Wozu eigentlich Smalltalk? Glaubt man den unzähligen Karriereblogs, ist Smalltalk in aller Munde. Eine griffige Übersetzung hat sich bislang nicht durchgesetzt. Stattdessen wird er umschrieben – als beiläufige Konversation mit banalem Inhalt (vgl. Mehl et al., 2010). Wer nun meint, das klinge nach einer Trivialität des Alltags, die der Rede nicht wert ist, wird von der „Karrierebibel“ eines besseren belehrt: „Smalltalk genießt in Deutschland keinen besonders guten Ruf. Doch die Annahme, dass er bloß, weil dabei über Belangloses gesprochen wird, keine Bedeutung habe, ist falsch. Gekonnter Smalltalk kann ein Türöffner sein.“ Hinter dem scheinbar Bedeutungslosen soll sich demnach ein Werkzeug für die soziale Anerkennung in Privatleben und Beruf zu verbergen. Von unserer Gastautorin Jennifer Apolinário-Hagen.
Auch die RP sieht im Smalltalk einen Nutzen für den Berufserfolg: „…Tatsache ist: Small Talk ist gut für die Karriere. Studien zeigen, dass beruflicher Erfolg nur zu 10 Prozent von der Leistung, 30 Prozent vom Image und zu 60 Prozent vom Bekanntheitsgrad bei Vorgesetzten abhängt.“ Die Arbeit machen scheinbar dann diejenigen, die den Smalltalk nicht als „Türöffner“ nutzen. Das könnten insbesondere die Klügeren sein, wie die WiWo nahelegt: „Je intelligenter jemand ist, desto schwerer fällt das Geplapper.“ Die WAZ stützt diese Hypothese: „…besonders in Deutschland schämen sich schlaue Menschen – oder die, die gerne als solche gesehen werden möchten – für banale Gespräche. Für die Briten sind sie dagegen so selbstverständlich wie der Fünf-Uhr-Tee.“
Leider findet man für die meisten Behauptungen zum Smalltalk (zugegeben: über selektives Stichprobenziehen) ein Gegenbeispiel. Unter dem Titel „Small Talk, big stress“ hat die Online-Marktforschungsseite OnePoll, die Ergebnisse einer nicht-repräsentativen Umfrage unter 1.000 Briten veröffentlicht. Von den Befragten gaben 59 Prozent an, Smalltalk aktiv zu vermeiden. Zudem stimmten 70 Prozent zu, dass Smalltalk unangenehm werden könne. Das beweist zwar nichts, gibt aber zumindest einen Hinweis auf eine mögliche Diskrepanz zwischen der postulierten Relevanz und der tatsächlichen Akzeptanz von Smalltalk.
Verwaltete Einsamkeit in der Massenkultur
Zu klären ist zunächst, warum sich die „Kunst“ des beredten Nichtsagens in Gestalt von Smalltalk überhaupt etabliert haben könnte. Zur Debatte stehen u.a. evolutionäre Vorteile durch das schnelle Erkennen von Verbündeten, die Erfordernisse des sozialen Zusammenhalts für das Fortbestehen der Menschheit in einer komplexen Umwelt, der Verlust der Einsamkeitsfähigkeit in der Massengesellschaft und das Anschlussmotiv, das mit der Bindungstheorie erklärt wird.
Eine bewährte Strategie unserer Evolution?
