Skeptisch gegen Aluhüte

friedenswinter2014
Am 13. Dezember wird in Bochum eine Mischung aus alter Friedensbewegung, Israelhassern und neurechten Esoterikern der Montagsdemos im Rahmen des bundesweiten „Friedenswinters“ auf die Straße gehen. Die Demonstration in Bochum ist Spinner-Treffpunkt für ganz NRW. Weitere Demos finden am selben Tag unter anderem in Berlin, Leipzig, Hamburg und München statt.

Auf lokale Unterstützung der Bochumer Friedensbewegung  werden die Organisatoren der hiesigen Demonstration weitgehend verzichten müssen. Das Friedensplenum teilte in einer Stellungnahme mit:

Das Bochumer Friedensplenum hält Aktionen gegen die zunehmende Kriegsbereitschaft für wichtig, steht aber dieser Veranstaltung skeptisch gegenüber, weil die Anfang des Jahres entstandenen Montagsmahnwachen daran maßgeblich beteiligt sind. Die Initiatoren dieser Mahnwachen verfolgen seit Jahren eine Querfrontstrategie, mit der äußerst rechte, vor allem antisemitische Positionen gesellschaftliche Akzeptanz gewinnen sollen. Hierfür soll das Thema Frieden instrumentalisiert werden. Die Mahnwachen wurden zu einem Sammelbecken für ein Gemisch aus Querfrontstrategien, Verschwörungstheorien und Esoterik.

Unterstützung wird es aus diesem Kreis nicht geben. Ohnehin darf bezweifelt werden, dass der Friedenswinter ein großer Erfolg wird. Sowohl die klassische Friedensbewegung, die bundesweit die Demonstrationen unterstützt, als auch Montagsdemonstrationen waren zuletzt mobilisierungsschwach. Es werden am Samstag, den 13. Dezember wahrscheinlich nur wenige Friedensspinner beim Weihnachtseinkauf stören.

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Merle
Merle
10 Jahre zuvor

Herr Laurin,
dass wir in diesem Leben keine dicken Freunde mehr werden, ist so offensichtlich, wie ein diffamierender Artikel über den Friedenswinter Ihrerseits zu erwarten war. Von jemandem, der so offensichtlich seine kleine Privatreligion über ein Bloggerportal zelebriert, hätte ich allerdings mehr Verständnis für Esoterik erwartet, als ich selbst es habe.
Wie heißt es da so schön? Wer behauptet, im Kühlschrank ist Bier, der ist gläubig. Wer nachschauen geht, ist Naturwissenschaftler und wer behauptet, im Kühlschrank ist Bier, obwohl keins drin sein kann, der ist Esoteriker. Und das ist auch die Kategorie, in die es fällt, wenn man die Orga der Bochumer Mahnwache, die die Demo am 13.12. maßgeblich mitorganisiert , als Antisemiten, Verschwörungstheoretiker oder gar neurechts etc. bezeichnet. Ich kann an dieser Stelle nicht darauf verzichten, Ihnen aufzuzählen, warum diese Bezeichnungen dieselbe Qualität haben, wie die Behauptung, ein nachweislich leerer Kühlschrank sei mit Bier gefüllt.

