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Der Regionaler Flächennutzungsplan (RFNP) für das Ruhrgebiet geht in die Geschichte ein. Die zuständige NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben ließ heute im Landtag eine Rede verteilen. Darin steht: Die Befristung des Experiments im Gesetz soll nicht aufgehoben und der RFNP damit nicht zu einem Regelinstrument der Raumordnung werden. Das ist sein Ende.
Allerdings sagte Thoben auch, dass die sechs Städte der Planungsgemeinschaft im zentralen Ruhrgebiet ihren RFNP noch fertig stellen dürften. Dann werde für die Gemeinden Essen, Mülheim, Oberhausen, Gelsenkirchen, Bochum und Herne eine Übergangslösung gefunden, nach der der erste kommunale stadtübergreifende Plan im einheitlichen Regionalplan des Ruhrgebietes aufgehen wird. Bereits im Januar soll ein Referentenentwurf für ein entsprechendes Gesetz vorgelegt werden. In drei bis fünf Jahren wird es dann nur noch eine Planung für das gesamte Ruhrgebiet geben und die Zersplitterung des Potts in seine regionalen Kirchtürme weitgehend beendet. Dann müssen nur noch die kommunalen Kirchtürme geschliffen werden und wir haben die Metropole Ruhr. Mit der Beendigung des RFNP-Experimentes platzt damit die vorerst letzte Verhinderungs-Blase.
Hier der Wortlaut der Thoben-Meldung:
Die sechs Städte der Planungsgemeinschaft im zentralen Ruhrgebiet können ihren Regionalen Flächennutzungsplan (RFNP) fertig stellen. Die Befristung des Experiments im Gesetz soll aber nicht aufgehoben werden, denn der Landtag hat die Zuständigkeit für die Regionalplanung im Ruhrgebiet ab Oktober 2009 dem Regionalverband Ruhrgebiet übertragen. Spätere Änderungen des Plans der sechs Städte (Essen, Mülheim, Oberhausen, Gelsenkirchen, Bochum und Herne) werden daher nur unter Beteiligung des RVR möglich sein.
Diesen Kompromissvorschlag hat die für die Raumordnung in Nordrhein-Westfalen zuständige Ministerin für Wirtschaft, Mittelstand und Energie, Christa Thoben, heute im Wirtschaftsausschuß des Landtages vorgestellt. Die Ministerin berichtete über den Abschluß einer Evaluierung, mit der untersucht worden war, ob und wie das Instrument RFNP in die Planungsgesetzgebung in Nordrhein-Westfalen passt.
„Die Zuständigkeit des RVR für die Regionalplanung eines einheitlichen Ruhrgebiets steht für mich nicht in Frage,“ sagte Wirtschaftsministeriun Christa Thoben. „Die Arbeit am Regionalen Flächennutzungsplan wird abgeschlossen und die Ergebnisse werden Bestandteil des Regionalplans für das Ruhrgebiet, sobald der RVR in der Lage ist, einen solchen Plan vorzulegen. Ich erwarte, dass dies auf der Grundlage der bereits geleisteten Arbeit und bei tätiger Mithilfe der sechs Städte der Planungsgemeinschaft zügig gelingen wird.“
Die Ministerin wertete auf der Grundlage der vorliegenden Gutachten den RFNP als eine erfolgreiche Vorstufe einer einheitlichen Planung im Ruhrgebiet mit einer besseren Abstimmung der Kommunen untereinander. Allerdings seien auch deutliche juristische Bruchlinien mit den funktionierenden Planungsinstrumenten deutlich geworden, die eine Übertragung des Experiments auf das ganze Land nicht empfehlen. Das Gesetz hatte die Möglichkeit auf Experimente mit dem RFNP räumlich auf das Ruhrgebiet beschränkt; auch hier war es nur zu einer einzigen Planungsgemeinschaft gekommen, deren Arbeit nun vor dem Abschluß steht.
Der gesetzliche Auftrag für die Evaluierung und das Verfahren ergab sich aus dem Landesplanungsgesetz. Ein erheblicher Teil der vorliegenden Gutachten kommt zu der Einschätzung, dass der gewollte Beitrag zu mehr kommunaler Gemeinsamkeit im Ruhrgebiet in der Planungsgemeinschaft der Städte Essen, Mülheim, Oberhausen, Gelsenkirchen, Bochum und Herne erreicht werden konnte.