Vielleicht stellt die Befähigung zur oberflächlichen Konversation mit Unbekannten einen Vorteil evolutionsbiologischer Natur dar – zumindest für die am besten angepassten „Smalltalker“. Eine Erklärung lautet, dass wir, über Meme vermittelt, soziale Verhaltenstendenzen wie beiläufigen Austausch mit Fremden nutzen, um im akuten Konfliktfall besser zwischen potentiellen Kooperationspartnern und Desserteuren unterscheiden zu können. Wer das Verhalten eines Unbekannten besser einzuschätzen vermochte, konnte sich folglich eher reproduzieren als sein mundfauler Konkurrent. Falsifizierbar ist diese These wohl nicht ohne eine Zeitmaschine. Allerdings liefert eine aktuelle Studie (vgl. Manson et al., 2013) Hinweise, die diese Hypothese zumindest infrage stellen können. So konnten die Versuchspersonen beim sog. Gefangenendilemma den Verbündeten nicht auf Basis von wahrgenommenen Signalen beim Smalltalk, also in der direkten Interaktion, identifizieren. Nur diejenigen, die die Konversation als Video sahen, schnitten über der Zufallstrefferquote bei der Vorhersage, wer der Verbündete ist, ab. Daraus folgerten Manson und Kollegen (ebd.), dass die Beobachtung informativer als die direkte Interaktion war. Womöglich könnte Smalltalk ablenken oder als Täuschungsmanöver dienen. Nichtsdestotrotz ist unklar, inwieweit solche Interaktionen in der frühen Menschheitsgeschichte mit dem heutigen Smalltalk, der von sozialen Konventionen bedingt wird, gleichzusetzen ist.
Die Stachelschweine – die Dosis macht das Gift.
Vielleicht begründet die Natur des menschlichen Zusammenlebens eine gewisse Notwendigkeit des Smalltalks. Schopenhauer erläutert einen für die Zivilisation erforderlichen Mittelweg zwischen Nähe und Distanz mit seiner berühmten Parabel von den Stachelschweinen: „Eine Gesellschaft Stachelschweine drängte sich, an einem kalten Wintertage, recht nahe zusammen, um, durch die gegenseitige Wärme, sich vor dem Erfrieren zu schützen. Jedoch bald empfanden sie die gegenseitigen Stacheln; welches sie dann wieder voneinander entfernte. Wann nun das Bedürfnis der Erwärmung sie wieder näher zusammen brachte, wiederholte sich jenes zweite Übel, so dass sie zwischen beiden Leiden hin und hergeworfen wurden, bis sie eine mäßige Entfernung von einander herausgefunden hatten, in der sie es am besten aushalten konnten.“
Smalltalk könnte eine Strategie von menschlichen Stachelschweinen sein, um soziale Beziehungen anzubahnen und aufrechtzuerhalten, ohne seine Artgenossen mit der Zumutung seiner Marotten und Unzulänglichkeiten abzuschrecken. Dass Schopenhauers Parabel jedoch nicht als Reklame für den Kanon sozialer Konventionen geeignet ist, zeigt die nähere Betrachtung seines Menschenbildes, die Rüdiger Safranski im Spiegel pointiert darstellte: „Die durchschnittlichen Exemplare der „Zweifüßler“, wie er sie bisweilen grimmig nennt, schätzt er weniger als manche klugen Tiere. Wenn ihn sein Pudel ärgerte, schimpfte er ihn „du Mensch!“ Allerdings soll Schopenhauer erst mit zunehmendem Alter zum Eigenbrötler mutiert sein.
Dass das Alter die Motivation bei der Auswahl sozialer Kontakt beeinflusst, hat die Sozioemotionale Selektivitätstheorie (SST) aufgezeigt. Hierbei soll die begrenzte Zukunftsperspektive älterer Menschen dazu beitragen, dass Sozialkontakte eher zur emotionalen Regulation genutzt werden, wodurch der Qualität der Beziehungen Vorrang vor der Quantität beigemessen wird. Dagegen sollen junge Erwachsene Kontakte stärker zur Informationssuche bzw. Exploration nutzen, woraus sich das größere soziale Netzwerk mit weniger emotional bedeutsamen Interaktionspartner erklären lässt. Empirische Studien zur SST stützen diese Thesen. Daraus könnte abgeleitet werden, dass junge Menschen eher Smalltalk aufsuchen als ältere. Allerdings scheinen ältere Menschen zur emotionalen Stabilisierung eher positive Kontakte aufsuchen (vgl. Nikitin et al., 2012). Daher könnte zumindest bei einsamen Älteren Smalltalk positive Effekte auf das Wohlbefinden ausüben und daher aktiv aufgesucht werden.
