Das Schauspielhaus Dortmund verabschiedet sich von seinem musikalischen Leiter, Paul Wallfisch. Mit einer zweitätigen Gala feierte der New Yorker Künstler gemeinsam mit dem Dortmunder Ensemble und den Zuschauer seinen Abschied. Neben einer Rede von Schauspielchef Kay Voges gab es rote Rosen, viel Wein und jede Menge Musik. Wallfisch wird vielen in bester Erinnerung bleiben. Nicht nur als Theater-Komponist, sondern auch mit dem wunderbaren Musiksalon „Small Beast“, begeisterte er fünf Jahre lang das Dortmunder Publikum.
Kay Voges sah man den Abschiedskummer an. Er hatte den zwischen Europa und USA pendelnden Musiker Paul Wallfisch – „ein Freund“ – 2010 nach Dortmund geholt. Der Gründer der Kult-Band Botanica, die auch schon am Schauspielhaus Dortmund auftrat, bewegt sich musikalisch zwischen Postpunk, Tom Waits-Sound und hintergründigen Rock. Fast perfekt also für ein Schauspiel, dass seit der Ära Voges immer wieder durch innovative Musik-Schauspiel-Stücke, wie Woyzeck, Republik der Wölfe, Der Meister und Margarita, Elektra oder dem preisgekrönten „Einige Nachrichten aus dem All“ (Wolfram Lotz) für überregionale Aufmerksamkeit sorgte.
Mit Wallfisch zog auch das kleine Veranstaltungsformat zwischen Profi-Gig und Jamsession mit dem Namen „small beast“ von New York nach Dortmund – ein gelungener transatlantischer Kulturaustausch! Er schuf damit nicht nur Spielraum für Experimentelles, sondern es gelang ihm auch musikalische Sternstunden mit Szenegrößen zu entfachen. „Dieses kleine Biest ist eingeschlagen wie eine Bombe – musikalisch höchst interessant wie experimentell und auf Weltniveau!“ schrieb Smag begeistert. In der intimen Club-Atmosphäre waren von der New Wave-Queen Lydia Lunch bis zur britischen Newcomerin Gemma Ray im Laufe der Jahre viele spannende Musiker zu Gast – internationaler Glamour für Dortmund.
Der Freitagabend begann mit einer musikalischen Reise durch die Wallfisch-Evergreens der Zeit am Dortmunder Schauspielhaus. Begleitet wurde er vom stimmstarken Schauspielensemble – vor allem mit der außergewöhnlichen, souligen Stimme von Eva Verena Müller war das „BIG Beast“ ein echter Hörgenuss. Auch die wunderbare Trompete von Martin Wenk (Calexico) spielte sich den Abend hinweg vom Gehörgang direkt und tief – mitten ins Herz.
Paul Wallfisch zeigte das, was er neben dem Musik machen, besonders gut kann. Er ist nicht nur ein bemerkenswerter Komponist, sondern ein ebenso guter Conférencier. Er schmückt den Abend mit vielen internen Anekdoten „Oh, das Bühnenbild war einfach so fucking Broadway!“ und „Es herrschte bei dem Stück absolutes Chaos! Alle weinten, aber drei Tage später war alles großartig“ …. „Keine Details bitte!“ ruft Voges aus dem Off des Zuschauerraums. Das Publikum lacht und will noch mehr Einzelheiten hören.
Später traten John Parish & Band mit Filmmusik aus zwei Jahrzehnten und die Alternativ-Country-Band Giant Sand auf. Die Dortmunder feierten in bester Laune mit „ihrem“ Theater bis spät in die Nacht und am nächsten Abend noch weiter.
Die schönste Abschieds-Hommage überbrachten später die Schauspieler. Mit dunklen krussellockigen Perücken traten sie auf die Bühne und fragten: „Sind wir denn nicht alle ein bisschen Paul?“
Wenn noch ein bisschen Paul da bliebe, wäre das schön. Und so sagen auch wir, lieber Paul Wallfisch: „Au revoir, good bye und vor allem Auf Wiedersehen!