Vom 9. bis 11. Mai hielt die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) ihre 22. Konferenz unter dem Motto „Pseudotherapien“ in Köln ab. In einem Dutzend Vorträgen setzte sich die GWUP, als deutscher Ableger der weltweiten Skeptikerbewegung, für Wissenschaft und kritisch-rationales Denken im Gesundheitsbereich ein.
Die GWUP betrachtet para- und pseudowissenschaftliche Gedankenmodelle mit dem Ziel, deren Behauptungen und Versprechungen zu überprüfen, ggf. zu relativeren oder zu entlarven. Neben Themen wie UFO-Sichtungen, Parapsychologie oder Verschwörungstheorien gehört dabei die so genannte „Alternativmedizin“ zum festen Betätigungsfeld der GWUP.
Die Skeptiker werden hier nicht müde zu betonen, dass es ebenso wenig eine „Alternativmedizin“ gibt wie z.B. eine „Alternativmathematik“. Ihr Vorsitzender Armadeo Sarma:„Es gibt gute Medizin und schlechte Medizin. Alternativmedizin ist meist Quacksalberei.“ Diese Erkenntnis ist weder neu noch überraschend, stand sie doch in den letzten Jahren immer wieder im Fokus der GWUP. Die Verantwortlichen waren aber überzeugt, dass Pseudotherapien eine zunehmende Verbreitung in der Gesellschaft erführen, wogegen es anzugehen gelte.
Düstere Legenden, Blut & Spuk
Bevor es im eigentlichen Konferenzprogramm an Freitag und Samstag um medizinische Themen ging, lockte die GWUP am Publikumstag mit exotischeren Themen. Alexa und Alexander Waschkau vom Hoaxilla-Podcast entführten die knapp 300 Besucher in die Welt der „Düsteren Legenden“. Gruselfaktor inbegriffen. Das staunende Publikum erfuhr, dass die Geschichte vom kinderstehlenden Slenderman eine Interneterfindung ist. Samt manipulierter Fotos, Holzschnitte und Tonaufnahmen. Die Geschichte vom enthaupteten Selbstmörder, auf einem Parkplatz in seinem Auto mit laufendem Radio sitzend gefunden, stimmte hingegen.
Wer noch mehr Blut und Mord wollte, kam beim „Herr der Maden“ Dr. Mark Benecke voll auf seine Kosten, der in „Seltsame Dinge mit Mark“ unter anderem zeigte, dass Menschen es tatsächlich überleben können, gepfählt zu werden und dass deshalb das Durchtrennen der Blutgefäße von den Verwandten der Opfer beim Henker teuer erkauft werden musste.
Unblutig ging es dagegen in meinem Vortrag „Spukt´s?“ zu, der sich dem „Ghosthunting“ widmete. In dieser modernen Version der Geisterjagd gehen Laien Spukphänomenen nach. Mit wissenschaftlichen Anspruch, aber ohne wissenschaftliche Methodik, wenn man dem Referenten folgt. Dieser berief sich dabei auf mehrjährige Recherchen und eigene Erfahrungen mit Ghosthuntern, die er in den nächsten Monaten in einem Buch veröffentlicht.
Auffällig am Publikumstag war ein jüngeres Publikum, viel Gelächter und Ausgelassenheit. Skeptiker, so wurde vermittelt, sind eben keine miesepetrig Spielverderber, sondern fragende Sucher, die sich selbst nicht immer ernst nehmen.
Seelenpfuscher & Globuli
Nach einer Mitgliederversammlung am Freitag ging es dann mit dem Thema „Autismus“ (Jan Oude-Aust) weiter, gefolgt von alternativen Psychotechniken (Heike Dierbach) und Betrachtungen zum Buch „Die Homöopathie-Lüge“ (Christian Weymayr).
Die ersten beiden Vorträge zeigten auf, mit welchen Blödsinn im Gesundheitssektor das Leid von Menschen ausgenutzt wird. Heike Dierbach bezifferte die Anzahl der Psychopfuscher, die ihren Patienten mit Geistheilung, Rebirthing, The Work und anderen Verfahren zusetzten auf bis zu 30 000, viele unter dem Deckmantel des Heilpraktikerscheins. Ein perfides Geschäft für das Dierbach deutliche Worte fand: „Wer nach Heilung sucht, verdient Respekt. Umso gravierender ist, wenn diese Suche nach Hilfe missbraucht wird.“
Als Jan Oude-Aust dies in seinem Vortrag vertiefte und das Leid autistischer Kindern und ihrer Eltern greifbar machte, war bei vielen Zuhörern Gänsehaut angesagt. Pervers mutet da an, wie an die verzweifelte Hoffnung der Eltern appelliert wird, wenn quacksalberische Thesen verbreitet werden, wie die, dass Autismus eine Folge von Kinderimpfungen sei.