Es ist zutreffend, dass es bei der Fülle an Mahnwachen in Deutschland einige gibt, die mit „problematisch“ noch sehr wohlwollend umschrieben sind. Wie überraschend kann das aber sein in einem Land, in dem erst kürzlich wieder festgestellt wurde, dass über 20% seiner Einwohner antisemitische Tendenzen haben?
Mir ist im Gegensatz zu ganz vielen Aktivisten bekannt, dass es da einen Sprachcode gibt, der besagt „Geldsystem > FED > Rothschilds > Juden“ und damit jegliche Kritik am Geldsystem zu verstecktem Antisemitismus umgedeutet werden kann und eben weil ich weiß, dass es diesen Sprachcode gibt, bin ich bei diesem Thema extrem vorsichtig. Sie können allerdings diese Kenntnis nicht in Ditfurth’scher Manier für jeden Menschen voraussetzen und damit flächendeckend unterstellen, jeder, der in der im globalen Geldsystem eine Bedrohung für den Frieden erkennt, sei latenter Judenhasser. Und mit Israel hat das noch weniger zu tun. Soviel zum Antisemitismusvorwurf (der ja in antideutschen Kreisen zum Grundwerkzeug gehört).
Nochmal zurück zur Esoterik: Dieses alles-ist-Liebe-und-unsere-Liebe-kann-die-Welt-heilen-Geschwafel geht mir ähnlich stark auf den Zünder wie Chemtrail-Geseier und die Behauptung, Deutschland sei nicht souverän. Im Gegensatz zu den beiden letztgenannten ist die Eso-Fraktion aber gänzlich unpolitisch, tut niemandem weh und ist doch eher putzig als irgendetwas anderes und solange ich dabei keine Thesen von AZK oder OCG höre, schlucke ich meine Genervtheit eben einfach runter.

Die Bochumer Mahnwache hat als feste Programmpunkte lediglich einen Mediendurchlauf der Woche, einen literarischen Teil, Musik, eine stille Minute und den freien Ausschank warmer Suppe bzw. Getränke. Davon erwähnen Sie allerdings nichts, ebenso wenig die Sachspenden für Donbass und/oder hiesige Obdachlose. Sie haben sich nicht die Mühe gemacht, zu erwähnen, dass die Bochumer Orga mit der OSZE korrespondiert, bei der Joint Air & Space Power Conference in Kleve zugegen war oder beim Protest gegen die NATO-Zentrale in Kalkar, sich klar gegen HoGeSa, PeGiDa etc. positioniert, gegen TTIP, CETA und und und.
Wäre auch schwierig, wenn die Intention doch ist, den Friedenswinter runterzuschreiben, aber Herr Laurin, lassen Sie es gut sein und uns unsere Arbeit tun. Wir sind nämlich nicht dümmer als Sie und haben die Spinner und Gesäßviolinen, die die neue Friedensbewegung zu unterwandern versuchen selbst im Blick. Die Existenz dieser Versuche bedeutet nun einmal nicht, dass eine neue Friedensbewegung nicht bitter nötig wäre und statt diejenigen mit Dreck zu bewerfen, die sich um pragmatische, antifaschistische und kooperative Friedensarbeit bemühen und darum, die Bewegung in die richtigen Bahnen zu lenken und vom Einfluss der Dummschwätzer zu befreien, hätten Sie ja auch einfach mal in journalistischer Sorgfaltspflicht mit eben jenen reden können.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
10 Jahre zuvor

@Merle: „Ich kann an dieser Stelle nicht darauf verzichten, Ihnen aufzuzählen, warum diese Bezeichnungen dieselbe Qualität haben, wie die Behauptung, ein nachweislich leerer Kühlschrank sei mit Bier gefüllt.“

Richtig, weil Sie den Spruch nicht verstanden haben und halt nicht zum Kühlschrank gehen, um die Behauptung durch Wissen zu widerlegen. Ebenso, wie Sie sich nicht um die Teilnehmer kümmern, mit denen Sie eine ehemalige Friedensbewegung zu einem Kuriositätenkabinett und einem Extremisten-Sammelbecken verkommen lassen, weil Ihnen Wissen dank Esotherik nichts bedeutet.

genova
10 Jahre zuvor

„Sie können allerdings diese Kenntnis nicht in Ditfurth’scher Manier für jeden Menschen voraussetzen und damit flächendeckend unterstellen,“

Merle,
vor einem halben Jahr hätte ich Ihnen zugestimmt, mittlerweile nicht mehr. Es sind in den vergangenen Monaten so viele aufklärende Artikel online und print zum Thema Mahnwachen erschienen, dass man so langsam davon ausgehen kann: Wer es wissen will, weiß es.

