Schwere Kindheit gehabt und trotzdem beziehungsfähig?

Jeder von uns kennt so jemanden. Nette, freundliche Menschen, die allseits beliebt sind, viele Freunde haben und in einer glücklichen Beziehung leben. Da diese Menschen nicht dazu neigen, sich selbst all zu sehr in den Vordergrund zu stellen, kommt erst einige Zeit nach dem Kennenlernen zufällig die Rede darauf, wie sie aufgewachsen sind. Und auf einmal kommen wahre Horrorgeschichten ans Licht: Als Kind ungewollt, von der Mutter vernachlässigt, vom Vater geschlagen, ein Elternteil früh verstorben oder nie kennen gelernt, Alkoholprobleme in der Familie und ähnliches. Erstaunt reibt man sich die Augen und fragt sich: Wie hat es dieser Mensch unter diesen Bedingungen geschafft, zu einem für andere so angenehmen Zeitgenossen zu werden? Warum wurde er/sie nicht drogenabhängig, kriminell und langzeitarbeitslos und ist mehrfach geschieden, so wie andere unter vergleichbaren Bedingungen? Was haben diese Überlebenskünstler, was die Gescheiterten nicht haben? Von unserer Gastautorin Eva Neumann. 

Die Psychologie kennt viele Antworten auf die Frage, was Menschen psychisch krank und beziehungsunfähig macht. Wenig umstritten war lange Zeit die Annahme, dass ein Kind, das von den Eltern wenig Liebe und Zuwendung bekommen hat, womöglich sogar Vernachlässigung und Misshandlung ausgesetzt war, im späteren Leben Schwierigkeiten in Beziehungen mit anderen haben wird. Wer als Kind nicht geliebt wurde, der kann als Erwachsener weder sich selbst noch andere lieben, das galt quasi als Naturgesetz. Vor allem in populärpsychologischen Veröffentlichungen wird diese These nach wie vor gern verbreitet.

In der wissenschaftlich fundierten Psychologie bekam dieses Bild in den vergangenen Jahren jedoch Risse. Aus der Bindungsforschung liegen mittlerweile mehrere Studien vor, in denen es nicht gelang zu belegen, dass Beziehungsmuster aus der frühen Kindheit im Erwachsenenalter unverändert fortgesetzt werden. In diesem Forschungsansatz wird zwischen sicheren, ängstlichen und vermeidenden Bindungen unterschieden. Sichere Bindungen sind durch Nähe und Vertrauen gekennzeichnet, ängstliche durch unrealistische Ängste in der Beziehung und das Gefühl eigener Minderwertigkeit, und vermeidende durch Kälte und Distanz. Die neueren Studien haben gezeigt, dass Menschen das Bindungsmuster, das in der Kindheit in der Beziehung zu den Eltern gelebt wurde, nicht unbedingt als Erwachsene fortsetzen. Eine sichere Bindung an die Eltern ist zwar eine gute Voraussetzung dafür, im Erwachsenenalter ebenfalls sichere Bindungen an den Partner und an eigene Kinder aufzubauen, und ängstliche und vermeidende Bindungen sind diesbezüglich eher von Nachteil, doch es gibt viele, die das Bindungsmuster der Kindheit im späteren Leben nicht beibehalten. Wer als Kind sicher an die Eltern gebunden war, hat als Erwachsener nicht immer glatt verlaufende, glückliche Partnerschaften, und umgekehrt gelingt es einem Teil derjenigen, deren Bindung an die Eltern ängstlich oder vermeidend war, die schlechten Erfahrungen abzuschütteln und als Erwachsener glückliche Beziehungen aufzubauen.

Faszinierend und rätselhaft sind die zuletzt genannten. Die Bindungsforschung nennt das Muster, das sie als Erwachsene aufweisen, erarbeitet sicher. Die Bezeichnung ist fast selbst erklärend: Diese Menschen haben das Gefühl von Sicherheit in engen Beziehungen nicht von den Eltern vermittelt bekommen, sondern sie haben es sich selbst erarbeitet. Unter denjenigen, die in der Kindheit eine schlechte Beziehung zu den Eltern hatten, sind sie eine Minderheit. Die meisten setzen leider das fort, was sie selbst als Kinder erlebt haben. Dennoch gibt es immer wieder Menschen, die dieses Schicksal durchbrechen, die als Erwachsene die Liebe suchen und finden, die sie als Kinder entbehren mussten. Zwei aktuelle Studien der Bindungsforschung konnten Antworten finden auf die Frage, was diese Menschen dazu befähigt, trotz widriger Bedingungen in der Kindheit zu psychisch gesunden Erwachsenen mit sicheren Bindungen an andere zu werden.

