Unser Gastautor Walter Stach über den Vorschlag des Essener Kämmerers Lars Klieve Pleite-Kommunen aufzulösen.
Der Kämmerer der Stadt Essen, Rechtsassesor Lars Klieve, hat laut WAZ erklärt:
„Für den Fall, dass eine Stadt nicht mehr in der Lage wäre, ihre Verbindlichkeiten zu bedienen und die staatliche Ebene hierfür eintreten würde, käme nur die völlige Entschuldung und die Auflösung der betreffenden Gebietskörperschaft in Betracht“.
Lars Klieve stellt hier als ausgewiesener, bundesweit anerkannter Fachmann für kommunale Finanzen und als geschätzter Jurist, insbesondere in Sachen kommunales Finanz- und Haushaltsrecht einschließlich kommunales Verfassungsrecht, ausgehend von einem bestimmten Sachverhalt und bezogen auf Tatbestandsregelungen des kommunalen Verfassungsrecht eine juristische Folge fest –nicht mehr, nicht weniger. Ob diese juristische Folge zwingend geboten oder nur eine von mehreren denkbaren Folgen ist, mag strittig sein. Es wäre wünschenswert, einen solchen Streit mit Lars Klieve zu führen. Dazu will ich an dieser Stelle keinen Beitrag leisten. Es sei mir allerdings der Hinweis auf 17 (1)der Gemeindeordnung NRW gestattet, in dem es heißt: „Aus Gründen des öffentlichen Wohls können …….Gemeinden aufgelöst……werden.“. Es ist auf den ersten Blick zumindest nicht völlig abwegig, wenn eine Gemeinde insolvent ist, wenn sie ihre Verbindlichkeiten gegenüber Gläubigern nicht mehr bedienen kann, wenn die staatliche Ebene –vornehmlich das Land- für alle Verbindlichkeiten der Kommune eintreten müßte, einhergehend mit einer völligen Entschuldung der Gemeinde, daß dann „aus Gründen des öffentlichen Wohles“ die in der Gemeindeordnung ausdrücklich genannte Rechtsfolge der Auflösung der Kommune festgestellt wird, was Lars Klieve getan hat. Aber was geschieht nun hier bei uns im Ruhrgebiet an Stelle eines wünschenswerten juristischen Streites über die von Lars Klieve aufgezeigten Rechtsfolgen für eine insolvente Kommune?
SPD-Geschäftsführer der Landtagsfraktion:
„CDU hat selbst ihren Kompass verloren“; dümmer kann auf Lars Klieve, er gehört der CDU, wohl nicht reagiert werden.
Stadt Essen –durch den SPD OB- distanziert sich: „nur pesönliche Auffassung von Lars Klieve“. Dem Dementi liegt die Unterstellung zugrunde, irgend jemand könnte so idiotisch sein, die Rechtsauffassung von Lars Klieve dem politischem Willen der Stadt Essen zurechnen zu wollen.
Mehrfach ist von einem „Vorschlag“ von Lars Klieve die Rede. Es ist zumindest dreist, aus der von Lars Klieve aufgezeigten Rechtsfolge einen „Vorschlag“ zu machen.
Und weiter geht es: „Es ensteht kein neues Vermögen, wenn zwei Arme zusammengelegt werden.“ . Es fällt schwer, diese Trivialität überhaupt noch in Beziehung zu bringen zu den Rechtsfolgeerwägungen von Lars Klieve.
Sind die Antworten auf die von Lars Klieve angestellten Rechtsfolgeüberlegungen ein Beweis für „schlichtes Denken“ –man kann nicht anders?. Sind sie Ausdruck von Verzweifelung, weil man über die von Lars Klieve angestellten Rechtsfolgen noch nie nachgedacht hat? Sind sie ein parteipolitisches Spektakel einiger „meiner“ Parteigenossen gegen den CDU-Mann Klieve? Jeder einzelne dieser denkbaren Gründe für die „Rundumschläge“ gegen Lars Klieve, erst recht ihre Summe, sollten Anlaß sein, nicht über Lars Klieve, aber über seine Kritiker, zumindest über den Inhalt ihrer hier vorgebrachten Kritik gründlich nachzudenken.
Bisher ist es doch so, daß die Bezirksregierung, den verschuldeten Städten einen Sparhaushalt aufzwingen kann.