Die ungesellige Geselligkeit des Menschen – gemeinsam einsam
Der Verlust von Einsamkeitsfähigkeit und die Furcht vor Langeweile könnten weitere Beweggründe für den Drang zum Smalltalk sein. Wer sich in menschlicher Gesellschaft bewegt, erlebt schnell das, was Kant die „ungesellige Geselligkeit des Menschen“ nannte. Die Natur bediene sich eines antagonistischen Prinzips, das Norbert Bolz eingängig zusammenfasste: „Die bürgerliche Gesellschaft ist keine Gemeinschaft friedlicher Haustiere, sondern eine pathologisch-abgedrungene Zusammenstimmung eigensinniger Einzelner. […] Ich kann die Anderen nicht leiden, aber auch nicht von ihnen lassen. Der heilsame Widerspruch zwischen Vergesellschaftung und Vereinzelung entfaltet die Kräfte und Talente, kurzum: die Menschlichkeit des Menschen. Und hieraus erwachsen jene Früchte der Ungeselligkeit, die wir Kultur nennen“ (Bolz, N. (2010). Die ungeliebte Freiheit, S. 104. München: Wilhelm Fink.).
Dass Einsamkeit wie auch Smalltalk mit einem niedrigeren Wohlbefinden zusammenhängen, bestätigt eine Studie von Mehl und Kollegen (2010). Dagegen waren die Probanden, die substantiierte Gespräche führten, diejenigen mit dem höchsten Wohlbefinden. Allerdings waren die Effektstärken der Studie nur schwach bis moderat, weshalb weitere Forschung nötig ist.
Das Anschlussmotiv und Bindungserfahrungen
Dem wohldosierten Zusammenspiel von Annäherung und Vermeidung sozialer Kontakte, das für gelungenen Smalltalk erforderlich ist, liegen vor allem das genetisch verankerte Anschlussmotiv und soziale Lernerfahrungen zugrunde. Über frühkindliche Interaktion mit primären Bezugspersonen formen sich relativ stabile, kognitive Schemata hinsichtlich der eigenen Selbstwirksamkeit (Modell des Selbst) und der Verlässlichkeit anderer Personen (Modell der Anderen) aus (vgl. z.B. Fraley, 2010). Wenn sich die Bezugsperson eines Kindes feinfühlig, nachvollziehbar und zuverlässig verhält, sind dies gute Voraussetzungen für eine sichere Bindung. Eine solche sichere Bindungsrepräsentation zeichnet sich durch eine ausgewogene und flexible Regulation von Nähe und Distanz aus und stellt einen Schutzfaktor für das Wohlergehen dar. Seit den Pionierarbeiten von John Bowlby und Mary Ainsworth ist jedoch empirisch bestätigt worden, wie störanfällig diese tief verankerten Prozesse sein können. Allerdings ist eine unsichere Bindung nicht mit „pathologisch“ gleichzusetzen – so betrug der Anteil von unsicher Gebundenen um die 40 Prozent in Stichproben mit psychisch unauffälligen Probanden (vgl. eine Metaanalyse: van Ijzendoorn & Bakermans-Kranenburg, 1996). Dennoch können Menschen, z.B. aufgrund des ambivalenten oder abweisenden Verhaltens ihrer Bezugspersonen, Erwartungen und Präferenzen im Sinne einer unsicheren Bindung ausbilden, die beim Smalltalk sehr hinderlich sein können. Eine Person mit einem vermeidenden Bindungsstil strebt eher nach Autonomie und empfindet Nähe schneller als andere als unangenehm. Dagegen kann eine Person mit ängstlich-ambivalentem Bindungsstil dem Smalltalk-Partner rasch als aufdringlich erscheinen und ist sehr sensibel für Anzeichen von Ablehnung. Da diese Tendenzen zumeist unbewusst sind, kann es sein, dass Menschen wiederholt beim Smalltalk anecken, ohne zu wissen, was sie „falsch“ machen. Die Empfehlung der Karriere-Experten, Smalltalk müsse von jedermann -unabhängig von seinen erfahrungsbasierten Einstellungen und Motiven- beherrscht oder trainiert werden, lassen die Befunde aus der Bindungsforschung als fragwürdig erscheinen.
