Über 80 Schrottimmobilien gibt es in Duisburg. Die Stadt versucht mit Kontrollen und Räumungen das Problem in den Griff zu bekommen. Geraten dabei die Mieter unter die Räder?
Altbauten, auf der Straße spielen Kinder, und an vielen Stellen ist Müll zu sehen. Männer stehen in Gruppen beieinander an den Straßenecken. Die Henriettenstraße in Duisburg-Marxloh gehört sicher nicht zu den besten Adressen Duisburgs, aber davon gibt es in der Stadt ohnehin nicht allzu viele. Ein Mann in Bauarbeiterkleidung trägt Schutt aus einem Haus und wirft ihn in einen Container. Die Fassade wirkt frisch gestrichen, das Haus wird renoviert. Seinen Namen will er nicht nennen, aber er sei vor 35 Jahren aus der Türkei gekommen und habe seitdem immer in der Henriettenstraße gelebt. „Das war alles immer gut hier, bis die kamen. Seitdem geht es mit der Straße bergab.“ Die, das sind Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien, von denen um die 13000 in Duisburg leben sollen, aber so genau weiß das niemand. „In der Nummer sieben haben die den ganzen Hof versaut.“ Über 100 Liter Altöl holte die Stadt vor ein paar Wochen aus dem Abfluss raus, die Wasserschutzpolizei nahm die Ermittlungen auf. Gleich nebenan in der Hagedornstraße wurden zwei Häuser ganz geräumt. Es sei für die Mieter zu gefährlich gewesen. Stromkabel seien wild gelegt worden, sagt die Stadtverwaltung, es habe jederzeit die Gefahr eines Brandes bestanden.
Duisburg ist arm, die Arbeitslosigkeit hoch, und an vielen Orten in der Stadt ist der Verfall der einstmals reichen Stahlstadt zu sehen. Und in Marxloh, dem Stadtteil, der direkt an das letzte ThyssenKrupp-Stahlwerk der Stadt grenzt, ist alles noch etwas trister und ärmlicher. Bis vor wenigen Jahren war Marxloh fest in der Hand von Zuwanderern aus der Türkei, und sie prägten den Stadtteil: Die Weseler Straße, so etwas wie die Hauptschlagader Marxlohs, zieht türkischstämmige Paare aus ganz Deutschland, Belgien und den Niederlanden an. Hier bestimmen Brautmodenläden, Schuh- und Schmuckgeschäfte das Bild. Die Schaufenster sind aufwendig dekoriert, die Preise hoch, hier boomt Marxloh, hier hat ein türkisch geprägtes Bürgertum das Sagen. Die Stadt war lange Stolz auf diese Erfolgsgeschichte, sogar die New York Times berichtete über das „Wunder von Marxloh“, doch die Zeiten sind vorbei. Seitdem immer mehr Roma aus Bulgarien und Rumänien nach Marxloh gezogen sind, nehmen die Probleme in dem Stadtteil zu. Die neueste Einwanderergeneration wird von den bereits hier lebenden nicht mit offenen Armen willkommen geheißen. Auf dem Arbeitsmarkt haben sie kaum eine Chance, auf dem Wohnungsmarkt auch nicht. Sie ziehen in die billigsten Häuser, oft mit sehr vielen Menschen in eine Wohnung. Und das ruft die Stadt auf den Plan: Mit einer eigenen Task Force geht sie gegen die Überbelegung vor, nutzt die Brandschutzverordnung und das Wohnungsaufsichtsgesetz, um gegen Vermieter vorzugehen, die, wie es Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) sieht, skrupellos ihre Mieter ausbeuten und gefährden. Zehn Häuser und vier Wohnungen wurden so in den vergangenen zwei Jahren für unbewohnbar erklärt worden.
Anfang des Monats ließ die Stadt Wohnungen in der Wohnungen an der Hagedorn- und Henriettenstraße räumen, weil ihrer Ansicht nach die Mieter gefährdet waren. Alles sei rechtmäßig abgelaufen, niemand hätte auf der Straße gestanden, erklärten Link und seine Ordnungsdezernentin Daniela Lesmeister (CDU). Einen Bericht einer Lokalzeitung, in dem von einem harten und rücksichtslosen Vorgehen der Stadt bei den Räumungen berichtet wurde, wiesen beide entschieden zurück.
