Letztes Wochenende – immerhin lag das Erdbeben vor Japan da auch schon gut eine Woche hinter uns – konnten wir uns endlich anderen Dingen zuwenden: Bestimmte Dinge entwickelten sich gut, und die Libyen-Bombardements sorgten für ein wenig Abwechslung. Und für ein gutes Gewissen, wenn man nicht gerade ein Deutscher war. Was Japan betraf: Endlich Fortschritte, Hoffnung, sogar Strom, mitten im Atomkraftwerk. Jetzt meldet sich das Atomkraftwerk zurück. „Millionenfach erhöhte Strahlung gemessen“, rein landtagswahlmäßig nicht schlecht, doch wenn die ganze Sache jetzt in so eine Endlosschleife reinläuft, ist damit natürlich auch keinem Menschen gedient.
Die Gefahr sei „noch lange nicht gebannt“, sagt Yukiya Amano, der Leiter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA); die Sache kann sich also noch hinziehen. Andererseits: Amano wäre nicht Amano, wenn er nicht zugleich auch „positive Signale“ sähe. Jawohl. Wie am letzten Wochenende: die Wiederherstellung von Stromleitungen in dem ein oder anderen Reaktorblock. Na sicher: „Es muss aber noch mehr getan werden, um die Situation zu einem Ende zu bringen.“ IAEA-Chef müsste man sein.
Ist es nun schon ein Super-GAU oder nicht? Ab wann kann, darf, soll man überhaupt von einem Super-GAU sprechen? Das ist freilich Auslegungssache, so ein Auslegungsstörfall. Man kann von einem Super-GAU in Fukushima sprechen, deshalb darf man es auch. Ob man es dagegen auch tun soll, ist schon allein deshalb ein wenig in Zweifel zu ziehen, weil der Begriff den Eindruck erwecken könnte, als sei´s das jetzt im Großen und Ganzen gewesen. Als könne es nicht mehr schlimmer werden. Da hat aber Herr Amano Recht: die ganze Sache wird sich noch eine Weile hinziehen. Entsetzen in der Endlosschleife.
Am Ende wird Japans Hauptinsel Honshū unbewohnbar sein, zwei Drittel der Fläche Japans, was etwa so groß ist wie Deutschland. Zwei Drittel des Landes radioaktiv verstrahlt. Honshū, derzeit bewohnt von etwa hundert Millionen Menschen, wird eine Sperrzone. Die Spekulanten, die in den letzten beiden Wochen zu Aktien von Bauunternehmen gegriffen haben – wegen des gewaltigen Wiederaufbaubedarfs, haben daneben gelegen. Japans Hauptinsel kann nicht mehr wiederaufgebaut werden. Nippons Katastrophenmeldungen werden die nächsten Jahre die Schlagzeilen international beherrschen.
Gestern die Anti-AKW-Demonstrationen in Deutschland, heute die Landtagswahlen im Südwesten – was soll man auch machen? Wir wissen freilich schon jetzt, wie die Resultate aussehen werden. Aber sollen wir nur noch auf Japan blicken? Die Landtagswahlen tragen doch dem Schrecken aus Japan Rechnung. Und: wie es der FDP und der Linkspartei im deutschen Südwesten ergehen wird, wissen wir eben nicht. Spannung ist also angesagt. Das Leben geht weiter. Zumal: auch die Atomlobby lebt weiter. Nur nicht aufgeben, lautet hier die Parole – gerade dann nicht, wenn einem der Sturm ins Gesicht bläst.
[…] Super-GAU: in der Endlosschleife … ruhrbarone […]
@ Werner Jurga
Kannst du uns erklären, wie du zu diesem Szenario kommst:
„Am Ende wird Japans Hauptinsel Honshū unbewohnbar sein, zwei Drittel der Fläche Japans, was etwa so groß ist wie Deutschland. Zwei Drittel des Landes radioaktiv verstrahlt. Honshū, derzeit bewohnt von etwa hundert Millionen Menschen, wird eine Sperrzone.“
Dazu zwei Anmerkungen:
– ich finde es auffällig, dass niemand öffentlich Szenarios für den Fall entwirft, dass die Reaktoren in Fukushima völlig ausser Kontrolle geraten
– wenn die Reaktoren in Fukushima völlig ausser Kontrolle geraten sollten, weiss ich tatsächlich nicht mehr, wie wir noch über „Landtagswahlen“ etc. reden können
Hier arbeitet man an einem konkreten Szenario:
Die frz. Behörde zur Reaktorsicherheit (IRSN, Institut de Radioprotection et de Sureté Nucleaire) geht wohl davon aus, dass der Reaktorblock 3 nicht mehr dicht ist und nicht mehr unter Kontrolle zu bekommen ist. Es werden aktuell Szenarien durchgerechnet, was es genau bedeutet, wenn die defekten Stäbe sich mit den umgebenden Beton mischen.
