Gute Nachrichten für Popkultur-Freunde: nach dem Print-Ende von Deutschlands Popkultur-Flaggschiff Spex will das Redaktionsteam ab Februar 2019 weiter im Internet existieren. Mit einem Bezahlmodell von monatlich zwei Euro können Interessierte dann exklusiv auf 38 Jahre Verlagsgeschichte den Zugriff erhalten.
Der Redakteur Dennis Pohl schreibt dazu auf spex.de: „Letztlich gab es zwei Möglichkeiten, auf den jüngsten Einschnitt zu reagieren. Wir hätten uns bequem darüber beschweren können, dass das vermaledeite Internet uns die schönen Jobs wegfrisst, mit seiner Gleichzeitigkeit jegliche Pop-Kritik obsolet macht und überhaupt alles beschissen ist. Oder eben den neuen Vorzeichen entgegen zu treten, zum beherzten Sprung ins Ungewisse anzusetzen und einen Vorschlag zu formulieren, wie relevanter, unabhängiger Journalismus in Zeiten des Glasfaserkabels aussehen kann.“
Ursprünglich wurde das Magazin im September 1980 in Köln gegründet. Damals brachte ein Herausgeberkollektiv um Gerald Hündgen, Clara Drechsler, Dirk Scheuring, Wilfried Rütten und Peter Bömmels die erste Nummer der Zeitschrift heraus. Zuerst sollte das Projekt 555 heißen, wurde dann aber doch in Anlehnung an die englische Punk und New-Wave-Band „X-Ray Spex“ anders benannt.
Von den zahlreichen Fanzines der damaligen Zeit unterschied sich das großformatige Heft dadurch, dass es nicht kopiert, sondern gedruckt war und über einen Grossisten nicht nur in Independent-Plattenläden, sondern auch an Bahnhöfen verkauft wurde. Die erste Phase des Heftes war bestimmt durch die kulturelle Aufbruchstimmung von Punk und New Wave. Trotz der sachkenntnisreichen Berichterstattung zeichneten sich die Texte der Autoren durch ihre persönliche, bewusst unprofessionelle Handschrift aus.
In der 383. Ausgabe vom 15. Oktober 2018 gab Chefredakteur Daniel Gerhardt bekannt, dass das Magazin nach der Ausgabe vom 27. Dezember 2018 eingestellt wird. Wie viele andere Printmagazine auch, hat die Spex hat in den vergangenen Jahren erheblich an Auflage eingebüßt. Sie betrug 2014 zuletzt 15.584 Exemplare; danach wurden keine Zahlen mehr der dem IVW gemeldet. Diese Instititution (IVW steht für „Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern“) prüft die Auflagezahlen von über 1200 Verlagen in Deutschland.
In einem Nachruf der Online-Ausgabe von „Die Zeit“ fasste Georg Seeßlen (selbst Spex-Autor) die Entwicklung und damit auch die veränderte Bedeutung der Zeitschrift zusammen: „Pop, Mode, Musik und auch Kunst im Zustand der Erfahrung, des Experiments, des fundamentalen Hier und Jetzt: Spex handelte nicht von Punk und New Wave, Spex war Punk und New Wave“, beschreibt er die Anfänge und ergänzt folgerichtig: „Von der Musik zur Zeit ging der Weg zum Magazin der Popkultur.“ Schön, dass dieser Weg nun doch noch nicht am Ende ist.