Selbst wenn so eine Maßnahme notwendig ist, scheint mir dies kein guter Weg zu sein, weil die Bezirksregierung kein demokratisch gewähltes
Organ ist.
Andererseits sind Kommunalwahlen offensichtlich bisher jedenfalls, auch keine noch nicht?, geeignete Regulatoren, um eine schlecht wirtschaftende Stadtspitze durch eine gut wirtschaftende Stadtspitze zu ersetzen.
In kleineren Gemeinden hat die Wählerschaft meist mehr Einblick in die kommunalen Maßnahmen als in den unübersichtlichen Großstädten, weil sie dort dichter dran ist an den Entscheidungsprozessen.
Jetzt könnte man ja sagen, dass Eingemeindungen genau deshalb kontraproduktiv wären. Aber das muß gar nicht sein, denn, wenn die Städte dann auch größer werden, werden sie zwar noch unübersichtlicher, aber wenn dieser Schritt, zur größeren (Ruhrstadt) mit einer gleichzeitigen Aufwertung der städtischen Bezirke verknüpft wird, so dass diese Bezirke über deutlich mehr eigene Finanzmittel verfügen könnten, dann gäbe es auch wieder mehr Durchblick für die Bürger, und damit wohl auch mehr Bürgerbeteiligung an der politischen Willensbildung. Wenn diese Bezirke vielleicht noch Einfluß auf die Entscheidungen der Stadtspitze nehmen könnten, wäre meines Erachtens ein wichtiger Schritt zu mehr Transparenz und damit zur Demokratisierung kommunaler politischer Entscheidungen gewährleistet.
Also man mag die Äußerung Lars Klieves als bloße Rechtsfolgeüberlegungen darstellen. Doch wieso bringt er diese Überlegungen ins Gespräch? Das beim Essener Kämmerer eine Motivation zur Eingemeindung anderer Städte vorhanden ist dürfte keine allzu dreiste Unterstellung sein. Der Vorschlag oder die Rechtsfolgeüberlegung an sich erscheint hingegen allerdings schon dreist. Denn von einer Auflösung Essens spricht Herr Klieve ja nicht. Also spricht er auch nicht von einer Ruhrstadt wie es in obigem Artikel scheinbar hoffnungsvoll unterstellt wird. Gemeint ist doch tatsächlich eine Eingemeindung in welcher beispielsweise Oberhausen zu einem Teil von Essen werden würde und das Ruhrgebiet schließlich ein, zwei Städte weniger hätte.
Wenn jemand behauptete, dass ein Bürgerentscheid über eine solche Eingemeindung innerhalb einer verschuldeten Stadt eher eine Ablehnung der Eingemeindung unter den Menschen dieser Stadt zu Tage förderte, so könnte man diese Behauptung auch als bloße Spekulation bezeichnen. Wer allerdings tatsächlich das Ziel der Auflösung einer verschuldeten Stadt verfolgt, der fragt (mal wieder) besser nicht die Bevölkerung.
Schöne Grüße aus Ob
zu 1 -Helmut Junge: Mit meinem Beitrag wollte ich nicht die hier bei den Ruhrbaronen mehrfach geführte Diskussion erneut anheizen, ob und wie ein kommunal-regional neuverfaßtes Ruhrgebiet eine Problemlösung für die Stadt-,für die Regionalentwicklug im Revier sein könnte, insbesondere mit Blick auf die graduell zwar unterschiedliche, aber insgesamt desolate Finanzlage aller Ruhrgebietskommunen.Mir ging es lediglich darum, die Reaktionen (!!)
auf die Äußerungen von Lars Klieve, die man in seinen Rechtsfolgen nicht teilen muß, als das darzustellen, was sie meines Erachtens sind.
