Wie rutschten wir eigentlich in die heutige Angst- und Kontrollgesellschaft? Durch den Sieg der Hippies, schreibt der Publizist Michael Miersch.
Rauchverbote, Ökohysterie und Fortschrittsangst sind nicht die Spätfolgen der 68er- sondern der Hippiebewegung schreibt Michael Miersch in seinem Buch „Die Hippies haben gewonnen.“
In dem leider etwas arg kurzen E-Book zeigt Miersch auf, wie die krude Gedankenwelt der Langhaarigen, ihre Angst vor der Technik, ihre naives Bild der Natur und ihre Psychologisierung und Pathologisierung des Alltags es in den vergangenen 30 Jahren geschafft haben, den Zeitgeist für sich einzunehmen. Die 68er waren nach Miersch erfolglos: Eine kleine Bewegung von nur ein paar tausend Anhängern, Fortschrittsoptimistisch, Technologiebegeistert und anfangs noch antiautoritär, hätten es nicht geschafft, außerhalb einiger weniger Universitäten größere Wirkung zu entfalten. Anders die Hippiekultur: Sie faszinierte weite Teile der Jugend, war in jedem Dorf präsent und brachte schließlich eine eigene Partei hervor, die seit nun mehr 30 Jahren den Zeitgeist und seine Angst- und Verbotskultur prägt: Die Grünen.
Erfolgreich seien die Hippies auch gewesen, weil sie an vermeintlich vergangenes anknüpfen konnten: Den schon bei den Nazis populären Umwelt- und Gesundheitswahn sowie ein tief verankertes Misstrauen gegen den Westen und die Aufklärung. Als kleines Beispiel mag dazu die Verwendung der Begriffe Kultur und Zivilisation in Deutschland dienen:
Während sich in den angelsächsischen Ländern und in Frankreich eine Gleichsetzung von Kultur und Zivilisation durchsetzte, entwickelte sich dagegen in Deutschland eine Abgrenzung der als tiefgründig und wertvoll verstandenen deutschen Kultur gegenüber der als oberflächlich dargestellten westlichen Zivilisation. In diesem Sinne übten unter anderem Oswald Spengler und Arnold Gehlen Zivilisationskritik. Die Unterscheidung zwischen Kultur und Zivilisation blieb bis nach 1945 im deutschen Sprachraum vorherrschend. Quelle: Wikipedia
Das machte dieses Denken auch anschlussfähig an konservative Kreise. Das autoritäre Element, das Ausnutzen, ja das Schaffen von Ängsten war immerein Zeichen rechter und konservativer Kreise – mit der Linken, das macht Miersch mehr als einmal deutlich, hat der heutige grüne Zeitgeist nichts zu tun.
Miersch macht an vielen Stellen seines Buches deutlich, das der heute vorherrschende Zeitgeist genau das ist, was das Wort auch sagt: Ein zeitlich begrenztes Phänomen, das kommende Generationen so sehr mit Verwunderung betrachten werden wie wir die 60er Jahre. Irgendwann, das ist klar, wird das autoritäre heute vorherrschende Ordnungsdenken an sein Ende gelangen. Im Augenblick seines größten Triumphes wird es nicht merken, dass es die Saat seines eigenen Untergangs längst gesetzt hat.
also Kai Diekmann sagte noch die 68er sind an allem Schuld.
Aber da für ihn die Partei der 68er die Grünen sind, sind sich beide da wenigstens einig.
für die Erkenntnis, dass der vorherrschende politische Mainstream nur Zeitgeist ist, hätte man kein Buch schreiben müssen.
Man sehe sich etwa nur z.B. auf Youtube Fernsehbeiträge des 7.Sinn an vor 40 Jahren über Frauen am Steuer… dann merkt man wie sehr sich die Gesellschaft in dieser kurzen Zeit geändert hat.
Das wird auch sicherlich so weiter gehen.
Zurück zu den Thesen von Miersch.
Zur Gründungszeit der Grünen könnte das Wahrheitsgehalt gehabt haben. Heute sind diese ja eine Volkspartei der Akademiker.