Saunders und ihre Mitautorinnen (2011) beschäftigten sich mit äußeren Faktoren, die zu erarbeiteter Sicherheit führen können. Sie fanden zwei Bedingungen, die im Leben dieser Menschen häufig erfüllt waren: Bei vielen gab es eine so genannte alternative Bindungsfigur. Das heißt, diese Menschen hatten zwar schlechte Beziehungen zu beiden Elternteilen, doch es gab eine andere Person, die dem Kind emotionale Wärme und Geborgenheit vermittelte. Meistens war dies jemand aus der Familie, zum Beispiel die Großmutter; es konnte aber auch eine andere Person sein, mit der das Kind häufig Kontakt hatte, zum Beispiel eine Lehrerin oder ein Trainer. Es scheint so zu sein, dass es für den Erwerb des Gefühls von Sicherheit in engen Beziehungen reicht, wenn eine Person da ist, die dem Kind dieses Gefühl vermittelt, und diese Person muss nicht die Mutter oder der Vater sein.

Eine weitere Bedingung, die im Leben der erarbeitet Sicheren häufig erfüllt war, bestand darin, dass sie sich psychotherapeutische Hilfe gesucht hatten. Die Psychotherapie war besonders wirksam, wenn es sich nicht nur um eine Kurzzeitberatung gehandelt hatte, sondern um eine Behandlung über einen längeren Zeitraum. Auch wenn die Wirksamkeit von Psychotherapie immer wieder kritisch hinterfragt wird: Diese Methode scheint zu wirken, wenn es darum geht, schlechte Erfahrungen mit den Eltern in der Kindheit aufzuarbeiten.

Erarbeitet Sichere heben sich aber nicht nur durch äußere Faktoren von denen ab, die schlechten Kindheitserfahrungen verhaftet bleiben. Sie haben auch eine andere Art des Fühlens und Denkens in engen Beziehungen. Mit inneren Prozessen, die zu erarbeiteter Sicherheit führen können, beschäftigten sich McCarthy und Maughan (2010). Sie stellten fest, dass Menschen, die schlechte Erfahrungen gut verarbeitet haben, in folgender Weise denken und fühlen: Sie erkennen an, dass es die schlechten Erfahrungen gegeben hat, und ordnen diese angemessen ein. Das heißt, sie sind sich darüber im Klaren, dass sie in der Kindheit eine schlechte Beziehung zu den Eltern hatten. Die Erinnerung daran verdrängen sie nicht, sie lassen sich aber auch nicht davon beherrschen. Sie haben im Umgang mit den Erinnerungen sozusagen einen guten Mittelweg gefunden. Sie erkennen weiterhin an, dass die Beziehungserfahrungen der Kindheit zu ihnen gehören, dass sie zu einem Teil ihres Selbst geworden sind. Schließlich haben sie trotz ihrer negativen Erinnerungen ein positives Bild von Beziehungen, das heißt sie halten enge Beziehungen in ihrem Leben für wichtig und glauben daran, dass sie dort Liebe und Geborgenheit finden können.

Die Botschaften der beiden zitierten Studien sind durchweg positiv. Die Befunde zeigen, dass eine schwierige Eltern-Kind-Beziehung nicht unvermeidbar zu Beziehungsstörungen im späteren Leben führen muss. Eine schwierige Kindheit ist kein Fluch, der nicht mehr abgeschüttelt werden kann. Es gibt vielmehr Wege, die zu glücklichen und erfüllten Beziehungen im Erwachsenenleben führen können. Einer dieser Wege besteht darin, Beziehungsangebote von Menschen, die anders als die Eltern zu Wertschätzung bereit und fähig sind, zu nutzen und auf diese Weise korrigierende, ausgleichende Erfahrungen machen zu können. Auch professionelle Hilfe im Rahmen einer Psychotherapie kann helfen. Schließlich ist es wichtig, sich des Gefühls des Ungeliebtseins in der Kindheit bewusst zu sein, dessen Bedeutung für die eigene Entwicklung anzuerkennen, es aber eindeutig der Vergangenheit zuzuordnen und im aktuellen Leben Vertrauen in nahe stehende Menschen zu haben.

