Schalke 04: Eilige Trennung von Huub Stevens offenbart derzeitige Führungsschwäche der Vereinsspitze

Trainer Huub Stevens im Jahr 2010. Quelle: Wikipedia Foto: Werner100359 Lizenz: cc

Schalkes ‚Jahrhunderttrainer‘ Huub Stevens vermochte den Negativtrend der letzten Wochen nicht mehr zu stoppen und wurde nach der gestrigen 1:3-Heimpleite gegen den SC Freiburg heute Vormittag von seinen Aufgaben entbunden.

Nachfolger wird (zumindest vorerst) Jens Keller werden, der bisher im Nachwuchsbereich der Königsblauen aktiv war.

Manager Horst Heldt bestätigte gerade, mit dem ehemaligen Stuttgarter zumindest bis Saisonende auf der Cheftrainerposition zu planen.

Diese hektisch anmutende Aktion des heutigen Sonntags offenbart unfreiwillig das ganze Dilemma in dem die Gelsenkirchener sich derzeit befinden.

Nach einem tollen Saisonstart wurde das Team bis zum 10. Spieltag sogar als einer der Titelanwärter der diesjährigen Bundesligasaison betrachtet.

Seit dem 11. Spieltag lief es jedoch plötzlich gar nicht mehr. Von außen war und ist dafür eigentlich so recht gar kein Grund zu erkennen.

Seit Wochen wird kolportiert, das Innenverhältnis zwischen Team und Trainer sei jüngst arg belastet gewesen. Auffällig auch, dass der zu Saisonstart noch als deutlich lockerer und zugänglicher als früher empfundene niederländische ‚Ex-Knurrer‘ Huub Stevens in den letzten Wochen doch immer häufiger wieder in alte Verhaltensmuster früherer Jahre zurückzufallen schien.

Heute dann die sofortige Trennung.

Der Zeitpunkt ist umstritten, wäre doch kurzfristig nur noch das in wenigen Tagen anstehende DFB-Pokalspiel gegen den FSV Mainz in diesem Jahr zu absolvieren gewesen.

Eine ausführliche Analyse und Neuordnung der Kräfte beim S04 wäre in der nahen Winterpause sehr gut möglich gewesen. Was der doch sehr abrupte Wechsel zur vereinsinternen Lösung Jens Keller dem Team nun bringt, das muss natürlich erst noch abgewartet werden.

Auffällig war bei den heutigen Statements, aus meiner Sicht, ein eklatanter Widerspruch bei der Analyse der letzten Wochen zwischen Vereinsboss Clemens Tönnies und Manager Horst Heldt. Während Tönnies im ‚Sport1-Doppelpass‘ am Vormittag noch ganz offen von einem konkreten Schlüsselerlebnis gesprochen hatte, welches offensichtlich zu einem Bruch zwischen Team und Trainer geführt habe, ohne dies jedoch benennen zu können oder wollen, sprach Horst Heldt in der offiziellen Pressekonferenz am Mittag diesbezüglich von einem ‚schleichenden Prozess‘.

Als Beobachter fragt man sich da, was nun stimmt, ob man die Wahrheit nicht sagen will, oder ob man sie vielleicht gar nicht wirklich kennt.

Spekulationen sind durch eine solche Außendarstellung natürlich weiterhin Tür und Tor geöffnet. Übereinstimmend gaben beide Verantwortlichen übrigens heute bekannt, dass man die Situation nun in den nächsten Tagen und Wochen gründlich analysieren wolle.

‚Zu spät!‘ möchte man ihnen da nur zurufen.

Als verantwortliche Entscheidungsträger hätte diese Analyse von ihnen doch eigentlich bereits zuvor erfolgen müssen…

Eine souveräne Chefetage sieht wohl irgendwie anders aus….

Sportlich ist die Situation für Jens Keller nun äußerst heikel. Er, der erst 8 Spiele Erfahrung als Bundesligacheftrainer aus seiner Zeit beim VfB Stuttgart vorzuweisen hat, soll zunächst bis zum Saisonende aushelfen. Ob er dann ab Sommer weiterarbeiten dürfe, das wollten weder Tönnies noch Heldt heute bestätigen oder dementieren. Alles sei offen.

Das Problem: Als verantwortungsvolle Vereinsvertreter müssten beide eigentlich umgehend eine Entscheidung treffen. Denn Trainer von der Klasse eines Thomas Tuchel, Armin Veh, oder Christian Gross, die als mögliche Nachfolger derzeit bereits öffentlich gehandelt werden, sind auf dem Markt ja in der Regel im Sommer nicht frei verfügbar. Eine Verpflichtung zur neuen Spielzeit müsste also bereits längerfristig, am besten bereits ab Jahresbeginn, langsam über Wochen vorbereitet und verhandelt werden.

