Sealife: Der Ozean, unendliche Weiten – Es riecht nach Arschwischtüchern und Kacke.

Sealife – Panonrama Foto: Sealife/Presse Lizenz: Copyright


Unsere Gastautorin Eva-Maria Lander war im Freizeitpark Sealife in Oberhausen. Nun schätzt sie die Erdmännchen im Bochumer Tierpark noch etwas mehr als zuvor.

Es ist nicht einfach, deinem Kind die Welt zu Füßen zu legen. Besonders nicht, wenn du in Bochum wohnst. Okay, wir haben den Tierpark. Da gibt es einen schicken Spielplatz und eine beachtliche Auswahl an vollwertigen Mahlzeiten wie Pommes, Eis, Waffeln und Hamburger. Aber mal unter uns: Hat irgendjemand da mal ein Tier gesehen? Und ich rede jetzt nicht von den Hunden, die von den Besuchern an der Leine geführt werden. Ich glaube, das Angebot an Tieren, die sich auf der Speisekarte befinden, ist jedenfalls größer als das in den Gehegen.
Da die Erdmännchen und ich uns bereits mit High Five begrüßen, habe ich an einem verregneten Samstag beschlossen, meinem Sohn etwas ganz Besonderes zu bieten. Meine Freundin Emmi und ich packen das Kind ins Auto und machen uns auf den Weg zu diesem Oberhausen. Von der Autobahn werden wir direkt in ein Parkhaus geleitet und wir drei kommen aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Was sich uns hier offenbart, ist atemberaubend – ein Lichtermeer aus roten und grünen Punkten. Parken wie im 21. Jahrhundert! In jeder Gasse wird dem Fahrgast via Digitalanzeige die Anzahl der freien Plätze mitgeteilt. Hat man sich für eine Gasse entschieden, wird man auf die freien Parkbuchten mittels grün aufleuchtender Lämpchen hingewiesen. Und wer sich am Ausgang nach dem Ticketautomaten umsieht, der sucht vergebens, denn das ganze Scy-Fi-Parkvergnügen ist komplett für umme. Suchst du noch oder parkst du schon?! DAS ist Parken auf höchstem Niveau!

Hinaus aus dem Parkhaus, quer durch die Fußgängerzone, vorbei an Legoland und endlich haben wir unser Ziel erreicht. Vor uns stehen die heiligen Mauern des größten Aquariums westlich des Pazifiks: SEALIFE!

Auf dem überdimensionalem Werbebanner über uns schwimmt ein silbergrauer Fisch in den azurblauen Tiefen eines gigantisch großen Ozeans. Nach einer halben Stunde in der Warteschlange gehören wir endlich zu den Auserwählten, die die Pforten des Wassertempels durchqueren und 40 Euro lacken dürfen. Was kostet die Welt? Lasst uns ein Abenteuer erleben! Ich atme tief ein, bereit, die Meeresluft in mich aufzusaugen.

Der Ozean, unendliche Weiten. Logbucheintrag 2017: Es riecht nach Arschwischtüchern und Kacke.

Ich lasse das mit dem Tief-Einatmen, ist auch schwierig bei der Luftfeuchtigkeit hier, wobei mir noch nicht ganz klar ist, ob das an der schlechten Belüftung oder den Feuchttüchern liegt. Mein Sohn, der mit seinem Vater schon öfter hier war, macht auf total unbeeindruckt. Er steuert zielstrebig durch die engen Gänge der Eingangshalle und bleibt vor einem kleinen Tümpel stehen. Fische kann ich keine sehen, ist auch schwierig bei der Puff- Beleuchtung hier, aber links von ihm ist ein kleiner Felsen, unter dem in Abständen einiger Sekunden künstlich erzeugte Gischt hervorsprudelt. Das Geräusch der Pumpe und das laute zischen der Brandung lassen ihn jedesmal laut Aufquieken. Er zeigt mit ausgestrecktem Finger auf das sprudelnde Wasser und schüttet sich komplett aus vor lachen. Immer wieder klatscht er mit seinen Händen auf seine kleinen Speckbollen und krümmt sich vor lachen über die Pointe mit dem Meereesschaum.
Sein Intervall-Gelächter lenkt allmählich die Aufmerksamkeit auf ihn und langsam scharen sich immer mehr Menschen um uns und den winzigenTümpel, um zu sehen, welche Attraktion sich dort im Wasser verbirgt. Während mein Kind mittlerweile vor Lachen nach Luft ringt, werde ich mit vorwurfsvollen Blicken taxiert. „Hier ist ja gar nichts!“ bemerkt ein kleiner Mensch mit Segelohren, doch da ergießt sich schon wieder die Meeresgischt in den Tümpel und der Kommentar seiner Mutter wird von dem schallenden Gelächter meines Sohnes übertönt.
Gefühlte zwei Stunden später drängen wir uns weiter durch die Eingangshalle, vorbei an spuckeverschmierten Glasfronten mit Algen drin. Mein Sohn guckt jetzt wieder gelangweilt. Überhaupt schauen die Kinder hier ziemlich gelangweilt drein. Das schummrige Licht und die Luftfeuchtigkeit machen mir immer mehr zu schaffen und das Atmen durch den Mund macht es auch nicht besser. Das Kind hat eine kleine Treppe gefunden und möchte für den Rest des Tages nur noch Stufen steigen. Da war das mit dem Meeresschaum schon echt witziger. So langsam beginne ich daran zu zweifeln, dass wir uns immer noch in der Eingangshalle befinden. Nach weiteren zwanzig Gängen mit der Breite eines Mauselochs verhärtet sich der Verdachtsmoment allmählich. Emmi guckt auch schon wie drei Tage dicke Bohnen. Allmählich geht ihr mein laissez fairer Erziehungsstil auf die Nerven und sie schnappt sich meinen Sohn, um ihn von der Treppe fortzubewegen. Weiter gehts entlang schmaler Trampelpfade durch enge Gänge und Felsspalten. Der Sauerstoffgehalt ist mittlerweile auf ein Minimum zum Überleben gesunken. Ich beginne meinen Ausbruch zu planen. In mir reift ein ausgeklügelter Plan, wie ich von hier aus wieder an die Wasseroberfläche gelange. Ich muss nur weiter die Luft anhalten und dann immer dem Licht entgegen. Aber halt! Ich kann die beiden hier nicht zurück lassen. Mütter und Kinder zuerst! Wo sind sie nur?

Ich treffe die beiden in der Großkombüse. Emmi studiert die Preise, die dem Ritz Carlton in nichts nachstehen und beschwert sich lauthals: „Nicht mal Fischstäbchen gibts in dem Saftladen!“ Ich nehme die beiden an die Hand und kämpfe uns den Weg zum Ausgang frei. Wir schnappen nach Luft und küssen den Boden unter uns, glücklich, endlich wieder an Festland und in Freiheit zu sein.

Willst du deinem Kind mal etwas Besonderes zeigen, dann fahr in dieses Oberhausen. Die haben da echt ein schickes Parkhaus. Okay, da gibt es noch Sealife. Aber mal unter uns: Hat irgendjemand da mal einen Fisch gesehen?

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ke
ke
7 Jahre zuvor

In unserem Ruhrgebiet mit den angrenzenden Städten gibt es doch genügend Tierparks, Zoos und Wildgehege. Da sollten Kids auch Tiere sehen können.
Als ich klein war, waren in den Revierparks sogar teilweise noch Bären in Mini-Gehegen. Das alles für umme.

P.S.:
Ein Bochumer, der unter Wasser im Boot nach Luft schnappte, wurde ein erfolgreicher Sänger.

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