Innovativ an den beiden Studien ist, dass nicht mehr das, was krank macht, im Vordergrund steht, sondern es wird aufgezeigt, wie Menschen unter widrigen Bedingungen Widerstandskraft entwickeln. Es gibt sie eben, die Menschen, die es in der Kindheit schwer hatten, aber weit davon entfernt sind, das, was sie selbst als Kinder erlebt haben, als Erwachsene an andere weiterzugeben. Sie sind vielmehr gute Freunde, liebevolle Partner und fürsorgliche Eltern. Sie setzen sich wohltuend von denen ab, die eigenes Fehlverhalten, wie zum Beispiel rücksichtsloses Verhalten dem Partner gegenüber oder Vernachlässigung von Kindern, mit in der Kindheit selbst erlittenen Traumata rechtfertigen wollen. Erarbeitet Sichere zeigen, dass es möglich ist, ungünstige Beziehungsmuster zu durchbrechen und als Erwachsene ein selbst bestimmtes, glückliches Leben zu führen. Schauen wir uns diese Menschen an. Sie sind stille Helden des Alltags. Von ihnen können wir lernen, was unsere Beziehungen glücklich macht.

Literatur:

McCarthy, G. & Maughan, B. (2010). Negative childhood experiences and adult love relationships: The role of internal working models of attachment. Attachment and Human Development, 12, 445-461.

Saunders, R., Jacobvitz, D., Zaccagnino, M., Beverung, L.M. & Hazen, N. (2011). Pathways to earned security: The role of alternative support figures. Attachment and Human Development, 13, 403-420.

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der, der auszog
der, der auszog
13 Jahre zuvor

Mal als Laie (also als Nichtpsychologe und auch als Nichttherapierter) gefragt: Was bedeutet eigentlich beziehungsunfähig? Welche Kriterien werden in diesem Zusammenhang als Grundlage genommen?

Bin ich beispielsweise beziehungsunfähig wenn ich auf One Night Stands stehe? Bin ich es schon, wenn ich alle zwei Jahre meinen Partner wechsel, oder wenn ich mich einmal oder mehrmals scheiden lasse?

Gerd Herholz
13 Jahre zuvor

„Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend“ von Andreas Altmann (Piper) wäre zum Thema zu empfehlen und natürlich Frank McCourts „Die Asche meiner Mutter“. Gemeinsam ist diesen beiden z.B.: durch üblen Katholizismus ver- und zerstörte Eltern und Kindheit.
Beide haben sich befreien können, aber von denen, die kaputtgehen hört man ja auch nicht viel oder sie sind kaum auskunftsfähig. Selbstmörder hinterlassen selten literarische Autobiographien, und die Kunst psychisch Kranker begann erst Hans Prinzhorn zu sammeln. Dahin führt auch eine literarische Brücke in Heinar Kipphardts Roman „März“ (auch verfilmt unter dem Titel: „Leben des schizophrenen Dichters Alexander M.“). Insbesondere die Gedichte des schizophrenen Ernst Herbeck lieferten dafür Textmaterial. Die wiederum hat zuerst Leo Navratil veröffentlicht. Bei Interesse einfach mal googeln.

Rudi Gems
Rudi Gems
13 Jahre zuvor

Das ist der alte Streit, ob Gefühle vererbt werden, oder ob sie aus der Umwelt stammen. Für Beides gibt es Beweise. Daher scheint es Beides zu geben. Warum auch nicht? Jeder, der mal Kinder bekommt, ist völlig erstaunt, wieviel Unterschiede, es bei Kindern gibt, von dem Tag an, wo sie geboren sind. Jedes Kind, und jeder Mensch, scheint von Anfang an, ein Individuum zu sein. Das geht soweit, das Erziehungsexperten, bereit sind, ihre gesamten Wissenschaften, über den Haufen zu werfen, angesichts der Erfahrungen, die sie mit Kindern machen, wenn sie sie unmittelbar aufwachsen sehen.