Die Ministerin würdigte, dass im Kern des Ruhrgebiets fast drei Jahre lang mit erheblichem Kräfteaufwand sehr engagiert und verantwortungsvoll in einem Planungsprozess zusammengearbeitet wurde. Von den Wissenschaftlern werde in den Gutachten die Auffassung vertreten, dass aufgrund der dadurch möglichen gemeinsamen, konsistenten Betrachtung des Kernraumes des Ruhrgebietes ein Mehrwert geschaffen wurde. Ministerin Thoben: „Diese Zusammenarbeit ist nicht vergebens – umsonst war sie ohnehin nicht. Sie ist ein Wert, der nutzbar gemacht werden sollte für die gesamte Region.“
Im Jahr 2007 hat der Landtag beschlossen, dass mit der Kommunalwahl 2009 der Regionalverband Ruhr für sein gesamtes Verbandsgebiet die Zuständigkeit für die Regionalplanung und die Beratungskompetenz für die Förderprogramme erhalten wird, die bisher bei den drei für das Ruhrgebiet zuständigen und bis 2009 gewählten Regionalräten der Bezirksregierungen liegt.
„Der Gesetzgeber hat mit dieser kompletten Übertragung der Regionalplanungskompetenz und des Beratungsrechts auf den RVR eine klare Entscheidung für die Eigenständigkeit dieser Region als Ganzes getroffen“, sagte die Ministerin im Wirtschaftsausschuss. „Ich bin davon überzeugt, dass der Planungsraum Ruhrgebiet nach mehr als 30 Jahren Fremdbestimmtheit diese Aufgabe erfolgreich und eigenverantwortlich wahrnehmen wird. Damit wird die Region einen wesentlichen Beitrag in eigener Verantwortung für einen erfolgreichen Strukturwandel an der Ruhr leisten. Der Regionale Flächennutzungsplan der Planungsgemeinschaft war damit in gewisser Hinsicht der historische Einstieg in eine eigenständige Regionalplanung im Ruhrgebiet. Diesen Regionalplan aus einer Hand werden wir nicht durchlöchern.“
Die vorliegenden Gutachten gehen überwiegend davon aus, dass die Integration im Planungsprozess gelingen kann. Der Plan muss dazu im neuen Regionalplan Ruhr aufgehen, der vom RVR erstellt wird. Der RVR kann auf der intensiven und vertrauensvollen Zusammenarbeit der Planungsgemeinschaft wirkungsvoll aufbauen. Änderungen des genehmigten Regionalen Flächennutzungsplans werden später nur unter Beteiligung des RVR als gesetzlichem Träger der Regionalplanung erfolgen können.
Die Ministerin kündigte für das zeitige Jahr 2009 einen Referentenentwurf zum Landesplanungsgesetz an, in den im Sinn der jetzt erfolgten Evaluierung eine Übergangsregelung für den Regionalen Flächennutzungsplan einarbeitet werde. Sie erlaubt es der Planungsgemeinschaft, ihre Arbeit erfolgreich abzuschließen und schafft zugleich die Basis für die Integration in die Planung des RVR.
Der RVR übernimmt ja nur die Regionalplanung für das Ruhrgebiet. Die Städte werden weiterhin Flächennutzungpläne brauchen, diese aber in Zukunft wieder jede für sich erstellen. Inwiefern also die Abschaffung des gemeinsamen FNP ein Schritt in Richtung eines Zusammenwachsens des Ruhrgebiets darstellen soll, bleibt mir schleierhaft. Der Ballungskern könnte zusätzlich zur Regionalplanung des RVR, die ja vergleichsweise grob ist und auch das ländliche Umland mit abdeckt, durchaus noch ein feineres gemeinsames Instrument gebrauchen.
So ist es, S.K. und bei allen anderen Fachplanungen bleibt er in der Rolle des Trägers öffentlicher Belange: Mal wieder so eine klassische „eingentlich-möchte-ich-ja-garnicht-aber-ein-bisschen-muss-ich-doch-Reform“, die aber trotzdem die Rolle des RVR als regionaler Moderator (schließlich ist er immer noch ein Verband der Kommunen!)weiter stärken wird.
Spannend finde ich aber, dass offensichtlich gerade diejenigen, die immer kommunale Kooperation einklagen, jetzt, wo sie funktioniert, heftige Angstattacken kriegen, weil sich da formal und inhaltlich eine kommunal definierte Regionalstrategie formiert, die die Bezirksregierungen bisher nie geschafft siondern im Gegenteil immer mit Erfolg verhindert haben…
jetzt müssten eigentlich die potenziellen anderen Räume (z.B. Bonn+Rhein-Sieg+Köln oder Düsseldorf+Duisburg+Niederrhein und vielleicht sogar Länder übergreifend:Münster+Osnabrück+Bielefeld)aufwachen und sich bewusst werden, dass ihnen die Landesregierung diese Chance zur Emanzipation und zur selbstbewussten Wahrnehmung der Planungshoheit in ihren regionalen Bezügen wieder nehmen will. Insofern ist die Einschätzung , der RFNP sei eine „Verhinderungsblase“ wirklich ziemlich daneben, denn er könnte ein (sachlich begründeter und vom Konsens der Kommunen als den realen Entwicklungsakteuren getrager) Beitrag sein, der staatlichen Planungsebene wieder ihre grenzen und Aufgaben zuzuweisen: nämlich die landesweite Moderation der Abstimmungsprozesse auf dem Maßstabsniveau 1: 50.000 im Sinne der Festsetzungen des Raumordnungsgesetzes und der Zieltellungen des Landesraumordunugsprogrammes und -planes zu gewährleisten und nicht dauernd in die Maßstabsebene der B-Pläne einzugreifen.