Das kann erklären, warum eine kleine Partei viel Einfluss hat. Akademiker sind nun mal Meinungsführer. Aber autoritär, fortschrittsfeindlich etc. kann man diese Gruppe nun wirklich nicht nennen. Da übertrieb es Miersch.
Kann man aber nachvollziehen, da er sehr monothematisch auftritt durch seine Bücher. Da übertreibt man sein Thema fast automatisch… eigentlich genau das, was er immer den Öko-Zeitgeist vorwirft…
@Laurin
Sehr schön auf den Punkt gebracht. Allerdings weiss ich nicht ob sich da schon das Ende des Verbotswahns ankündigt. Wer heute diesen Jack Wolfskins auf ihr North Face zusagt, dass sie fachistische Mythen leben, der wird sehr schnell unter Bionadeflaschen begraben oder mit Dinkelkeksen (glutenfrei) erstickt. 🙂
Interessante Gedankengänge, die Du da bei Miersch gefunden hast, Stefan.
Nur, was Oswalt Spengler mit den Hippies und damit mit den Grünen verbindet, habe ich nicht kapiert.
Da fehlt mindestens ein Hinweis, schließlich diente Spengler den Nazis als ideologische Ursuppe, aus der die sich die Geschmacksrichtung herausklauten.
Daraus den Hippiekult ableiten zu wollen, halte ich schon für gewagt.
Aber sonst finde ich den Artikel anregend.
Yeah, Atomkraft! Wilkommen bei der Achse des Guten, oder doch bei eigentümlich frei? Zwei, drei Worte über den Autor wären bei einer Buchbesprechung doch angebracht, oder?
@Helmut Junge: Spenglers Zukunftspessimismus zum Beispiel bis heute einen Nachklang. Was oft vergessen wird: Die Nazis waren Esoteriker, zweifelten an der modernen Medizin, die für sie die „jüdische Medizin“ war. Die Mystifizierung der Natur, ein großes Interesse an Ökologie und Tierschutz – es gibt viele Beispiele – Miersch führt in seinem Buch auch überraschende an: Die Nazis waren für erneuerbare Energien, entwickelten Windkraftanlagen, Hitler war Vegetarier und plante für die Zeit nach dem Endsieg umfassender Rauchverbote.
@Bole B: Der Wikipedia-Artikel zu Miersch ist verlinkt. Da steht alles drin.
Es ist mir zu billig die Klammer Nazis – Naturschutz – Hippies – Ökobewegung zu bilden. Erstens ist Naturschutz in Deutschland lange vor dem Nationalsozialismus entstanden und zweitens haben die Nazis das Thema nicht nur für sich instrumentalisiert, sondern die Naturschutzbewegung, wie alles andere, gleichgeschaltet. Juden wurden aus den Verbänden ausgeschlossen, die linken Flügel der Naturverbände wurden drangsaliert und politisch aktive Naturschützer landeten im Gefängnis.
Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts war der Naturschutz ohnehin von Gruppierungen ganz unterschiedlicher politischer Richtungen geprägt, wie z.B. der konservative „Bund Heimatschutz“ oder die sozialdemokratischen „Naturfreunde“.
Erst Jahrzehnte später gab es einen Aufschwung für das drängende Problem Umweltschutz. Politisch nicht unwichtig und Zeichen eines ersten Umdenkens war 1970 das unter Hans-Dietrich Genscher (ja genau: FDP) eingerichtete Sofortprogramm Umweltschutz und das Regierungsumweltprogramm von 1971. Beides orientierte sich an der der Ökohysterie und Technikfeindlichkeit relativ unverdächtigen USA.
Die FDP-Ökopaxe lagen übrigens gar nicht so falsch. Denn spätestens bei der Ölkrise 1973 war auch dem letzten Politiker klar, dass Rohstoffe nun mal endlich sind und ein bewusster Umgang mit den Ressourcen notwendig ist.
Wenn ich heute in den Himmel über der Ruhr sehe, ist er tatsächlich wie von Brandt 1969 versprochen, blau. Einen wichtigen Anteil daran hat die Umweltschutzbewegung und die Umwelt-Politik der Grünen.
