Foto: flickr.com / hn.
Man glaubt es kaum, aber fast zum Ende seiner Wahlperiode hat der Regionalverband Ruhr (RVR) einen konkreten gestaltenden Politikansatz gewagt. Er schlägt die Einführung eines Kieseuros vor. Das soll eine lokale Gebühr sein, die Kommunen mit Kiesabbau erheben dürfen, um damit zum Beispiel die Folgekosten der Kiesgruben-Renaturierung zu decken oder aber Freibäder zu bezahlen. Der politische Vorstoß ist gut vorbereitet: es gibt ein juristisches Gutachten, dass die Einführung des Kieseuros rechtfertigt und breite Unterstützung für das Projekt im Kreis Wesel. Zur Erinnerung, das ist der Kreis, der den RVR verlassen wollte. Mir fehlt ein wenig der Glaube, dass der RVR-Direktor Heinz-Dieter Klink (SPD) dieses Bravourstück durchgesetzt hat. Aber wenn er das war, dann gebührt ihm hier mein Respekt. Der Kieseuro ist clever.
Im Gutachten von Professor Reinhard Hendler von der Uni Trier heißt es, am besten wäre es, den Kieseuro als eine Art Ressourcennutzungsgebühr zu erheben. Das bedeutet: die Kiesfirmen sollen den Kieseuro für den Abbau des Kies an die Kommunen bezahlen. Einfach so, weil der Kies auf städtischem Grund ist. Basta. Ein Beispiel, bei dem bereits die Nutzung von natürlichen Vorkommen mit einer Abgabe belegt ist, sieht Professor Hendler in dem so genannten Wasserentnahmeentgelt. Auch das müssen die Firmen an die öffentliche Hand abdrücken, wenn sie Wasser aus dem Boden entnehmen wollen. Das Bundesverfassungsgericht erlaubt diese Abgabe.
Für diese Lösung gebe es keine wettbewerbsrechtlichen Folgen zu bedenken, schreibt Hendler. Auch vom Europarecht her sei die Erhebung des Kieseuro völlig in Ordnung. Die Landesregierung könne ohne weiteres per Gesetz einen Rahmen zur Erhebung des Kieseuros schaffen.
Das besondere dabei: Der Kieseuro kann die Strukturnachteile in den Kieskommunen durch den Kiesabbau beseitigen helfen. Bislang werden in den Landschaftslöchern entweder Mülldeponien oder Planschbäder angelegt. Etwa das Bad Silbersee II in Haltern oder der geplante Tötelbergsee in Bottrop. Finanziert werden diese Projekte meist überwiegend vom Regionalverband Ruhr und aus anderen kommunalen Kassen. Mit anderen Worten: die Gewinne aus dem Kiesabbau werden privatisiert, die Schadensbegrenzung vergesellschaftet. Also alles wie immer. Die Bürger zahlen. Das soll in Zukunft durch den Kieseuro zumindest ein wenig geändert werden, indem Kiesereien ihren Beitrag leisten. Ist doch klug, oder?
Gemoppert wird deswegen vor allem gegen den Kieseuro von Seiten der Kiesbetriebe. Klar. Deren Gewinn wird ja auch absehbar durch die Abgabe kleiner. Der Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer, Stefan Dietzfelbinger, mosert denn auch über das Gutachten und ihre Auftraggeber. Die betroffenen Unternehmen seien überhaupt nicht einbezogen oder gar gehört worden und die eine einseitige Belastung der im Kreis Wesel ansässigen Kies-Unternehmen sorge für eine Wettbewerbsverzerrung. Ach nu……
RVR-Planungschef Thomas Rommelspacher verteidigt die neue Abgabe. Die Einnahmen könnten den betroffenen Kommunen finanziellen Spielräume verschaffen, die Schäden der Kiesindustrie zu kompensieren. Gleichzeitig sehen weder Rommelspacher noch der betroffene Kreis Wesel die Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung. „Beim Kies sind die Transportkosten die entscheidende Größe. Nicht ein möglicher Kieseuro”, sagte der technische Kreisdezernent von Wesel, Hans-Joachim Berg. Sowohl der RVR als auch der Kreis Wesel fordern die Landesregierung auf, ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden, um den Kieseuro einzuführen.
Mir persönlich gefällt das Wort Kieseuro richtig gut, hört sich an wie der Kohlepfennig. Auch wenn der Lohn der Solidarität hier in die andere Richtung fließt. Oder Kies wie Kohle. Obwohl dann wäre der Kieseuro allerdings ein weißer Schimmel. 😉
Im Endeffekt, zahlt es eh wieder der Verbraucher, aber hier wird der steigende Preis vielleicht auch zu einem sparsameren Umgang führen.
Wobei ich einen Euro zu wenig finde.