Große Pressekonferenz heute Mittag beim FC Schalke 04. In einem Rundumschlag präsentierte der Klub seine komplette neue Führungsriege den versammelten Medienvertretern in der heimischen Arena. Der neue Koordinator der Lizenzspielerabteilung Sascha Riether, Sportvorstand Jochen Schneider, Technischer Direktor Michael Reschke und Cheftrainer David Wagner, sie alle standen dabei Rede und Antwort.
Eine wahre Mammutrunde mit vielen neuen Gesichtern , wie sie in diesen Kreisen selten sind, die jedermann noch einmal bewies, wie sehr Schalke in diesen Tagen im Wandel ist. Das Bemerkenswerteste nach rund einer Stunde Präsentation: Konkretes gab es eigentlich gar nichts zu vermelden.
Und dabei kann man den Protagonisten rückblickend nicht einmal vorwerfen, dass sie nicht redselig gewesen wären. Doch muss man nach der ersten öffentlichen Vorstellung des neuen Führungskreises in Gelsenkirchen trotzdem etwas überrascht feststellen, dass (noch) nichts von Substanz gesagt wurde. Alles kann, nichts muss. So lässt sich die Rede- und Antwort-Runde vielleicht am einfachsten Zusammenfassen.
Neuzugänge? Nichts konkretes. Abgänge? Nichts konkretes. Saisonziel? Nichts konkretes!
Alle Anwesenden auf dem Podium bemühten sich stattdessen gebetsmühlenartig immer wieder zu betonen, wie viel Arbeit jetzt vor ihnen liegt. In allen Bereichen. Ein Statement, das kein gutes Licht auf ihre jeweiligen Vorgänger wirft. Und damit gab es dann vielleicht doch eine dramatische Aussage:
In Schalke scheint nach der Vizemeisterschaft 2018 urplötzlich alles kritik- und reparaturwürdig zu sein. Ein unharmonischer, zu schwacher Kader, eine zuletzt nicht optimal funktionsfähige Struktur im Klub, eine zu kleine Scouting-Abteilung, eine ausbaufähige Zufuhr von jungen Talenten aus dem Nachwuchs.
Wer heute Mittag auf Schalke etwas zwischen den Zeilen gelesen hat, der konnte eigentlich am Ende der Veranstaltung nur zu einem Schluss kommen: Alles muss auf Schalke besser werden! Und das möglichst bald!
Zeitliche Ziele wollte von den Podiumsgästen aber auch niemand nennen, so dass ein interessierter Zuhörer nur zu einem Fazit kommen kann: Der Klub erlitt im Vorjahr tatsächlich auf vielen Ebenen einen Totalschaden!
Der Rückschluss auf die Verantwortung dafür lässt einem nur einen Namen in den Kopf schießen, den des vor einigen Monaten zurückgetretenen Christian Heidel, der ursprünglich als eine Art Heilsbringer aus Mainz ins Revier kam, nun aber offenbar eine regelrechte Trümmerlandschaft in Gelsenkirchen hinterlassen hat. Zumindest offenbar in den Augen der neuen Verantwortlichen, die alle nur davon sprachen jetzt eine Menge harte ‚Maloche‘ vor der Brust zu haben, um das Schiff wieder mühsam auf Kurs zu bringen.
Die Kritik an Heidel, der namentlich witziger Weise nicht einmal genannt wurde, mag im Kern zutreffend sein, doch hinterlässt sie ja beiläufig zumindest eine weitere drängende Frage:
Warum ist Klubboss Clemens Tönnies eigentlich nicht eher eingeschritten, wenn der Verein zuletzt doch so sehr in allen Bereichen dramatisch im Sturzflug war?
Den Gewinn der Relegation in der Saison 2019/2020 wird sich keiner der aktuellen Verantwortlichen als erreichbares Saisonziel trauen zu verkünden. Hätte aber für die leidgeprüften Fans einiges an Dramatik und Spannung in der Saison inkl. Happy-End dabei.
Die Frage im Nachgang ist berechtigt, wo der Boss doch sonst in der Vergangenheit gerne mal eingegriffen hat. Das Schweigen ist schon bemerkenswert.
Ich befürchte, ein Clemens Tönnies glaubt ernsthaft, dass da noch ein Rudi-Assauer-Geist werkelt und ihm die eigentlichen Entscheidungen, vor allem die in sportlicher Sicht, abnimmt – von denen er weiterhin kaum bis keine Ahnung hat. Die alte folkloristische Herangehensweise ala "Da muss Blut und Schweiß fließen und auf Schalke bedeutet: bedingungslose Hingabe an den Malocher!" ist im Jahr 2019 endgültig aus der Zeit gefallen, heute zieht mehr die Bespaßung ganz junger Nachwuchstalente durch den Verein als "Ersatzfamilie".
Schalkes grundsätzliches Problem bleibt überdies weiterhin, dass man frischen Spielern aus z.B. anderen Ligen und Ländern nicht mit Historie und Titeln kommen kann, die man eben nicht hat. Und Ruhrgebiets-Kumpel-Image ist für den französischen oder spanischen Jungprofi ein eher hässliches Ding aus der weit entfernten Vergangenheit…