zu 2 -VOM: Lars Klieve hat auf denkbare Rechtsfolgen für insolvente Kommunen hingewiesen. Und das ist gut so, besonders dann, wenn eine solche Rechtsfolge bisher in den meisten Städten im Revier offensichtlich -sh.die Reaktionen- nie bedacht worden ist. Es drängt sich doch zwangsläufig die Frage auf, was passiert, wenn eine Stadt absolut zahlungsunfähig ist. Wer befriedigt dann die Gläubiger? Wer trägt dann die Schulden der insolventen Stadt? Und was passiert mit dem „Pleiteunternehmen“ Stadt X? Was Lars Klieve motiviert haben mag, weiß ich nicht. Das ist für mich ohne Belang. Auch die Frage, wie die Auflösung einer Stadt -ggfls. auch gegen den Mehrheitswillen der Bürgerschaft-nach den Regeln der Gemeindordnung zu praktiziern wäre, ist -noch- nicht Gegenstand der Diskussion. Die Frage kann sich aber durchaus kurzfristig stellen. Ich verstehe, daß die Äußerungen von Lars Klieve, zumal er eine Funktion in Essen hat, vor allem in Oberhausen besonders kritisch gesehen wird. Mir geht es als Bürger der Kleinstadt Waltrop, deren Finanzen ähnlich desolat sind wie die der Stadt Oberhausen,mit Blick auf die „Betrachtungen von Lars Klieve zur Rechtslage“ nicht anders, zumal es 1975 schon einmal eine Auflösungsdiskussion bezogen auf Waltrop einhergehend mit der Idee einer Eingemeindung Waltrops nach DO gab. Aber darum geht es nicht. Es geht nicht darum, ob mir die Rechtsauffassung von Lars Klieve gefällt, ob ich durch sie „mein Waltrop“ bedroht sehe, sondern darum, die Rechtsauffassung von Lars Klieve als nachdenkenswert zu registrieren und bereit zu sein, sich mit ihr kommunalverfassungsrechtlich und damit in ihren möglichen praktischen Auswirkungen auch kommunalpoltisch sachgerecht/sachdienlich auseinanderzusetzen. Und dazu sind augenscheinlich die Kritiker von Lars Klieve, die sich in der WAZ geäußert haben, nicht bereit.
Die politischen Reaktionen, besonders die der Revieroberbürgermeister, auf die Ideen Lars Klieves, entblössen die Stadtoberhäupter eigentlich als das, was sie sind und was ihre Politik bestimmt. Baranowski, Paß und Co. sind schlichtweg politische Betonköpfe, die zwar alle gerne den Ruhrbürger raushängen lassen, aber dann doch lieber ihr eigenes Süppchen kochen wollen, zumal die Idee mit der Stadtzusammenlegung von einem CDU Mann kommt, was scheinbar gar nicht geht.
Aber so neu sind Klieves Gedanken gar nicht. Gerade in Krisenzeiten wurde an den Städten des Ruhrgebietes herumgedocktert, hier was abgeschnitten und da hinzugefügt. Eine der bekanntesten Städte für solche Operationen ist Gelsenkirchen, 1929 aus den beiden relativ neuen Großstädten Gelsenkirchen und Buer zusammen gelegt. Buer entwickelte sich in dem halben Jahrhundert davor von einem Kirchspiel zu einer Großstadt mit mehr als 100.000 Einwohnern und gehörte ursprünglich zum Kreis Recklinghausen. Die Probleme der Weimarer Republik, eine Neuausrichtung der Wirtschaftsunternehmen und die Folgen der Weltwirtschaftskrise Ende der 20er Jahre des 19. Jahrhunderts ließen diesen Schritt als sinnvoll erscheinen. Zuvor ist bereits Wattenscheid von Gelsenkirchen an Bochum abgetreten worden und Rotthausen, das zuvor zum Landkreis Essen gehörte, kam 1924 zu Gelsenkirchen.
Nach dem zweiten Weltkrieg gab es dann erneut heftige Diskussionen um die Verschiebung von Stadtteilen und Gemeinden. Stichwort Gla-Bot-Ki und die Kommunale Neuordnung in den 70ern. Der Kreis Recklinghausen wurde weiter zerhackstückelt. Kirchellen und Gladbeck kamen damals zu Bottrop. Gladbeck klagte erfolgreich vor dem OVG Münster und wurde wieder nach diesem kurzen Intermezzo wieder in den Kreis Recklinghausen eingegliedert. Kirchhellen verblieb bei Bottrop, um nicht Gelsenkirchen angegliedert zu werden. Die Vorstellungen der Gelsenkirchener Stadtverantwortlichen ging damals sogar noch wesentlich weiter. So sollte auch Gladbeck und Altendorf-Ulfkotte (der nördlichste Stadtteil Dorstens) zu Gelsenkirchen kommen.
