Sportpolitischer ‚Kuhhandel‘ bei der Vergabe der Fußball-Europameisterschaft?

Oliver Kahn bei seinem Abschiedsspiel im Jahre 2008. Quelle: Wikipedia, Foto: Tsutomu Takasu, Lizenz:  CC BY 2.0
Bei der EM 2020 werden in München insgesamt vier Spiele stattfinden. Quelle: Wikipedia, Foto: Tsutomu Takasu, Lizenz:CC BY 2.0

Was bereits offen im Vorfeld der heutigen Vergabe der Europameisterschaft spekuliert wurde ist heute also so eingetreten: Die Halbfinalspiele und das Finale der EM 2020 gehen an London und nicht an München. Die Stadt an der Isar erhält für das Turnier in 2020 ‚nur‘ insgesamt 4 Spiele, inklusive einem Viertelfinale.

Doch die scheinbare Niederlage bei der Finalausrichtung in sechs Jahren dürfte seitens der deutschen Sportfunktionäre vermutlich mit Kalkül herbeigeführt worden sein. Denn Deutschland darf sich nun dem Vernehmen nach offenbar bereits ein wenig auf die Fußball-Europameisterschaft 2024 freuen. Es wäre die zweite EM hierzulande, die erste nach 1988.

Denn mit der Rücknahme der Bewerbung von München für die Ausrichtung von Finale und der beiden Halbfinals der EURO 2020, die erstmals mit 24 Teilnehmern und in 13 Ländern und 13 Städten ausgetragen wird, fand bei der Vergabe dieses Turniers am Freitag in Genf offenbar gleichzeitig auch schon die Weichenstellung für die EURO 2024 statt.

Denn dafür tritt England seinerseits im Gegenzug nun offenbar nicht mehr als Konkurrent des DFB bei der Vergabe der EURO 2024 an, wird sich seinerseits vermutlich erst als Gastgeber für das nächste EM-Turnier im Jahr 2028 bewerben.

Bei kritischer Betrachtung kann man nun also wohl durchaus über einer Art ‚Kuhhandel‘ zwischen den Fußballverbänden in Deutschland und England unter der Aufsicht der UEFA diskutieren. Denn der DFB zog kurzfristig seine Bewerbung für die Ausrichtung der entscheidenden Spiele 2020 in München zu Gunsten der Engländer und dem dortigen Wembley-Stadion in London zurück.

Was zunächst aus Sicht der deutschen Fußballfans ganz erfreulich klingen mag, wäre dann allerdings lediglich ein weiterer Schritt in Richtung der völligen Kommerzialisierung des modernen Fußballs.

Nicht nur, dass die EM zukünftig regelmäßig auf 24 Teilnehmer aufgebläht wird, im Jahre 2020 erstmals in dreizehn (!!!) statt in nur einem Gastgeberland ausgetragen wird, was vielen Fußballfreunden ebenfalls schon nicht sonderlich gefallen hat, jetzt spielen sich die großen Fußballverbände des Kontinents also offenbar auch noch gegenseitig und relativ offen die Turniere zu, was die Chancen kleinerer Vertreter und Länder ebenfalls weiter deutlich reduzieren dürfte, jemals alleine ein eigenes Turnier dieser Größe ausrichten zu können.

Deren vorerst letzte Chance auf den Glanz eines großen Turniers scheint in der EM 2020 zu liegen, auch wenn die entscheidenden Spiele auch dann wieder bei den Etablierten stattfinden werden… Zumindest wohl diskutabel das Ganze!

 

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Thomas Weigle
10 Jahre zuvor

Natürlich kann man das Ganze unter finanziellen Gesichtspunkten kritisieren in der Rubrik KASSE MACHEN!!! Auf der anderen Seite kommen so auch kleinere Verbände zu einer Endrundenteilnahme, inklusive möglicher Überraschungen bei einer Endrunde durch sog. kleine durchaus begrüßenswert.
Allerdings ist auch eine 16er EM nicht mehr für viele alleine zu stemmen, wie die Vergangenheit gezeigt hat.
Ein anderer Aspekt bei der Vergabe scheinen mir die Zuschauerzahlen zu sein. Wie wären die in Norwegen, Ungarn usw. Die EM war selbst in Italien 80 zuschauermäßig ein Fiasko. Und die Zuschauerzahlen in der Seria A sind selbst in Turin oder Mailand nicht vom Allerfeinsten.
Und wenn`s spannungs-und stimmungsmäßig, Stichwort Sommermärchen, stimmen sollte, her mit der EM.

Thomas Weigle
10 Jahre zuvor

Kuhhändel sind auch nix Neues im Fußball. Ich erinnere mich bereits 65 in „Ein Ball fliegt um die Welt“ von einem englisch-südamerikanischem Kuhhandel gelesen zu haben, dem die berechtigte Bewerbung Deutschlands(sic!!) um die WM 66 zum Opfer gefallen sei.

WALTER Stach
WALTER Stach
10 Jahre zuvor

Robin,
Kuhandel bei der UEFA, bei der FIFA…….?

Das ist doch systemimmanent; also selbstverstänlich. Das können wir bedauern, beklagen. Nur ändert sich nichts.
Und wenn ich über “ Kuhhandel“ nachdenke, z.B. über den, welchen es heute zwischen dem Min.präs.von Baden-W.und der Bundesregierung gegeben hat, dann…………..?

TuxDerPinguin
TuxDerPinguin
10 Jahre zuvor

„Nicht nur, dass die EM zukünftig regelmäßig auf 24 Teilnehmer aufgebläht wird, “
ich fänds eigentlich gut, wenn man auf die Qualifikationsspiele verzichten würde.

Einfach alle Länder, die teilnehmen möchten, erstmal durch ein, zwei Runden mit direktem Ausscheiden schicken. Dann hat man auch die Menge wie gewohnt übrig. Nur dass es vielleicht öfters zu Sensationen kommen kann.

Thomas Weigle
10 Jahre zuvor

Provokant gefragt: Was ist daran schlecht, wenn die „Großen“, die ja nun in der Regel die besseren Fußballer haben, sich durchsetzen?
Ich sehe allerdings es genau umgekehrt. Auch jetzt setzen sich die Großen in der Quali durch, da bei in der Regel 10 Spielen sich „Fehltritte“ eher heilen lassen als in einer Vierergruppe beim finalen Turnier, wie wir es ja gerade in Brasilien erlebt haben.
Bei einem Endturnier mit 24 werden eben nicht nur Große teilnehmen, ganz einfach deswegen weil es keine 24 Große in Europa gibt.

Thomas Weigle
10 Jahre zuvor

Wieviel Große haben wir in Europa? 10 oder 14, wenn überhaupt? Bleiben also 10 bis 14 „Mittel-und Kleinmächte“, die an einem Endturnier teilnehmen können. Dann genügt eventuell schon ein Sieg und ein Unentschieden, um in die KO-Runde zu kommen. Und Andorra oder Gibraltar will doch wirklich keiner außerhalb dieser „Länder“ bei einem Endturnier sehen.

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