“Selig – Was für ein schönes Wort”, titelt heute Bild Online; denn “heute wird Johannes Paul II. seliggesprochen”. Und los geht´s im Text: “150 000 Katholiken hielten in Rom Gebetswache für den letzten Papst. Unter ihnen die Nonne Marie, für die er ein Wunder bewirkt haben soll.”
Das Leben kann so schön sein! Am Freitag die Hochzeit des Jahres, am Samstag wird der BVB Meister, und heute wird dieser ganz liebe Papst aus Polen heilig, sorry: selig gesprochen. Egal: die Richtung stimmt, und: das Eine ist ja die Voraussetzung für das Andere.
Also: die Seligkeit ist Voraussetzung für die Heiligkeit, wenn Sie verstehen. Selig werden können Sie freilich auch nicht einfach mal so. Auch dies ist selbstverständlich an Voraussetzungen gebunden. Zunächst einmal müssen Sie – aber das ist ja klar wie Kloßbrühe – tot sein; sonst läuft schon mal gar nichts. Nur: Totsein – das kann natürlich jeder, reicht also nicht.
Von wegen: “Was macht eigentlich Onkel Heinz?” – “Gott hat ihn selig.” Das ist schlichte Volksfrömmigkeit. So einfach läuft das nicht. Richtig selig werden können Sie in Wirklichkeit nur, wenn Sie – zu Lebzeiten, versteht sich – etwas gebracht haben. Und zwar nicht nur “mein Haus, mein Auto, mein Pferd”, sondern auch ein bisschen was für andere Leute. Christlich denken! Zum Beispiel der Karl aus Polen, weiter in der Bildzeitung:
“So wie es die französische Nonne Marie Simon-Pierre (50) erleben durfte: Über Nacht sollen ihre schweren Parkinson-Beschwerden verschwunden sein, als sie und ihre Mitschwestern den verstorbenen Papst um Hilfe baten. Nach eingehender Prüfung hat der Vatikan keine Zweifel: ein Wunder! Die Voraussetzung für die Seligsprechung war somit erfüllt.”
Verstehen Sie?! Wenn Sie selig – was für ein schönes Wort! – werden wollen, sollten Sie schon ein Wunder bewirken. Sonst sitzen Sie im Himmel, wenn Sie es bis dahin schaffen, ganz normal in der Holzklasse. Dagegen: selig sind die, die Wunder bewirken; denn sie wissen nicht, was sie tun – oder so. Auf jeden Fall: dieser Karol Wojtyla!
Nicht dass Sie jetzt denken, der würde nur deshalb selig gesprochen, weil der Wojtyla sozusagen als Amtsvorgänger vom Ratzinger … – na ja, also weil er von Beruf Papst war. Nicht dass Sie denken, es gehe im Vatikan zu „wie zu den Zeiten der Cäsaren, die den jeweils vorangegangenen Kaiser zum Gott erhoben“. Der Küng, dieser Ketzer, sagt so etwas; das stimmt aber gar nicht.
Entscheidend ist nämlich immer, was die Tagesschau sagt. So! Und da heißt es: “Im Vatikan wird immer wieder betont: Mit Johannes Paul II. wird nicht der Papst seliggesprochen, sondern ein Christ mit Vorbildfunktion, im Leben und im Leiden.” Damit wäre das also auch geklärt.
Und wie dieser Mann gelitten hatte! Die Tagesschau erinnert: “Es sind die Bilder des leidenden Papstes, die heute vor allem die Erinnerung an diesen Mann prägen. Seine letzten Jahre, seine letzten Tage, sein letzter Versuch, den Segen „Urbi et Orbi“ zu spenden.”
Und wissen Sie, worunter dieser wunderbare Johannes Paul II. gelitten hatte? Richtig: unter Parkinson, genau wie die französische Nonne Marie Simon-Pierre, die inzwischen allerdings wieder gesund ist, weil – wie gesagt – der Herr Wojtyla eine astreine Wunderheilung aufs Parkett gelegt hatte.
Umso trauriger, dass er die Zauberformel, mit der diese blöde Parkinson-Krankheit wegzumachen ist, zwischenzeitlich vergessen haben muss, weil er schließlich ja selbst … Mühe hatte, den Segen „Urbi et Orbi“ zu spenden. Einerseits. Andererseits konnte so der Herr ihn zu sich nehmen, so dass sich die beiden jetzt wohl in aller Seligkeit über das ein oder andere unterhalten können.