Eine der Familien, die Anfang des Monats aus ihrer Wohnung geräumt wurden, lebt heute in Räumen im Petershof, einem sozialpastoralen Zentrum der katholischen Kirche in Marxloh. Hier kümmert sich Pater Oliver seit Jahren um die Menschen, die in dem Stadtteil stranden. Es gibt eine kostenlose Sprechstunde im Petershof und Pater Oliver räumte schon einmal sein Büro, damit Kinder aus Bulgarien und Rumänien Schulunterricht bekommen konnten.
In den städtischen Schulen war für sie kein Platz. „Mir haben die bulgarischen Familen erzählt, sie seien abends geräumt worden und hätten nicht gewusst wohin.“ Sie hätten für zwei Nächte in eine Turnhalle ziehen können, das taten sie nicht. Noch nie, sagt Ordnungsdezernentin Lesmeister, habe eine Familie dieses Angebot angenommen.
Auch ein Zeuge, der seinen Namen nicht nennen will, bestätigt die ruppige Räumung, berichtet von der Hilflosigkeit der Menschen, die nicht wussten wohin und nachts mit ihren Kindern auf der Straße standen. „So ist das immer in Duisburg. Die Menschen werden aus ihren Wohnungen gedrängt und wissen dann nicht wohin. Die Stadt kümmert sich nicht um sie.“ Auch Pater Oliver kritisiert, dass es keinen Plan gibt, was mit den Menschen geschehen soll: „Sicher sind viele Häuser nicht bewohnbar, aber die Menschen einfach auf die Straße zu setzen, ist doch keine Lösung.“
Für Oberbürgermeister Link schon, denn wo die Menschen unterkommen, sei nicht das Problem der Stadt: „Jeder Bürger, gleich welcher Nationalität, hat sich selbst um eine Wohnung zu bemühen. Wir leisten viel im Bereich der Integration und sind auch sehr erfolgreich, aber ein Wohnkonzept wollen und werden wir nicht haben.“ Unterstützt wird die Politik des Oberbürgermeistes von SPD und CDU, die in Duisburg zusammen regieren. Grüne und Linke lehnen das Vorgehen ab.
Ein paar Kilometer weiter östlich, in Dortmund, arbeitet man anders. Auch dort gab es viele Probleme mit Schrottimmobilien, wohnten Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien in heruntergekommenen Häusern. Bis zu neun Menschen teilten sich eine Drei-Zimmer-Wohnung und zahlten zum Teil über hundert Euro für einen Matratzenplatz. Für die Vermieter war das ein lohnendes Geschäft. Doch die Stadt reagierte und räumte viele diese Häuser. Aber dabei blieb es nicht: Die städtische Wohnungsgesellschaft DOGEWO21 kaufte in der Nordstadt, dem Quartier, in dem die meisten Schrottimmobilien lagen, zahlreiche Häuser auf, renovierte und vermietete sie – auch an Zuwanderer aus Bulgarien. Viele Projekte kümmern sich dort um die Zuwanderer, auch eine Wohnungsvermittlung gibt es. Fragt man in Dortmund bei der Stadtverwaltung oder der Polizei nach, so sind sie mit dem Ergebnis ihrer Arbeit zufrieden, sagen, die Bulgaren und Rumänen seien in Dortmund angekommen, die Probleme deutlich weniger geworden. In Duisburg entschied man sich zwar dagegen, an der Wohnsituation der Menschen etwas zu verbessern, dafür war man kreativer als in Dortmund Im Integrierten Handlungskonzept für Marxloh findet sich ein Fußgängerleitsystem für Analphabeten und der Ankauf und Abriss von Häusern in Marxloh – an ihrer Stelle sollen Grünflächen entstehen.
Eine Parteifreundin von OB-Link sagt, das sei kein Zufall. Link wolle erreichen, dass sich die Bulgaren und Rumänen in Duisburg nicht wohlfühlen, es ginge ihm nicht um Integration. Im vergangenen Jahr sagte Link im Rahmen einer Flüchtlingskonferenz von SPD-Kommunalpolitikern in Berlin: „Ich hätte gerne das Doppelte an Syrern, wenn ich dafür ein paar Osteuropäer abgeben könnte.“
Es scheint, als sei diese Botschaft bei der Duisburger Stadtverwaltung angekommen.
Der Artikel erschien bereits in einer ähnlichen Version in der Welt am Sonntag.