Tut mir leid, aber ich empfinde keine Nostalgie, wenn ich die alten Geschichten höre, wie in Gelsenkirchen-Horst der Aschestaub nach dem Abstich so dick auf den Fensterscheiben lag, dass man im Dunklen sass. Nö, da finde ich die hochmoderne Technik effizienter Filteranlagen und den ganzen Themenkomplex Umweltschutz doch eine prima Sache und das einzige was wirklich nervt, ist die Hysterie und irrationale Angst mancher Leute vor der Ökokologie.
@Stefan Laurin,
das ist die interessanteste Theorie, die ich von einem Anhänger der „Die Zukunft wird rosig-Religion“ jemals gelesen habe.
Das hat was. Aber sollen sich die Grünen doch selber verteidigen.
Ich bin jetzt trotzdem ein wenig ratlos, denn ich frage mich gerade, ob es eine folgerichtige Entwicklung vonder esoterischen, vegetarischen Windradliebhaberei zum Rauchverbot und Verbotswahn allgemein gibt.
Den Anfangsverdacht hast Du heute begründet.
Mannomann.
„Anders die Hippiekultur: Sie faszinierte weite Teile der Jugend, war in jedem Dorf präsent und brachte schließlich eine eigene Partei hervor, die seit nun mehr 30 Jahren den Zeitgeist und seine Angst- und Verbotskultur prägt: Die Grünen.“
Bei der Gründung der Grünen waren alle möglichen Strömungen vertreten, u.a. Anthroposophen, die garantiert keine „Hippies“ waren. Stichworte zu Anthroposophie: Esoterik, Rassismus, Antisemitismus, Faschismus
Der Raucher z.B. kriegt erst dann so richtig Angst vorm Rauchen, wenn ihm der Arzt Lungenkrebs bescheinigt. Der Atombefürworter z.B. vor der Atomkraft wenn ein so betriebenes Kraftwerk in seiner Nähe und nicht in weiter Ferne hochgeht.
Das gleich gilt für die sogenannte Fortschrittsangst im allgemeinen. Sie stellt sich beim Fortschrittsbefürworter immer erst dann ein, wenn der Fortschritt für ihn selbst zum Arschtritt wird. So lange das nicht der Fall ist, hat er natürlich keine Angst vor dem Fortschritt.
Angst ist kein spezieller Charakterzug sondern ein fester Bestandtteil der menschlichen Psyche. Nur Idioten haben nie Angst. Einem Menschen Angst zum Vorwurf zu machen führt deswegen in der Forschrittsdebatte nicht wirklich weiter.
@ Stefan Laurin
„Nazis waren Esoteriker, zweifelten an der modernen Medizin, die für sie die “jüdische Medizin” war. Die Mystifizierung der Natur, ein großes Interesse an Ökologie und Tierschutz – es gibt viele Beispiele – Miersch führt in seinem Buch auch überraschende an: Die Nazis waren für erneuerbare Energien, entwickelten Windkraftanlagen, Hitler war Vegetarier und plante für die Zeit nach dem Endsieg umfassender Rauchverbote.“
Ich hatte schon einmal zu ähnlich Unsinnigem einen Kommentar geschrieben, den Sie nicht veröffentlicht haben. Aber ich versuche es trotzdem noch einmal:
Nur weil Hitler Vegetarier war oder sonst etwas gemacht hat, muss das noch nicht falsch sein. Ich tippe, Hitler ging auch aufs Klo, ich tippe mal auf ein Sitzklo und trotzdem werden Sie nicht ernsthaft propagieren, aufs Klo zu gehen wäre tendenziell esoterisch, faschistoid oder typisch für Wähler der GRÜNEN.
Okay, die Herren. Weil Sonntag ist, die Sonne scheint und es so gut passt, hier ein Kurzfilm zum Thema (sogar von einem Ex-Sauerland-Dortmunder): https://www.youtube.com/watch?v=XvZnAvexQmQ
@ 68er #10
Stefan Laurin hat den Sachverhalt vereinfacht dargestellt: „Den Nazi“ gab es nicht, es gab verschiedene Fraktionen der Nazis, die auch untereinander in Konkurrenz standen.
