Foto: halbfertiger Atommeiler Belene in Bulgarien
Der Bau des umstrittenen RWE-Kernkraftwerkes Belene in Bulgarien steht auf der Kippe. Vor allem die Finanzierung des Meilers bereitet nach meinen Recherchen derzeit große Probleme. So werden der bulgarischen Regierung Schwierigkeiten nachgesagt, einen Kredit aufzutreiben, um den Eigenanteil von 51 Prozent an dem 3,8 Mrd Euro teuren Bau zu finanzieren. RWE selbst hat sich bislang bereit erklärt, einen Anteil von 49 Prozent an dem Meiler zu übernehmen, und sichert damit eine Finanzierung von rund 1,3 Mrd Euro ab. Das Projekt gilt als eines der wichtigsten Prestigeprojekte des RWE-Chefs Jürgen Großmann.
Bereits im vergangenen Sommer hat der staatliche Bulgarische Energieversorger NEK mit der französischen Bank BNP Paribas einen Vertrag abgeschlossen, nach dem das Geldinstitut einen Konsortium zusammenstellen soll, um den bulgarischen Eigenanteil darzustellen. Doch aus Bankkreisen war zu erfahren, dass BNP Paribas mitten in der Finanzkrise Schwierigkeiten hat, genügend Geldhäuser zu finden, die bereit sind, die Risiken aus dem Geschäft zu übernehmen. Es gibt bis jetzt kein Konsortium. Das Kernkraftwerk Belene wird mitten in ein Erdbebengebiet gebaut. Die Europäische Union hatte massive Sicherheitsbedenken gegen den Standort geäußert und vor der Aufnahme Bulgariens in die EU verlangt, einen Vorgängermeiler am gleichen Ort stillzulegen. Mehrere Banken haben sich in der Vergangenheit aus Sicherheitsbedenken aus der Finanzierung zurückgezogen. Aus Kreisen der Bank BNP Paribas erfuhr die Welt nun, das Haus sei zwar weiter daran interessiert, ein Konsortium zusammenzustellen, werde aber keine eigenen Mittel für einen Kredit bereitstellen.
Die Bulgarische Regierung hat bereits reagiert und versucht nun gegen den Widerstand der Opposition in direkten Gesprächen mit Russland Kredite zu bekommen, um den Bau zu finanzieren. Der russische Konzern Atomstrojexport soll Generalunternehmer des Kernkraftwerkbaus werden. Er arbeitet dabei mit Siemens zusammen.
Bereits im Dezember hatte RWE ein Joint-Venture-Abkommen mit dem bulgarischen Versorger NEW unterzeichnet. In Rahmen dieses Abkommen hat sich RWE bereit erklärt, bis zu 450 Mio Euro in die Gründung einer gemeinsamen Projektgesellschaft zu investieren, heißt es aus dem Essener Konzern. 225 Mio will RWE demnach direkt investieren, weitere 225 Mio sollen fließen, falls der bulgarische Partner nicht fähig ist, eine eigene Finanzierung bereitzustellen. Das Geld soll dazu dienen, den Baubeginn des Kernkraftwerkes zu ermöglichen. Ein RWE-Sprecher wollte die Angaben nicht kommentieren. Auch zum konkreten Zeitplan wollte sich der Sprecher nicht äußern. Es hieß lediglich, bis 2010 solle die Projektentwicklung abgeschlossen werden.
Im RWE selbst ist das Vorhaben weiter umstritten. Während Konzernchef Jürgen Großmann den Meiler in Bulgarien bauen lassen will, hat sich im Aufsichtsrat Widerstand formiert. Es heißt, zum einen sei das Kraftwerk zu unsicher, zudem hätte Bulgarien neben den finanziellen Schwierigkeiten zu große Probleme mit Korruption, in die sich RWE nicht verstricken dürfe. Erst vor wenigen Wochen hatte die EU einen Bericht vorgelegt, in dem die Verhältnisse in Bulgarien stark kritisiert wurden. Hilfsgelder an das Balkanland in Millionenhöhe bleiben deshalb gesperrt.
RWE-Chef Großmann hatte versucht, das Projekt Belene ohne Zustimmung des Aufsichtsrates durchzusetzen. Unter anderem um einen Alleingang des Konzernchefs zu verhindern, hat der Aufsichtsrat deshalb eine Änderung der Geschäftsordnung beschlossen, wonach die Unternehmens- und Investitionsplanung und damit der Baubeschluss von Belene von den Konzernaufsehern genehmigt werden muss. Großmann hatte erfolglos mit Rücktritt gedroht, sollte die Geschäftsordnung entsprechend geändert werden.
Unterdessen hat die Naturschutzorganisation urgewalt zwei prominente Gegner des Kernkraftwerkes aus Bulgarien nach Deutschland eingeladen. Gueorgui Kastchiev, der ehemaligen Chef der bulgarischen Atomaufsicht, und Albena Simeonova, einer der bekanntesten Umweltschützerinnen Bulgariens, wollen in den Ruhrgebietsstädten über die Bedenken der Bevölkerung gegen die Reaktoren berichten. Dabei sollen vor allem in den SPD-regierten Städten die Oberbürgermeister sensibilisiert werden, dass sie nicht in Deutschland mit ihrer Partei für den Atomausstieg eintreten und dann im Aufsichtsrat des RWE für den Bau eines mutmaßlichen Risikoreaktors stimmen können.
Hier die Termine mit den beiden bulgarischen Gegnern des RWE-Kraftwerkes.
Dortmund: Am Dienstag, den 21.4. trifft ab 19 Uhr Kastchiev auf Dortmunder Kommunalpolitikern im Wichern Kultur und Tagungszentrum (Stollenstr. 36).
Essen: Am Mittwoch, den 22.4. findet um 19 Uhr eine Diskussionsveranstaltung mit Kastchiev und Essener Kommunalpolitikern im Haus der Technik (Hollestr. 1) statt.
Mülheim: Am Donnerstag, den 23.4. trifft sich Albena Simeonova um 19 Uhr mit Mülheimer Kommunalpolitikern im Handelshof (Friedrichstr. 15)
Tschernobyl ist nicht vergessen!…
Auch wenn in dieser Woche von vielen Organsiationen an das Unglück von Tschernobyl vom 26. April 1986 erinnert wird, sollten wir unser Augenmerk auf ein anderes, aktuelles atomares Sicherheitsrisiko lenken. In Belene, Bulgarien, soll mit Hilfe ein…