Ich beispielsweise habe im Frühjahr zwei Blogartikel zu diesen Mahnwachen geschrieben, die rechtsradikale und antisemitische Bezüge klar herausarbeiteten. Dann postete ich einen Link zu den Artikeln bei Mährholz/Facebook. Das Ergebnis verwunderte mich: Auch NPD-Affinität wurde ignoriert, die Gegenargumente waren: „Links und rechts sind überholt“, „der Autor wird von den Diensten bezahlt“ oder auch „Na und? Wenn das Richtige gesagt wird.“

Gehen Sie lieber davon aus, dass so ziemlich alle, die bei diesen Montagsdemos noch mitlaufen, rechte Spinner und Antisemiten sind. Jetzt, viele Monate nach Beginn dieser „Bewegung“, kann niemand mehr sagen, er habe es nicht gewusst.

Der Chef Mährholz beispielsweise, der ja auf einem linken Flügel dieser Mahnwachen verortet wird, kollaboriert nun ganz offiziell mit dem Nazi Michael Vogt.

Insofern ist es übel, wenn Teile der Linken mit diesen rechten Esoterikern gemeinsame Sache machen, da hat Stefan Laurin schon recht.
https://exportabel.wordpress.com/?s=montagsdemo

Herr Karl
10 Jahre zuvor

Ist Ken Jebsen jetzt ein Linker? oder „Es darf gelacht werden…“ :

„Der „Friedenswinter“ wird in großem Maße von traditionellen Friedensorganisationen getragen. Der zentrale Aufruf ist so eindeutig in seiner antifaschistischen Ausrichtung, dass er von wirklichen Rechten nicht unterschrieben werden kann.“ (Sozialistische Linke – „realistisch und radikal“)
http://www.sozialistische-linke.de/politik/debatte/1045-friedenswinter-bsr

Thomas Weigle
10 Jahre zuvor

Links ist da, wo das Herz auf dem rechten Fleck sitzt.

leoluca
leoluca
10 Jahre zuvor

Wenn der Aufruf zum „Friedenswinter“ so eindeutig „in seiner antifaschistischen Ausrichtung“ wäre, dass er von Rechtspopulisten „nicht unterschrieben werden kann“, wie Herr Karl hier mal eben so behauptet, dann sind vermutlich nach seiner Ansicht die heftigen Debatten innerhalb der Linkspartei nichts weiter als eine Fata Morgana. Sind sie aber nicht.

Der Berliner Landeschef der Linken, Klaus Lederer, hat geschrieben, dass diese Bewegung »immer wieder in die Kritik geriet, Verschwörungstheoretikern, Neurechten und Antisemiten ein Podium zu bieten«. Lederer warnt vor einer »Neuauflage bereits sehr alter, rechter Kapitalistenkritik, die auch in linken Zusammenhängen Widerhall findet«.

Gegenüber der »Tageszeitung« sagt Lederer, er warne vor jeglicher Kooperation, da diese »nur zur Folge haben wird, rechtspopulistische Welterklärungsmuster und Querfront-Strategien salonfähig zu machen«.

Der Linkenpolitiker verwies auf einen entsprechenden Beschluss seines Parteivorstandes aus dem Mai. Darin hatte es mit Blick auf Mahnwachen geheißen, die Linkspartei werde »mit diesen Kräften ganz grundsätzlich nicht zusammenarbeiten«.

Lederer warnt vor einer »Unbefangenheit«, welche dem antifaschistischen, antinationalistischen, emanzipatorischen Profil der Linkspartei schaden werde.