Die Fakten, die Stefan Laurin in Kommentar #5 aufzählt, sind aber richtig, hier das Beispiel Nazis gegen die „Schulmedizin“, die Zitat Wikipedia, „jüdisch-marxistisch durchsetzt“ sei:
https://de.wikipedia.org/wiki/Neue_Deutsche_Heilkunde
„Neue Deutsche Heilkunde
Neue Deutsche Heilkunde bezeichnet ein alternativmedizinisches Konzept, das ab 1933 im Rahmen der nationalsozialistischen Gesundheitspolitik unter Leitung des „Reichsärzteführers“ Gerhard Wagner entwickelt wurde (…)
Neben den Vorwürfen, die schon aus der Diskussion um die „Krise der Medizin“ bekannt waren, kritisierten Nationalsozialisten an der Schulmedizin, dass sie „jüdisch-marxistisch durchsetzt“, zu stark sozialmedizinisch orientiert und zu therapiefreudig sei (…)“
Als eifriger Leser der Ruhrbarone wussten Sie das natürlich schon:
–
„Anthroposophie und Nationalsozialismus: ‘Die Waldorfschulen erziehen zur Volksgemeinschaft’
(…) Anthroposophische Medizin: „Die Vereinigung anthroposophischer Ärzte stellte eine Hauptstütze der NS-treuen »Reichsarbeitsgemeinschaft für eine Neue Deutsche Heilkunde dar«.“ (…)“
https://www.ruhrbarone.de/anthroposophie-und-nationalsozialismus-die-waldorfschulen-erziehen-zur-volksgemeinschaft/
@Andreas,
merkwürdig daran ist, dass viele Leute, wie z.B. 68er, aber auch ich, normalerweise ein anderes Bild von den Nazis vor Augen haben, als von Esoterikern, die sie tatsächlich waren, wie Stefan geschrieben und Du mit Beispielen belegt hast.
Deshalb bin ich froh, diesen Artikel gelesen zu haben.
Stimmt, einiges, was die Nazis gesagt und gemacht haben, läßt sich unter diesem Blickwinkel sehr viel besser erklären, als unter anderen Analyseverfahren.
Schön, dass wir das hier unter all diesen verschiedenen Blickwinkeln diskutieren. Insofern ist @68er ein guter Gegner im Diskurs, weil er gebildet ist, aber wohl auch lernfähig.
Ich bin schon richtig begeistert.
@ Stefan: Mir scheint langsam, dass hier von Dir der Versuch gemacht wird, Grüne Politik zu diskreditieren in dem Du locker-leicht die Themen aneinanderreihst, die Hitler persönlich interessierten bzw. die er für den Nationalsozialismus vereinnahmte und missbrauchte, nämlich „Tierschutz, Ökologie, erneuerbare Energien, Entwicklung von Windkraftanlagen, Vegetarismus und Rauchverbote.“
Diese Aneinanderreihung impliziert im Kontext des Artikels und der Diskussion, das grüne Themen auf nationalsozialistisches Gedankengut rekurrieren. Da muss ich mich als Grüne noch nicht einmal mehr verteidigen, wie Helmut Junge vorschlägt. Das ist nicht nur undifferenziert und falsch, sondern etwas für den Blog „Die Achse des Blödsinn“.
@Ulrike Märkel: Mein Text ist eine Buchbesprechung, die Beispiele finden sich in dem Buch. Über das Verhältnis der Nazis zum Umwelt- und Tierschutz gibt es eine ausführliche Literatur. Sehr gut: Anna Bramwell, Blood and Soil: Walther Darre and Hitler’s Green Party
Es ist davon ab fahrlässig so zu tun, als ob die Nazis alle Themen nur „vereinnahmten und missbrauchten“. Zum ideologischen Kern der Nazis gehörte neben Antisemitismus und Rassismus auch eine autoritäre Gesundheitspolitik, eine Mystifizierung und Überhöhung der Natur, Tierschutz und Esoterik – Hitler und viele andere gehörte zum Thule Orden, vor allem Himmler war ein begeisterter Esoteriker. Diese Themen waren bei den Deutschen populär – vor allem in rechten und konservativen Kreisen. Diese Grundstimmung führte später dazu, dass die Ökologiebewegung auch in diesen Milieus punkten konnte – sie war anschlussfähig an bestehendes Denken, das, wie Miersch ja aufzeigt, nicht links war. Ich setze natürlich nicht die Umweltbewegung mit den Nazis gleich und grün sind in Deutschland ja längst nicht nur die Grünen: Auch Union, SPD, die Piraten und die Linkspartei sind grüne Parteien – aber auch die Mischung aus Ökologie, der Gaube an Naturheilkunde, eine Skepsis gegen „den Westen“ hat eine Geschichte und zu der gehören nun einmal nicht nur die Protohippies vom Monte Verità. Im Buch von Miersch geht es um Zeitgeist, nicht um eine Partei. Aber von Parteimitgliedern zu erwarten, dass sie die Welt nicht nur aus der Brille ihrer Parteimitgliedschaft sehen, kommt wohl einer Überforderung gleich.