https://www.irsn.fr/FR/Actualites_presse/Actualites/Documents/IRSN_Seisme-Japon_Point-situation-26032011-10h.pdf
Point de situation du 26 mars 2011 à 10h00, Seite 3:
“L’IRSN examine des scénarios d’aggravation possible de la situation, notamment les scénarios associés à une rupture de la cuve du réacteur n°3 ou des circuits qui lui sont connectés.”
(…) Réacteur n°3
L’exploitant injecte maintenant de l’eau douce dans la cuve à la place de l’eau de mer. Le débit d’injection d’eau est ajusté afin d’assurer le refroidissement du cœur. L’enceinte de confinement ne semble plus étanche selon les indications de pression ; cette perte d’étanchéité serait à l’origine de rejets radioactifs « continus » non filtrés dans l’environnement.
Les dégagements de fumées constatés le 23 mars se sont arrêtés. L’IRSN poursuit ses investigations sur les causes potentielles de défaillance du confinement du réacteur n°3. Une des hypothèses examinée par l’IRSN concerne l’éventualité d’une rupture de la cuve du réacteur suivie d’une interaction entre le corium (mélange de combustible et de métaux fondus) et le béton au fond de l’enceinte de confinement. L’impact en termes de rejet dans l’environnement est en cours d’examen.
La salle de commande a été réalimentée en électricité. Des travaux de vérification des matériels ont été interrompus du fait de la présence d’eau fortement contaminée dans la salle des machines.
Wie es der FDP und der Die Linke heute im Südwesten ergehen wird weiss ich: Sie kommen nicht in die Landtage.
Was den GAU in Japan angeht, so weiss ich, dass es bereits der SUPERGAU ist.
Die Analyse des Kommentars, lieber Werner Jurga, was Japans Zukunft angeht, teile ich, zumal alle serösen Atomernergieforscher und -experten bereits öffentlich vom SUPERGAU sprechen.
In Fukushima ist nichts mehr unter Kontrolle und das nennt man bei einem AKW nun einmal SUPERGAU.
Aber diese Verschleierungstaktik ist ja auch uns Deutschen nicht fremd, denken wir einmal an die wundersame Wandlung der „humanitären Bundeswehrmission“ in Afghanistan hin zu einem „Krieg“ …
Was bleibt den Japanern auch übrig?
Die Wahrheit würde unweigerlich zu einer Massenpanik und -flucht führen.
Angenommen, ein solcher GAU, in derselben Größenordnung, hätte sich z.B. in einem baden-württembergischen AKW am selben Datum wie in Japan ereignet.
Dann gäbe es heute keine Wahlen im Südwesten, weil kein vernünftiger Mensch noch im Ländle verweilen würde …
Von einer Insel kommt man nicht so leicht weg und scheinbar leben die Japaner zur Zeit nach dem „Vogel Strauss Prinzip“, wo man den Kopf in den Sand steckt, wenn man Gefahren nicht sehen will.
Ich denke, dieses Verhalten wird sich noch bitter an der japanischen Bevölkerung rächen.
Hallo Dieter,
Ich wollte nur mal eben sagen, dass das Verhalten der Japaner kulturell bedingt ist. Das ist kein Vogel-Strauss-Prinzip, sondern eine recht erhabene Form des Fatalismus, die dort schon seit Jahrhunderten praktiziert wird.
@ Andreas Lichte (# 2):
„Kannst du uns erklären, wie du zu diesem Szenario kommst?“
Zuviel der Ehre: ich komme zu keinem Szenario. Es ist überall zu lesen (deshalb auch kein „Kunststück“), dass mehrere, vermutlich gar vier, Rektorkerne unkontrolliert schmelzen. Unter diesen Umständen ist es auch keine „Schwarzmalerei“, wie ebenfalls noch in anderen Blogs zu lesen, davon auszugehen, dass der Wind die radioaktiven Partikel verteilen wird. Es dürfte noch Wochen dauern, bis die Blöcke in Fukushima mit einem Sarkopharg bedeckt sind. Der Wind dreht sich nun einmal des öfteren. Auch was das Grundwasser betrifft – siehe den von Dir (# 3) zitierten französischen Text – gibt es keine schnellen Lösungen.
