, dass mit diesem Schwarzbau gleich mehrere (für alle) geltende Regeln verletzt worden sind.

Was spricht überhaupt dafür?

Walter Stach
Walter Stach
11 Jahre zuvor

Lars,
gut das Du wie Prof.Finke daran erinnerst, daß wir schon zur Zeit in einer Region der Steinkohhle -kraftwerke leben mit ensprechenden Umweltgiften in der Luft und daß mit den neuen Kohlekraftwerken -sh.TRIANEL/sh.E.ON Datten IV- die Typisierung der Region als „Zentrum der Steinkohlekraftwerke, als Region mit einer immensen Schadstoffbelastung “ deutschland-, sich festigen und ihre diesbezügliche Bekanntheit europaweit zunehmen wird.

Und diese Region will zugleich deutschland-, europa-, ja weltweit in Konkurrenz zu Regionen wie z.B. „München und Umland“ um innovatieve, kreative, zukunftsoriente Unternehmen und deren Mitarbeiter werben;das hat bisher nicht funktioniert und das wird erstrecht zukünftig nicht funktionieren; der sog. New-Park in den Dattelner-Rieselfelder „läßt grüßen“.

Nobby.Brinks

Wenn Sie ans umsiedeln denken, dann müßten Sie ca.100.000 Menschen in der Region umsiedeln, denn nach Aussagen der von E.on bestellten und bezahlten Gutachter werden sich die meisten Giftstoffe in 1o-14 km vom E.On-Kraftwerk entfernt niedersschlagen.
Und wenn die umgesiedelten Menschen nur etwas weiter nach Osten ziehen würden, kämen sie „vom Regen in die Traufe“, nämlich in das Niederschlagsgebiet der Giftstoffe, die das neue Trianel-Kraftwerk bereits jetzt produziert -ergänzend zu den Niederschläge, die vom benachbarten Altkraftwerk STEAG bereits jetzt ausgehen -und das steht auf keiner Still-
legungsliste!

Und noch einmal zum Grundsätzlichen:

Wir, wir alle -E.ON, der RVR, die Landesregierung, die Stadt Datteln, die Menschen in der Region-haben ein Problem am Halse,und zwar nur deshalb, weil E.on seinerzeit ausschließlich aufgrund betriebswirtschaftliche Erwägungen nicht bereit war, einen anderen Standort auszuwählen, der ob seiner Lage mit dem vom Kraftwerk produzierten Umweltgiften für die Menschen weniger gefährlicher wäre als der jetzige und rechtlich weit weniger Probleme aufgeworfen hätte.
Ich zitiere aus der Begründung des OVG Münster zu seinem Urteil vom 3.9.2009:
„Das sie sich(-gemeint ist die Stadt Datteln) für diesen Standort maßgeblich aus wirtschaftlichen Erwägungen des Kraftwerkbetreibers heraus entschied, widerspricht den tragenden Abwägungs- und damit Zielentscheidungen des LEP“. Daran hat sich im Grundsatz bis heute nichts geändert, weder bei der Stadt Datteln noch bei E.ON, folglich muß „man ‚ran an die Abwägungs- und Zielentscheidungen des LEP -und dazu bietet der RVR seine Handlangerdienste an, indem er Zielabweichungsverfahren beantragen wird.

Robert
Robert
11 Jahre zuvor

In 10-14 Kilometern Entfernung also. Aber dann wohnt man doch direkt daneben ganz ungefährdet. Bis jetzt dachte ich, die Abgase werden direkt ins Belüftungssystem der Kinderklinik geleitet.

Nobby.Brinks
Nobby.Brinks
11 Jahre zuvor

@ Volker Steude, das Bewusstsein, Selbstbewusstsein in dieser Region existiert sehr stark. Das Selbstbewusstsein wird mit dem Leben zwischen der Zeche und der Halde, zwischen der Bahnstrecke und der Emscher begründet. Diese Denkweise führt zu einem Problem an der Emscher. Dort wird zu schnell „ja“ gesagt. Die Landschaft ist ja schon zerstört oder rekultiviert. Die Emscher wurde schon mehrfach umgeleitet. Ruhris begründen ja auch ihre Identität damit, dass sie in dieser Region leben. Das ist andersrum auch der Grund, warum die Bewohner in den Randlagen des Ruhrgebiets, in den kleinen Dörfern das Ruhrgebiet ablehnen.