Miersch hat allerdings mindestens zwei wichtige weitere Faktoren vergessen: Den Protestantismus und AIDS. Neupuritanismus und Protestantismus hängen traditionell eng zusammen und das Aufkommen von AIDS Anfang der 80er Jahre ist für mich im nachhinein der Beginn des puritanischen Backslashs.
Als Literatur zu dem Thema empfehle ich Dir übrigens ein Buch eines alten Freundes von mir, der seit fast 30 Jahren Mitglied der Grünen ist. Das Buch hat er in den 80ern geschrieben.
Franz Wegener: Das atlantidische Weltbild. Nationalsozialismus und Neue Rechte auf der Suche nach der versunkenen Atlantis.
Der Historiker Franz Wegener arbeitet eine bislang unbekannte Verbindungslinie zwischen Theosophen, Ariosophen, Anthroposophen, Vertretern der Konservativen Revolution, Welteislehre-Anhängern, Nationalsozialisten und Neuen Rechten heraus: Die Suche nach Atlantis im hohen Norden, Heimat einer rassisch reinen Elite: Die Atlantier. Führende NS-Funktionäre – Hitler, Himmler, Wirth und Rosenberg – beschäftigte die Suche nach der versunkenen Insel – und das nicht nur auf SS-Forschungsexpeditionen. Im Effekt entlud sich die suizidale Ideenkraft des Atlantismythos in einem beispiellosen Vernichtungskampf gegen andere – und letztendlich gegen sich selbst. Atlantis – war es das, was die Nationalsozialisten tatsächlich suchten?
@ 68er
Na da hast du ja mal Glück gehabt, dass hier eine “ Kritik“ veröffentlicht wurde!
Weil: Kritik haben die halbintellektuellen Schubladendenker Laurin, Junge oder Lichte nicht so gern.
Es warn einmal vor nicht allzu langer Zeit die 68er und die Hippies…. 🙂
Jack Kerouac, N.Cassidy oder Bob Dylan wären ganz entzückt bei so viel und qualifizierten polemischen Schubladendenken …..
@Schmunzel. Kerouac? Ein schönes Beispiel:
„In only a decade, he turned from a cultural radical into a political right-winger.“
https://www.nytimes.com/books/97/09/07/home/kerouac-plummer.html
Die Zusammenhänge die Du in #15 beschreibst, sind alle nicht besonders neu. Mir ging es lediglich um den Hinweis, dass wenn man mehrere Begriffe, die inhaltlich zentrale Themen der Grünen sind (auch das gerne in diesem Blog bearbeitete Thema Rauchverbot) in den Zusammenhang mit Hitlers Vorstellungen stellt, eben genau den Eindruck der „geistigen Nähe“ bei seinen Lesern erzeugt. Und wie man in den Kommentaren gut erkennen kann, hat das genau so funktioniert und vermutlich nicht ganz zufällig erwähnst Du in Deinem Artikel gleich am Anfang die Grünen. Ich hatte nicht den Eindruck, dass ich eine Parteibrille brauche, um das als „thematisches Zusammenklatschen“ zu sehen und mich über solche falschen Kurzschlussfolgerungen zu ärgern.
