Einige Investoren sehen in Magic Mushrooms das neue, große Ding und hoffen auf deren Legalisierung. Vorne mit dabei: Der ehemalige Paypal-Chef und Trump Fan Peter Thiel.
Sein Lehrer Don Juan war, glaubt man Carlos Castaneda, dem Schriftsteller und Ethnologen, dem man nicht viel glauben sollte, ein mutiger Mann: „Der grundlegende Unterschied zwischen einem normalen Menschen und einem Krieger ist, dass der Krieger alles als Herausforderung annimmt.“ Ein Satz, der auch Peter Thiel gefallen dürfte. Über 40 Jahre nachdem das Buch über indianische Weisheiten, heilige Peyote-Kakteen und Magic Mushrooms veröffentlich wurde, will Thiel den Stoff der Zauberpilze zum nächsten großen Ding machen. Ganz sicher eine große Herausforderung, denn Magic Mushrooms sind fast überall auf der Welt verboten. Aber Thiel ist nicht irgendein Investor. Der in Frankfurt geborene Thiel ist begeisterter Fan von US-Präsident Donald Trump, gründete einst gemeinsam mit Tesla-Chef Elon Musk den Bezahldienst Paypal und erkannte schon früh das Potential von Facebook.
Thiel investierte bereits 2016 in das britische Start-Up Compass Pathways. Das Unternehmen forscht daran, synthetisches Psilocybin zur Therapie bei schweren Depressionen einzusetzen. Der Markt boomt: Allein in Deutschland stieg die Zahl der verschriebenen Tagesdosen von Medikamenten gegen Depressionen von 974 Millionen 2008 auf fast 1,5 Milliarden im Jahr 2017. Weltweit geht das Marktforschungsinstitut IMS Health von einem Markt mit einem Volumen von über 16 Milliarden Euro aus. In Industriestaaten wie der Bundesrepublik erkrankt jeder fünfte mindestens einmal in seinem Leben an einer Depression und die Zahl der Erkrankten steigt, auch weil Depressionen nicht mehr so stark tabuisiert werden und die Ärzte sie eher erkennen und ernst nehmen, als das früher der Fall war. Ein neues Medikament hat also gute Chancen zur Cashcow zu werden.
Geht es nach Thiel, soll das Psilocybin-Verbot fallen und es gibt erste, leise Zeichen, dass das auch so kommen könnte: In Denver und Oakland wurde der Besitz von Magic Mushrooms Mitte dieses Jahres zumindest entkriminalisiert.
Die Idee, Magic Mushrooms als Medizin einzusetzen, ist nicht neu. Wie mit LSD wurde ab den 50er Jahren auch mit den Pilzen und ihrem Wirkstoff experimentiert. Sie sollten damals bei Psychosen eingesetzt werden und Krebskranken das Sterben erleichtern. Ende der 60er war es mit der Forschung allerdings vorbei
Eine größere Karriere machten die Pilze jdann als Nischendroge. Nicht ganz so hart wie LSD und als Naturprodukt mit einem eher harmlosen Image waren sie in Deutschland aufgrund einer Gesetzeslücke sogar legal war: Zwar waren seit 1971 der Besitz psilocybinhaltige Pflanzenteile verboten, aber da Pilze keine Pflanze sind, gab es eine Hintertür die vor allem von langhaarigen Gesellen mit dem Hang, Drogen mit irgendeiner Bewusstseinserweiterung zu verbinden eifrig genutzt wurde.
Auch gekocht wurde und wird mit den Psycho-Pilzen gerne: Im Internet finden sich Rezepte für Schokoladentrüffel, Energiekugeln und Joghurt. Für alle, die den Geschmack nicht mögen, finden sich auch Anleitungen, aus den Pilzen kleine Dragees zu machen. Wer sich die Pilze übrigens auf eine Pizza streuen möchte, folgt zwar alten Traditionen zauselbärtiger Amsterdamreisender vergangener Jahrzehnte, riskiert aber die Wirkung der Zauberpilze: Oberhalb von 35 Grad lässt die massiv nach – am besten also, man knabbert eine gut mit ihnen belegte und noch gefrorene Tiefkühlpizza oder bestreut den zubereiteten, aber wieder abgekühlten Teigfladen zum Frühstück mit den Wunderfunghis.