Im RVR-Gebiet weiterhin einen Zuzug. Der Zuzug reicht aber nicht aus, um die geringe Geburtenrate (1,3 Kinder pro Paar) auszugleichen.
Wenn es aber um Arbeitsplätze geht, dann wird generell schnell ja gesagt. Das ist auch im Rheinland oder am Niederrhein so. Dort werden die größten Löcher gebuddelt oder nach Kies gegraben.

@ Robert, Verlorene Heimat oder auch Verheizte Heimat, wer kennt nicht die Umsiedlungen im Rheinland! Seit 1950 wurden Menschen zugunsten der Braunkohlengewinnung im Rheinland aus ihrer Heimat umgesiedelt! Bis zum Jahre 2025 werden es 45.000 Menschen sein. Was hat das aber mit dem Nachname mit Ypsilon zu tun.

@Walter Stach, Alt-Walsum wurde praktisch umgesiedelt. Die Menschen zogen 2 Kilometer weiter, auf die andere Seite des Hafens.
Die Häuser wurden abgerissen. In Hamm wurde das Kraftwerk Westfalen an Kanal gebaut weit außerhalb von Hamm gebaut. Dort konnte ein Standort gefunden werden.

Was Datteln 4 betrifft, wie viele Häuser stehen zu nah am Standort? Bei einigen wenigen Häusern, die schon zu nah am Kraftwerk Datteln 1-3 standen, ist es wesentlich günstiger, wenn die Bewohner in grüne ziehen.
Alles andere ist keine Lösung.

mdarge
mdarge
11 Jahre zuvor

Das Kraftwerk in Datteln gehört verboten. Denn schon heute ist zu viel Strom im Netz. Gleichzeitig geht der Ausbau von Solar, Wind und KWK weiter und der Verbrauch stagniert dank energiesparender Geräte. Kohle klingt zwar im ersten Moment gut, doch in Datteln wird es zu 100% Importkohle sein. So viel zur Umwelt. Doch der Betreiber hat im Genehmigungsverfahren gegen zahlreiche Bestimmungen verstoßen. Hier gilt ein Exempel statuiert. Private Bauherrn müssen unter Totalverlust ihre Häuser noch nach Jahren abreißen, ein Konzern hat so viel Macht, dass er seine Dreckschleuder per Ausnahme genehmigt kriegt. Für Eon ist es nur ein weiterer Block. Das Ding braucht kein Mensch!

Walter Stach
Walter Stach
11 Jahre zuvor

Robert,
wenn der Betrieb Datteln IV ans Laufen kommen sollte, können Sie ja beispielsweise an einem Nebeltag oder an einem windstillen Tag an der Kinderklinik messen,messen lassen, was sich dort an Giftstoffen, produziert von dem benachbarten größten Monoblock-Kohlekraftwerk Europas, in der Luft befindet.

Ich bleibe bei meiner hier schon oft geäußerten Meinung, daß auf mich der Umgang der EON-Kraftwerk-Fans mit dem Thema „Schadstoffe und Verschattung im Zusammenhang mit der Kinderklinik“ zynisch wirkt.

Nobby.Brinks -18-vorletzter Absatz:
„…dort konnte ein Standort gefunden werden.“

Ja, und die Chance hatte E.On auch, nämlich einen Standort zu finden, der in jeder Hinsicht rechtlich erheblich weniger Probleme gemacht hätte -z.B.in den Dattelner Rieselfeldern weit ab von jeglicher Wohnbebauung-, nur das wollte man nicht -sh.mein Beitrag -16-abschließend-..
Man meinte 2oo5 bei E.ON, die Politik im Land,in der Region, in Datteln werde sich über alle rechtlichen Bedenken hinwegsetzen und einen B-Plan für den gewünschten Standort beschließen sowie alle notwendigen Genehmigungen erteilen. Und so ist das dann ja auch wider alle rechtsrelevanten Erkenntnisse zur Freude von E.ON gelaufen.