Insofern, ist es natürlich gar nicht verwunderlich, das Menschen, unterschiedlich auf bestimmte Reize reagieren, wenn sie ein Grundmuster, in ihren vererbten Anlagen haben, das solchen Umweltreizen, widerstehen kann.

Noch krasser als bei dem Problem der Beziehungsfähigkeit, ist das Problem der Gewalt. So ist es auch schon lange in der Psychologie bekannt, das Menschen, die in ihrer Kindheit, Gewaltexessen ausgesetzt sind, in ihrem späteren Leben, sowohl zu einem völlig zerstörten und angepassten Menschen werden können, als auch selber, ihrerseits, zu einem brutalen Tyrannen werden können.

Hier jetzt das Beispiel, mit der Beziehung, zu nehmen, ist etwas willkürlich. Alle Gefühle, gegenüber Problemen im Leben, können sowohl von der Vererbung, als auch von Umwelteinflüssen, beeinträchtigt werden. Daneben, ist das Beispiel, mit der Beziehung, ein schlechtes Beispiel. Während man bei Gewalt, ziemlich sicher sein kann, das der überwiegende Teil der Bevölkerung, eine feste Meinung hat, was gut und was schlecht, bei Gewalt ist, strömen die Ansichten, über „die Gute Beziehungsfähigkeit“, oder „die gute Beziehung“, doch wohl weit durcheinander. So wie jeder eine andere Ansicht, über „den Guten Autofahrer“ hat, so dürfte wohl auch jeder, eine unterschiedliche Auffassung, von „der guten Beziehung“ haben.

Ein anderer interessanter Aspekt, kommt mir bei den Überlegungen zu kurz. Die Psychologie, ist die Wissenschaft der Seele. Da es aber viele Menschen ablehnen, anzuerkennen, das es eine Seele gibt, sprechen sie bei der Psychologie, lieber von der „Verhaltensforschung“. Wenn aber jetzt, die Vererbung, eine durchaus, nicht zu vernachlässigende Größe, gegenüber den Umwelteinflüssen bekommt, dürfte es sich bei dem Thema Psychologie, durchaus um eine interessante Erscheinung handeln. Wenn es auch keine Seele ist, die therapiert werden kann, so könnte es doch eine „Kraft aus der Vererbung“ geben, die ähnlich einer Seele, funktioniert. Wenn es dies aber gibt, dann sind Therapien, kaum geeignet, Verbesserungen zu erzeugen. Warum sollten psychologische Therapien, bei solchen Individuen, größere Erfolge zeigen, als die „Erziehung“ durch die Eltern? Beides, muss man den Umwelteinflüssen zuordnen.

Grüße, Rudi Gems

Georg kontekakis
13 Jahre zuvor

Mein Vater hat immer gesagt: ab 30 ist jeder für sein Gesucht selbst verantwortlich. Da ist was dran.

Der Rest ist Optimismus.

Robin Patzwaldt
13 Jahre zuvor

Aber was eine schreckliche Kindheit mit Langzeitarbeitslosigkeit zu tun hat? Die Zeiten wo nur noch Arbeitsunwillige oder sonstwie ‚Verkorkste‘ und ‚Unfähige‘ langzeitarbeitslos werden können, die Zeiten sind ja wohl längst vorbei. Falls es solche Zeiten jemals gab…

honf
honf
11 Jahre zuvor

;schwere Kinheit ist auch ein Thema das mich betrifft ,die in der Erbmasse hinterlegten Grundmuster werden dann ,vom Eigenen Leben und dessen Erfahrungen erweitert oder in frage gestellt.Die dritte Form des eigenen Bewustseins ist das was meine Leben und meine Person aus folge dieser Erkenntnisse dann prägt .Ich denke mir das diese Erkenntnisse mir dazu verhelfen könne,wenn ich es zulasse,gewissse Kinheitserlebnisse oder
Traumata aufzulösen,oder zu bearbeiten.Um Beständigkeit zu erreichen,sollte man sich auch darüber im klaren sein,das diese Art der Erkenntniss auch des öfteren einem Update bedarf.