Vielleicht über den Missbrauchsskandal: „Als Person hat Johannes Paul II. dieses Delikt als schrecklich empfunden. Aber in seinen letzten Jahren hat er nicht verstanden, wie tief verzweigt dieses Problem in der Kirche war“ (Tagesschau).
Oder über seinen Verrat an den Armen Lateinamerikas (Heiner Geißler), weil er “Bischof Óscar Romero im Frühjahr 1979 vor seiner Ermordung „weder Gehör noch Unterstützung in seinen Bedrängnissen“ gewährt und seine Hinweise auf eine „Christenverfolgung durch die Handlanger der Reichen gar nicht beachtet“ hatte (Hans Küng).
Oder darüber, warum Wojtyla die Menschenrechte von Frauen und Theologen unterdrückt, aber sämtliche Militärdiktatoren Lateinamerikas umschwärmt hatte. Themen hätten der liebe Gott und sein damaliger Stellvertreter auf Erden gewiss genug.
Und das Beste: der liebende Gott verzeiht. Selig – Was für ein schönes Wort!
Das ist das Geheimnis des Erfolgs. Fast die ganze Welt lacht sich schief über diesen Firlefanz – aber die einmal gewählte PR-Strategie wird gnadenlos durchgezogen. Hut ab.
Die katholische Kirche hat schon so manche Unseeligen, selig gesprochen.
Warum also nicht auch Wojtyla und nach Ableben eben die nächsten Päpste?
Die Geschichte des Papstums ist eine einzige Geschichte der Verbrechen, nicht der Heiligkeit und die paar Ausnahmen, die es mal gab, bestätigen die Regel, nicht die Ausnahme.
Die Vergehen dieses Papstes der „Seeligen“ hat Werner Jurga ja brillant aufgelistet, die Liste liesse sich beliebig fortsetzen.
Die angeblichen „Großtaten“ der z.B. von ihm verehrten „Mutter Theresa“ und ihrer „Ordensschwestern“ wurden erst jüngst wieder bei Phönix in einem Dokumentarbericht in das richtige Licht gesetzt.
Das so „hilfreiche“ Hospiz hilft denen des „rechten Glaubens“ und lässt andere, wenige Meter vor dem Hospiz, die nicht in das christliche Bild passen, auf der Strasse verrecken.
Wer noch irgendwas glaubt, was von irgendeinem Papst gesagt wird glaubt bestimmt auch, unsere Renten seien sicher und morgen gibt es aus der Welt keine Armut mehr, sondern nur noch „Hosiannah“ und Brot für alle …
@Hans Czinzoll:
Wenn ich mich heute öffentlich schieflache, besteht die Gefahr, dass ich was zwischen die Augen bekomme. In unserem Ort findet zur Zeit die Kommunion statt und ich prophezeie, dass noch in 60 Jahren die heutigen Kommunionkinder mit feuchten Augen darauf hinweisen werden, dass am Tag ihrer Kommunion der Papst selig gesprochen wurde.
Will sagen: Unterschätze die kulturelle Macht des Katholizismus nicht, ansonsten Dein Wort in Gottes Ohr oder so 😉
@Hannes:
Feuchte Augen werden die heutigen Kommunionkinder schon in 10-15 Jahren bekommen, wenn sie sich von den Zwangszahlungen der Kirchensteuer befreien wollen und feststellen müssen, dass sie den hohlen Pomp ungewollt immer weiter finanzieren.
Heute ist Weltlachtag. Was will man mehr? 🙂
@Hans Czinzoll #4 Deshalb hat die CDU/SPD Regierung wohlweislich eine Gebühr für Kirchenaustritte in Höhe von 20 Euro bei den zuständigen Amtsgerichten eingeführt.
Früher war der Austritt kostenfrei, aber als immer mehr „Schäfchen“ die Kirche verliessen, kamen die ihnen nahestehenden PolitikerInnen auf diese glorreiche Idee, denn viele Zuschüsse werden nach Anzahl der Mitglieder durch den Staat berechnet.
So bleiben der Kirche wenigstens die Ärmsten der Armen, also Hartz IV oder Sozialhilfebetroffene als „treue Schäfchen“ erhalten, weil die sich einen Austritt finanziell nicht leisten können.
In unserem demokratischen Nachbarstaat Belgien gibt es z.B. keine „Kirchensteuer“ und das ganze Brimbamborium. Entweder, die Pfaffen arbeiten vernünftig im Sinne ihrer Anhängerschaft, oder sie können ihre Hütte zu machen, da pleite.