Jens Keller könnte so rasch zu einer ‚lahmen Ente‘ im Amt werden, wenn sich erst einmal herauskristallisiert, dass seine Tage im Amt lediglich auf die wenigen Monate der nun bald anstehenden Rückrunde 2013 begrenzt sind. Könnte er aber dann, wenn bereits mit seinen Nachfolgern verhandelt wird, das derzeit so angeschlagen wirkende Team der Knappen in die begehrten Champions League-Ränge führen?

Spricht man ihm aber jetzt sofort das längerfristige Vertrauen, über das Saisonende hinaus aus, dann könnte man sich mit einem so unerfahrenen Coach aber auch böse in die ‚Nesseln setzen‘, wenn die Rückrunde keinen sportlichen Erfolg bringt. So, oder so, keine leichte Entscheidung für Horst Heldt und Co.

Es dürfte also spannend bleiben rund um die Gelsenkirchener. Aber das kennen die langjährigen Fans des Teams ja auch gar nicht anders.

Aus unerklärlichen Gründen sind die Ruhephasen im Umfeld bei diesem Traditionsclub seit Jahrzenten bereits ungewöhnlich kurz.

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Stefan Laurin
Admin
12 Jahre zuvor

Ein Verein muss auch mal eine schlechte Phase mit einem Trainer durchstehen und nicht gleich überziehen. Der Stevens-Rauswurf wird sich noch als großer Fehler erweisen. Peinliche Nummer.

der, der auszog
der, der auszog
12 Jahre zuvor

Geld regiert die Welt. Vermutlich sind Überlegungen finanzieller Natur der Grund, wieso Huub Stevens in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wurden.

Schalke 04 ist ein klassischer Pleiteverein. Am deutlichsten wurde dies im Herbst 2009, als die Pleitestadt Gelsenkirchen 25 Millionen Euro direkt aus dem Fenster in den blau-weißen Fußballhintern des Pleitevereins blies. Stadtwerke und die Selbstverliebtheit von Regierungspräsidenten, Bürgermeistern und Stadträten, die wir hier ja an anderer Stelle ausführlich diskutieren, machen solche umstrittenen Deals trotz klammer Kassen möglich.

Mit den 25 Millionen Euro konnten zum einen die Kaufsucht in Sachen Spieler (Raúl & Co) des damaligen Trainers Felix Magath befriedigt werden, zum anderen wurde der finanziellen Schieflage des Pleitevereins entgegengewirkt. Die Höhe der Verbindlichkeiten von Schalke soll damals 250 Millionen Euro betragen haben.

Trotz der Finanzspritze durch die Stadt Gelsenkirchen ging der Jahresumsatz um 15% zurück, hervorgerufen durch das Verpassen eines europäischen Wettbewerbes in der Saison 2009/10. Da sich Schalkes finanzielle Situation seitdem nicht großartig verbessert, das Vereinsmanagement aber trotzdem mit der Teilnahme an einem europäischen Wettbewerb kalkuliert haben dürfte, könnte die Ursache sein, sich von Stevens zu trennen. Durch den Sturzflug vom direkten Bayernverfolger auf Platz 7 überwintern die Königsblauen allerdings auf einem Platz jenseits von Champions- und Europa-Leaguequalifikation. Ein solcher Wettbewerb ist aber nötig, um den Verein ein erneutes finanzielles Desaster zu ersparen.

Ob Stevens Entlassung ein Fehler war, mag ich nicht beurteilen, dafür interessiere ich mich zu wenig für Fußball.

Martin / Dimido.de
12 Jahre zuvor

Als Fußball-Laie finde ich es immer wieder interessant, dass anscheinend sehr gute, erfolgreiche Fußball-Trainer plötzlich bei einem Verein katastrophal scheitern! Der Trainer verlernt doch noch plötzlich sein Handwerk, oder?

Also kann man einen Misserfolg eines Vereins nicht nur einem Trainer zusprechen. Es ist doch auch bei M. Schumacher so, dass wir alle wissen, dass er ein sehr guter Rennfahrer ist – nur wenn die Infrastruktur (hier Auto) misst ist, ist das Ergebnis auch misst 😉

Max Adelmann
Max Adelmann
12 Jahre zuvor

Egal wer bei Schalke Mist gebaut hat (Management oder Trainer), den Verantwortlichen sei in Verhalten gegenüber einem Trainer mal das Beispiel Mainz 05 genannt. Die halten ihre Trainer auch bei mal schlechten Serien. Klopp (jetzt BVB 09 Dortmund) und aktuell Tuchel wissen dies sehr wohl.
Ansonsten wird die Entscheidung der Schalker Vereinsführung die Chancen von Mainz 05 am kommenden Dienstag wohl nicht verschlechtern. 🙂

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