Thorsten
Thorsten
11 Jahre zuvor

Ja, ich kann aus eigener Erfahrung sagen – es ist zu schaffen. Ich wurde geschlagen, geschimpft, konnte nichts richtig machen. Als Kind und Teenager war ich der reinste Psycho. Ohne Selbstbewustsein, eigene Meinung, Freunde, immer der Außenseiter und hatte einfach immer Angst. Manchmal wollte ich sogar sterben.

Heute bin ich glücklich Verheiratet, mit mir und der Welt zufrieden und sehr ausgeglichen. Nur manchmal lässt es mich nicht los und es kommen Alpträume zurück. Vor allem wenn meine Eltern sich mal wieder ein unser Leben einmischen wollen.

Danke Großmutter, für die Zuneigung, Liebe und Verständnis. Scheinbar habe ich es auch dank dir geschafft!

“ Schauen wir uns diese Menschen an. Sie sind stille Helden des Alltags. Von ihnen können wir lernen, was unsere Beziehungen glücklich macht. „

nana
nana
10 Jahre zuvor

Als Kind eines psychisch kranken Elternteils verbrachte ich die Babyjahre hauptsächlich in der Kinderkrippe. Den Rest meiner Kindheit verbrachte ich mit einer körperlichen Behinderung bei meinen lieben aber nicht ganz trinkfesten Großeltern, später als ausländisches Kind in einer Pflegefamilie. Meine Pflegemutter war Alkoholikerin und raubte mit ihren unkontrollierten Wutausbrüchen einem sowieso komplett verängstigtem Kind mit Kulturschock das letzte bisschen Selbstbewusstsein.

Sehr guter und überraschend zutreffender Artikel dem ich aber nicht ganz zustimmen kann da ich erst nach jahrelanger Depression die Kurve gekriegt habe. Ich interessierte mich schon früh für Psychologie und habe mehr aus Büchern profitiert als aus Therapien. Auch hat mir, so blöd es klingt, massives Selbstmitleid geholfen. Ich bin seit 10 Jahren in einer Beziehung (mittlerweile glücklich) und habe nach jahrelanger Arbeitslosigkeit wieder einen Arbeitsvertrag. Mit Sicherheit hat mein Großvater viel dazu beigetragen das ich den Glauben an das Gute nie verloren habe.

Im Artikel oben heisst es „sie erkennen an dass sie eine schlechte Beziehung zu ihren Eltern hatten“. Genau das ist für mich der Knackpunkt. Man muss sich in den Gedanken von den Eltern distanzieren um ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

hauhau
10 Jahre zuvor

Ich als Kind der „trauer und der trostlosikeit“ aufgewachsenen als verdingkind, ohne liebe,ohne Zuneigung und ohne Verständnis habe mit „meiner Familie“ versucht vieles zu verdrängen, anders zu machen, versuche jetzt da meine Familie auch in „brüchen liegt“ immer noch einen sinn im ganzen zu finden… sei jeder der einigermassen eine gute Jugend hatte froh, nicht diese HéLLE von früher.. durchzumachen, es gibt kein entrinnen, leider…

Melanie
Melanie
8 Jahre zuvor

Ich habe es auch schaffen können. Bei mir war es bis ich 16 war sehr schwierig – ab da ging es dann mit Selbstfindung und Therapien bergauf. Vieles, was schrecklich und für jeden schlimm gewesen wäre, merkte ich in der Kindheit gar nicht. Erst im laufe dieses Prozesses der Auseinandersetzung mit mir selbst, habe ich erkannt, dass es nicht ich war, die "schlecht" und nicht liebenswert war, es waren die Umstände. Und aus diesen Erfahrungen konnte ich die im Kern wichtigen Essenzen für mich filtern.
Ich habe eigenständig Schulabschlüsse nachgeholt und studiere seit kurzem. (und bin stolz drauf :D)
Man kann es schaffen, selbst mit Anfang 20 (wie ich) und ich denke, auch mit 30 oder so! Dafür ist ein unbedingter Wille, viel Kraft und auch Mut nötig. Wenn man nie gelernt hat, sich durchzusetzen oder eine Sicherheit in Form von Bindungen oder Rückhalt hatte, dann bedarf es enormer Belastbarkeit.
Ich kam an meine psychischen Grenzen, übertrat sie teilweise, lernte daraus und reflektiere immer wieder aus allen Blickwinkeln.

