„Wir wollen die Kirche mal im Dorf lassen“ (Marc Ziegler, BVB)
Torwartdiskussion ist nicht nur das vorgezogene Unwort des Jahres, es ist überhaupt eine Unart. Eine typisch deutsche. Früher, da stand ein Torwart im Tor, hielt mal einen, den anderen nicht. Und am Ende des Spieles wurde er von seinen Mitspielern gelobt. Die Tore waren natürlich unhaltbar. Das Publikum beschimpfte nur die gegnerischen Keeper, die eigenen wurden in Watte gepackt und nie, nie, nie kritisiert. Bis sie einem anderen Platz machten, konnte einiges geschehen, 33 Gegentore in 13 Spielen… klick
Heute ist das anders. Heute werden Torwartleistungen mit Vorliebe bekrittelt. Werden Torleute wie der Bochumer Durchschnitts-Halter Jan Lastuvka allein verantwortlich gemacht für Spielausgänge und verlorene Punkte. Und vermtlich geschieht das, weil es einfacher ist, einem Tormann einen unterlaufene Flanke vorzuwerfen, als zeitnah über das Zusammenspiel einer Mittelfeldraute zu motzen.
Also werden die Lehmänner, Kahns, Neuers, Hildebrandts ständig hinterfragt, was einfach nur niederträchtig ist, weil in Frage gestellte Torleute gemeinhin nicht besser werden, sondern ängstlicher. Statt instinktiv das Richtige zu tun, beginnen sie zu Zweifeln, was die Zweifler stärkt, und so weiter so fort. Wer kein Mitleid mit Torleuten nach einem Fehler hat, der hat kein Herz. Ich habe mal mit Christian Vander geheult, eine Halbzeit lang, es war fürchterlich.
Mich erinnert die herrschende Torwartdiskussion an eine andere deutsche Unart: das perfekte Dinner. Die Koch- und Mäkelshow läuft auf VOX seit Jahren und begleitet fünf Hobbyköche durch die Woche, die sich gegenseitig nicht das Schwarze unter den Nägeln gönnen, die die Wohnungen genauso respektlos beäugen wie die Speisenfolge oder die "Tisch-Deko, die ging ja gar nicht".
Wer wissen will, warum wir sind wie wir sind, warum wir an Missgunst leiden, an Selbsthass, der sollte mal Sportschau gucken oder auch das Perfekte Dinner – das ursprünglich englische TV-Format heißt dort übrigens "Come dine with me". Klingt das nicht viel freundlicher? Eben.