Die radioaktive Verseuchung Honshūs ist nicht mehr zu verhindern. Dennoch liegt es freilich am Verlauft der weiteren Arbeiten, wie schnell und wie stark dieser Prozess der Verstrahlung vor sich gehen wird. Am Ende wird Honshū in jedem Fall unbewohnbar sein.
@ Werner Jurga #6
„Am Ende wird Honshū in jedem Fall unbewohnbar sein.“
Ich hoffe nicht. Es kommt darauf an, wie viel radioaktive Strahlung freigesetzt wird. Gerade dazu gibt es KEINE Szenarios, die verschiedene Fälle durchspielen.
Und nehmen wir mal an, du hättest mit deinem worst-worst-case Szenario Recht: Wieso schreibst du dann noch? Meinst du, die Welt wäre dann noch die gleiche?
– das menschliche Elend liesse sich nicht mehr bemessen (falls das überhaupt geht)
– und wenn das nicht die gesamte Weltwirtschaft durcheinander bringen würde, habe ich irgendwas nicht verstanden
Ziviler Ungehorsam ist in jeder Gesellschaftsform, Kultur möglich und nötig. Zur Zeit in den arabischen Ländern zu verfolgen. Die japanische Gesellschaft hat in Literatur, Film, Kunst (spürbar bis Europa) die militärische Folgen der Atomnutzung verarbeitet, warum sie dies nicht mit der zivilen Nutzung verbindet ist schleierhaft.
@ Andreas Lichte (# 7):
Nochmal: ich entwerfe kein Szenario, schon gar nicht ein worst-case-Szenario. Ich habe doch geschrieben, dass „es freilich am Verlauft der weiteren Arbeiten, wie schnell und wie stark dieser Prozess der Verstrahlung vor sich gehen wird“, liegt. Mindestens genauso wichtig wird sein, wie die japanische Regierung ihre Informationspolitik gestalten wird. Eine Massenpanik muss verhindert werden, gewiss. Doch es wird sich kaum verhindern lassen, dass sich in der nächsten oder übernächsten Woche die Trinkwasserqualität in Tokio deutlich verschlechtert. Noch einmal wird man nicht mit Maßnahmen wie Grenzwerte Raufsetzen, drei halbe Liter für Säuglinge, etc. die Menschen beruhigen können.
Auf die japanische Regierung kommen enorme Aufgaben zu. Die „richtige Dosis“ finden in der Öffentlichkeitsarbeit: Zuviel löst sofort eine Massenpanik aus, Zuwenig unterspült die eigene Glaubwürdigkeit. Das Krisenmanagement an den Reaktoren selbst Die Evakuierungszone um Fukushima herum ist deutlich zu vergrößern. Und viele Andere mehr.
„Wieso schreibst du dann noch?“ – Ich schreibe nicht für Japan, sondern für die Ruhrbarone. Doch wäre ich Japaner, würde ich für Japan schreiben. Ich befürchte, ich verstehe Deine Frage nicht.
„Meinst du, die Welt wäre dann noch die gleiche?“ – Nein. Die Weltwirtschaft, ein Beispiel. Wir sind umgeben von „Experten“, die einen Japan-Boom prognostizieren. Folglich müssen wir uns zunächst einmal darüber im klaren werden, WAS dort gegenwärtig vor sich geht. Daraus ergibt sich dann eine ganze Fülle von Fragestellungen – auch für unsereins hier. Wahrlich genug Gründe zu schreiben.
Unermessliches Leid auf der Welt ist unser ständiger Begleiter. Nur zum Vergleich: pro Jahr verhungern etwa neun Millionen Menschen.
@ Werner Jurga #9
„ich entwerfe kein Szenario, schon gar nicht ein worst-case-Szenario“
wie sollen wir es denn nennen, wenn dein Fazit lautet:
“Am Ende wird Honshū in jedem Fall unbewohnbar sein.”
Wenn das zuträfe, kannst du jede „Öffentlichkeitsarbeit“ vergessen: Das ist kein „Kommunikationsproblem“ mehr: Wohin sollen denn Millionen Japaner flüchten?
Ich habe den Eindruck, dass du deine eigenen Aussagen nicht ernst nimmst: Wenn du Recht hättest, gäbe es keinen Grund mehr, zu schreiben, dann wäre es zu spät. Aus, vorbei, wenn Werner Jurga Recht hätte. Wenn.
@Andreas Lichte
Leider ist das Szenario, kein Hirngespinst, sondern beruht auf Fakten, die nachkontollierbar sind. Werner macht eine Kalkulation, die dieser Faktenlage angemessen ist.