Man gewinnt enorm an Empathie hinzu, an Selbsterkenntnis und damit einhergehend auch Intersubjektivität, soziale Kompetenzen und das Selbstbewusstsein stärken sich. Man lernt, sich in andere hineinzuversetzen, Probleme zu verstehen und damit umgehen zu können. Man bildet sich, man verliebt sich, man 'lernt' das Glück und Beziehungen kennen. Ich bin mir selbst und den Menschen, die mich begleitet haben, sehr dankbar dafür.
Der Prozess ist auch noch nicht vorbei … ich denke, dass es ein lebenslanges Lernen ist – wie aber bei allen anderen Menschen auch.

Ich kann nur all jenen sagen, die es auch extrem schwer hatten und die unter eher widrigen Bedingungen bzw. ohne Zuwendung/Liebe/Familie aufgewachsen sind, dass sie es schaffen können und werden! <3

Tina
Tina
8 Jahre zuvor

Manchmal bekommt man Angst, dass man aus den alten Mustern nie rauskommt. Und wenn ich dann mitbekomme, dass andere Leute sich so einfach verlieben und Beziehungen führen, dann bekomme ich Angst, dass das bei mir nie so sein wird. Aber all mein Schmerz hat mich dazu gebracht, das Thema Glück, Liebe und Beziehungen zu hinterfragen und mich auch mit spirituellen Themen auseinanderzusetzen. Wäre alles normal gewesen in meiner Kindheit, wäre ich wohl nie zu dem Punkt gekommen, an dem ich jetzt bin. Manchmal beneide ich die Menschen, die einfach nur leben, ohne alles zu hinterfragen. Andererseits bin ich froh, dass ich ein tiefgründiger und emphatischer Mensch bin und durch meine Sensibilität auch schon wunderschöne Gefühle hatte. Jetzt ist es dran, den Kindheitsschmerz zu heilen und inneren Frieden zu finden.
Ich werde nie aufgeben. Und ich bin froh, dass ich durch meinen Weg vieles gelernt habe, zu verstehen. Zu verstehen, wie wir in Beziehungen funktionieren und wie wir uns im Alltag das Leben durch unseren permanenten Gedanken selbst zur Hölle machen.
Tina

