Vom 14.4. bis zum 21.5. zeigen die Masterstudierenden des dritten Semesters an der Folkwang-Universität in den Projekträumen im Untergeschoss des Folkwang Museums den aktuellen Stand ihrer Arbeit. Zu sehen sind neun sehr unterschiedliche Positionen, die teilweise deutlich über den Bereich der klassischen Fotografie hinausgehen und ihr Thema in verschiedenen Medien bearbeiten. Die Ausstellung im Rahmen eines professionellen Museumsbetriebes gehört dabei integral zum Studium. In dieser Form zeigen nun schon zum zweiten Mal Studierende der Folkwang-Universität im Folkwang Museum ihre Arbeiten. Die Auswahl und Hängung der Arbeiten wird dabei von den Studierenden selbst vorgenommen, so dass sie nicht nur Erfahrungen in der Eigenpräsentation, sondern auch im Kuratieren von Ausstellungen und im Umgang mit Räumen sammeln.
Insgesamt ist das künstlerische Niveau der gezeigten Arbeiten hoch und in der Ausstellungsgestaltung ergeben sich spannende Wechselbeziehungen zwischen den unterschiedlichen Ansätzen. Zum Auftakt zeigt Nafiseh Fathollahzadeh eine klassische Recherchearbeit, in der sie Menschen aus den verschiedenen Stadtteilen Essens in ihren Fenstern unter dem Titel „Studio“ portraitiert. Die Iranerin erforscht über Bilder von Menschen in einem immer gleichen Ausschnitt deren Lebenswelt ihre neue Heimat und wählt dafür interessanterweise einen Blick, der gewissermaßen aus der Vergangenheit des Ruhrgebiets stammt, nämlich den des Menschen aus seinem privaten Raum durch das Fenster auf das Leben auf der Straße. Die Arbeit mit dem immer gleichen Ausschnitt und das Frontale erinnern dabei unmittelbar an die Serialität der Becher-Schule.
Ebenfalls mit der Frage nach Heimat beschäftigt sich Faeghe Kordestani – auch aus dem Iran – in ihrer Arbeit „Wo ist zuhause“. Sie stellt Bilder aus Deutschland und dem Iran einander gegenüber, ohne dass ersichtlich ist, welche Fotografien welchen Ursprungs sind. Lediglich eine Auswahl von alten Fotografien aus Familienalben aus der Zeit vor der Revolution im Iran verweisen auf eine verlorene Bildkultur ihrer Heimat. Gegenübergestellt im gleichen Raum ist eine weitere Arbeit, die sich mit Bild und Bilderinnerung auseinandersetzt. Kai Behrendt zeigt in „SF“ eigene wie aus dem Internet bezogene Bilder, zum überwiegenden Teil flach und ohne Rahmen auf die Wand geklebt, so dass sie auch im Museumsraum wie auf einem Screen wirken. Die Motive referieren auf die Bildsprache des ScienceFiction, die längst zum Bildklischee geworden ist.
Auch Amy-Jade Chapman setzt sich in „Teenager“ mit Bildklischees auseinander. In ihrer Arbeit kontrastiert sie das Selbstbild der Teenager in der Bildsprache von deren eigenen Facebook-Profilen mit klassischen analogen Schwarzweiß-Portraitfotos. Zusätzlich zeigt sie eine Videodokumentation über die Teenager und eine Arbeit, in der sie das Negativ von Studioaufnahmen mit dem Handy abfotografiert quasi als Screenshot präsentiert und damit beide Welten (Portraitfoto und Selfie im sozialen Netzwerk) wieder „virtuell“ zusammenführt.
Yanyi Gu widmet sich in „Uhu“ in einem an Wolfgang Tillmanns erinnernden Stil der Erforschung seiner temporären Heimat Essen. Gegenüber gestellt sind die großformatigen Fotografien von Sophia Maria Lanzinger, die sich mit dem Umbau von Landschaft durch den Menschen beschäftigen. Brücken, Staudämme, Dörfer sind zugleich Fremdkörper als auch integrale Bestandteil von Landschaft – und deren Schönheit.
János Bucks konzeptionelle Arbeit „Emphathizing with Cassandra“ beschäftigt sich mit Verschwörungstheorien. Zentral ist ein Selbstportrait mit in Alufolie gewickeltem Gesicht. Gegenübergestellt sind aus dem Internet geladene Bilder von Kondesstreifen sowie Bilder von Büchern, die als Kronzeugen der Verschwörungstheorien herangezogen werden. Ergänzend zeigt eine Bodenarbeit den Fußabdruck auf dem Mond von der ersten Mondlandung, die gewissermaßen als Mutter aller modernen Verschwörungstheorien gelten kann. Die Arbeit fragt damit auch ganz allgemein nach dem Wahrheitsgehalt des fotografischen Bildes.
Der letzte Raum der Ausstellung vereinigt zwei Arbeiten, die sich auf unterschiedliche Art dem Thema Wohnen annähern. Sebastian Wolf beschäftigt sich in „Waterfront Wonderland“ mit einer amerikanischen Retortensiedlung der 1960er Jahre. Auf einem Tisch präsentiert er Original-Pläne und Broschüren der Siedlung. Seine eigenen Fotos dokumentieren den heutigen Zustand. Während seine Arbeit das Wohnen als politischen Akt zeigt, thematisiert Mercedes Wagner in „Irgend“ bewusst eine ganz private Sicht. Sie dokumentiert in ihren Bildern Details aus der Wohnung ihrer Eltern mit einem besonderen Interesse für Material. Überdeutlich wird das in den Bodenarbeiten, die Küchenhandtücher zeigen und darin einerseits als Trompe l’oeil funktionieren, aber auch in ihrer Vorder- und Rückansicht Negativ und Positiv der Fotografie imitieren.
Das Info-Magazin zur Ausstellung erstellten Studierende des Studienganges Geschichte und Theorie der Fotografie an der Folkwang-Universität.
Eröffnung: 13.4., 18 Uhr
Stopover – Zwischenhalt: Museum Folkwang, 14.4.-21.5., www.museum-folkwang.de, www.folkwang-uni.de
Wie sehr ich das Wort 'Studierende' hasse'! Da tropft aus jedem Buchstaben rot-grün politisch korrekte Borniertheit gegenüber allen sprachlichen Traditionen, grammatischen Übereinkünften und logischen Zusammenhängen.
Das Gerundivum ist eine recht traditionelle grammatikalische Übereinkunft.
Nur ist das Wort "Studierende" leider ein rot-grünes Kunstwort und kein Gerundivum, das im lateinischen auch als "participium necessitatis" bezeichnet wird. Und ich kenne viele "Studierende", denen die damit eingeforderte "necessitas" fehlt!