@Schmunzel,
„halbintellektuell“ geht in Ordnung, da meine Intention vom Gefühl „Gutes“ tun zu wollen herkommt, was ich dann mehr oder weniger geschickt belege.
Aber „Schubladenker“?
Ich bitte Sie.
Ich bin hier bei den Ruhrbaronen übrigens genauso Gast, wie Sie oder @68er.
Insofern habe ich keine Ahnung, ob @68er schon gesperrt wurde. Wenn ich so einen Eindruck bzgl. meiner Kommentare hatte, habe ich bei Laurin angefragt, ob sie gesperrt wurden. Bis auf einen einzigen Kommentar über Applestores wurde alles aufgeklärt. Aber meistens habe ich Kommentare, die nicht veröffentlicht wurden, selber dadurch ins Nirvana geschickt, weil ich statt auf „Kommentar senden“ auf „Seite neu laden“ geklickt hatte. Meiner Browsereinstellungen wegen ist der Text dann weg. Das kann netürlich anderen auch so gehen.
Ich bin zwar nicht häufig mit @68er einer Meinung, aber ich schätze seine Kommentare. Letztlich verdanke ich ihm einen Link zu einem Service der FAZ bzgl.einer allgemeinen Textanalyse.
@Ulrike Märkel,
Bei mir entsteht überhaupt nicht der Eindruck, dass die Grünen in die geistige Nähe von Hitlers Gedankenwelt gerückt werden, nur weil Laurin sagt, dass die Nazis auch Esoteriker waren.
Nicht einmal, wenn Hitler seine Vorstellungen aus den gleichen Wurzeln wie die Grünen bezogen hätte.
Was die Nazis vom Rest der Menschheit trennt, ist doch bekannt.
Wieso fühlen sich Grüne überhaupt angesprochen? Wenn ich gesagt habe, dass die Grünen sich selber verteidigen sollen, hatte ich nicht im Sinn, dass sie jeden Vergleich empört von sich weisen würden, sondern ich dachte, dass sie im positiven Sinn für sich selbst sprechen sollten.
@68er sagt immerhin, dass es nicht das selbe ist, wenn zwei das Gleiche tun. Das ist auch richtig so, aber positv wäre es, wenn Grüne erklären würden, warum sie, bzw. einige von ihnen, dies und jenes tun, und warum sich das in der Grundeinstellung vom ähnlichen Verhalten der Nazis unterscheidet.
Ihre Ansichten zu erklären, machen Grüne so selten, dass es schon weh tut.
Denen hat bisher ein einziges Rezept geholfen. Das reicht ihnen.
Aber sie verändern sich auch durch die Macht, die sie ausüben.
Nein, sie werden keine Rassisten wie die Nazis, davon sind sie weit entfernt.
Aber sie sind Esoteriker mit anderen Hintergrund, und ich frage mich, was geschieht mit ihnen, wenn sie mal richtige Macht spüren.
Schon jetzt beginnen sie autoritär zu regieren. Was ich heute durch Laurins Beitrag und die anschließende Diskussion gelernt habe, war vorsichtig die Frage zu stellen, ob Esoteriker nicht letztlich autoritär werden.
Die Urabstimmung bei den Grünen ist dafür kein Gegenbeispiel, weil es eine Form des Machtkampfs ist. Wir werden die Grünen beobachten müssen.
@ Helmut Junge etc.
Da ich, wie wohl einige hier, oft zwischen „Tür und Angel“ schreibe, kommt es manchmal vor, dass ein Kommentar vielleicht nicht ganz ideal wird. Wenn Herr Laurin den dann nicht frei schaltet, macht mir das wenig. Wenn ein Kommentar mir wichtig ist, würde ich mich dann schon bei Herrn Laurin melden. Manchmal, z.B. wenn es ums militante Rauchen geht (in dem Zusammenhang hatte ich, so weit ich mich erinnere, meinen nicht veröffentlichten Kommentar gemacht) nehme ich Herrn Laurin und meine Kommentare auch nicht so ernst und weine ihnen keine Träne nach.
Das Thema Nationalsozialismus und „Lebenskultur“ ist tatsächlich interessant. Leider habe ich derzeit keine Zeit mich länger an der Debatte zu beteiligen.