Während Dierbach und Oude-Aust auf ein zustimmendes Auditorium trafen, wurde die Debatte bei Christian Weymayr kontroverser. Sie entzündete sich an der „Scientabilität“. Dahinter verbirgt sich die Forderung Weymayrs zukünftig nur solche Theorien in klinischen Studien zu prüfen, zu denen es bereits überzeugende Grundlagenarbeiten gibt. Weymayr: „Klinische Studien, die gesichtere Erkenntnisse aus Grundlagenexperimenten negieren, sind irrelevant. Sogar kontraproduktiv, da sie wissenschaftliches Denken untergraben.“ Derzeit nicht zu vereinen mit dem Vorgehen in der evidenzbasierten Medizin. GWUP-Chef Sarma kündigte dazu einen Diskussionsprozess an.
Brandseite gegen Eso-Barbara
Der Tenor wurde am Samstag fortgeführt. Claudia Graneis berichtete von der Verquickung zwischen Pharmazie und Homöopathie, Benedikt Matenaer erklärte, wieso Akupunktur meist nicht wirksam ist und Johannes Ring gab Auskunft über Quacksalberei im Bereich der Allergologie.
Immer wieder im Fokus stand die Rolle der Politik, die für Homöopathie und Konsorten eine Abkehr vom Prinzip des Wirkungsnachweises aufrecht erhält. Ganz vorne dabei: NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens, die sicherlich auch von GWUP-Chef Sarma gemeint war, als er sagte: „Alle angefragten Politiker haben abgesagt, während sie Schlange stehen, um bei Homöopathie-Kongressen Grußworte zu sprechen.“
Noch deutlicher brachte es Claudia Graneis auf den Punkt: „Frau Steffens verleiht als Fürsprecherin der Homöopathie dieser Glaubwürdigkeit. Sie schadet damit der Wissenschaft.“ Harte Worte, die aber wohl wenig Gehör bei der grünen Eso-Ministerin finden dürften.
Abzüge in der B-Note
Im Großen und Ganzen waren alle zufrieden. Wirklich alle? Nein. Wie im Vorjahr war der vergleichsweise hohe Preis von knapp 150€ sicherlich für den ein oder anderen Interessierten ein Grund nicht zur Konferenz anzureisen. Die GWUP sollte hier überdenken, wen sie eigentlich mit ihren Konferenzen ansprechen will, und ob insbesondere das Ziel der Verjüngung mit solch hohen Konferenzpreisen umgesetzt werden kann.
Auf Unverständnis stieß auch die Tatsache, dass kein WLAN-Zugang für die Konferenzteilnehmer zur Verfügung stand. Die re:publica in Berlin, die in etwa für zwei Tage dasselbe kostete, war da ganz anders aufgestellt. Aus Reihen der Veranstalter der SkepKon war zu hören, dass man dieses Problem erkannt und schon so gut wie gebannt habe. Man darf hoffen.
Hoffen auch darauf, dass zukünftige GWUP-Konferenzen wieder stärker Themen abseits der Quacksalberei beleuchten und es einmal Foren mit der „anderen Seite“ geben wird. Denn so verlockend das gegenseitige Schulterklopfen auch sein mag, wirklich spannend und produktiv wird es, wenn man daraus einen offenen Meinungsabtausch macht. Dialoge sind nunmal am schönsten zu zweit.
Und so freuten sich am Ende dreier Tage alle auf die nächste Konferenz. 2014 in München.
mich würde mal interessieren, wieviele Zuschauer denn da waren auf eurer Tagung; hört sich irgendwie so an, als ob nur halb so viele wie bei wattenscheids alter, alter Herren gegen die 6. Mannschaft von Wanne-Eickel … halt nichts drin, nichts dran 🙂
Die Aktion
Sorry, da sind mir die doch diese „Pfuscher“ lieber, ganz ehrlich!