Feros
Feros
8 Jahre zuvor

Meine Mutter hatte Zeit ihres Lebens massive Ängste, psychische Probleme In der Kindheit, vielleicht sogar krankhafte Verlustängste. Sie lebt ihren Alltag allerdings ganz normal. Sie arbeitet viel In der Selbstständigkeit und kommt abends Nach hause. Meistens verbreitet sie miese Laune weil sie so überlastet durch Den Stress Ist und Dann noch für uns kochen Muss! Weil wir ja ihre Familie Sind. Geliebt gefühlt habe Ich mich nie. Eher überumsorgt. Ich traue mir heutzutage nichts mehr zu. Ich habe mich Auch nie getraut meiner Mutter Von meinen Sorgen zu erzählen. Zu meinem Vater hatte Ich nie eine Bindung. Meine Mutter hat die Erziehung alleine übernommen, obwohl wir in einem Reihenhaus leben. Ich konnte nichteinmal eine auf Selbstwert basierte Persönlichkeit entwickeln. Geschweigedenn hatte Ich mit meinen 23 Jahren eine Beziehung. Ich habe Auch immer ungerne Freunde Zu mir eingeladen. Meine Mutter meint es immer allen Recht machen zu Müssen. Sie hat sich nie für mich interessiert. Nur für meine Schulbildung. Erreicht habe Ich nichts weil ich meine Fähigkeiten nie erlernt Habe. Wünsche meiner Eltern wurden auf mich projiziert. Ich komme Mir manchmal vor wie Ein Zombie. Ich Kann niemanden an mich heranlassen. Meine große Liebe hat mich nach 5 Jahren verlassen, Weil Ich mich nie getraut habe sie Zu Küssen. Schreckliche Geschichte, Ich und sie wurden dadurch psychisch krank, Ich habe es mittlerweile geschafft wieder klar Zu denken, psychose, schizophrenie, gottkomplex. Erzählt habe Ich es Nur meinem besten Freund, das erste Mal im Leben Mit 21 habe ich Mit jemandem über mich gesprochen. Habe ich es zulassen Können. Ich war immer ein Fassadenkind. Meine Wertevorstellungen sind oberflächlichkeiten, wie meine Persönlichkeit. Ich hatte zum zweiten Mal im Leben versucht Ein Mädchen kennenzulernen, Ich war sehr In sie verliebt. Ich traute es mir zu. Trotz ihrem Interesse, habe ich es Mir durch meine Art kaputt gemacht. Ich lernte damals nie aus Fehlern, ich war lange unreif, egoistisch. Letztens schütte Ich meiner Mutter das erste mal Mein Herz aus, Weil Ich endlich etwas fühle. Traurigkeit, Reue, Schuldbewusstsein. Ich erzählte Ihr, dass Mein inneres zerfetzt ist, Ich nichts mehr fühle, dass Ich leide. Anschließend fing sie an über sich und ihre Kindheit Zu erzählen und das die Mutter eines Kindes beim Sport ihrer selbstständigkeit einen Unfall Hatte. Danach ist sie nicht Ein weiteres Mal zu mir gekommen. Ich habe mich jetzt endlich durchgerungen, eine Psychotherapie Zu machen. Ich Musste mich 3 jahre selbst rational analysieren Um festzustellen, dass Ich anders Bin ein Problem Habe, meine Eltern behandeln mich weiterhin, als ob nie etwas gewesen Sei. Ich muss alles aus eigener Kraft schaffen. Ob ich jetzt 3 Wochen in bewegungsstarre Im Bett liege oder endlich weinen Kann. Meine Mutter sagt Dann, so faul wie du Will Ich Auch Mal sein. Ich kriege nichts mehr Auf die Reihe, fühle mich abhängig, bin die Aufrechterhaltung der Beziehung meiner Eltern, nie hatte Ich Mal Sturmfrei. Ich dröhnte Mir damals lieber Den Schädel mit Gras zu und meine Eltern tun ständig so als ob nichts wäre, ich bin ein Kind und so behandeln sie mich. Ich muss hier raus. Erst kurz Nach der Psychose, Wo ich keinen Bezug mehr Zu niemandem hatte, bemerkte ich eine abgrundtiefe hasserfüllte Abneigung gegen meine Eltern, In diesem Jahr war Ich das erste mal lebendig. Ich weiß Ich müsste hier raus, aber Ich lasse mich immer überreden und manipulieren, was das Beste für mich Sei. Als erstes mache ich eine Psychotherapie. Ich habe keine Bindungen mehr und Bin Einfach nur leer und lethargisch.

Chris
Chris
8 Jahre zuvor

Schwer zu verkraften, gewusst hat man es irgendwie schon immer. Im Laufe der Jahre ist man zum Psychologen herangewachsen um es zu verstehen. Innerlich ist man zerfetzt. Merken tue ich es nur wenn ich viel Alkohol trinke, heute geht mir wieder ein Licht auf. Ich bin zuhause gefangen als Kind übersäht von Minderwertigkeitskomplexen. In meinem Leben habe ich sovielmal Frauen verletzt, ich hatte Angst vor Nähe verlor, den Menschen der mich bedingungslos geliebt hat. Ich habe ihr Herz gebrochen.. Meine Eltern nicht zu verachten und zu hassen fällt mir schwer, ich rationalisiere viel um es zu verstehen. Beliebt bin ich überall, viele Schätzen mich, ich gebe Liebe einfach so, auf der anderen Seite lasse ich niemanden an mich heran. Mein Zuhause ist für mich kein wärmer Ort. Lieber bin ich bei anderen Menschen. Auszuziehen bleibt die einzige Möglichkeit. Das schlimmste ist es alles alleine tragen zu müssen alle Sorgen, wenn man nicht geliebt worden ist, belogen worden ist. Man flüchtet sich in die Kindheit, bleibt der Prellbock für die Eltern. Ich erinnere mich gerade heute an die Worte meines Opas. Schuld hat… Er hat mich bedingungslos geliebt, war mein Vorbild. Taktlos wie ich war, habe ich mich über sein Krebsleiden lustig gemacht. Ich war schon 17, ich wollte dass er lacht… Mich in die Gefühle von anderen hineinzuversetzen fällt mir sehr schwer. Ich reagiere soziopathisch, ich meine es aber nicht so. Erst vor kurzem, habe ich ein Mädchen in welches ich mich verliebt habe wieder falsch behandelt. Ich könnte mich nicht altmodisch verhalten. Ihr meine Liebe zeigen. Was sie dabei empfand, wahrscheinlich wie meine große Liebe, Schmerz. Während ich egoistisch blieb. Ich hatte Angst sie zu verlieren, blieb auf Abstand. Ich hasse mich dafür wenn ich klar denken kann, ansonsten lässt es mich kalt. Es ist widerlich. Ich muss hier raus!