Allerdings war eine Familie aus Waltrop -Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes- nicht bereit, derart eklatante Rechtsvestöße hinzunehmen, hinnehmen zu müssen, und zwar nur deshalb, weil es galt, die Interessen von E.On zu befriedigen.

Das OVG Münster hat 2009 alle dem, was von der Klägerin vorgetragen wurde, zusgestimmt und darüberhinausgehende eklatante Rechtsverletzungen festgestellt, folglich den entsprechenden Bebauungsplan der Stadt Datteln für nichtig erklärt. Die Begründungen des Urteiles -mündlich und schriftlich-waren „eine Klatsche“ für E.ON, die Stadt Datteln und alle anderen beteiligten Behörden.

Und jetzt plant man -fiktiv auf einer grünen Wiese- neu , und man tut sogar so, sh.jetzt der RVR, als suche tatsächlich nach denkbar anderen Standorten. Im Volksmund nennt man das „Verarschung“.

Prof.Finke hat zu den Mängeln dieser Standortsuche interessante juristische Anmerkungen gemacht, die allerdings substantiell nicht neu sind.

Volker Steude
11 Jahre zuvor

@Nobby: Wir Ruhris betonen gerne unsere Identität und verteidigen gerne lautstark, warum es im Pott so toll ist. Zu Bewusstsein und Selbstbewusstsein gehört aber auch dazu, dass man handelt, sich wehrt, wenn seine Umwelt leidet, herunter kommt und seine Region herunter gewirtschaftet wird. Genau dieses Bewusstsein haben nur wenige in unserer Region. Die Mentalität ist: „Woanders ist auch Scheiße“ (z.B in den Braunkohlerevieren) und schon wird alles hingenommen oder schön geredet. Aus den Sprüchen folgt zu selten das Handeln. In anderen Regionen ist das wesentlich ausgeprägter.

Die Bevölkerungsentwicklung lässt muss alle Alarmglocken schrillen lassen:
„Das Ruhrgebiet ist von den Auswirkungen des demographischen Wandels in besonderer Weise betroffen: Alterungs- und Schrumpfungsprozesse schreiten hier schneller voran als in anderen Regionen. Überdurchschnittlich viele Familien und qualifizierte junge Menschen wandern in das Umland ab; gleichzeitig nimmt der Anteil der Bevölkerungsgruppen zu, die in sozial gefährdeten Lebenslagen leben, z.B. Arbeitslose, Alleinerziehende, Menschen mit Migrationshintergrund oder alleinstehende Personen mit geringem sozioökonomischen Status. Die Aussagen über die Zukunftsperspektiven der Region sind daher pessimistischer Natur: Der Versorgungs-, Hilfe- und Pflegebedarf überlastet die soziale Infrastruktur, die alternden Belegschaften schwächen die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes, die verbleibende jüngere Generation ist durch Bildungs- und Integrationsdefizite geprägt.“ (Quelle: https://www.ruhr-uni-bochum.de/zuda/

Die Fakten sind so, und man sieht sie den Ruhrgebietsstädten auch deutlich an, da hilft kein Schönreden.

Robert
Robert
11 Jahre zuvor

Shit! Die nebligen, windstillen Tage habe ich natürlich übersehen. Also gut, ich sehe es ein. Suchen wir den Kindern zuliebe einen neuen Standort, an dem sich im Umkreis von 15 Kilometern niemand gestört fühlt. In Deutschland :)))

Volker Steude
11 Jahre zuvor

… warum hat man, wenn schon ein fossiles Kraftwerk entstehen sollte, nicht in ein Gas-und-Dampfturbinen-Kraftwerk investiert?