Sein TAZ-Interview:
https://www.taz.de/Klaus-Lederer-ueber-die-Friedensbewegung/!150427/

Herr Karl
10 Jahre zuvor

Diether Dehm und das Existenzrecht Israels:
„Ein Antrag auf die Einbeziehung des Existenzrechts Israels in diese Erklärung wurde mit überwältigender Mehrheit abgelehnt. Prominenter Gegenredner für diese Ablehnung war dann auch kein geringerer als Diether Dehm selber, der es sich in dieser scheinbar für ihn zentralen Frage nicht nehmen liess, in die Bütt zu steigen.“
http://www.potemkin-zeitschrift.de/2014/12/02/menetekel-hannover-dehm-gegner-verlieren-hegemonie-im-kreisverband/

Mir wird übel…

Merle
Merle
10 Jahre zuvor

Immer eins nach dem anderen.
Ich habe unsere Arbeit vor Ort bereits in meinem ersten Kommentar ausführlich beschrieben, etwas polemisch ausgedrückt: Ich muss nicht zum Kühlschrank gehen, ich BIN der Kühlschrank 😉
Also kommen Sie mir bitte nicht mit „Ja, SIE sind vielleicht keine, aber Sie arbeiten mit Antisemiten zusammen.“ Das tue ich nicht; die an der Organisation für den 13.12. beteiligten Mahnwachenteilnehmer sind Gewerkschaftler, Mitglieder der LINKEN, alteingesessene freie Aktivisten oder sehr junge, noch komplett ideologiefreie Menschen.
Wie bereits erwähnt, streite ich nicht ab, dass es problematische Mahnwachen gibt… was nicht unwesentlich daran liegt, dass die Mahnwache eine von, ich glaube, nur drei Versammlungsformen ist und jeder Volldepp eine anmelden kann – und das leider hier und da auch tut. Die Mahnwachen bzw. deren rechte Ableger, die bekanntermaßen und wiederholt negativ durch antisemitische Beträge etc. aufgefallen sind, sind ausdrücklich NICHT unser Klientel und sie sind NICHT an der Planung des Friedenswinters in NRW beteiligt!

Dort engagieren sich vorwiegend die MW Bochum und die linken Teile der MW Dortmund (die sich erst kürzlich von rechten Sektierern abgespalten hat, so wie es auch in vielen anderen Städten solche Spaltungen gab, was man vielleicht mal zur Kenntnis nehmen könnte). Wir bekommen keine Order aus Berlin und was ein Ken Jebsen oder ein Lars Mährholz, der keineswegs ein „Chef“ ist, von sich geben, ist für uns weder bindend, noch ein Maßstab. Allerdings haben wir uns dem humanistischen Konsens, der in Berlin formuliert wurde, angeschlossen. Sollte Mährholz tatsächlich dagegen verstoßen haben, tangiert dies unser Engagement vor Ort nicht, sondern lediglich unsere persönliche Einstellung zu dieser Person. Pars pro toto greift nicht für Graswurzelbewegungen – und das ist etwas, das auch der alten Friedensbewegung im Umgang mit uns bisweilen Probleme bereitet: Uns nicht an dem messen zu können, was Berlin oder Vertreter anderer Mahnwachen in die Welt werfen, sondern uns individuell bewerten zu müssen.
Viele haben aber inzwischen begriffen: Der Wille, individuell zu bleiben, sich nicht in eine bestehende Organisationsform einzugliedern und sich nicht einem gewissen Fraktionszwang unterzuordnen, macht es zwar komplizierter, ist aber nicht per se schlecht.

Ich habe sehr wohl überprüft, mit wem ich da in Bochum zusammenarbeite, ich teile sehr bewusst keine Beiträge von Jebsen oder Mährholz, die ich persönlich by the way aus verschiedenen Gründen nicht gerade für besonders herausragende Impulsgeber halte, ich bin sehr bewusst aus diversen Facebook-Gruppen ausgetreten, zu denen ich zugefügt wurde, sobald dort auch nur latent antisemitische Texte auftauchten und trotz Beschwerde von den Admins nicht gelöscht wurden, ich bin sehr bewusst GEGEN die Verwässerung der politischen links-rechts Betrachtung, ich habe sehr bewusst gegen Elsässers Normativitätswahn, BRD-GmbH-Bullshit, Chemtrail-Idiotie und jedwedes rechtes Gedankengut geschrieben und ich bin sehr bewusst NICHT gewillt, rechten A****l****** das Thema „Frieden“, das im Moment nun einmal so drängend ist, wie lange nicht mehr, kampflos zu überlassen und sie in meinem Umfeld nach Anhängern fischen zu lassen.