Die japanische Regierung aber tut so, als wäre der Reaktor so eine Art Hochofen, mit dem etwas nicht in Ordnung ist. Sie tut so, als sei das ganze eine lokal begrenzte Angelegenheit.
Die Russen haben in Tschernobyl auch gemauert, aber immerhin haben sie sofort Beton über den Reaktor gekippt. die Japaner dagegen schicken ihre Arbeiter ohne richtige Schutzkleidung direkt an den Reaktor, und erzählen der Welt, daß die 10millionenfache Überschreitung des maximalen Höchstwertes praktisch ungefährlich ist. Nicht mal die Fische im Meer sind danach gefährdet.
Und hier haben viele diesen Unfall schon verdrängt.
Die Leute denken, Japan ist ein westliches Land mit Hochtechnologie und die werden schon wissen, was zu tun ist. Das ist so eine Art Religion:
„Westen ist immer gut, selbst wenn es mal knallt, kann nichts passieren.“
Aber die Wirklichkeit jenseits dieser Wunschillusion ist, daß diese Nummer in Fukushima etwa viermal so schlimm ist, wie Tschernobyl. Es sind 4 Reaktoren, nicht nur einer. Und die Strahlung ist mittlerweile so hoch, daß es nicht mal mehr helfen würde, wenn die Arbeiter Schutzanzüge bekämen.
Dort im Hightech-Land gibt es keine Schutzanzüge, keinen Strom, das Kühlwaser mußte mit Hubschrauber in den Reaktor geschüttet werden. Ja meine Güte, wieso sollen die ein Szenario für die verschiedenen Fälle durchgespielt haben?
Sag es mir Andreas: Warum?
Und was ist über solche „durchgespielten“ Szenarien hier bei uns bekannt?
Wohin werden wir evakuiert?
Mir ist nicht bekannt, wohin ich mich wenden muß, wenn der Fall eintritt.
Dir?
Wenn so etwas passiert, holt man die geheimen Pläne aus den Schubläden?
Ich glaube eher, daß niemand je an solch einem Plan gearbeit hat.
@ Helmut Junge #11
Ich mach mir Riesen-Sorgen, dass die Sache „schiefgeht“, das kannst du mir glauben, und hier auch noch mal nachlesen:
Japan: „Es wirkt wie ein Totentanz.“ https://www.ruhrbarone.de/japan-„es-wirkt-wie-ein-totentanz-“/
Ich liefere auch FAKTEN, die belegen, wie ernst die Situation in Fukushima ist, siehe meinen Kommentar #3
Dein Vergleich mit Tschernobyl ist aber sachlich falsch. Ich könnte jetzt jeden einzelnen Punkt auseinandernehmen, hier nur ein Beispiel:
Die Russen haben NICHT „sofort Beton über den Reaktor gekippt“: Sie haben mit dem Sarkophag eine wirklich geniale ingenieurstechnische „Improvisation“ geleistet. Die Aufgabe bestand darin, das radioaktive Material von der Umwelt zu isolieren, aber so, dass es nicht zu einem Hitzestau kam. Dazu haben sie die alte Gebäudestruktur genutzt. Zwischen den Resten des Reaktors und dem Sarkophag gibt es ausreichend Abstand. Zugleich haben Bergarbeiter unter dem Reaktor eine Betondecke gebaut, die verhindert hat, dass das radioaktive Material in den Boden gelangt. (wie sollten den Liquidatoren unendlich dankbar sein, das haben sie auch für uns getan)
Wenn man in Fukushima einfach nur Beton oder anderes auf die Reaktoren kippte, käme es zu einem Hitzestau und voraussichtlich zu einer Explosion (meine Laieneinschätzung).
@Andreas Lichte,
Kommen denn die Japaner um den Betonmantel herum?
Wenn ja, weshalb?
Wenn nein, wann fangen sie an?
Nachdem sie schon keinen Strom hatten, und nicht mal über Schutzkleidung zu verfügen scheinen, mache ich mir Sorgen, daß sie eventuell nicht mal Beton besorgen können.
Das sind jetzt nämlich technische Maßnahmen, die so langsam angedacht werden sollten, wenn es vorher scheinbar auch keinen Plan für diese Situation gegeben hat. Die Arbeiter geben ihr Leben hin, und die Verantwortlichen leugnen die Katastrophe.
Aber vielleicht ist es auch nur die Finazierungsfrage für weitere Maßnahmen, die noch geklärt werden muß.
Lassen wir vorsorglich alle Pro-Atom-Protagonisten eine verpflichtende Erklärung unterzeichnen, dass sie im Falle eines Unfalls an vorderster Front den GAU bekämpfen….