Bei uns läuft das genau umgekehrt:
Wenn Du pleite bist, kannst Du Dir den Kirchenaustritt nicht leisten und der Staat spendiert der Kirche für Deine unfreiwillige Mitgliedschaft im „Büsser- und Beterverein“ auch noch eine Pro-Kopf-Pauschale aus Steuermitteln.
Gott war eben noch nie auf Seiten der Armen …
[…] Selig sind die Seligen: denn sie werden selig sein … ruhrbarone […]
Soso,
heute wurde auf der als „Pillen Paul“ und auch als „Eiliger Vater“ bekannte verstorbene Katholenpräses selig gesprochen. Da bekommt doch der Begriff „Eiliger Vater“ eine völlig neue Bedeutung.
Wahrlich, so schnell wie der, wurde in der Kirchengeschichte noch nie jemand in die katholische Hall of Fame erhoben. Ein Vergleich mit (noch lebenden) deutschen Politikern, die gleich nach ihrer Amtszeit in der Wirtschaft Traumjobs bekamen, scheint mir hier mehr als angebracht. Oder lag es nur daran – wie Ketzer behaupten – dass Giovanni Paolo II zu seinem Nachfolger den heutigen Stellvertreter Benedetto aufbaute?
Selbst Heiner Geißler (CDU) kommt damit nicht klar, der hätte es auch lieber gesehen, wenn der ermordete Erzbischof Óscar Romero von El Salvador endlich in den Stand der Heiligen erhoben würde. Informiere Dich bitte mal auf https://www.ci-romero.de/ueberuns_oscarromero_biografie0/ damit Du Dich nicht zu sehr vom Circus Vaticanus täuschen lässt.
Bei allen Verdiensten, Wundern und dergleichen, von denen heute die Rede ist, lassen sich folgende Tatsachen nicht leugnen:
Der heute Seliggesprochene
• trug mit seinem strikten Verbot von Kondomen und anderen Verhütungsmitteln nicht nur zur Überbevölkerung der Welt bei sondern verhalf auch der Immunschwächekrankheit Aids zu immer größer werdenden Ausbreitung,
• verweigerte den Dialog mit anderen christlichen Kirchen, da er den Katholizismus als einzige ewige Wahrheit ansah und
• verbot damit den Katholiken auch die gemeinsame Abendmahlfeier mit Protestanten;
• mit rund 1800 Selig- und Heiligsprechungen überbot er alle seine vorausgegangenen Stellvertreter – nein, von und über Erzbischof Romero kein Wort…;
• so behauptete der Selige dereinst, es ginge in Lateinamerika um „Befreiung von der Sünde und vom Bösen“ und nicht um die Befreiung von Großgrundbesitzern. Mit seinem Wort und seinen Taten demütigte er kritische Priester und erstickte vor allem die Versuche, das uralte wie verhängnisvolle Bündnis zwischen der Kirche und den Reichen und Mächtigen zu sprengen,
• verweigerte Frauen „auf ewig“ den Zugang zum Priesteramt,
• bestand – trotz Priestermangel – strikt auf das Zölibat (Priester dürfen zwar Frauen nicht heiraten – schwängern schon…),
• deckelte Missbrauchsfälle in seinem Verein und stellte sich sogar schützend vor Kinderschändern,
• machte sich in den 26 Jahren seines Pontifikates mit fast 1,2 Millionen Flug-Kilometern zu einem der größten Luftverpester,
• und Vieles mehr, was ihn sicherlich nicht seliger macht.
Das Alles im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Schließlich war er ja Stellvertreter. Von allen dreien.
Glückauf und eine selige Woche!
@Jan2081 Mit dem „Glückauf“ passt scho, aber „selige Woche“?
Nicht das der Papst dann bei mir vor der Tür steht, klingelt und ich gerade Sex mit meiner Süssen habe … LOL
…. und Millionen Christen jubeln. Es geht einfach nichts über den Kollektivwahnsinn. Voodoo ist dagegen eine Lachnummer.
kleine Korrektur, @Jan2081: Woityla wurde zwar aufgrund seiner exzessiven Reiseaktivitäten der „eilige Vater“ genannt, nicht aber „Pillen-Paul“. Dieses Privileg gehörte seinem Vorvorgänger Montini aka Paul VI (Enzyklika „Humanae Vitae“).