Das Fannetzwerk ‚Westtribüne Essen‘ kritisiert in einer aktuellen Stellungnahme unter anderem die Berichterstattung von WAZ und Spiegel Online in Bezug auf die Essener Fanszene – und bestätigt sie ungewollt
Immer wieder ist zuletzt über die drohende Unterwanderung der Fanclubs in verschiedenen Städten der Republik durch Rechtsradikale die Rede gewesen. In einigen Diskussionen geriet auch Rot-Weiss Essen mit seinen Fans in die öffentlich geführte Debatte.
Daher sieht man sich seitens der Betreiber von ‚http://westtribuene-essen.de‘ nun sogar zu einer öffentlichen ‚Richtigstellung‘ gezwungen:
„Die Westtribüne Essen möchte sich hiermit in Form einer Richtigstellung zu den Inhalten der Artikel in der WAZ (25.10.2013) und Spiegel Online (22.10.2013) äußern und somit auf die gegebenen Umstände und Werte der Essener Fanszene hinweisen.
Die Fangruppen und Fanclubs der Westtribüne Essen distanzieren sich von den Darstellungen in den oben genannten Artikeln und weisen darauf hin, dass weder die „Alte Garde Essen“ noch die “Junge Garde Essen” die Essener Fanszene beherrschen und/oder unterdrücken. Vielmehr stellen beide anerkannte Fangruppierungen der Essener Fanszene dar. Darüber hinaus distanziert sich die Westtribüne Essen von politischen Extremen jeglicher Art im Stadion Essen und spricht sich grundsätzlich gegen Parteipolitik und Rassismus an der Hafenstraße aus.
Abschließend weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass Verhältnisse wie in den Stadien von Braunschweig, Aachen oder Duisburg an der Hafenstraße nicht gegeben sind und wir uns diese auch nicht durch außenstehende Dritte suggerieren lassen.“
Die Kritik der Fans bezieht sich u.a. auf folgenden Text, welcher bei ‚DerWesten.de‘ erschienen ist:
Mit ihrer Gleichsetzung von Nazis und Antifa zeigen die Autoren allerdings, dass die Artikel im Spiegel als auch in der WAZ korrekt waren. Der Spiegel schrieb:
Hooligans wollen, so sagen sie es den Ultras, „keine Politik im Stadion“. Ein alter Slogan, den Rechtsextreme seit Jahren benutzen, um sich in ehrenamtlichen Sportvereinen oder bei Jugendbewegungen breitzumachen. Durch diese vordergründige Trennung von Sport und Politik wollen sie viele junge Menschen für sich gewinnen. Gemeinsame Kleidung, Musik oder der Besuch von rechtsoffenen Lesungen sollen ein nationales Bewusstsein schaffen. Subtile Agitation.
Der gleiche Tenor des vermeintlich unpolitischen zeigt sich auch in dem Westtribüne-Text. Und dass es in Essen keine Zustände wie in Aachen gibt, ist nicht ernst zu nehmen – Immerhin verhinderten noch vor ein paar Wochen RWE-Fans, dass der Film „Blut muss fließen“ in Essen gezeigt werden konnte.
Daß der Teil der Fans, die die Alte Garde als anerkannten Teil der Fanszene betrachtet, sich nicht unterdrückt fühlt, macht schon Sinn.
Gegen Rassissmus spricht man sich in Essen für gewöhnlich aber wohl nur in Stellungnahmen oder hinter vorgehaltener Hand aus…
“ Darüber hinaus distanziert sich die Westtribüne Essen von politischen Extremen jeglicher Art im Stadion Essen und spricht sich grundsätzlich gegen Parteipolitik und Rassismus an der Hafenstraße aus.“
Genau dieses Verhalten hat doch der Spiegel aus guten Gründen kritisiert und als eine Methode der Nazis erklärt, sich in den Stadien breit zu machen. Mit diesem Artikel bestätigen die Westtribünen-Leute sowohl die Berichterstattung des Spiegels als auch der WAZ.
Diese Distanzierung ist wirklich interessant. So geht die „Westtribüne“ beim WAZ-Artikel mit keinem Wort auf die konkreten Fan-Ausagen ein, die in diesem Artikel zitiert werden und eben genau das Gegenteil von der Stellungnahme der „Westtribüne“ aussagen.
In dem erwähnten Spiegelartikel geht es um „Fans“ aus der Duisburger Szene, die beschuldigt werden, unter anderem Kontakte in die Essener Naziszene zu haben. Warum sich die Westribüne davon distanziert wird in der Distanzierung nicht klar.
Ebenso seltsam erscheint es wenn sich die „Westtribüne“ von Parteipolitik in der Hafenstraße distanziert. Die Hafenstraße ist größer als das Stadion, welches die Hausnummer 97 trägt. Aber klar, mit Hafenstraße ist das Stadion gemeint. Nur, da niemand Parteipolitik ins Stadion gebracht hat, braucht man sich doch davon nicht zu distanzieren, oder?
Allerdings passt diese Distanzierung genau in das Schema wie es auch in dem WAZ-Artikel angedeutet wird:
„So verwundert auch die paradoxe Reaktion auf das Bedrohungsszenario nicht. Während beim Spiel gegen Lippstadt Zuschauer auf der Haupttribüne vereinzelt Stellung bezogen („Kein Bock auf Nazis“), stellte sich die Westtribüne sogar – scheinbar – hinter die Schlägertruppe, indem sie deren Zensur-Forderung auf Spruchbändern wiederholte: „Keine Politik – nur der RWE“. „Es ist die alte Masche“, sagt Martin Endemann vom bundesweit vernetzten Bündnis aktiver Fußball-Fans (BAFF): „Mit dem Slogan wird antirassistisches Engagement als linksextrem diffamiert.“ An der Hafenstraße hätten Hooligans bereits 2008 eine Ultra-Gruppe eingeschüchtert und zur Aufgabe gezwungen, so Endemann.“
…und schon wird aus einer vermeintlichen Distanzierung ein Eigentor.
Genau wie die Verhinderung der Filmvorführung am 16.10. im AWO-Fanprojekt. Der Film wird nun nicht neben, sondern im RWE-Stadion gezeigt.
Nicht von einem Bürgerbündnis und dem Fanprojekt, sondern verantwortet vom Verein selbst und dem Stadioneigner, die sich dieses Verhalten von Pseudo-Fans nicht gefallen lassen wollen. Zurecht.
Es wird Zeit, das viel mehr echte Fans in Essen den Mund aufmachen, die das Verhalten der Alten Garde Essen Sport Frei (kompletter Name), nämlich durch Drohungen „Politik“ zu machen als das benennen was es ist: Kriminell.
Die Lügenformulierung „Keine Politik im Stadion“ ist so alt wie das Phänomen Nazis auf der Tribüne, damit kam schon die Borussenfront in den Achtzigern um die Ecke.
Übrigens – „nette“ Undercover-Reportage aus 1985 über den alltäglichen Auswurf braunen Resthirnbreis, die „unpolitisch!“-Aussage und den Dunstkreis der Borrussenfront:
https://www.reporter-forum.de/fileadmin/pdf/Kromschröder_Familientreffen.pdf