Während sich die Stadtoberhäupter der Ruhrgemeinden ihre Neuordnungspläne damals noch von der Industrie aufdiktieren liessen, spielen heute andere Faktoren eine Rolle, nämlich die Überschuldung von Städten und damit indirekt ihre Fähigkeit bzw. Unfähigkeit, mit Geld umzugehen. Gelsenkirchen beispielsweise kann nicht mit Geld umgehen. Das hat die Stadt vor etwas über einem Jahr unter Beweis gestellt, als sie ihrem Vorzeigekulturevent, dem FC Schalke 04, 20 Millionen Euro aus dem klammen Stadtsäckel spendierte. Das letzte Geld, über das die verschuldete Emschermetropole verfügte und was durch die Stadtwerke eingespielt wurde, ging in die Transferkäufe von Felix Magath. Magath ist mittlerweile Geschichte und Schalke hat dadurch keinen besseren Fußball gespielt. Stattdessen verfällt die Stadt weiter, besonders der Busbahnhof in Buer, einst eine der Einkaufsmetropolen im Ruhrgebiet, heute voll mit Leerständen. Auch wenn es rein hypothetisch ist: Wäre Gelsenkirchen bereits in einer anderen Großstadt aufgegangen oder mit ihr zusammengelegt worden, beispielsweise Essen oder Bochum, weil GE überschuldet ist und in wesentlich Bereichen der Stadtplanung nicht aus den Pötten kommt, wäre das Geld vielleicht in den Busbahnhof Buer oder andere Infrastrukturprojekte gesteckt worden, aber wohl nicht oder nicht nur in den Fußball.
Am Beispiel Frank Baranowski, OB von Gelsenkirchen und Möchtegernkönig einer fiktiven Ruhrgebietsstadt, lässt sich sehr schön studieren, wie so ein Ruhrgebietsbürgermeister tickt. Auf der einen Seite stört ihn der Soli, der einst eingeführt wurde, um ostdeutsche Städte mit finanzieller Hilfe westdeutscher Gemeinden in blühende Landschaften zu verwandeln, auf der anderen Seite befürwortet er die Idee, dass die gutwirtschaftenden Kommunen NRWs den schwächelnden, wie seinem Gelsenkirchen, unter die Arme greifen. Und weil man selber weiß, dass Buer als Einkaufsstadt nicht mehr taugt, weil in sie nicht inverstiert wird, verklagt man Städte wie Recklinghausen, die ihr Einkaufszentrum vergrössern wollen. Wieso man nicht auch Essen verklagt, dessen Innenstadt noch viel näher an Gelsenkirchen liegt und wo das Einkaufszentrum Limbacher Platz aus dem Boden gestampft wurde, liegt an den unterschiedlichen Parteibüchern. Recklinghausens Bürgermeister ist einfach zu sehr CDU. Und vermutlich ist das auch erst einmal das größte Problem, wenn es um den Vorschlag von Lars Klieve geht. Er hat schlichtweg das falsche Parteibuch. Denn als es um das Preisgeld von Innovation City ging, schwebte auch Frank Baranowski ein Zusammenlegen von Städten vor. Nur war bei Herten und Gelsenkirchen, die Verhältnismäßigkeit eine andere und Herten wäre in GE aufgegangen und nicht umgekehrt.
[…] Essen: Städte zusammenlegen? … ruhrbarone […]
@Helmut Junge, eine Ruhrstadt plus die Pleitestädte Wuppertal, Solingen, Remscheid und Leverkusen zu einer Stadt, das wird eine Lustig-Pleite-Stadt. Es ist eine Tatsache 115 Städte des Landes sind Pleite. Das können wir gleich alles zur NRW-Stadt eingemeinden. Dann kann auch keine Stadt klagen. Alle werden Eingemeindet, auch Düsseldorf und Köln.
@der, der auszog, Baranowskis Ruhrstadt ohne die Ränder. Auch nur eine Pleite-Stadt. Die Innenstadt von GE ist immer noch Trostlos, Aber GE hat eine U-Straßenbahn, wo abends ein M6-Wagen mit eine Hand voll Menschen durch den Tunnel rauscht.
Die Abgrenzung des Ruhrgebiets schadet das Ruhrgebiet am meisten.
Walter Stach, klar, es geht um die Reaktionen auf die Äußerungen von Lars Klieve,und ich habe nicht geliefert.