Es steht Ihnen frei, diese Tatsachen weiterhin zu ignorieren oder eben als unwesentliches Einzelbeispiel zu werten, doch ändern wird das nichts an der Ausrichtung oder der Qualität unserer Arbeit.

Merle
Merle
10 Jahre zuvor

Wagenknecht jedenfalls hat den bundesweiten Aufruf zum Friedenswinter unterschrieben und dass sich die LINKE mal wieder innerhalb an den Mahnwachen aufreibt und einzelne Funktionäre das alte ich-bin-linker-als-du- Spielchen spielen, überrascht mich nicht.
Mir ist zwar weiterhin nicht klar, was die Israeldebatte innerhalb der Partei, bei der ich übrigens seit 2008 Mitglied bin, mit der Bochumer Mahnwache zu tun hat oder seit wann die Positionierung meiner Partei den Common Sense beschreibt, aber ich darf an dieser Stelle ein Mitglied der Bochumer Orga zitieren:
„*Ganz ruhig bleibt*
*Gebetsmühle anwirft*
Nazivergleiche gegenüber Israel sind so unnötig um die Situation zu beschreiben wie sie inakzeptabel und rechtsradikalenanlockend sind.
Nazivergleiche gegenüber Israel sind so unnötig um die Situation zu beschreiben wie sie inakzeptabel und rechtsradikalenanlockend sind.
Nazivergleiche gegenüber Israel sind so unnötig um die Situation zu beschreiben wie sie inakzeptabel und rechtsradikalenanlockend sind.
Nazivergleiche gegenüber Israel sind so unnötig um die Situation zu beschreiben wie sie inakzeptabel und rechtsradikalenanlockend sind.
Nazivergleiche gegenüber Israel sind so unnötig um die Situation zu beschreiben wie sie inakzeptabel und rechtsradikalenanlockend sind.
Nazivergleiche gegenüber Israel sind so unnötig um die Situation zu beschreiben wie sie inakzeptabel und rechtsradikalenanlockend sind. […]
Repeat until understood. […]“

Ich nehme ja all Ihre Beispiele für rechte Mahnwachen und die Beteiligung von Antisemiten zur Kenntnis und bin Ihnen dafür ja auch teilweise dankbar, weil wir nur so effektiv dagegen arbeiten können, aber nehmen Sie Ihrerseits doch bitte auch zur Kenntnis, dass wir das TUN!

leoluca
leoluca
10 Jahre zuvor

@ Merle
Von einem Mitglied der Linkspartei sollte man erwarten können, dass es wirkliche Argumente zur Verfügung hat gegenüber den sehr bedenkenswerten Überlegungen Ihres Genossen Klaus Lederer, die unter #6 zu lesen sind.

@ Herr Karl #4
Sorry, ich habe nicht genau hingeschaut und fälschlicherweise den absurden Text einer sich „sozialistische Linke“ nennenden Gruppe für Ihren Text gehalten, den Sie lediglich zitiert haben.

Merle
Merle
10 Jahre zuvor

Ich höre Herrn Gauck gerade bis hierher Beifall klatschen, Herr Laurin, aber das nur am Rande.
Kluger Mann, der Herr Orwell. Doch hat jener seine Thesen zur Kritik am Pazifismus (Beispielsweise die Grundannahme, dass der Pazifismus in letzter Konsequenz entweder nicht wehrhaft ist, oder nicht durchgehalten werden kann) anhand konkreter Beispiele und Figuren durch konsequentes Weiterdenken bestimmter unreflektierter, affekthafter Haltungen entwickelt – und keinesfalls dazu, jeden Kriegsgegner zum Faschisten zu erklären.

