Schauspielhaus Bochum: Überfällige Diskussion über Atomwaffen mit Joschka Fischer

Joschka Fischer Foto: Heinrich-Böll-Stiftung Lizenz: CC BY-SA 2.0

Am 21. Januar wird der ehemalige Außenminister Joschka Fischer (Grüne) Gast in der Talkshow des früheren Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU) „Ein Gast. Eine Stunde“ sein. Fischer ist ein brillanter Redner, daher sind 60 Minuten gute Unterhaltung garantiert. Allerdings regt sich Protest gegen Fischers Auftritt: Die selbsternannte Bochumer Friedensbewegung ruft Schauspielhaus-Intendant Johan Simons dazu auf, die Veranstaltung abzusagen. Grund hierfür ist Fischers jüngster Vorschlag zur Eskalation der atomaren Hochrüstung. Fischer plädiert dafür, dass Deutschland nicht mehr nur an der „nuklearen Teilhabe“ festhalten sollte, die 20 US-Atomwaffen mit bis zu 13-facher Sprengkraft der Hiroshima-Bombe in einem Depot in der Eifel lagert, nur 120 Kilometer Luftlinie von Bochum entfernt. Stattdessen befürwortet er, dass die Europäische Union eine eigenständige Atommacht neben der NATO wird. Dies bedeutet nicht nur eine Abkehr von der nuklearen Abhängigkeit von den USA, sondern auch, dass Deutschland sich zur Atommacht in der EU entwickeln soll.“

Fischer äußerte sich Anfang Dezember in einem Interview mit der Zeit zu der Frage, ob die Bundesrepublik eigene Atomwaffen anschaffen sollte. Er antwortete: „Das ist in der Tat die schwierigste Frage. Sollte die Bundesrepublik Atomwaffen besitzen? Nein. Europa? Ja. Die EU braucht eine eigene atomare Abschreckung.“ Fischer betonte, dass die Welt sich verändert habe, und verwies auf Putins Einsatz von nuklearer Erpressung. Angesichts der Möglichkeit einer Wiederwahl von Donald Trump müsse sich Europa ernsthaft fragen, wie es in dieser Situation handeln werde.

Die Debatte ist überfällig, und es ist zu begrüßen, dass Fischer als Grüner klar Position bezogen hat. Nur wenige hundert Kilometer von Deutschlands Grenze entfernt tobt ein brutaler Krieg, den Russland mit dem Angriff auf die Ukraine begonnen hat. Falls Putin ihn gewinnen sollte, könnte er weitere  andere Länder wie Georgien und die baltischen Staaten überfallen. Die Friedensbewegung, die immer schon mit pro-russischen Parteien wie der DKP oder der Linken eng verbunden war, hat offensichtlich mehr Probleme  mit wehrhaften Demokratien als mit einem ehemaligen KGB-Agenten wie Putin. Europa ist momentan kaum in der Lage, sich selbst zu verteidigen, und lässt die Ukraine im Stich. Es kann nicht darauf vertrauen, dass die USA dauerhaft die Kosten für seine Sicherheit und Freiheit tragen werden. In einer Zeit, in der Russland, China und der Iran die freie Welt bedrohen, muss Europa nicht nur in der Lage sein, sich selbst zu verteidigen, sondern auch die USA zu unterstützen, sowohl im atomaren als auch im konventionellen Bereich. Wer in Freiheit leben möchte, muss bereit sein, für sie zu kämpfen. Darüber sollte auch im Schauspielhaus Bochum diskutiert werden können.

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Werbung