Käthe Zarecky
Käthe Zarecky
7 Jahre zuvor

Ich hab mal eine frage zu dem Thema. Gibt es Einrichtungen wo man sich mit anderen über dieses Thema unterhalten kann

Alex
Alex
5 Jahre zuvor

Ist doch ganz klar dass die Kompromisse unterschiedlich groß sind, die man eingeht, besteht die Unfähigkeit der Eltern, die Kinder zu lieben! Bei mir ist es Beispielsweise so dass ich bis zum 18 lbsjahr von Mutter aufgezogen wurde und sie sowohl Vater als auch Mutter für mich spielte! Das ist so lebensfeindlich wie es nur geht und hat sie zerstört! Körperlich und seelisch! Als mein Vater wieder auf die Bühne trat übergab ihm meine Mutter unfreiwillig aus totaler Erschöpfung das Zepter! Meine Mutter, als intelligente Frau bot mir bestmögliche Bildung! Meinen Platz als Mann in der Gesellschaft konnte sie mir natürlich nie vermitteln! Eine Ersatzvaterfigur als Alternative geht mit Kompromissen einher da eine solche immer zu einem Anteil aus Eigennutz handelt! Außer der biologischen Liebe gibt es nämlich keine! D.h. alles andere und vor allem was im Text geschrieben steht sind Irrungen! Beziehungen führen kann man selbstredend, indem man seine Freundin als Mutterersatz herhalten lässt z.B.! Erfüllende Beziehungen gibt es jedoch keineswegs! Es gibt Mechanismen und sprachliche Mittel zum sich selbst belügen, á la "jeder hat sein Päckchen zu tragen"! Es gibt die Ausrottung der Eltern in einem selbst und das auf null resetten! Nur oftmals nie von Professionellen oktroiert in Kindesjahren, sondern selbst vorgenommen, wenn das soziale Alter es nicht mehr zulässt, denn mit Mitte 20 sich zu löschen – emotional wie gesagt – , um sich von dann durch gesündere Beziehungspartner in professionellen Rahmen die Lebensfähigkeit zu erarbeiten funktioniert nur in auf einen einzelnen punktgenau abgestimmten Programmen, die wiederum zu kostenintensiv und aufwendig sind! So viel Liebe für ein Individuum kann selbst die solidarischste Gesellschaft nur schwer aufbringen, denn wer will einen fremden, biologisch ausgereiften Menschen der Arbeit fern lassen und ihm die Heilung geben die es braucht für ein gutes Leben?! Meist arbeiten in diesen Sektoren selbst mit sich hadernde Persönlichkeiten, die in der sozialen Arbeit ihre Liebesquelle sehen! Ist diese Ausgeschöpft mit der räumlichen Unterbringung, teilweise noch nötigen Verpflegung, endet die so genannte Nächstenliebe, die im Prinzip ein "sich-vom-Nächsten-lieben-!lassen!" ist. Das Leben ist eben nicht nur nicht fair, sondern auch ungleich, und alles was dem Traurigen bleibt ist das den Tod bringende Medium der Sprache)

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