Kurz gesagt – mir fällt einfach nicht ein, wie man das bei unseren arbeits- und menschenrechtlichen Standards organisiert dass eine solche Masse Menschen (die dafür in der Sowjetunion nötig war) sich opfert um den Unglücksherd dauerhaft zu versiegeln. Wer von uns würde freiwillig vorgehen?
Und: was die Evakuierung betrifft – wie bewerkstelligt man das alleine im Falle Tokio? Was passiert, wenn die Verantwortlichen Politiker auch nur vorsichtig die Katze aus dem Sack lassen? Wer ist bereit eine solche Entscheidung zu verantworten? Braucht es dazu einen veritablen Stalin?
Es ist schon erstaunlich, wie die Weltöffentlichkeit angesichts der Bedrohung aus Japan reagiert. Wenn der „Werk3“ Reaktor, mit seinen Mox-Plutonium Brennstäben außer Kontrolle gerät, läuft dort in Japan auf der gesamten Insel gar nichts mehr. Leider, gibt es keine Informationen, was mit diesen Mox-Brennstäben passiert, wenn sie „außer Kontrolle“ geraten. Ich vermute, man weis es gar nicht.
Bei jeder Kettenreaktion von spaltbarem Material, entsteht Plutonium. Sonst hätte man keins. Plutonium, gab es bis zu den Atombomben gar nicht. Und so ist es auch so, das bei der Kernschmelze in Tschernobyl, genauso wie bei den „Atombombenversuchen“, als auch bei den vielen Zwischenfällen, Plutonium frei geworden ist. Wir Menschen, befinden uns auf der Erde, in einem Versduchstadium, wo getestet wird, wieviel Plutoniumoxyd, freigesetzt werden kann, ohne das die Menschheit, aber auch weite Teile der gesamten Biologie, unwiederbringlichen Schaden erleidet. Es ist ein Versuch, mit no return. Es ist ein Ritt über den Rubikon. Wenn der Versuch „Erfolg“ hat, ist es ein Sieg, der wie Asche im Munde stecken bleibt.
Inwieweit bei einer Freisetzung der „Mox- Brennstäbe“ Plutoniumoxyd freigesetzt wird, wird mit keiner Silbe in der Öffentlichkeit erwähnt. Das beunruhigt. Wenn man bedenkt, das 500g Plutoniumoxyd, fein verteilt, ausreichen würden, die gesamte Menschheit, via Lungenkrebs auszurotten, wird man sich über die Dimension im Klaren, was in den nächsten Wochen, mit Sicherheit passiert, wenn man davon ausgeht, das Tonnen von Plutonium, in „Werk3“ sind.
Die 50 Arbeiter an den 4 Reaktoren, werden nicht mehr lange durchhalten können. Nicht erst seit Tschernobyl weis man, das Strahlendosen, unmittelbar unter dem akuten tödlichen Verletzungsrisiko, nach ca. 3 Wochen offen zu Tage treten. Diese 3 Wochen, sind in Fukushima bald vorbei.
Man sollte sich aber keinen Illusionen hingeben. Wenn einer von den 4 Reaktoren einen Schweren Störfall erleidet, wird man nur noch unter akuter Lebensgefahr, sich den anderen Reaktoren nähern können. Dadurch wird es zu einem Dominoeffekt, letztlich auf der ganzen Erde, kommen. Nach jedem Störfall, mit weitreichender radioaktiver Kontamination, werden andere Reaktoren in Mitleidenschaft gezogen. Erst das Gebiet um Fukoschima, dann ganz Japan, dann Asien, dann Europa, und irgendwann, wird es die ganze Erde sein.
Daneben gibt es das Problem der Diffusion. Wahrscheinlich werden die Partikel an Plutonium in „Werk3“, ausreichen, über die Winde und die Diffusion in der Luftschicht, das Plutoniumoxyd, binnen 48 Stunden, so zu verbreiten, das man sowieso vom worst case ausgehen muss. Nur unter diesen Umständen, ist es zu erklären, wie Japan, aber auch die gesamte Erde, informativ mit dem „Super Gau“ umgeht. Man will es schon gar nicht mehr wissen.
Grüße, Rudi Gems
@ Andreas Lichte (insbes. # 10):
Rudi Gems´ Kommentar (# 16) lesen und dann bitte noch einmal auf meine Frage antworten: kommt von mir ein Worst-Case-Szenario?
@ Rudi Gems (# 16)
„Dominoeffekt … irgendwann wird es die ganze Erde sein“, wo „Reaktoren in Mitleidenschaft gezogen“ werden. Ohne Erläuterung, ohne Ableitung – Hauptsache Horror. Was soll das?!