Das „soziale Schmiermittel“
Vielleicht hilft ein Blick auf karrierebezogene Beweggründe hinter dem trivialen Dialog mit dem Vorgesetzten in der Kantine, mit Kunden oder mit Kollegen auf der Betriebsfeier.
Die zahlreichen Business-Trainings, in denen Teilnehmer Nachhilfe im Smalltalk bekommen, bestätigen ein „Karriere-Motiv“. Um die Relevanz des Plaudern zu betonen, bedient sich der RBB einer Analogie aus der Kfz-Werkstatt: „Er gilt als das geheime Schmiermittel bzw. der Treibstoff menschlicher Kommunikation und Gesellschaft“ So wird dem Leser suggeriert, die besondere Fähigkeit, im Tratsch zu brillieren, stelle einen entscheidenden Erfolgsfaktor dar.
Einsamkeit in der Gesprächspause
Das Schweigen während des Smalltalks ist für viele Menschen noch unerträglicher als der Smalltalk selbst. Daher heißt die Devise „Schweigen ist Silber, Plaudern ist Gold“. In einer unfreiwilligen Sprechpause wird man -im Angesicht eines Unbekannten- schlagartig wieder auf sich selbst zurückgeworfen. Die alltäglichste Manifestation der Furcht vor Isolation ist ein verkrampfter Dialog, der eine Sprechpause übertönen soll. Diese drängt den deutschen Kommunikationsmuffel in der Mittagspause zum munteren Plausch über das Wetter oder die marode Bausubstanz. Auch das Deutschlandradio erkennt das Dilemma: „Entweder gibt’s nun peinlich Stille, oder: Smalltalk. Eigentlich interessiert sich niemand für runtergeplauderte Belanglosigkeiten.“
In einer Studie ermittelten Feldmann und Kollegen (2002) während eines nur zehnminütigen Smalltalks durchschnittlich zwei bis drei Lügen bei ihren Probanden. Insgesamt haben knapp 60 Prozent davon mindestens eine Lüge erzählt. Die Furcht vor Gesprächspausen könnte ein Grund dafür sein, dass Lügen als Verlegenheitsgeste im Smalltalk zum Einsatz kommen.
Oberflächliche Kontakte als Anpassung an eine komplexe Welt
In einer komplexen Welt mit stetig wachsendem, unüberschaubarem, hoch spezialisierten Wissen erleichtern soziale Kompetenzen und Bindungen zwischen Menschen die Übergänge in Veränderungsprozessen. Laut Absolventa reicht ein solides Fachwissen immer seltener als Qualifikation aus: „In vielen Branchen sind die sozialen Kompetenzen fast genauso wichtig wie die fachlichen“. Die hohe Anzahl kurzer, unpersönlicher Kontakte im Beruf erfordert häufig ein Repertoire an Routinen. Auswechselbare Gesprächsversatzstücke für den Umgang mit Unbekannten können als Werkzeugkasten mitgeführt werden und ohne Verschwendung kognitiver Ressourcen zum Einsatz kommen. Die erforderliche Flexibilität kann aber auch zum Verbiegen werden, wenn sich schon der Berufseinsteiger wie ein Chamäleon sich seiner Umgebung anpassen können muss und der Persönlichkeitsreifung kaum Raum gegeben wird. Klare Regeln selbst bei alltäglichen Gesprächen dienen wohl auch dazu, das Risiko des Scheiterns in einer nicht vorhandenen Fehlerkultur zu minimieren.