Aber dadurch, dass ich in meinem Kommentar 1 meine grundsätzliche Position zur Gründung einer gemeinsamen Ruhrstadt erklärt habe, liegt der Gedanke doch nahe, dass ich selber die Äußerung von Herrn Klieve unterstütze. aus welchem Motiv heraus Herr Klieve argumentiert, ist mir persönlich einigermaßen egal, weil er etwas ausspricht, was meiner Meinung nach grundsätzlich erforderlich ist. Herr Klieve hätte auch andere Gründe angeben können. Meine Zustimmung hätte er auch dann. Er spricht auf jeden Fall etwas aus, was vielen Oberbürgermeistern und Dezernenten nicht gefällt, weil die bei der Umsetzung seines Plans dabei ihren Job einbüßen würden.
Die Reaktionen der Oberbürgermeister der einzelnen Revierstädte betrachte ich deshalb als reine Notwehrreaktionen.
Ich als Bürger hätte bei einer Zusammenlegung, würde sie unter den Bedingungen die ich in meinem Kommentar 1 beschrieben habe, durchgeführt, keine Benachteiligungen zu befürchten.
Der Vorschlag von Lars Klieve läuft darauf hinaus, dass Städte, die sich verschulden, ihre kommunale Selbstständigkeit verlieren, und anderen Städten zugeordnet werden sollen. Das ist eine so starke Drohung, die, wenn sie erst einmal gesetzlich verankert ist, dazu führen könnte, dass diejenigen städtischen Verwaltungen, die vor einer Eingemeindung Angst haben müssten, vorsichtiger mit den ihnen zur Verfügung stehenden Finanzmitteln umgehen würden.
Das ist doch genial!
Das Argument seiner Gegner, dass er selber mit seiner Stadt Essen ebenso hoch verschuldet ist, die dadurch selbst in Gefahr ist, eingemeindet zu werden mit seiner Stadt, zieht bei mir gar nicht.
Falls Herr Klieve sonst als besonnener Mensch bekannt ist, er also diese Äußerungen nicht unbedacht ausgesprochen hat, deutet das auf persönlichen Mut hin, denn die Reaktionen der Oberbürgermeister und seine Amtskollegen war voraussehbar.
@Alf (6),
Durch eine Zusammenlegung der verschuldeten Städte würde die Summe der Gesamtschuldenberg doch nicht größer, sondern bliebe zunächst einmal, rein rechnerisch gleich. Die Schuldensumme wäre allerdings deutlicher!
Aber nur bei einer Zusammenlegung und Zentralisierung könnten überflüssige Verwaltungsstrukturen eingespart, bzw. für andere Aufgaben, die aus Geldmangel zur Zeit brach liegen, eingesetzt werden. Wenn das nicht zu einem Spareffekt führen würde, was dann?
[…] Städte zusammenlegen – ja oder nein? (Ruhrbarone) – Über den Vorschlag Städte (aus finanziellen Gründen) zusammenzulegen. […]
Die ganze Diskussion hat eine absurde Note. Es gibt eine Logik des Pleitegehens die klar und deutlich und auch für unkundige nachvollziehbar lautet: Wer seine Schulden nicht nur nicht zurückzahlen kann sondern stattdessen immer mehr Schulden macht verliert über kurz oder lang seine Existenz.
Unsere Stadtmütter und Väter glauben allerdings wie kleine Kinder gaaanz gaaanz fest daran, dass das für eine ganze Stadt nicht gilt. Als wären deren Schulden keine richtigen Schulden und die Banken bei denen sie gemacht worden sind keine richtigen Banken.Es wurde höchste Zeit, dass ihnen einer mal die Wahrheit sagt. Mit ihr steht diese Region nämlich schon seit geraumer Zeit auf dem Kriegsfuß.
Dank immer neu fließender Gelder aus Quellen, die nicht in dieser Region liegen. Dank immer neuer Partys die hier auf Staatskosten gefeiert werden, die der aber eigentlich gar nicht mehr bezahlen kann/konnte. Dank jahrzehnte langen horrenden Fehlsubventionen mit denen man die gesamte Stadtlandschaft woanders komplett hätte wieder neu aufbauen können.