@ Werner Jurga #17
Rudi Mens habe ich gelesen. Du sagst ja selber: „Ohne Erläuterung, ohne Ableitung – Hauptsache Horror. Was soll das?!“
Meine Frage aus Kommentar #10 kann ich nur wiederholen:
Wie sollen wir es denn nennen, wenn dein Fazit lautet:
“Am Ende wird Honshū in jedem Fall unbewohnbar sein.”
@All: Auch dieses Mal wird die Welt nicht untergehen. Und Japan auch nicht. Sicher? Sicher.
@ Helmut Junge #13
Ich bin kein Experte für Kernkraftwerke, ich möchte dir das „physikBlog“ für die Fakten empfehlen:
„Eine Zusammenfassung der Probleme bei Fukushima I“, https://www.physikblog.eu/2011/03/21/eine-zusammenfassung-der-probleme-bei-fukushima-i/
Zu deinen Fragen aus meiner Laien-Sicht:
„Kommen denn die Japaner um den Betonmantel herum? Wenn ja, weshalb? Wenn nein, wann fangen sie an?“
Noch versucht man, das Schlimmste zu verhindern: das Schlimmste wäre eine Kernschmelze, die den Reaktordruckbehälter UND das Containment durchdringt. Damit wären grosse Mengen radioaktives Material in die Umwelt gelangt, bisher ist das noch NICHT geschehen.
Falls man durch permanente Kühlung das Schlimmste vermeiden kann – und das weiss man erst nach Monaten – müsste man dafür sorgen, dass die Reaktorblöcke gegenüber der Umwelt abgeschlossen werden, auch wenn die freigesetzte Radioaktivität im Vergleich mit Tschernobyl äusserst gering wäre.
Das wirklich beunruhigende an der Meldung der Französischen Atombehörde IRSN in Kommentar #3 ist, dass sie die Möglichkeit durchrechnet, dass das Schlimmste passieren könnte: die IRSN hat sicher kein Interesse daran, Panik zu verbreiten.
Falls nach einer Kernschmelze, die den Reaktordruckbehälter UND das Containment durchdringt, grosse Mengen Radioaktivität freigesetzt würden, halte ich es für unwahrscheinlich, dass ein Betonsarkophag das Problem noch lösen könnte: wer soll den Sarkophag bauen? Das wäre dann meines Erachtens tatsächlich sowas wie ein Todesurteil für die Rettungskräfte.
@ Stefan Laurin #20
saublöder Kommentar. Melde dich freiwillig zu den Rettungsarbeiten, dann kannst du das gerne noch mal aus Japan twittern.
@Andreas: Ihr suhlt Euch doch schon in der Panik. Kommt mal wieder runter und lest BBC.
@ Stefan Laurin #23
„Ihr suhlt Euch doch schon in der Panik.“
So wie die Französische Atombehörde IRSN?
Es würde nicht schaden, dich zu informieren, bevor du hier völlig sinnfrei den Ober-Coolen gibst.
@ Werner Jurga
Nein, der worst case kommt von mir. Eine andere Einschätzung der Lage, kann ich leider nicht machen.
Nunja, der Domino Effekt, bei den Reaktoren in Fukoshima, und die Reaktoren oberhalb und unterhalb von Fokushima, dürfte doch wohl leicht vorstellbar sein. Eine Kontamination, mit Radioaktiven Stoffen, insbesondere Plutonium, dürfte doch für jeden nachvollziehbar sein, das an diesen Reaktoren, unmittelbar in der Nachbarschaft, in den nächsten Jahren, wohl kaum noch was machbar ist, was nicht akut tödlich ist. Damit ist man gezwungen, die Reaktoren, sich selbst zu überlassen. Da man aber nun, auch erfahren hat, wie wichtig, selbst eine wochenlange Notkühlung, allein schon für „Abklingbecken“, nötig ist, kann sich doch jeder ausrechnen, was mit den übrigen ca.50 Reaktoren passiert, die es auf Japan gibt? Sie sind ja bis heute, noch nicht im Stadium des „Abklingens“.
Und wenn nach einem Super Gau in Fokushima, laut Veröffentlichung, ein Umkreis von 500 KM (einschl. Tokio) entsteht, der ein langfristiges tödliches Risiko birgt, dann finde ich das äußerst beunruhigend. Und dann ist es auch nur noch eine Frage der Zeit, wann alle Reaktoren, in Japan vakant werden. Wie soll dann ein Übergreifen auf Asiatische und Russische Reaktoren verhindert werden? Es ist zu befürchten, das dieselben diletantischen Rettungsversuche, die wir bei Fokushima mit Schrecken konstatieren müssen und mussten, sich an den anderen Kernkraftwerken, wiederholen werden.
