Schulz in Bochum: Jubel in Martinsland

Martin Schulz in Bochum


Bochum gehört zu den selten gewordenen SPD-Hochburgen: Martin Schulz hatte bei seinem Auftritt in der Ruhrgebietsstadt ein Heimspiel.

Von Resignation keine Spur: Martin Schulz zieht durch das Land und kämpft. Heute war er in Bochum. SPD Hochburg, alle Landtags- und Bundestagsabgeordneten stellt die SPD und den Oberbürgermeister sowieso. Bochum ist Martinsland, hier würden sie ihn sogar direkt wählen, wenn sie die Wahl zwischen ihm und der Bundeskanzlerin hätten.

1500 Menschen waren auf dem von kecken Jusos zum Martin-Schulz-Platz umbenannten Konrad-Adenauer-Platz, einem großen Biergarten an einem der Schenkelpunkte des Bochumer Kneipenviertels Bermudadreieck. Viele Sozialdemokraten saßen im Publikum, die SPD hat in der Stadt nach eigenen Angaben „rund 4000 Mitglieder“, aber auch, etwas weiter hinten an den Tischen vor einem Bier, etliche Neugierige. Das Vorprogramm ist solide, eine Coverband und die lokalen Hinterbänkler aus dem Bundestag spulen ihr Programm routiniert ab und verkürzen die Zeit des Wartens auf Schulz, der um Punkt 15 Uhr die Bühne betritt.

Schulz ist ein guter Redner. Dass vieles, was er fordert, mit der Bundespolitik nichts zu tun hat, sondern, wie die Ausstattung von Schulen oder mehr Polizeibeamte, vor allem Sache der Städte und Länder ist, stört ein wenig. In seiner Rede greift er immer wieder Bundeskanzlerin Angela Merkel an. So habe die SPD durchsetzen wollen, dass Leiharbeiter und angestellte Mitarbeiter denselben Lohn bekommen: „Das hat die Union verhindert und zwar Angela Merkel persönlich.“ Mahnt Schulz indes an, Deutschland müsse mehr in den Ausbau von Breitbandnetzen investieren, klingt er arg wie ein Oppositionspolitiker – die SPD regiert das Land seit 1998 mit vier Jahren Unterbrechung. Alle Versäumnisse der Bundesregierung sind damit auch ihre.  Merkwürdig ist, dass Schulz nicht auf die Erfolge der SPD zu sprechen kommt. In der Bundesregierung hat die Partei von der Mietpreisbremse bis zum Mindestlohn vieles durchsetzen können – für Schulz kein Grund, stolz auf die Arbeit der SPD zu sein.

Besonders engagiert war Schulz immer, wenn es um die Themen Europa und Rechtsradikalismus ging: „Jean-Claude Junkers Vater wurde zur Wehrmacht eingezogen, weil für die Nazis Luxemburger Deutsche waren“, erzählt Schulz. Und dass es dann doch dieser Vater war, der nach dem Krieg für Europa eingetreten ist. Hart geht er mit AfD-Politikern wie Höcke ins Gericht, Merkel wirft er vor, Trump nicht hart genug zu widersprechen. Schulz sagt, er will keine weitere Aufrüstung: „Wir wollen Geld für Bildung ausgeben“. Die Bundeswehr will er „gut ausrüsten, aber nicht aufrüsten.“ Das alles kommt gut an, die Menschen applaudieren. Martinsland.Vielleicht sollte Martin Schulz sagen, nur eine bei der Wahl gestärkte SPD werde die große Koalition weiter führen.   Das könnte einen Push für die SPD geben, die Menschen mögen, im Gegensatz zur SPD-Basis, die große Koalition. Aber sowas sagt er nicht. Egal. In Bochum wird er viele Stimmen holen. Klar ist aber auch: Für das Kanzleramt reichen wird es nicht, in Bochum gemocht zu werden.

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Hans Werner Kruse
Hans Werner Kruse
7 Jahre zuvor

Habe Herrn Schulz in Bochum nicht gehört oder gesehen aber in den Nachrichten von seinen utopischen und realitätsfremden Vorstellungen zu seiner künftigen Politik gehört und Frage, mich wie ignorant man sein muss um solche Äusserungen vom Stapel zu lassen.z.B. fordert er mehr Anteil an Elektroautos .Scheinbar ist er nicht informiert denn wir haben noch keine reinen Elektroautos .Lachnummer auch von den Bochumer SPD Grössen eine Wahlveranstaltung der SPD auf dem Konrad Adenauer Platz zu veranstalten.wie schon gesagt eine Lachnummer .

ke
ke
7 Jahre zuvor

Die SPD wird das Ruhrgebiet holen. Ein Wahlkampftermin ist also eine dankbare Aufgabe. Selbst beim Super-CDU ERgebnis der letzen Bundestagswahl hatte die CDU bspw. in Dortmund stimmen verloren. Für die Kandidaten war es gut, dass es Listen gibt, d.h. dass man nicht direkt vom Volk gewählt werden muss. Das gilt natürlich auch für die Europawahlen.

Dass Herr Schulz landespolitische Themen in NRW aufnimmt verwundert. Hier hätte die SPD einiges in den letzten Jahren umsetzen können. Die SPD Landesregierung wurde abgewählt.

Dass der europäische Frieden und auch der Zusammenbruch des Ostblocks maßgeblich durch eine Verteidigungsfähigkeit des Westens inkl. der USA erreicht wurde, wird irgendwie aus der Geschichte gestrichen. Ich halte es für fahrlässig im Bereich Verteidigung sparen zu wollen. Dadurch werden wir noch leichter erpressbar, da wir abhängig sind.

Die Leiharbeiter, Werksverträge etc. haben auch viel mit günstigen Arbeitskräften aus dem Osten der EU zu tun. Neben den überforderten hiesigen Behörden, hätte hier auch die EU mehr für die Beschäftigten im Niedriglohnsektor der Hochlohnländer tun können. Bei Herrn Schulz sehe ich in seiner politischen Laufbahn Europa als Ganzes mit grenzenloser Solidarität mit allen Staaten. D.h. natürlich im Wesentlichen, dass die starken Staaten alle anderen unterstützen. Hierbei wird der heimische Angestellte im Niedriglohnsektor verlieren. Er ist zu leicht ersetzbar.

OK, irgendwann merkt man, dass es blöd ist, wenn Putzkräfte nicht mehr in den Innenstädten der Boomgebiete arbeiten, weil es sich nicht lohnt bzw. wenn Altenpfleger, die die eigene Sprache sprechen, einfach nicht mehr zu den aktuellen Bedingungen arbeiten wollen. Aktuell ist es so gewünscht, dass der Lohndruck durch ein hohes Angebot an Arbeitskräften im Niedriglohnsektor hoch bleibt.

Hier sehe ich kein Konzept der SPD und der Gewerkschaften. Der teuere gewerkschaftliche Festangestellte mit Mondgehalt wird durch den unterbezahlten Leiharbeiter, der denselben Job macht, subventioniert. Das hat nichts mit Gerechtigkeit zu tun, lässt aber viele gut aussehen. Unternehmen und Gewerkschaften können immer auf die hohen Löhne im eigenen Haus verweisen.
Jetzt sollen die Leiharbeiter gleich viel verdienen? OK, dann werden Werkvertragsbeziehungen hergestellt.

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