Am Anfang war das Wort – den Smalltalk in die Gänge bringen
Die Autoren der WAZ stellten die Ergebnisse einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Artikel „Sprechen Sie Smalltalk“ vor. Als Lieblingsthema von Männern rangiert Sport mit 65 Prozent an der Spitze. 78 Prozent der Frauen tauschen hingegen am liebsten Neuigkeiten aus dem Freundes- und Bekanntenkreis aus. Auch der Klassiker des Smalltalks fehlte nicht bei den Lieblingsthemen: „Das Wetter. 40 Prozent aller Menschen sprechen laut einer Forsa-Umfrage gerne über Schnee bis Sonnenschein“.
Auf der BR 1-Seite des Bayerische Rundfunk findet man eine Alternative zum Wettergespräch: „Stellen Sie etwas fest, das offensichtlich ist. Das ist besser als eine Frage, weil der andere nicht reagieren muss“, erläutert Matthias Nöllke. An der Bushaltestelle könnten Sie also einfach sagen: „Der Bus ist heute aber spät dran.“ Ist Ihr Gegenüber in Gesprächslaune, wird er darauf eingehen. Und wenn nicht, fühlt er sich nicht in die Enge getrieben.“
Und wenn alles nicht hilft, dann hat Stepstone eine weitere Starthilfe, die das „soziale Schmiermittel“ Smalltalk ankurbeln soll, parat: „Zum Einstieg ebenfalls okay: ein dezentes Kompliment über die Kleidung Ihres Gesprächspartners.“
Der anspruchsvolle Smalltalker kann sich auch in unverfängliche Anekdoten und Kurioses flüchten – das empfiehlt der Smalltalk-Experte Nöllke den Hörern des Bayerischen Rundfunks: „Wussten Sie, dass Elvis blond war?“ Mit diesem Einstieg verschaffen Sie sich Gehör. Tatsächlich war Elvis Presley dunkelblond, zu seinem Image passten schwarze Haare jedoch besser, deshalb färbte er sie. Kuriositäten und Anekdoten bieten sich als Gesprächseinstieg an.“ Oder wie wäre es hiermit: Wussten Sie schon, dass es seit 2006 alljährlich den Wettergesprächs- und Smalltalk zu feiern gibt?
Originelle Trivia allein genügen laut Karrierebibel jedoch nicht. Der geübte Smalltalker begeistert auch durch die Lockerheit der Präsentation: „Wer etwa dem inneren Zwang erliegt, jedem beweisen zu müssen, wie kommunikativ er ist, kann nur scheitern. Eine solche Haltung wird immer unbewusst wahrgenommen und wirkt entsprechend aufdringlich.“ Das Gegenüber fungiert dabei als eine Art E-Meter, das bei verkrampften Darbietungen ausschlägt. Das Bemühen um Lockerheit beim Selbstmarketing kann paradoxerweise selbst Stress auslösen oder verstärken.
Verbotene Früchte
Da das unverfängliche Gespräch sich schnell als Minenfeld herausstellen kann, schreit die Deutsche Seele nach einem peniblen Regelwerk, mit dem die unverfängliche Konversation zum Formationstanz wird. Die Benimmregelhüter von Knigge.de versuchen, die Nachfrage zu bedienen und den Deutschen ihr vorauseilendes Gehorsam gegenüber sozialen Normen zu erleichtern: „Die Formel: Keine Politik & keine Religion sollte genauso gelten wie Geringschätzung von nicht anwesenden Personen. Übertriebene Heiterkeit ist ebenso unangebracht wie Prahlerei und sexuelle Themen. Verzichten Sie darauf, Privates zu thematisieren, Ihr Gegenüber wird es schätzen“. Das soll Orientierung schaffen, klingt aber nach einem Eiertanz.