Offenbar gelten die in Duisburg von Spaniel und Anderen hochgerühmten Standards der Wohnungsakuthilfe für bestimme Zuwanderergruppen nicht.Während bei der Unterbringung von Roma und Geflüchteten Konzeptlosigkeit, Inkompetenz und fragwürgdige politische Strategien von Abschreckung und Vertreibung herrschen, lässt man sich andererorts dafür feiern vor Jahren schon Obdachlosenheime durch ein System der Hotelunterbringung und schnellen Wohnraumvermittlung ersetzt zu haben.Ähnlich wie sein politscher Ziehvater Jäger, der sich schon in den 80iger die Innenstadt punker-und pennerfrei erträumt hat, setzt Link auf eine Politik von Inhumanität und Ausgrenzung.Bedauerlicherweise gewinnt man in Duisburg so auch Wahlen, wenn die AfD den spezialdemokratischen Strategen dabei keinen Strich durch die Rechnung machen."Guter Plan"!?.."echt Duisburg"!
Stefan Laurin,
ich habe nicht begriffen, w a r u m OB Link sagt: "….ein Wohnkonzept wollen und werden wir nicht haben" und w a s die Stadt mit diesem Nichtwollen eines Wohnkonzeptes bewirken will.
Gibt es dazu nähere Erläuterungen durch den OB oder habe ich dieserhalb etwas "überlesen" oder etwas " ganz Klares " einfach nicht verstanden ?
@Walter Stach: Er sieht die Stadt rechtlich nicht in der Pflicht.
Stefan Laurin,
ja, wenn das soo ist………
Ich gehe allerdings davon aus, daß in Duisburg trotz leerer Kassen immer noch Einiges geschieht, wozu es für die Stadt keine rechtliche Pflicht gibt. Insofern………
Ich könnte nachvollziehen, wenn der OB die detailliert Planung eines "freiwilligen Wohnkonzeptes " mit der Begründung ablehnen würde, daß eine erste überschläglich erstellte Finanzplanung ergeben hat, daß die Umsetzung eines solchen Konzeptes in Duisburg nicht zu finanzieren wäre.
Hat der OB vielleicht "in diese Richtung" argumentiert?
Stefan Laurin,
das waren meinerseits nur rhetorischen Fragen, die keiner Antwort bedürfen.
Es geht hier um Angelegenheiten der Stadt Duisburg, also um Angelegenheiten der dortigen Bürgerschaft, dh., die ist betroffen, und die könnte sich (sollte sich?) aufgefordert fühlen, nachzufragen, zu kritisieren, sich konstruktiv einzubringen und nicht ich als Außenstehender.
@2 @3 es gibt in Duisburg ein spezielles Wohnkonzept im Rahmen der Wohnungsakuthilfe, allerdings weigert man sich von Seiten der Stadt sowohl die Gruppe der Roma, als auch Geflüchtete in dieses Konzept zu integrieren, obwohl personelle und organisatorische Ausstattung es zuliessen, so zumindest die Einschätzung von Mitarbeitern der Fachstelle.
Norbert Kramich,
nach dieser dankenswerterweise durch Sie erfolgten Auf- bzw. Erklärung, verstehe ich die zitierte Aussage des OB, auf diese sich meine Nachfrage bei Stefan Laurin bezogen hatte, erst recht nicht. Wenn das nicht nur an meiner Dummheit liegen sollte, könnte man daraus folgern, daß es noch erheblichen Erklärungsbedarf geben könnte -weniger bei mir als bei der Bürgerschaft der Stadt Duisburg.
Es ist ein komplexer Zusammenhang, der viele Problemstellungen beinhaltet und bspw. auch Möglichkeiten und Grenzen von staatlichen und privaten Sozialsystemen darstellen kann. Mir fehlt die Tiefe für einen so komplexen Zusammenhang.
Duisburg ist eine arme Stadt ohne Arbeitsplätze. Dass sie einerseits ihrer Aufsichtspflicht nachkommt und andererseits aber auch die Finanzen zusammenhalten muss ist für mich nachvollziehbar.
Als Dortmunder sehe ich es auch nicht als sinnvoll an, Problemhäuser über städtische Gesellschaften aufzukaufen und zu renovieren. Viel Geld, wenig Erfolg.
Insgesamt muss Deutschland endlich dazu kommen, Einwanderung stärker zu steuern und klare Kriterien zu definieren. Hierbei muss auch der Zugang zu den Sozialsystemen geprüft werden. Für mich bleibt es weiterhin ein Rätsel, wieso Menschen, die wenig Perspektiven auf dem lokalen Arbeitsmarkt haben, ausgerechnet das Ruhrgebiet als Ziel ihrer Einwanderung wählen.