Grüße, Rudi Gems
@Stefan Laurin,
wenn ich darüber nachdenke, was da in Fukushima alles schon passiert ist, und darüber, was da noch kommen könnte, wäre ein hysterischer Dreieckssprung mit Endloswiederholung durchaus angemessen.
Verglichen damit verhalte ich mich doch ziemlich gelassen, cool heißt das wohl.
Ich selbst sehe mich sogar etwas als Stoiker.
Zur Erklärung:
„Für den Stoiker als Individuum gilt es, seinen Platz in dieser Ordnung zu erkennen und auszufüllen, indem er durch die Einübung emotionaler Selbstbeherrschung sein Los zu akzeptieren lernt und mit Hilfe von Gelassenheit und Seelenruhe zur Weisheit strebt.“ aus: Wikipedia
Jetzt kommst Du und sagst:
“Ihr suhlt Euch doch schon in der Panik.”
aber was ist das dann für ein Standpunkt, von dem aus du sprichst?
Vermutlich hast du schon die Stufe der völligen Unempfindlichkeit gegenüber den Geschehnissen dieser Welt erreicht?
Beneidenswerter!
@Werner Jurga und Stefan Laurin:
Man kann deshalb von einem Super-GAU sprechen, weil er inzwischen jenseits der Auslegung des Kraftwerkes liegt. Das erkennt man daran, dass TEPCO nicht nur nicht weiß, was es jetzt tun kann, um die Sache unter Kontrolle zu bekommen. Man ist nicht einmal in der Lage, zu beobachten, was in den Blöcken derzeit abgeht. Das gilt als unerforscht, zumindest sagen das deutsche Physiker. Ein solcher Fall in Deutschland und wir hätten keinen einzigen Wissenschaftler, der jetzt noch Rat geben könnte.
Oder sie wollen aus Haftungsgründen nicht genau sagen, was Sache ist. Wenn ich mir die Kaltschnäuzigkeiten anderer Vorstände, wie z.B. bei BP anschaue, gehe ich davon aus, dass oberstes Kommunikationskriterium ist, die eigene Haftung so gering wie möglich zu halten. Wenn die japanische Regierung mal feststellen wird, dass Ursache für den Super-GAU eine „Naturkaptastrophe“ war, und keine Managementversäumnisse, haftet TEPCO mit keinem Pfennig.
Ein zweites Kriterium für die Kommunikation habt Ihr angesprochen: Die Vermeidung einer Panik in Tokyo.
Wären alle Blöcke ordnungsgemäß gekühlt, wäre jeder Tag ohne Gau ein Gewinn. Aber solange die Hitze- und Druckentwicklung stärker sind als die Kühlung, gilt das nicht.
Hätte, könnte, würde – Planspiele ersetzen keine Realität und das Gegenrechnen von worst case szenarien ist in der Tat ein sich in der Panik suhlen, wie Stefan Laurin schrieb. Mal angenommen morgen ginge wirklich die Welt dank Fukushima – fühlt ihr euch dann alle toller, weil ihr den „told you so“-Tanz singen könnt? Ich finde es immer extrem bemerkenswert, wie bei solchen Vorfällen plötzlich alle zu Experten werden, die Überlegungen anstellen, Ferndiagnosen betreiben und darüber vergessen, dass heute echt ein schöner Tag ist. Hätte, könnte, würde – keiner kennt die wirkliche Lage, aber jeder fühlt sich berufen im Waschweiberkessel des Hypothesen-Gewäschs mitzumachen. Die Antwort darauf ist ganz simpel: „get a f*cking life!“
@Ben, wie wärs wenn Du einfach ins Kino gingest? Wenn Du hier nichts beizutragen hast, dann schweig einfach.
Meine Bemerkung war on-topic. Ich kann sie auch gerne noch einmal zusammenfassen, damit der „Beitrag“ offensichtlicher wird: Überlegungen, was passieren könnte (plus hysterischer Kommentare) sind generell sinnlos, auch wenn sie eine nette Gedankenübung sind. Wirklich nutzlos aber werden solche Gedankenspiele bei Vorfällen wie dem momentanen, wo wirklich niemand außer den Menschen direkt am Reaktor einen Plan davon hat, was da eigentlich genau vor sich geht. In diesem Sinne: Überflüssiger Artikel, noch überflüssigere Diskussion. Und gerne schweige ich ab hier und überlasse das Feld wieder den „Experten“.