Es wird Zeit für einen radikalen Schnitt und er wird kommen, egal was unsere Bürgermeisterinnen und Bürgemeister davon halten, egal welche Parteien gerade an der Macht sind und egal ob das die Mehrheit der Bevölkerung gut findet oder nicht. Leider. Denn irgendwann muss dieses Fass aus schuldenfinanzierter metropolitaner Selbstinszenierung bei gleichzeitig und systematisch betriebener Realitätsleugnung und Kleinstaaterei einfach überlaufen.
Ansonsten für die, die es noch nicht kennen, siehe:
https://www.ruhrbarone.de/wie-real-ist-die-ruhrstadt/
Nur noch zur Information: Seit kurzem verweigern einigen Banken einzelnen, stark verschuldeten Kommunen im Revier die Gewährung sog.Kassenrkredite -für uns persönlich ist das der Dispokredit, also wenn für uns-ausnahmsweise, vorübergehend -Kontoüberziehungen notwendig sind.Die Banken beginnen also damit nachzudenken, ob auch die Gemeinden „unfähig“ werden könnten, ihre Schulden zu begleichen, und sie ziehen daraus Konsequenzen -vor ein/zwei Jahren ein absolut undenkbarer Vorgang. Und dazu noch eine ergänzende Information: Die Kommunen, vor allem im Ruhrgebiet, nutzen „ihren Dispo-Kredit“ seit Jahren gar nichht mehr, um ausnahmsweise vorübergehende Liquditätsprobleme zu überbrücken, sondern finanzieren damit permanent ihre laufenden Ausgaben, u.a. mit der Kosequenz, daß die Höhe der Kassenkredite der Kommunen im Revier ständig wachsend eine dramtatische Höhe erreicht haben. Und wenn es so weitergeht? Lars Klieve hat -endlich und öffentlich-bisher nicht bedachte Konsequenzen aufgezeigt.
Wer sich ein wenig mit der Geschichte von Gemeindegebietsreformen beschäftigt, stellt schnell fest: Sie kennen nur eine Richtung – vom Kleinen zum Großen. Kleine Gemeinden fusionieren zu größeren Gemeinden; große Gemeinden annektieren kleine Gemeinden und werden zu noch größeren Gemeinden. Und zwar unabhängig davon, ob die Gebietsreformen nun unter den Vorzeichen Wachstum, Rationalisierung oder Schrumpfung stattfanden.
Sie sind letztlich der Versuch, wachsende Komplexität mit der Vergrößerung von Organisationseinheiten zu beantworten und folgen der Logik der „economies of scale“: Je größer, je wirtschaftlicher (weil mit Kostenersparnissen verbunden). Insofern sind Klieves Rechtsfolgeerwägungen der alte Wein, der immer fließt, wenn territoriale Neugliederungen be- oder verhandelt werden.
Diskussionswürdig ist aber ein anderer Aspekt, der hier v.a. von Helmut ins Spiel gebracht wird: die Regionalisierung von Planung und Verwaltung, verbunden mit der Stärkung der Stadtteilebene, also eine gleichzeitige Stärkung von Regions- und Stadtteilebene und zwar zulasten der gesamtstädtischen Ebene. Das ist etwas, das seit geraumer Zeit durch die Governance-Debatte geistert. Es wird aber völlig zu Recht nicht vorrangig unter irgendwelchen Spar-Aspekten diskutiert, denn wer z.B. die Stadtteilebene stärken will, muss sie mit entsprechenden Kompetenzen (Budget, Knowhow, Personal) ausstatten. Es reicht nicht, ehrenamtliche Bezirksvertreter einfach über mehr Dinge abstimmen zu lassen, die irgendwo in einer abgelegenen Zentralverwaltung vorbereitet werden.
Genau das, die Stärkung lokaler Verantwortung auf Stadtteilebene, ist jedoch nicht Gegenstand von Klieves Überlegungen. Tatsächlich wird in Essen, der Stadt in der Klieve als Kämmerer tätig ist, geprüft, ob die verschiedenen Bürgerämter in den Stadtteilen nicht der Haushaltskonsolidierung zum Opfer fallen sollen.
@Arnold: Einer regionalen Ruhrstadt würde ich als allerletztes zutrauen, die „schuldenfinanzierte metropolitane Selbstinszenierung“ dieser Region zu überwinden. Ein Blick in den Masterplan Kulturmetropole Ruhr genügt. Dort stehen dann Sachen wie „Städte- und Metropolentransformation wird zum nachhaltig wirksamen Metropolenkompetenzfeld der Metropole Ruhr“ (S.58).