Ausweg Meta-Smalltalk
Für diejenigen, die den Smalltalk aus Prinzip ablehnen, sich gleichzeitig nicht entziehen können, empfiehlt die Zeit den Meta-Smalltalk: „Letztlich geht es tatsächlich um Authentizität. Es ist nicht verboten, den Sinn von Small Talks zum Thema selbst zu machen, sozusagen eine Art Flucht in die Meta-Ebene anzutreten ohne mit dem Hammer der Tiefsinnigkeit blind um sich zu schlagen. Man darf seine kritische Ansicht zu diesem Thema durchaus äußern – manchmal ist dies erst der Aufhänger für ein interessantes Gespräch. Stellt sich Stille und peinliches Schweigen ein, so kann auch das thematisiert werden.“
Ausweg Selbstaufgabe durch aktives Zuhören
Rüdiger Klepsch spricht auf SPON an, wie der Smalltalkmuffel das, was einem an einem Gesprächspartner eigentlich nervt, zum eigenen Rückzug ausnutzen kann: „Die Kunst beim Smalltalk besteht darin, einerseits durch Fragen nicht indiskret zu wirken, andererseits gegenüber dem Gesprächspartner Interesse zu bekunden. Geben Sie ihm die Plattform, über sich zu sprechen; denn das tun die meisten Menschen gern“. Der empathische Zuhörer kann also die Ich-Falle vermeiden, indem er sich als Subjekt aus der Kommunikation weit zurückzieht, sodass er zur Projektionsfläche seines Gesprächspartners wird. Wie bei der Teflon-Pfanne bleibt nichts vom Smalltalkmuffel haften. Er wird aalglatt und unsichtbar, so dass sich der Gesprächspartner ungestört in ihm spiegeln und selbst bestaunen kann.
Ausweg Macht
Auch wenn die TAZ die Führungsqualitäten von Sahra Wagenknecht infrage stellt – in ihrer Position kann sie es sich erlauben, dem Smalltalk einfach fernzubleiben: „In Bezug auf das, was Personaler Soft Skills nennen, kann Wagenknecht da nicht mithalten. Genossen aus der Fraktion klagen über ihre Unfähigkeit zum Smalltalk, über jene klamme „Fahrstuhlatmosphäre“, die sie verbreite.“
Ausweg Hochbegabung
Zumindest für die Hochbegabten, die statistisch gesehen nur 2 Prozent der Gesamtbevölkerung repräsentieren, plädiert der Spiegel für Nachsicht: „Nein, man hat es nicht leicht als Hochbegabter. Bei Kollegen ecken sehr intelligente Menschen oft an – unter anderem, weil ihnen Smalltalk zuwider ist.“ Bei Ingenieur.de wird zudem ein häufiges Missverständnis in der Arbeitswelt thematisiert, nämlich dass man schnell als sozial inkompetent abgestempelt wird, wenn einem Smalltalk nicht liegt „Hochbegabte sind mehr intellektuell und weniger emotional getrieben. Mit Smalltalk können sie daher wenig anfangen, was vom Umfeld mitunter als mangelnde Sozialkompetenz interpretiert wird. Ein besseres Verständnis auf beiden Seiten würde hier viel bewirken.“ Sind wir nicht alle ein bisschen hochbegabt?
Im zweiten Teil wird es um die Geschäftsmodelle rund um den Business-Smalltalk, die German Angst vorm Scheitern und Smalltalk als Stressor am Arbeitsplatz gehen.
Dr. rer. medic. Jennifer Apolinário-Hagen ist Diplom-Psychologin und als Lehrbeauftragte für psychologische Grundlagenfächer an einer privaten FH tätig.
Ich habe eine anonymisierte Meinungsumfrage mit 13 Fragen auf einer 10-Punkt-Skala (1= „stimme gar nicht zu“ bis 10 =“stimme völlig zu“) zum Thema „Smalltalk“ erstellt (Nützlichkeit und Stressfaktor). Sie gelangen zur Umfrage, indem Sie den Link ins Browserfenster kopieren:
http://maq-online.de/evaluation/users/www.php?l=maq&u=Ar2ezIHAa6&p=3PReLRWB
Die Ergebnisse möchte ich gerne beim zweiten Teil des Artikels veröffentlichen. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mitmachen und Ihre Meinung zum Smalltalk kundtun.
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Vielen Dank im Voraus.
Beste Grüße
Jennifer Apolinario-Hagen
[…] Hier geht es zu Teil 1 der Serie. […]