Nur ganz kurz:
Ich kenne aus dem eigenen Bekanntenkreis „Karrieren“, die z.B. vom BDM direkt in der Anthroposophie gelandet sind.
Wenn man all das Barbarische, das Kriegerische, das Menschenverachtende und Menschenvernichtende, das Intellektfeindliche vom Nationalsozialismus weglässt, bleibt ein scheinbar unpolitischer Rest, mit dem man sich im Anthroposophismus, in den großen Kirchen, in der CDU und in der anderen konservativen Partei, den GRÜNEN, gut zurecht finden kann. Auf den Dünkel, zu glauben, man sei etwas Besseres, muss man dort noch nicht einmal verzichten. Auch die Nationalsozialisten fühlten sich, soweit man der Forschung glauben schenken darf, als Avantgarde.
Es gibt auch interessante scheinbar unpolitische BDM-Schriften, in denen das eigene kleine Häuschen, der eigene kleine Garten beschrieben wird, die alten „deutschen“ Kulturpflanzen, die Heilkräuter etc. pp.
Dann gibt es andere (auch scheinbar unpolitische) „Kulturbücher“ z.B. Kochbücher und Werkbücher aus der Nazizeit, die auch noch Jahrzehnte nach 1945 zunächst unsere Mütter und später auch unsere Generation mit geprägt haben.
Ein Beispiel ist das „Werkbuch für Mädchen“ von Ruth Zechlin, in dem glaube ich, auch Beispiele für „gute“ und „schlechte“ Kultur enthalten waren.
https://tinyurl.com/94chbxg
Frau Zechlin schrieb auch ein „Soldaten-Werkbuch für Freizeit und Genesung“
https://www.zvab.com/displayBookDetails.do?itemId=186853967&b=1
Dann gibt es das Kochbuch von Luise Haarer „Kochen und Backen nach Grundrezepten“ ein kulturhistorisches „Kleinod“ in dem der „deutschen Hausfrau“ erklärt wird, wie man auch in „Zeiten der Not“ sparsam und schmackhaft kochen kann. Luise Haarer war von 1935 bis in die späten 50er-Jahre kontinuierlich in der Württembergischen Kultusverwaltung tätig. Ihre Bücher werden noch heute verlegt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Luise_Haarer
Eine andere Frau Haarer, Johanna Haarer, prägt zum Teil noch heute die Erziehung vieler Kinder. Die Stillregeln, die Frau Haarer, eine Ärztin, fleißige Autorin und „engagierte“ Nationalsozialistin, seit den 30er Jahren in Büchern wie „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ (nach 1945 ohne „deutsche“) propagierte, wirken noch heute nach. Man schaue sich nur das Buch „Jedes Kind kann Schlafen lernen“ an.
https://www.kindergartenpaedagogik.de/1268.html
Wie schon oben erwähnt, wurde unser Land auch architektonisch bzw. städtebaulich nicht unerheblich durch den Nationalsozialismus geprägt. Nach groben Schätzungen wurden zwischen 1933 und 1945 ca. 60.000 „Reichsheimstätten“ errichtet. Die Idee einer geschützten Wohnimmobilie stammte bereits aus der Zeit vor 1933.
https://de.wikipedia.org/wiki/Reichsheimstätte
Bei der Suche nach einem Einfamilienhaus im Ruhrgebiet bin ich immer wieder auf diese „Reichsheimstätten“ gestoßen, deren Architektur oft eine Mischung aus „Heim und Scholle“ und neue Sachlichkeit war.
Wenn man genau hinschaut, findet man wo man geht und steht und lebt Sedimente aus nationalsozialistischen Zeiten. Sich das immer wieder klar zu machen finde ich zwar wichtig, im Zweifel ziehe ich mit meiner Familie aber lieber in eine „Reichsheimstätte“ als in ein 70er-Jahre Reihenhaus. Ich würde mir als Oldtimer auch lieber einen Käfer als einen Opel Kadett kaufen. Wenn ich zwischen einem zu Hause neben einem Windrad oder einem Atomkraftwerk wählen könnte, wäre für mich die Entscheidung leicht.