@ Dirk
Du weißt , dass ich in meinem Ruhrstadtessay einerseits für Zentralisierung und anderereits für die gleichzeitige Stärkung der Dezentralen Einheiten plädiere. Siehe das Kapitel „Das Verhältnis der Ruhrstadt zu ihren Stadtteilen“ Generell präferiere ich dabei am Ende auch nicht eine einzige große Ruhrstadt sondern ein 4-Städt-Modell. Siehe das Kapitel „Die Ruhrstadt als quatropolares Städteband“
Natürlich hast du aber Recht wenn du schreibst, dass neue Organisationsformen nicht die Inhalte der Politik verändern. Allerdings auch nicht, wenn man für mehr Dezentralisierung plädiert.Da müssen auch, neue Ziele und ein neues Leitbild her. Auch zu Letzterem habe ich mich im Papier ausführlich geäußert. Aber wie du weißt interessiert das, was wir hier seit Jahren diskutieren, die, die im Ruhrgebiet politisch das Sagen haben, einen feuchten Kehricht. Herrn Klieves eingeschlossen.
Was uns allerdings nicht daran hindern sollte, damit weiter zu machen.
Mein Gastbeitrag -und das will ich erneut betonten- war Kritik an Inhalt/Stil der Bemerkungen einiger Politiker im Ruhrgebiet gegenüber dem Essener Stadtkämmerer,Lars Klieve -nicht mehr,nicht weniger. Wenn das jetzt erneut zu der Diskussion Ruhrmetropole, Ruhrstadt führt und damit einhergehend wiederum die Frage aufgeworfen wird, ob „Größe“ allein zu Problemlösungen beitragen kann, z.B. in Finanzfragen,dann meinerseits dazu nur soviel an simplen Erkenntnissen: Selbstverständlich bieten Fusionen von Städten so wenig wie die von Unternehmen aus sich heraus, von vornherein eine größere Gewähr für effekivere,effizientere Problemlösungen als das in kleineren, selbständigen Einheiten der Fall ist -und umgekehrt! Wie in jedem Unternehmen muß auch in den Kommunen nicht von einem wünschenswert erscheinenden Ergebnis aus gedacht werden, sondern von den Aufgaben her, also von den sich aus der Aufgabenerfüllung ergebenden Problemen, z.B. finanzieller Art:Welche Aufgaben lassen sich durch größere kommunale Einheiten, z.B. durch Zweckverbände, durch Einheiten auf regionaler Ebene -RVR-effektiver und effizienter lösen als in kleineren kommunalen Einheiten? Und das führt im Umkehrschluß zwangsläufig zu der Frage, was können kleinere Einheiten effektiver, effizienter, bürger-/kundenäher besser erledigen als größere? Und wenn dann z.B.festgestellt werden sollte, daß kleinere Einheiten wegen ihrer Bürger-/Kundennähe eine Aufgabe „besser“ erledigen können als eine große Einheit,bleibt eränzend zu fragen, ob es für die vielen kleinen, weiterhin selbständigen Organisationseinheiten möglicherweise einiger weniger grundsätzlicher Zielvorgaben bedarf, die für alle gelten und es wäre zu entscheiden, wer die grundsätzlich für alle verbindlichen Zielvorgaben wie festlegt;so bzw. so ähnlich wird bekanntlich im Planungsrecht verfahren.Wenn diese und vergleichbare Fragen im Ruhrgebiet gestellt und darauf Antworten gefunden
würden, und zwar allumfassend(!!) und Aufgabe für Aufgabe(!!), wäre es eine relativ leichte Übung, darauf bezogen die zweckmäßigste(n) Organisation(en)zu schaffen. Danach ist es wie jedermann aus vielen Details bekannt allerdings keine leichte Übung , das inhaltich/organisatorisch als „richtig“ Erkannte umzusetzen.(Wir haben also auch hier ‚mal wieder weniger Erkenntnis- als vielmehr Umsetzungsprobleme). Denn der Umsetzung stehen -sh.auch unsere jetzige Diskussion- in der Regel massive parteipoltische Interessen, persönlich Pfründe und nachbarschaftliche Animositäten im Wege. Jedem ist bekannt, daß spätestens dann, wenn für ein Unternehmen die Insolvenz unabwendbar erscheint, dann in dem Unternehmen ein Prozeß abläuft wie ich ihn als notwendig für die Kommunen -vor allem hier im Ruhrgebiet- skizziert habe. Liebe Gewohnheiten, wünschenswerte Privilegien werden , wenn es die Sache erfordert,rigoros aufgegeben. Es gilt dann keine Tabu, z.B. auch nicht das, auf keinen Fall mit dem bis dahin härtesten Wettbewerber zu fusionieren. Dann geht es nicht mehr um das Ob einer Fusion, sondern nur noch um das Wie.“Kommunen, höret die Signale“ -aktuell das von Lars Klieve! Wir können selbsverständlich bis zur letzten Stunde, wie das von Insolvenz bedrohte Unternehmen,auf den „weißen Ritter warten;manchmal kommt er, meistens kommt er nicht.