@ S. Knile und Jojo.
Im Prinzip ist das alles richtig. Aber eben nur im Prinzip. Wie lange hat es denn gebraucht, dass diese Städte, die nun schon seit über 100 Jahren Tür an Tür liegen, endlich auf die Idee gekommen sind ein gemeinsamen FNP in die Wege zu leiten? Und sie hätten es bis heute nicht getan, wenn es da nicht den Anstoß durch das Förderungsprogramm 2030 von Bund und Land gegeben hätte. Und selbst dann haben nicht alle die mitgemacht, die man für eine ernst zu nehmende Regionalstrategie von unten gebraucht hätte, sondern nur die 2030 Städte.
Es ist schon ziemlich verrückt, dass die durch die IBA und durch das 2030-Projekt von oben!! endlich mal in die selbstorganisierten kooperativen Hufe gestoßenen kommunalen Raumplaner jetzt auf etwas stolz sind, was alle anderen Verichtungsräume dieser Größenordnung schon lange lange machen. Allerdings konsequenter und besser weil da alle! mitwirken. Und alle Städte in der Größenordnung des Ruhrgebietes haben, respektive erstellen schon immer einen flächendeckenden FNP (was ja auch in seiner Natur liegt).
Es waren übrigens die Ruhrkommunen selbst, die dem damaligen SVR die Planungskompetenzen genommen haben bzw. haben nehmen lassen, um sie eben nicht durch Kooperation von unten zu ersetzen, sondern durch die oben beschriebene Form der Regionalplanung von oben. Es sind auch jetzt wieder die selben Kommunen die sich mehrheitlich nicht mit der dem neuen RVR wieder gegebenen Planungskompetenz anfreunden können. Das nennt man zu Recht eine Verhinderungsstrategie. Und in diesem Zusammenhang war der „regionale“ FNP von unten, an dem gerade mal ein Dutzend der 53! Städte der Region mitgemacht haben, zwar für Ruhrgbietsverhältnisse ein großer Fortschritt. Für Ruhr als ganzes war es (leider) verschwendete Zeit.
Ich versteh die Unzufriedenheit hier gar nicht. Nach der Lektüre des Berichts bin ich sehr zufrieden: Es wird zu einer einheitlichen Regionalplanung aus einer Hand kommen. Der Regionale Flächennutzungsplan (RFNP) war ein wichtigster Schritt dahin. Seine Ergebnisse werden in den Regionalplan Ruhr zu integrieren sein.
Wie sähe denn die Alternative aus: Entweder gar keinen Regionalplan und eine weitere Zerstückelung oder gar eine Donut- oder Spiegeleilösung. Hier würde der Regionalverband Ruhr (RVR) alles außer den Bereich mit dem einzigen RFNP beplanen. Auch hier gäbe es wieder Friktionen; Kern-Rand-Probleme wären auch nur suboptimal zu bearbeiten.
Bei dieser einheitlichen Regionalplanung wird sich dann auch zeigen, ob das Instrument hinreichend ist für die Steuerung in einer Metropole oder ob verstärkt Flächennutzungspläne bzw. gemeinsame Flächennutzungspläne beansprucht werden müssen. Aber so was kann dann durch die Planungsgemeinschaft formuliert werden.
Dirk Schmidt, ich stimme ihnen in allem zu, außer in der Aussage, dass der Regionale FNP ein wichtiger Schritt war. Das Dingen hat es nur deswegen überhaupt gegeben, weil die, die ihn initiiert haben,unbedingt beweisen wollten, dass eine einheitliche Regionalplanung durch den RVR eigentlich gar nicht notwendig ist. Zumindest war das die (natürlich nicht so explizit und offen ausgesprochene) politische Motivation für und hinter diesem Plan.
Das dabei natürlich auch Ergebnisse entstanden sind, die für den anstehenden Regionalplan verwertbar sind, ist einzig und allein dem enormen Ausmaß der dort zweifellos geleisteten (Kooperations)Arbeit der Planer zu verdanken, die das ganze dann praktisch machen mussten/wollten/sollten. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass ein regionaler FNP perse eine methodisch Zwitterlösung ist. Und daran und an der Tatsache, dass er eben gar nicht regional war, weil soviele Kommunen nicht mit gemacht haben, ist er ja auch letztlich gescheitert.