Desweiteren dringen wir damit in Sphären der Philosophie ein, die mit den Motiven der Menschen, über die wir hier sprechen, nicht mehr viel zu tun haben dürften. Ich gehe mal nicht davon aus, dass Sie mich auf Biegen und Brechen als Faschistin ausweisen oder mit mir eine philosophische Grundsatzdiskussion führen, sondern dass Sie darauf hinweisen wollen, dass sich Pazifismus und Antisemitismus nicht zwingend ausschließen, da der Pazifismus als solcher gegen Antisemitismus keinerlei effektive Mittel bietet und ihn im Zweifel durch nicht-Handeln fördert. Soweit richtig?

Es ist übrigens interessant, dass Sie den Pazifismus ins Spiel bringen, wo ich doch dazu kein Wort verloren oder mich zu einem solchen bekannt habe. Natürlich wäre es sehr bequem, wenn jedem die Hand abfiele, der zur Waffe greift oder sie gegen einen anderen erhebt und natürlich wird das nicht passieren und natürlich ist es möglich, dass der Tag kommt, an dem sich jeder einzelne wird entscheiden müssen.

Doch weder das kryptische Zitieren von Orwell, noch meine Interpretation davon, was Sie damit gemeint haben könnten, stehen in irgendeiner Verbindung zu der Kritik, dass Sie Menschen als „Israelhasser“, „Aluhüte“ und „neurechte Esoteriker“ bezeichnen, auf die das nachweislich nicht zutrifft. Sie können nicht ernsthaft annehmen, dass Sie mir Orwell als Rechtfertigung der Betitelung „neurechts“ um die Ohren hauen können und damit wieder im Recht sind.

Merle
Merle
10 Jahre zuvor

Ach ja, und wenn wir schon nicht mehr zu bieten haben, als das Umherwerfen von Zitaten, hätte ich da auch eines für Sie:

H.-P. Dürr
„ Alle, fast alle sehnen sich nach Frieden. Dieser Wunsch ist übermächtig. Er meint mehr als die Abwesenheit von Krieg: einen erfüllten Frieden voller Lebendigkeit, Liebe, Freude, Lust, mit Farbe, Unterschiedlichkeit und ihren Spannungen, Herausforderungen, auch Unstimmigkeiten und ihrem Streit. Das alles gehört zum lebendigen Frieden. Es ist nicht der lasche, statische Frieden, nicht der des Friedhofs, den wir uns wünschen und den das Leben für seine Erfüllung braucht.
Doch die Vermeidung von Krieg bleibt eine notwendige Voraussetzung für Frieden“

Thomas Weigle
10 Jahre zuvor

@ Herr Karl Ich finde es gut, dass die das Existenzrechts Israels draußen gelassen haben. Als dieser Programmpunkt in der Linkpartei diskutiert wurde, habe ich oft genug von vereidigten Iisraelhassern gehört. I“ch bin für….., aber….“ Dann kam immer der ganze Sermon von Apartheit, Faschismus in Israel, Völkermord usw.

Merle
Merle
10 Jahre zuvor

@leoluca
Was man nicht alles von einem Mitglied der LINKEN erwarten könnten sollte. Sie sind mir ja ein Herzchen. Von mir als Mensch können Sie zumindest eine eine eigene Meinung erwarten und Herrn Lederer sei nachgesehen, dass er an den Vorbehalten festhält. Einige Eindrücke, die man von der Berliner Mahnwache hat erhalten können, sind geeignet, um diese Meinung zu begründen. So wie man übrigens immer ein Haar in der Suppe finden wird, wenn man das will.
Die Partei hat sich aber immer auf die Fahne geschrieben, der parlamentarische Arm der außerparlamentarischen Kräfte zu sein. Diese Arbeit kann ich mir schenken, wenn ich diese Kräfte pauschal verurteile, statt die antifaschistischen Friedensaktivisten in ihrer Arbeit zu unterstützen und nicht bereit bin, den Einzelfall zu überprüfen. Soviel von mir zu Lederer, was haben Sie zu Wagenknechts ausdrücklicher Unterstützung des Friedenswinters zu sagen, wenn wir uns schon an Parteifunktionären orientieren wollen?

