Viele Stadtwerke stecken durch die Energiewende in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. In Duisburg wird nun der Stadtkonzern radikal umgebaut. Vielleicht in Blick in die Zukunft viele Stadtwerke im Ruhrgebiet.
Wie in vielen Städten sind auch in Duisburg die Stadtwerke Teil eines Verbundes, zu dem auch die chronisch rote Zahlen einfahrenden Nahverkehrsunternehmen gehören. Mit ihren Gewinnen, so die Idee, sollen die Stadtwerke die Verluste von Bussen und Bahnen ausgleichen und so den städtischen Haushalt entlasten. Ein Modell, das über Jahrzehnte gut funktionierte und nun durch die Energiewende gefährdet ist. Den Verlust der Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) in Höhe von 44 Millionen können die Stadtwerke nicht mehr mit ihren schrumpfenden Gewinnen aus dem Energiegeschäft auffangen. 2014 schrieb die Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (DVV), zu der sowohl die Stadtwerke als auch die DVG gehören so einen Verlust von 4,7 Millionen Euro. Nun soll der Konzern nach Willen von Konzernchef Marcus Wittig umgebaut werden. Dafür wird die klamme Stadt einen Kredit in Höhe von 200 Millionen Euro aufnehmen. SPD und CDU haben im Rat bereits Zustimmung signalisiert.
Den radikalsten Einschnitt wird Wittig bei der Energieerzeugung vornehmen: Das unternehmenseigene Kohlekraftwerk am Rand der Duisburger Innenstadt wird 2017 abgeschaltet. Durch die Energiewende fährt es Jahr für Jahr Verluste ein. Gegen den hochsubventionierten Strom aus Sonne und Wind hat es keine Chance. Auch in Duisburg hatten sie lange darauf gehofft, die Bundesregierung werde die Kraftwerksbetreiber allein für die Bereitstellung von Kraftwerkskapazität finanziell unterstützen. Doch die Hoffnung trog. Subventioniert werden sollen in Zukunft weiterhin die Erneuerbaren Energien. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) meint es ernst mit dem Ausstieg aus der Kohle.
Das Schicksal des zweiten Kraftwerks der Duisburger Stadtwerke ist noch unsicher. Das Gaskraftwerk im Stadtteil Wanheim erzeugt durch Kraft-Wärme-Kopplung Strom und Fernwärme. 60.000 Wohnungen werden über die Anlage beheizt, deren Stromproduktion ebenfalls rote Zahlen schreibt. Werden die Subventionen für die Kraft-Wärme-Kopplung nicht erhöht, könnte auch diese Anlage vom Netz gehen.
Mehrere hundert Arbeitsplätze drohen in Duisburg bei den Stadtwerken der Energiewende zum Opfer zu fallen. Der Konzernumbau den Wittig plant ist radikal. Nicht nur die Erzeugung von Energie wird mindestens in Teilen aufgegeben. Von in guten Zeiten gegründeten Unternehmenstöchtern wie Speditionen und Abrechnungsunternehmen wird man sich trennen und auch der Drittligist MSV-Duisburg muss sich einen neuen Sponsor suchen. Nach Jahrzehnten des Ausbaus der wirtschaftlichen Betätigung könnte am Ende ein Stadtwerk stehen, das seine Kunden mit Wasser und Strom von anderen Anbietern versorgt, ein schlankes Serviceunternehmen mit einem klaren Schwerpunkt im Vertrieb. Und Duisburg könnte bald zum Vorbild für andere kommunale Energieunternehmen werden.
Denn nicht nur die Stadtwerke Duisburg haben zu kämpfen. Guntram Pehlke, der Vorstandsvorsitzende der Dortmunder Stadtwerke DSW21 hat schon im Februar angekündigt, kein Geld mehr an die Stadtkasse überweisen zu können. Für mehr als die Übernahme der Defizite des Nahverkehrs und des Flughafens reiche das Geld nicht mehr aus. In Bochum haben die Stadtwerke angekündigt Arbeitsplätze abzubauen. Auch hier wird als Grund für die Misere die Energiewende genannt.
Und die könnte sich in Zukunft noch verheerende auf die Haushalte der Städte auswirken. Duisburg, Bochum und Dortmund haben wie Essen, Dinslaken und Oberhausen in zwei Tranchen das Energieunternehmen Steag erworben. Kreditfinanziert, weil das eigene Geld für die Konzernträume nicht ausreichte. Bislang ein gutes Geschäft: Die Gewinner der Steag reichen nicht nur aus, um die Kredite für ihren Kauf zu bedienen. Auch die Städte kassieren noch Geld an ihrer Beteiligung. Die Steag verdient ihr Geld vor allem mit Kohlekraftwerken. Drei davon stehen in der Türkei, Kolumbien und den Philippinen und machen ordentliche Gewinne. Acht weiter Kohlekraftwerke im Saarland und in NRW, zum Teil über 40 Jahre alt und längst abgeschrieben, sind auch noch gut am Markt vertreten. Doch wie lange das so bleibt ist offen. Gabriel will alte Kraftwerke durch eine Klimaschutzabgabe belasten. Würde der Plan umgesetzt, wäre die Städte-Tochter Steag besonders stark betroffen. Wenn der grüne Furor des roten Ministers zum Gesetz wird, hätten die Kommunen im Ruhrgebiet die Kosten des Steag-Kaufs zu tragen, aber die Gewinne des Unternehmens könnten zumindest im Inland wegbrechen.
Seit Mitte der 90er Jahre sind die Stadtwerke gewachsen, haben sich in neuen Geschäftsfeldern getummelt. Sie waren der Kern des „Konzerns Stadt“, von dem viele Politiker träumten. Die Zeit der Träume ist vorbei. Der Rückbau der Stadtwerke hat begonnen. Das wird nicht nur viele Arbeitsplätze kosten. Die Städte werden auf Einnahmen verzichten müssen und sich die Frage stellen, wie sie in Zukunft den Nahverkehr finanzieren sollen.
Teile des Artikels erschienen in ähnlicher Form bereits in der Welt am Sonntag
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