Zum Thema Rauchen und Nationalsozialismus fällt mir noch die schöne Szene im Film „Wir Wunderkinder“ ein, in dem Frau Meisegeier die prägnanten Worte spricht: „Eine deutsche Frau raucht nicht.“ und sich dann mit der Schnapsflasche in die höheren Etagen verabschiedet:
Das Outfit von Frau Meisegeier erfreut sich seltsamerweise noch heute bei einer Bekannten von mir, die in den 60er-Jahren geboren wurde und auch eher dem alternativen Spektrum zuzurechnen ist, einer gewissen Beliebtheit.
@68er:
Das Thema Nationalsozialismus und “Lebenskultur” ist tatsächlich interessant. Deshalb einige Ergänzungen:
„Wenn heute ein Mann mit sonst hervorragenden Veranlagungen als Träger und Repräsentant einer vorzüglichen Erbmasse unmäßig ißt oder trinkt oder raucht und sich dadurch vieleicht zugrunde richtet, so ist das weniger wichtig als die Tatsache daß er damit dem ganzen Volkskörper Schaden zufügt“ – Franz Wirtz, Ernährungsbeauftragter des Reichsgesundheitsführers!
Tabakkonsum:
Unter nationalsozialistischer Wissenschaft verstehen wir heute: Mengele, Buchenwald, grausame Menschenexperimente und Pseudowissenschaft. Die Realität ist komplexer, in gewisser Weise auch unheimlicher, denn zum Beispiel die Tabakwissenschaft der Nazis fand ohne Grausamkeiten oder Menschenexperimente statt.
Die Kampagne der Nazis gegen das Rauchen schloss Rauchverbote in Straßenbahnen, Bussen und S-Bahnen ein. Des Weiteren wurden die Gesundheitserziehung gefördert und die Tabaksteuer erhöht. Die
Nationalsozialisten verhängten zudem Beschränkungen bei der Tabakwerbung und beim Rauchen im öffentlichen Raum und in Restaurants und Cafés (kommt das jemanden bekannt vor?) Die Parole hieß: Jeder Deutsche ist verantwortlich für seine Taten und Emissionen gegenüber der Volksgemeinschaft und deshalb hat er nicht das Recht seinen Körper mit Drogen zu schädigen. Bekannt dürfte auch sein, dass
der Begriff des Passivrauchens in Deutschland geprägt wurde.
Alkoholpolitik:
Ein wesentliches Merkmal der nationalsozialistischen Alkoholpolitik war die Unterscheidung zwischen heilbaren und unheilbaren Trinkern. Unheilbare Trinker wurden von Beginn an als „erbbiologisch minderwertig“ stigmatisiert und verfolgt. Die Familie eines schweren Trinkers sei fast immer minderwertig (heute villeicht modern Prekariat?), hieß es vom Gesetzgeber, und auch eine Neigung zu krimineller und asozialer Betätigung weise auf die Berechtigung einer Unfruchtbarmachung hin. Es liegt auf der Hand, dass allein nach diesen Kriterien alle sozial unangepassten Alkoholiker gefährdet waren.
Ernährung:
Wie wohl auch bekannt ist, war Hitler ein Anhänger der vegetarischen Ernährung. Die ethische und gesundheitliche Überlegenheit der vegetarischen und besten rohen Ernährung gehörte auch zu Hitlers privaten Lieblingsthemen. Bei einem Tischgespräch in der Reichskanzlei am 25. April 1942 erwähnte er auch, dass er die Umstellung des deutschen Volkes auf eine vegetarische Ernährung nach dem Krieg in Angriff nehmen wolle.
Wer hier entfernte Ähnlichkeiten mit der Teilen der heutigen Politik entdeckt, dem sei gesagt, dass es sich hier nur um Zufälligkeiten handeln kann. Oder sehe ich das falsch?
@ Nansy #22
„Wenn du den Schmalzl fragst, gibt es Zufall ja nicht. Ich persönlich glaube zwar eher, dass es kein Zufall ist, dass diesen Schmarren immer die größten Deppen behaupten. Aber bei gewissen Zufällen muß man natürlich schon zugeben: auffällig.“
Wolf Haas