Doch den ganz großen Erfolg als Drogen hatten die Pilze auch als Droge nie. Weniger als ein Prozent haben in ihrer Jugend einmal Magic Mushrooms ausprobiert. Zum Vergleich: In Deutschland greifen zwischen sechs und sieben Prozent der Bevölkerung zu Cannabis.
Dies bestätigt auch Bernd Werse vom Centre For Drug Research der Goethe-Universität Frankfurt. „Wir befragen regelmäßig Schüler nach ihrem Drogenkonsum. Allzu beliebt waren Magic Mushrooms nie. In den vergangenen Jahren ging der Konsum weiter zurück.“ Und wer mit den Pilzen einmal experimentiert hätte, würde sie oft kein zweites Mal nehmen: „Wer psychoaktive Stoffe wie psilocybinhaltige Pilze zu sich nimmt, macht oft einschneidende Erfahrungen, die er nicht öfter erleben will.“ Mit Cannabis, Speed oder MDMA seien die Pilze in ihrer Wirkung und ihrer Beliebtheit bei den Konsumenten nicht zu vergleichen. Im Alternativen Drogenbericht, den Werse gemeinsam mit dem Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik und der AIDS-Hilfe herausgibt, spielen die Pilze dann auch keinerlei Rolle.
Drogenexperte Werse ist, wie bei allen Drogen, auch bei Magic Mushrooms dafür, den Besitz zu entkriminalisieren. Er kann sich auch einen legalen Verkauf ab 18 Jahren bei einem gleichzeitigen Werbeverbot vorstellen. Aber ob es im Fall von Magic Mushrooms auch in Deutschland dazu kommt, mag er nicht einschätzen. „Bei Cannabis geht die Diskussion nach Jahrzehnten in Richtung Legalisierung. Aber in der Debatte um die Cannabis-Legalisierung fällt häufig das Argument, alles andere, die ganzen „harten“ Sachen, müssten weiterverfolgt werden.“
Das medizinische Argument, sagt Werse, könne natürlich erfolgreich sein. Immerhin gäbe es ja auch schon lange in Deutschland eine Heroinabgabe an Abhängige. Das Investoren wie Thiel mitmische, könne allerdings ein Hindernis sein: „Dann heißt es schnell, es geht ja gar nicht um die Behandlung von Kranken, da will nur jemand schnell viel Geld machen.“
Investoren wie Thiel könnte die ganze Debatte also verkomplizieren. Und auch wenn die Maguc-Mushroom-Entrkriminalisierung in Oakland und Denver an die Anfänger der Cannabis-Legalisierung erinnert, betonen Experten die Unterschiede. Der amerikanische Psychotherapeut Bruce Tobin sagte dem Wirtschaftsdienst Bloomberg“ im Juni: „Der Unterschied zwischen Cannabis und halluzinogenen Drogen ist in etwa so wie der zwischen konventionellen und Atomwaffen.“ Er sehe auf absehbare Zeit keine Legalisierung. Andere Experten geben den Pilzen auch keine große Zukunft als Mittel gegen Depression und sehen nur ein ganz kleines Einsatzgebiet bei besonders schweren Fällen – und ein kleines Einsatzgebiet bedeutet auch ein kleines Geschäft.
Compass Pathways, das Unternehmen, in das Thiel investiert hat, hat nun mit Versuchen an Menschen begonnen. David Nutt, ein Psychiater und Psychopharmakologe, der zeitweise auch für die britische Regierung als Berater arbeitete und heute in Diensten von Compass Pathways steht, rechnet damit, das Psilocybin 2027 als Medikament für Depressionen zugelassen wird. Da mag der Wunsch der Vater des Gedankens sein.
Compass Pathways ist mit seinen Aktivitäten nicht alleine. Das Imperial Center for Psychedelic Research und CaaMTech versuchen ebenfalls, aus Psilocybin und Psilocybinersatzstoffen Medikamente zu entwickeln. Der Erfolg all diese Unternehmen steht in den Sternen. Die Fachseite Psilocybin-Technology beantwortet dann auch die Frage „Wie investiert man in die Psilocybin- (oder Zauberpilz-) Industrie?“ zurückhaltend: „Entweder kreativ werden oder warten.“ Die im Entstehen begriffene „psychedelische Industrie“ bietet Anlegern zwar theoretisch große Möglichkeiten, aber diese Investitionen wären zurzeit nur etwas für Investoren mit viel Geld und großem Mut.“
Der Artikel erschien in einer ähnlichen Version bereits in der Jungle World
Klingt gut, alles, was hilft zu therapeutischen Zwecken.