Moderner, effizienter, flexibler, nur halb so viel CO2-Ausstoß, auch sonst deutlich weniger Schadstoffausstoß, Bauzeit Investitionskosten sind nur halb so hoch wie bei Kohlekraftwerken gleicher Leistung.

… allerdings liegt der Stromerzeugungspreis am Ende 1,55 Ct/kwh höher als bei Steinkohlekraftwerken.

Da will EON natürlich lieber ein Kohlekraftwerk bauen. Aus ökonomischer Sicht macht das für EON Sinn. Macht aber ein Steinkohlekraftwerk für die Region Sinn?

Da hätte man schon bevor EON gebaut hat zu eindeutigen Antworten kommen können – nein, müssen.

Arnold Voss
11 Jahre zuvor

Das Ganze ist ein klassisches Beispiel für die Arroganz der Macht, die ihm Ruhrgebiet eine lange, lange Tradition hat. Es wird hohe Zeit, dass Jemand sie stoppt, und zwar an einem Milliardenprojekt. Sonst würde nämlich alles so weiter gehen wie bisher.

Walter Stach
Walter Stach
11 Jahre zuvor

Robert,
ich bin leider intellektuell unfähig, noch ‚was Inhaltliches zu Ihrem Beitrag -zu Ihren Beiträgen-sagen zu können.

Deshalb zu Ihnen nur noch:

„Man soll sich nicht mit Spötter befassen,
Wer will sich für ’nen Narren halten lassen?
-Goethe,Sprichwörtlich-

Und Ihnen ist es ganz offensichtlich nicht möglich, sich argumentativ mit dem Inhalt der Rede von Prof.Finke, und um die geht es hier, auseinanderzusetzen.

Walter Stach
Walter Stach
11 Jahre zuvor

-25-Arnold,
dem ist nichts hinzuzufügen!

trackback

[…] RVR entscheidet in Sachen ‚Datteln 4‘: „Wo bleibt das regionale Bewusstsein, das S… […]

Nobby.Brinks
Nobby.Brinks
11 Jahre zuvor

@Volker Steude. Die Fakten sind bekannt, da hilft kein Schönreden. Ich sehe es genauso. Ich kenne auch die Mentalität des Ruhris, der sich neben den Zechen und Halden besonders wohl fühlt. Das Umweltbewusstsein, sowie das Interesse an historischen Themen ist meist nicht besonders ausgeprägt. Ich kenne aber auch die Mentalität des Nichtruhris aus dem Umland, der die Zechen und Halden als fremdartige Bedrohung empfindet.

Wo aber fängt das Umland an?
Mit Sicherheit sind nicht die Städte Borken und Soest mit dem Umland gemeint. Die Städte Wuppertal und Krefeld werden es auch nicht sein. Die Städte Alpen, Hünxe, Haltern gehören als RVR-Städte dem Ruhrgebiet an, obwohl die meisten Bewohner nichts davon ahnen. Die Stadt Velbert kann mit Sicherheit zum Umland gerechnet werden. Aber die Stadt gehört dem Kreis Mettmann an, der Düsseldorf, auf der rechten Seite, umschließt und entsprechen eine andere Ausrichtung hat. Ist Düsseldorf dann das Umland vom Ruhrgebiet. Fakt ist, Düsseldorf ist erst mit dem Ruhrgebiet groß geworden und heute Pendel der Westen dort hin.

Nobby.Brinks
Nobby.Brinks
11 Jahre zuvor

@Volker Steude

Zur Info – Ruhrgebiet Umland

Absolut lesenswert, auch für Rheinländer:
Abschlussbericht zu dem Forschungsprojekt Stadt-Umland-Wanderungen im Ruhrgebiet gefördert durch den Kommunalverband Ruhrgebiet

Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Hans Heinrich Blotevogel
Wiss. Mitarbeiter Markus A. Jeschke
Institut für Geographie Universität Duisburg-Essen, Campus Duisburg

https://www.ruhr-uni-bochum.de/imperia/md/content/zda/infopool/endbericht.pdf

Volker Steude
11 Jahre zuvor

@Nobby.Brinks: Danke für den Link! Wirklich lesenswert. Habe es bisher nur überfolgen, aber scheint wirklich lesenswert.