@Walter Stach: Ein wenig naiv ist es schon, unter der Überschrift „Städte zusammenlegen – ja oder nein?“ lediglich Stilfragen einer solchen Debatte diskutieren zu wollen. Zumal es diesbezüglich gar nicht viel zu diskutieren gibt – die Reaktionen auf Klieves Auslassung waren erwartbar schrill.
@Arnold: Ich bin – und das wiederum weißt Du – kein Freund von Ruhrstadtdebatten. Wenn ich mir anschaue, was aus der mit merklichem Tamtam gegründeten „Stadt Ruhr“ geworden ist, wird es auch noch eine Weile so bleiben.
Die einzige Ruhrstadt, die in absehbarer Zeit entstehen könnte, ist diejenige, die analog einer Bad Bank die Verbindlichkeiten aller Ruhrgebietsstädte übernimmt, damit letztere wieder handlungsfähig werden.
@ Dirk
Die Ruhrstadt war bisher nicht mehr als symbolische Politik, keine Frage. In ihrer faktischen Umsetzbarkeit hat sie viel zu viele und zu mächtige Gegner. Es gibt also gute Gründe kein Freund von immer wiederkehrenden diesbezüglichen Debatten zu sein.
Die Debatte über die Verschuldung und die damit verbundene faktische Handlungsunfähigkeit vieler Ruhrgebietgemeinden hat aber mit Klieves Weckruf endlich den Stand erreicht, der ihr gebührt und ist ab jetzt nicht mehr wieder unter den Tisch zu kehren.
Wenn den Verantwortlichen dazu nicht mehr einfällt als eine weitere Bad Bank, dann wird es zur Zusammenlegung von Städten kommen, auch wenn das am Ende nicht Eingemeindung heißen darf, damit alle ihre Gesichter wahren können. Mir ist es auch egal, wie das dann heißt. Hauptsache es passiert.
[…] Stadtkämmerer Lars Klieve beschrieb in der letzten Woche den Königsweg zur RuhrStadt, die Insolvenz! So würde auch das […]
15 -DH -Die Überschrift stammt nicht von mir! Treffender hätte sein können:
„Pleitekommunen auflösen? -Gezeter bei erschrockenen SPDlern-.“ Und es geht mir nicht um eine Stilfrage, sondern darum, Form und Inhalt der Sprache zum Anlaß zu nehmen, über die Kritiker und mögliche Gründe für Form und Inhalt ihrer Sprache nachzudenken;müssen wir aber nicht weiter diskutieren.
16-Arnold Voss: Hoffentlich bewirkt Lars Klieve tatsächlich mehr als nur das oberflächliche Gezeter einiger meiner SPD-Parteigenossen. Und in der Tat wäre es verwunderlich, wenn eine von der Insolvenz bedrohte Kommune zu Beginn unabweisbar notwendiger Fusionsüberlegungen nichts besser zu tun hätte, als über die Bezeichnung der neu zu schaffenden Organisationseinheit oder über ihren Hauptsitz nachzudenken. Wenn die Insolvenz der Kommune ansteht, geht es nur noch darum, wie auch immer sicherzustellen, daß die Erfüllung öffentlicher Aufgaben für die Menschen im Gebiet der bisher selbständigen Kommune auch zukünftig gewährleistet ist;alles andere ist für die Menschen, wenn sie diese Problemstellung begriffen haben,spätestens dann völlig nebensächlich.