Schimanski lieft in den 80er im Ostblock und schon damals konnte man sehen, dass es dort überwiegend nicht schön ist.
mir schwillt der kamm. nicht nur, dass der beitrag eine ansammlung von beitragen aus verschiedenen gazetten der letzten tage zum besten gibt und nichts neues beizutragen hat. offensichtlich ist immer noch nicht klar, dass es hier um eine zuwanderer-gruppe geht, die hauptsächlich von schleppern der eigenen clans und diversen anderen kriminellen hier in windige schrottimmobilien und dann gezielt in sozialsysteme und schwarzarbeit gelenkt einwandern lassen. profitieren tun davon nur wenige, die aber richtig. hinzu kommt, dass die "rotations-europäer" tage- und wochenweise durch die unterkünfte mäandern. so ist selbst die niederschwelligste integration im umgang mit schrott, müll, notdurft, abgemeldeten pkws vor der haustüre usw. vergebene liebesmüh. ein perpetuum mobile.
natürlich ist das ein armutsproblem! in städten, die selbst für ihre einheimischen nicht genügend hilfsjobs haben, wandern über 85 prozent ethnien vom balkan ein, die weder schul- noch berufsausbildung haben. neben dem kriegsflüchtlingen sind das einfach zu viele für eine kommune, unter diesen bedingungen!
derweil verzweifeln mitwohnende nachbarn in immer mehr verrottenden straßen und häusern. sie können nicht weg, weil sich ihr haus nicht verkaufen lässt oder sie es sich nicht leisten können, wegzuziehen.
was entsteht ist, segregation nach unten. die mittelschicht, die gesunden suchen das weite. was bleibt, ist das gefühl des ausgeliefertseins, angst und hass der zurückgebliebenen. was also kann eine stadt tun, die von der eu, bund und land nicht gehört wird, weil dieses europa-problem angeblich nur wenige städte in deutschland angeht? sie kapituliert oder verdrängt. natürlich ist das keine lösung. vielleicht sollten ein paar reiche ihre tore öffnen und großzügig unterstützen? z. b. für noch mehr justiz, polizei, ordnungspersonal oder sonst noch eine idee? das wäre vielleicht zum teil eine.
aber zuerst muss heraus gefiltert werden, wer von den neubürgern sich überhaupt integrieren will. das ist eine mammutaufgabe. auch von der so genannten vierten gewalt, um dieses desaster endlich einzudämmen.
@7: Motivation für die Migration ins Ruhrgebiet dürften die niedrigen Mieten sein, außerdem sind hier bereits etablierte Netzwerke, die das Leben erleichtern. Von Kindergeld und ggf. Aufstockung einer Scheinbeschäftigung durch Transfergelder kann man bei vielen Kindern und geringen Ansprüchen ganz gut leben, deshalb sind die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt irrelevant.
Dass die Stadt Duisburg hier eher darauf setzt, das Leben ungemütlich zu machen, ist nicht völlig unverständlich. Der Unmut in der lokalen Bevölkerung (deutsch und türkisch) über Müll und Lärm ist groß und Integration wegen der hohen Fluktuation schwierig. Die Kosten für Transfergelder machen sich sicherlich auch irgendwann bemerkbar, wobei ich glaube, dass das eher nachrangig ist.
Ich frage mich ohnehin was die " Task Force" in den letzten Jahren so getrieben hat und ob es sich bei den aktuellen Räumungen nicht um eine kurzfristige publikumswirksame Demonstration auf Kosten einiger Zuwandererfamlien handelt.Seit Jahren betreiben einige Geschäftsleute -vorwiegend türkischstämmig- den massiven Aufkauf von Schrottimmobilien, teilweise werden diese dann durch Zuwanderer notdürftig saniert, in andere ganz abgewirtschaftete Häuser die Arbeitskräfte einquatiert.In der Regel verfügen diese Geschäftsleute über ein ganzes Geflecht von Firmen im Bereich Immobillienvermittlung,Hausverwaltung,Arbeitnehmerüberlassung, Reinigungsservice etc.Warum die Task Force dagegen nicht vorgeht?Vielleicht weil die Namen dieser Geschäftsleute sich immer wieder unter den Mitgliedern des Integrationsrates wiederfinden oder als Mitglieder großer Parteien.Ein näherer Blick auf Firmen in Marxloh(Kaiser Friedrich Str.) oder Rheinhausen(Elisabeth Str.) lohnt
endlich kommt die diskussion in die richtige richtung. falls es noch mehr infos gibt, wer sich, wo mit armutsflüchtlingen möglicherweisen die taschen voll macht, wäre so ein artikel nicht umsonst. was tatsächich in den städten im lokalen alltäglich passiert, wird längst nicht (mehr) berichtet. auch das ein trauriges kapitel.