Ins Auge fiel mir gleich folgender Satz: „Die hohen Abwanderungsraten aufgrund des Motivbündels „Umweltqualität und soziales Umfeld“ sind ein ernstes Warnsignal für eine drohende soziale, ökonomische und städtebauliche Abwärtsspirale. „

Auch muss sich z.B. Bochum Gedanken, machen, warum obwohl allein die RUB 36.500 Studenten nach Bochum bringt, kaum einer in der Stadt wohnen will… . Denn neben der Abwanderung besteht auch ein Problem darin, dass im Vergleich zu anderen z.B. Studentenstädten es hier an der dort zu verzeichnenden Zuwanderung insbes. junger Menschen fehlt.

Walter Stach
Walter Stach
11 Jahre zuvor

-31-Volker Steude

Das Zitierte (…..die hohe Abwanderungsrate……)sollte allen Politikern und Verwaltugsmanager den Region zugänglich gemacht werden!!

Ich gebe ja die Hoffnung nicht gänzlich auf, daß zumindest Einige aus der Poliik und Adminstration im Ruhrgebiet willens und fähig sein könnten, darüber ‚mal gründlich nachzudenken, darüber ‚mal umfassend offen und öffentlich zu diskutieren und das dann sogar bei ihren Enscheidungen zu berücksichtigen.

Mit Blick auf Politik und Administration beim RVR habe ich diese Hoffnung allerdings schon lange nicht mehr.

mdarge
mdarge
11 Jahre zuvor

Hier gehen einige Dinge durcheinander. In ganz Deutschland werden Kohlekraftwerke geplant, überall gibt es Widerstand. Die Entscheidende Frage dazu, brauchen wir die überhaupt. Schon hier wird kein Konsens gefunden. Es handelt sich um eine klassische politische Entscheidung. Angesichts der immer häufiger werdenden Tage mit negativem Strompreis an der Börse ein riskante Projekt.

Dann geht es um die Anwohner. Mir ist ehrlich gesagt nur die CO-Pipeline bekannt, wo ein Konzern jegliche Bauauflage missachtet. Wenn das Kraftwerk durchkommt, ist die Aussage, bestimmte Firmen stehen über dem Gesetz. Die Politik wird zum Befehlsempfänger.

Drittens die Auswirkungen auf’s Revier. Die paar Arbeitsplätze, die geschaffen werden, sind der Rede nicht wert. Es ist eher die Nostalgie, die noch mit der Kohle verbunden ist. Dafür muss erhebliche Umweltbelastung in Kauf genommen werden. Datteln 4 wird die Abwanderung beschleunigen. Wenn so dreist über die Köpfe hinweg entschieden wird, suchen die Betroffenen das Weite. Beim RVR geht’s vor allem ums Kungeln.

wheeler
wheeler
11 Jahre zuvor

Man kann über Datteln nur staunen. Seit 15 Jahren projektiere ich Bürgersolar- und Windkraftanlagen. Für den Bau einer einzigen Windmühle werden 20 volle Aktenordner fällig. Und wenn ein Typ schon tausendfach gebaut wurde, und schalltechnisch vermessen wurde, so werden uns erneut 15000 € für Schallgutachen angesetzt. Anschließend werden noch Sicherheiten angesetzt, um sicherzustellen, dass auch ja die Werte zu 200% eingehalten werden.
Bei Solaranlagen müssen wir Gutachten vorlegen, dass Kaninchen in der Fortpflanzung nicht beeinträchtigt sind, wenn in einem Meter Höhe Solarmodule aufgeständert sind.
In Datteln setzt man sich hingegen über alles hinweg, was es an Recht, Gesetz und Vorgaben gibt.
Deutschland verkommt jeden Tag mehr zu einer Bananenrepublik

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