?Dann müssen nur noch die kommunalen Kirchtürme geschliffen werden und wir haben die Metropole Ruhr. Mit der Beendigung des RFNP-Experimentes platzt damit die vorerst letzte Verhinderungs-Blase.?
David, darf ich das an anderer Stelle zitieren?
@ Arnold: Der RFNP war keine Zeitverschwendung, vor allem hat er nicht die Zeit des RVR verschwendet. Den Masterplan Raum- und Siedlungsstruktur für das nördliche Ruhrgebiet, den der RVR parallel erarbeiten wollte, gibt es immer noch nicht. Es wird ihn vermutlich auch nicht mehr geben, sondern das bis dato Erarbeitete wird wohl in den neuen Regionalplan eingearbeitet werden ? genau so wie der RFNP.
Man kann die inhaltlichen Qualitäten des RFNP kritisch sehen; Tatsache ist aber, hier ist etwas entstanden, über das man reden und streiten kann. Soweit ist der RVR noch nicht (ich gehe davon aus, die im Vergleich zu den Städten dünne Personalausstattung ist daran nicht ganz schuldlos).
Es zeugt von einer anmaßenden Ministerin, dem Ruhrgebiet eine kommunalverfaßte Regionalentwicklung vorzuenthalten. Bemerkenswerte Ignoranten wie Zöpel, Ganser usw. glaubten schon immer, dieser Region ihre Vorstellung über Einheit bis Einheitlichkeit aufzuzwingen. Leider hat das Kirchturmdenken lokaler Politiker und auch lokaler Planer diese Anmaßungen gefördert. Aber woher rekrutiert die politische Verantwortung für einen RVR. Aus Oberbürgermeistern und Lokalpolitikern, die jenseits regionalwirtschaftlicher und regionalpolitischer Verantwortlichkeiten ihre politische Überlebensfrage jederzeit aus den lokalen Ansprüchen ableiten.Alles schon da gewesen und gescheitert.Landesbaubehörde Ruhr und Siedlungsverband Ruhrgebiet, geopfert auf dem Altar von Regional- und Lokaleitelkeiten.
Aber auch aus der nüchternen Analyse, daß die Montanbetriebsfläche zwischen Moers und Unna, zwischen Sprockhövel und Dorsten doch eine größere Differenziertheit aufweist und daß es auch große Unterscheidungen im landsmannschaftlichen Sinne gibt. Das sich aus dieser Vielfalt nur eine kommunalverfaßte Regionalplanung erfolgreich entwickeln kann, ist sehr plausibel. Wie will man einen Rheinhauser davon überzeugen, mit einem Brakeler Gemeinsames zu besitzen.Es bedarf einer wirtschaftlichen, infrastrukturellen und außenpolitischen Gesamtverantwortlichkeit, aber eine auf den Menschen bezogenene Orientierung durch Stadtteilentwicklungen. Wenn sich keine lokalen Verantwortlichkeiten für sich und das Ganze politisch einstellen, scheitert diese Regionalplanung im klassischen Sinne. Die Region kann im besonderen Maße Raum für neue Beziehungen und Verantwortlichkeiten für die Menschen und von den Menschen sein, wenn es nicht schon wieder um die existentielle Frage der Parteien gehen würde.
Laßt zehn Jahre eine sondergesetzlich bestimmte,urgewählte Regionalregierung durch eine Masterplanung die regionalwirtschaftlichen, regional-infrastrukturellen und gesamtökologischen Ziele bestimmen und umsetzen, während vor Ort durch Stadtteilparlamente und Bürgerforen die politisch-inhaltlichen Ziele erarbeitet werden.
Wer eine Regionalplanung einfordert und die selbstbewußten Ansichten und Ansprüche der Bürgerschaft vor Ort in diesem Kontext unterschlägt, wird das Wesentliche nicht erreichen, die Region in einen räumlich-gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang darzustellen und zu verinnerlichen.
Von unten und von oben gleichzeitig denken und handeln, das ist eineseits die Lösung und andererseits auch das Problem. Ich kann nur hoffen, dass das mit dem neuen RVR und seiner neuen/alten Planungskompetenz endlich in Ruhr und für Ruhr gelingt. Auf kommunaler Ebene scheint mir die Bereitschaft dazu allerdings noch nicht ausreichend vorhanden zu sein. Auf jeden Fall steht das dort allseits beliebte RVR-Bashing in keinem Verhältniss zu den realen Kooperationsleistungen, wenn man die Personalausstattung mit ins Kalkül zieht. Und ein ur-gewähltes Regionalparlament, wie sie es zu recht fordern, Herr Dressler, will da auch keiner, der wirklich was zu sagen hat.