Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) fährt einen deutlich kritischeren Kurs gegen Russland als es seine Vorgänger taten. Damit erregt er den Unmut mancher seiner Genossen und die berufen sich auf Willy Brandt.
Viele in der SPD sind von Bundesaussenminister Heiko Maas nicht angetan. Auch gegenüber Russland schlage er kritische Töne an und verrate damit der Ostpolitik Willy Brandts. Die habe immer auf einen Dialog mit Russland gesetzt.
Man mag nicht spekulieren, wie groß der finanzielle Einfluss Russlands auf die SPD ist, die zu den Sachwaltern Putins in Deutschland gehört, denn ein Lobbyist wie Gerhard Schröder darf nach wie vor auf Bundesparteitagen reden und angesichts der unsicheren Zukunft der Partei wird sich so mancher schon Gedanken an eine Anschlussverwendung in der Industrie machen. Nur auf Willy Brandt sollte sich keinen von ihnen berufen. Mal ganz von der schlichten Tatsache abgesehen, dass es zu Zeiten von Brandt kein Russland sondern einen Ostblock unter Führung der von Russen dominierten Sowjetunion gab, war seine Ostpolitik an den nationalen Interessen Deutschlands ausgerichtet: Brandt, der den Bau der Mauer als regierender Oberbürgermeister Berlins direkt mitbekam, wollte, dass die Kontakte zwischen West- und Ostdeutschen nicht abreissen, wollte das Leben der Menschen in beiden Teilen Deutschlands erleichtern. Der Schlüssel zu dieser Politik lag in Moskau, die Eigenständigkeit der sowjetischen Vasallen in Ostberlin war nun einmal sehr eingeschränkt.
Und so korrupt und verbrecherisch die Führung der Kommunistische Partei der Sowjetunion (KPdSU) auch war: Sie war eine sozialistische Diktatur, aber keine reine Mafia-Organisation wie sie Putin in Russland aufgebaut hat. Putin und sein Regime sind eines der Beispiele für eine vollkommen entideologisierte und autoritäre Politik. Mag sein, dass das den Kern autoritärer Politik offen legt und insofern ehrlicher ist, aber es unterscheidet sich nun einmal von den Zeiten Breschnews.
Brandt setzte sich für deutsche Interessen in Zeiten des kalten Krieges ein. Die Folgen dieser Politik, ein Desinteresse vieler Sozialdemokraten in den 80er Jahre für die Lage von Dissidenten im Ostblock, waren nicht nur positiv. Systemstabilität sah man als Vorteil Deutschlands, also setzte man nicht auf die Demokratiebewegungen in Ländern wie der DDR oder Polen, sondern auf die Diktatoren.
Die Lage ist mit heute nicht zu vergleichen. Maas Verrat an der Politik Brandts vorzuwerfen ist nichts anderes als Leichenfledderei. Putin versucht nicht nur, die Staaten der EU zu destabilisieren und unterstützt autoritäre und rechte Parteien, sondern er will vor allem den Gasabsatz seiner Unternehmen sichern. Das liegt schlicht nicht in deutschem Interesse, es liegt auch nicht im europäischen Interesse. Putin ist ein ordinärer Mafiosi, der über Leichen geht, wie der Abschuss des Fluges MH17 zeigt. Putin ist nicht dumm, nicht unberechenbar, aber ein Gangster. Das Brandt eine ausgesprochen große Nähe zu Berufsverbrechern hatte, ist nicht überliefert. Wer Maas jetzt angreift, hat kein Recht, es in Brandts Namen zu tun.