Die Diskussionen über den zukünftigen Preis des sogenannten Deutschlandtickets hat die Nation in den vergangenen Wochen stark emotionalisiert. Am Ende einigte man sich auf eine Preiserhöhung von 49 auf 58 Euro zum Jahreswechsel. Eine Preissteigerung, die sich in den Augen vieler noch im Rahmen hält.
Wer tagtäglich mit dem ÖPNV unterwegs ist, wird diesen Preis bei entsprechend intensiver Nutzung immer noch als relativ günstig empfinden, auch wenn sich manch einer in diesen wirtschaftlich heraufordernden Zeiten sicherlich strecken muss, um den höheren Monatspreis ab 2025 zu stemmen.
Mich persönlich haben die Debatten ziemlich kalt gelassen. Ich werde auch in Zukunft regelmäßig das Auto nutzen um mich im Ruhrgebiet zu bewegen. Selbst wenn die Deutschlandtickets im neuen Jahr verschenkt werden würden, ich würde wohl nur sehr selten auf das Angebot des Öffentlichen-Personen-Nahverkehrs zurückgreifen. Der Grund dafür ist einfach, denn aus meiner Sicht geht die Preisdiskussion in diesem Fall am eigentlichen Kern des Problems vorbei.
Der große Nachteil der Schiene gegenüber dem Auto ist, speziell auch hier bei uns im Ruhrgebiet, in der Praxis nämlich gar nicht so sehr der Preis, es ist der deutlich größere Zeitaufwand, den Busse und Züge im Alltag für die Masse der Nutzer mit sich bringen. Egal ob ich mich hier im Ruhrgebiet von einer Stadt in die andere bewegen möchte, oder aber auch darüber hinaus, den Bus bzw. eine Bahn ziehe ich dafür so gut wie niemals in Betracht.
Mit der Deutschen Bahn fuhr ich zuletzt im Jahre 2009, als ich aus Wolfsburg einen PKW vom VW-Werk abholte. Das Angebot des VRR nutze ich persönlich auch nur, wenn ich mich vom nördlichen Ruhrgebiet aus einmal wieder auf den Weg zum Flughafen nach Düsseldorf mache. Für alle anderen Fahrten kommen Zug und Nahverkehr für mich in der Praxis nicht ernsthaft in Betracht. Der Zeitaufwand ist im Vergleich zu einer Fahrt mit dem PKW schlicht zu groß.
Früher habe ich eine Zeit lang in Städten wie Münster oder Essen gearbeitet, in Bochum einige Jahre studiert. Ganz egal, wohin ich im Laufe meine bisherigen Lebens tagtäglich ‚zur Arbeit‘ musste, die Fahrt mit dem ÖPNV war von meiner jeweiligen Wohnung aus mindestens doppelt so zeitaufwändig wie die mit dem eigenen Auto. Das ist, egal wie man im Detail argumentiert, schlicht ein Hammer, ganz unabhängig von den dafür aufgerufenen Preisen. Dieses Missverhältnis ist aus meiner Sicht so krass, dass ich nicht einmal ernsthaft darüber nachdenken muss, wie ich an den Ort meiner Wahl im Ruhrgebiet komme.
Die Fahrten mit dem ÖPNV im Ruhrgebiet selber müssten schon deutlich attraktiver, sprich schneller werden, bevor ich darüber nachdenken würde, das Auto im Normalfall doch lieber stehen zu lassen (oder gar komplett abzuschaffen). Nach Dortmund-City rund eine Stunde Zeitaufwand mit dem Bus und der S-Bahn, statt knapp 30 Minuten mit dem Auto. Nach Bochum im Regelfall (je nach Ziel) sogar weit über eine Stunde statt ungefähr der Hälfte der Zeit mit den PKW (zum Beispiel gut 90 Minuten zu einem Treffen der Ruhrbarone, statt rund 40 Minuten mit dem Auto).
Das ist so indiskutabel, dass ich nicht einmal ernsthaft darüber nachdenken muss. Zumal ich dann bei einer Heimkehr nach 23 Uhr auch noch am nächstgelegenem Bahnhof stranden würde, da der Busverkehr in Richtung meiner Wohnung dort zu dieser Uhrzeit im Regelfall eingestellt wird.
Und diese Nachteile betreffen ja nicht nur mich. Sie dürften auf die große Masse der Mitbürger zutreffen. Da kann das Deutschlandticket ehrlich gesagt dann am Ende auch kosten was es will, für den Transport im Alltag kommt es aus meiner Sicht hier im Ruhrgebiet selbst geschenkt nicht ernsthaft in Frage…
Das Jammern über schlechten ÖPNV wird in Deutschland im Regelfall nur noch vom Protest gegen den (Aus)Bau von Bahnstrecken übertönt. Anstelle ein besseres Angebot zu fordern, wird aufs Auto verwiesen und insgeheim ist man ja ganz froh drum, den schlechten ÖPNV als Ausrede vorbringen zu können.
Übrigens: Wenn man in Mengede nicht in die S2, sondern in den RE3 oder die RB32 umsteigt, dauert es von Waltrop aus nur noch 34 Minuten bis zum Hbf. Und manche Menschen kommen sogar auf die verrückte Idee mit ihrem Auto zum nächsten Bahnhof zu fahren, wenn man sich die im Regelfall gut genutzten P+R-Plätze anguckt. (Kann man aber nur sehen, wenn man auch wirklich mal an einem Bahnhof ist 😉 )
Na ja, ganz so einfach ist die Welt aber eben auch nicht. Mit der reinen Fahrzeit in Bus und Bahn ist es ja nicht getan. Konkretes Beispiel: Wenn ich von Haustür zu Haustür zu meiner Nichte fahren will, die sogar in unmittelbarer Nähe der Dortmunder Innenstadt wohnt, brauche ich mit dem Auto zu ihr insgesamt 25 Minuten, mit dem ÖPNV hingegen deutlich über eine Stunde, von Tür zu Tür. Zudem kann ich mit dem Auto fahren, wann immer ich möchte und bin nicht auf die Taktung von Bus und Bahn angewiesen. Da muss man nicht lange überlegen, wie man Weg zurücklegen möchte. Oder? 😉
@ Autor: Es sind ja nicht nur der Preis und die Fahrtzeit (hier in OWL noch deutlich schlechter als im Ruhrgebiet), es sind ja auch noch die Sauberkeit im ÖPNV, die Sicherheit an und um die Bahnhöfe herum, die mangelnde Zuverlässigkeit usw. Im Radio war zu hören, daß die Stammnutzer der Riedbahn ganz begeistert vom Schienenersatzverkehr anläßlich des Ausbaus wären: Unisono wurde dort begeistert berichtet, daß die Busse pünktlich abfahren, ankommen und bislang auch keiner aus mysteriösen Gründen ausgefallen sei. Ich glaube, den Pendlern kann der Ausbau gar nicht lange genug dauern.
Ein weiterer Gund für die Nutzung des PKW: Die Radwege und deren Streckenführung…