@Stefan Laurin
Prima, Herr Laurin. Dann kann ich ja davon ausgehen, dass Sie uns in Bälde mit Berichten aus dem Schützengraben im Irak oder der Ukraine beglücken, richtig? Oder wenn Sie nicht so weit fahren wollen – HoGeSa und PEGIDA, von Faschisten durchsetzt, sind auch ziemlich geil auf physische Gewalt. Aber da wird’s dann kompliziert, die sind ja auch gegen den IS *kopfkratz* und wenn Sie diese Nazis dann bekämpfen, macht Sie das dann ja zum Unterstützer des IS… hm, egal, Sie werden schon wissen, was richtig und was falsch ist.
Aber egal, für welches Schlachtfeld Sie sich entscheiden, denken Sie bitte auf jeden Fall daran, Ihre Waffen nach dem Sieg, oder dem, was Sie dann Sieg nennen, wieder mitzunehmen und keine tief traumatisierten Menschen ohne Perspektive auf ein besseres Leben und Wiederaufbau ihrer Heimat zurück zu lassen! Und danke an dieser Stelle, dass Sie, ohne dass ich Sie je darum habe bitten müssen, mit diesem Opfer meine Bequemlichkeit und mein Leben ohne Werte schützen.

Genug des triefenden Zynismus. Wissen Sie, Herr Laurin, Sie und ich haben diese Welt nicht gebaut. Gerechtigkeit als Wert und als Voraussetzung für Frieden und Freiheit würde eigentlich unter anderem bedeuten, dass wir nicht gezwungen sind, Probleme zu lösen, die wir nicht zu verantworten haben. Ich bin nicht Gandhi, ich vertrete nicht die Auffassung, die vom IS terrorisierten Menschen sollten kollektive Selbsttötung betreiben und im engeren Sinne bin ich sicherlich keine Pazifistin, denn wenn mir einer ans Leben will und davon nicht abzubringen ist, wird es wohl auf ihn oder mich hinauslaufen.
Nein, ich habe bislang keine zufriedenstellende UND realistische Antwort auf den IS und ich empfinde diese Tatsache als tief bedrückend. Ich lehne die untätige, meditative Selbstherrlichkeit ebenso ab, wie das Kampfprinzip und das macht mich wohl zu dem vielzitierten Hahn, der desorientiert auf dem Boden herumpickt, weil sich weder Flucht, noch Kampf, noch Erstarren durchsetzen können. Diesem Vorwurf, noch auf der Suche nach Antworten zu sein, mich vielleicht zu spät auf die Suche gemacht zu haben, ohne das sichere Wissen, dass es eine Antwort gibt, dem setze ich mich aus.

Aber wissen Sie, wozu mich das NICHT macht?
Einer Verschwörungstheoretikerin, einer Israelhasserin oder einer neurechten Esoterikerin. Und die Menschen, die montags in Bochum mit mir auf der Straße stehen genauso wenig.
Diese Vorwürfe bekommen Sie weder durch Zitate, noch durch verquere Allgemeinplätze, noch durch herbeihalluzinierte „Einschränkungen“ ausgerechnet IHRER Freiheit, ausgerechnet durch den IS gerechtfertigt.

Herr Karl
10 Jahre zuvor

@Thomas Weigle
Guter Kommentar von Dir hier:
http://blog.wawzyniak.de/parteivorstandssitzung-nr-4ii/#comment-5129

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