Soccerdad im weißen Haus

Fotos:flickr.com

Sind Demokraten die besseren Fußballer? Doofe Frage. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Fußball ist der demokratische Sport. Fußball ist billig, man braucht wenig mehr als einen Ball und ein bisschen Gelände, jeder kann mitspielen. Die Gruppe muss komplexe Aufgaben lösen, Rückschläge und Erfolge verkraften. Man muss sich an Spielregeln halten und ist gleichzeitig auf der Suche nach dem Spektakel des Spiels. Das "the beautiful game" so beautiful ist, hat ungefähr der gesamte Globus begriffen, bis auf die USA. Vermutlich wird sich auch das unter Barack Obama verändern.

Barack Obama spielt zwar Basketball. Aber anders als der kadettenhafte Football, das verschnarchte Baseball oder das derbe Icehockey ist Basketball die einzige Sportart, die in den Staaten mit Fußball zu vergleichen ist. In den Städten gibt es überall öffentliche Plätze, als Freizeitsport kann das jeder spielen. Wie Fußball ist es kein Sport der Reichen, sondern der Armen, Migranten. Einziger Unterschied, zwei Meter und mehr hilft ungemein.

Obama spielt nicht Fußball. Aber seine Tochter kickt, Mutter Michelle ist Soccer-Mom, auch Obama guckt mal zu – auf mitgebrachten Klappstühlen. Im sommerlichen Grant Park – was hier vor ein paar Tagen geschah, wissen wir. Und mit den Obamas, den Demokraten zieht – wie einst bei Chelsea, Bill und Hillary – auch Fußball wieder ins Weiße Haus. Nur ein weiterer Schritt einer Fußballerisierung der amerikanischen Stadt-Gesellschaft. Besonders die Briten haben daran natürlich ihren Spaß: Sportkolumnist Steven Wells u.a. vom Guardian beobachtet schon länger, wie sich Soccer in den USA breit macht. Jetzt hat er seine Beobachtungen in einer interessanten Betrachtung zusammengefasst.

"Soccer: the Barack Obama of sports" – Fußball, das Obama des Sports.  Besonders schön an dem klugen Beitrag. Wells zieht eine Verbindung zu den angesagten TV-Serien der USA "Mad Men" und "Life on Mars", die in den Sixties und Seventies spielen, beide versuchen sich an einer Rekonstruktion der amerikanische Vergangenheit. Bei Mad Men ist das etwa die hedonistische, aufgekratzte, obereitle Vergangenheit einer Kette rauchenden Werbebranche. Was dem Mann vom Guardian auffällt? Natürlich gibt es keinen Fußball in diesen Bildern, aber es gibt überhaupt wenig Sport. Mit Style, mit Sex, Sprüchen wurde damals geworben, aber niemals nicht mit Sport. Heute wäre so etwas undenkbar: Sport ist Bindemittel. Und Fußball ist das rollende, kommende dicke Ding in den USA. Die Soccer-Moms und Soccer-Girls und Soccer-Dads, nicht die Hockey-Moms, haben die Wahl gewonnen.

Auch der einstige Bush-Herausforderer John Kerry hatte vor vier Jahren darauf gesetzt. Hielt engste Kontakte zu den erfolgreichen US-Nationalspielerinnen, es gibt ungelenke Kopfballbilder von ihm. Das Konzept kam zu früh, galt als zu unamerikanisch in xenophober Terrorangst. Bei den Clintons passte die Frauenfußballliebe – nein, die Tochter heißt trotzdem nicht nach einem Fußballclub! – zu den avantgardistischen Marotten einer lebenslustigen Kleinfamilie. Die Obamas nun repräsentieren nicht nur sportlich das städtische Amerika: Basketball, Fußball und etwas Ballett. Und die dazugehörigen Mütter.

 

  

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