Im Rahmen der Studie wurden zwischen Juli und Dezember 2019 Interviews mit 59 jüdischen Akteuren aus ganz Nordrhein-Westfalen geführt. Die Interviews zeigen, dass die Mehrzahl der Befragten sowie der Personen aus ihrem Umfeld im Alltag mit Antisemitismus konfrontiert sind. Dieser äußert sich in verletzendem Verhalten, Bedrohungen, aber auch vereinzelt in antisemitischen Angriffen. Alle Befragten erwähnten die Zunahme des israelbezogenen Antisemitismus, insbesondere in Verbindung mit antisemitischen Demonstrationen und Ausschreitungen im Sommer 2014.
Von 209 antisemitischen Vorfällen zwischen 2014 und 2018, die durch zivilgesellschaftliche Initiativen bekannt gemacht und in der Studie analysiert wurden, waren lediglich 54 Fälle auch in der PMK-Statistik aufgeführt: Etliche Vorfälle und Straftaten, die nach Einschätzung des Bundesverbandes RIAS antisemitisch waren, wurden entweder polizeilich nicht bekannt oder nicht als antisemitisch bewertet. Dies verweist auf eine Wahrnehmungsdiskrepanz zwischen Juden sowie den staatlichen Sicherheitsbehörden und die Notwendigkeit einer systematischen zivilgesellschaftlichen Dokumentation antisemitischer Vorfälle in Nordrhein-Westfalen.
Die Studie „Antisemitismus in Nordrhein-Westfalen. Wahrnehmungen und Erfahrungen jüdischer Menschen“ wurde im Auftrag der Antisemitismusbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen durch SABRA – Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit, Beratung bei Rassismus und Antisemitismus gemeinsam mit Bagrut – Verein zur Förderung demokratischen Bewusstseins e.V., der Kölnischen Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit e.V. und dem Bundesverband RIAS e.V. erstellt.