@ Ben #30
kann man auch kürzer zusammenfassen:
„Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist.“
aus „Die Fledermaus“, Johann Strauß
(editiert) Das ist echt erhabener Eskapismus:
„Ich wollte nur mal eben sagen, dass das Verhalten der Japaner kulturell bedingt ist. Das ist kein Vogel-Strauss-Prinzip, sondern eine recht erhabene Form des Fatalismus, die dort schon seit Jahrhunderten praktiziert wird.“
@Jo: Ich hab ein Wort bei Dir gestrichen. So läuft das hier nicht.
Stefan, ich gebe zu in dem verlinkten Artikel steht nicht „auf zur Krebsvorsorge nach Tschernobyl“, aber viel fehlt nicht mehr…^^
Es ist wohl schon eine Frage , wie man sich die Einstellung zum Leben vorstellt. Natürlich habe ich Verständnis für Leute, die sagen, „Ich will es gar nicht so genau wissen.“ Natürlich ist die Frage erlaubt, was der Bericht über eine auswegslose Lage, letztendlich noch für einen Sinn macht? Ich gehöre allerdings zu den Menschen, die, auch sehenden Auges, in eine Apokalypse gehen wollen. Ich bitte da um Entschuldigung.
Was letztlich in Japan passieren wird, weis keiner. Wir können Mutmaßungen anstellen, Spekulationen, Hochrechnungen oder Wahrscheinlichkeiten berechnen oder anstellen. Ob sie letztlich so eintreffen, wann sie eintreffen und in welchem Umfang sie eintreffen, weis keiner. Genauso weis keiner, ob es Auswege gibt, oder wenigstens Hinauszögerungsstrategieen.
Fest steht, das es den GAU in Japan gegeben hat. Fest steht weiter, das es in 4 Kraftwerksblöcken, Explosionen und Feuer gegeben hat. Fest steht zusätzlich, das hunderte von Menschen (Helden), unter Einsatz ihres Lebens, an den Kraftwerken schuften, um noch zu retten, was zu retten ist. Fest steht als nächstes, das es Kernschmelzen gegeben hat, die fast alle Wissenschaftler, als fatal und unumkehrbar einschätzen.
Die Wahrscheinlichkeit, das die Reaktorblöcke, soweit das Umfeld radioaktiv kontaminieren, das es zur akuten Gefahr wird, überhaupt noch in die Nähe der Anlagen zu gehen, liegt schon im 99,99%’igen Bereich. Damit ist sicher, das es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis man die Reaktorblöcke, sich selber überlassen muss. Damit, wird es eng, für ganz Japan. Damit befinden wir uns aber immer noch in Umständen, wo wir Vergleiche haben, nämlich Tschernobyl. Ob es in Japan möglich ist, so wie bei Tschernobyl, ca. 200 000 „Freiwillige“ zu finden, die einen Sarkophag um 4 Reaktorblöcke bauen, und einen Tunnel unter den Blöcken, die dann mit Beton gefüllt werden, bleibt abzuwarten.
Was letztendlich geschieht, wenn der SuperGAU, letzlich sich erbarmungslos Bahn bricht, wissen wir nicht. Es hat noch keinen SuperGAU mit Mox Brennstäben gegeben. Es ist aber durchaus davon auszugehen, das auch die übrigen Länder der Erde, nicht davon verschont werden. Sollte das Plutoniumoxyd, wirklich einen solchen Vernichtungsfeldzug führen, wie ich es befürchte, bleiben trotzdem noch jedem an Lungenkrebs erkrankten, noch einige Monate Zeit, mit seinem Leben abzuschließen.
Auch, gibt es sicher Präventionsmaßnahmen, auch die Kontaminierung mit diesem Plutoniumoxyd, hinauszuschieben. Dies alles, kann man aber nur machen, wenn man sich rechtzeitig informiert. Natürlich, schwebt über allen Informationen, immer auch das Schwert des Makaberen. Wie gesagt, ich gehöre zu den Menschen, die sich eben auch über solche Erkenntnisse informieren wollen. Und deshalb, mache ich das auch hier im Blog. Wer das nicht will, kann ja jederzeit das Lesen, hier im Thread einstellen. Diskriminierungen oder gar Beschimpfungen bis hin zu Beleidigungen, halte ich allerdings, von allen Seiten, sowohl als unangebracht, als auch als unwürdig für die Ruhrbarone, bis hin zu absolut überflüssig.
Grüße, Rudi Gems
Wir sind seit dem Bau des ersten AKW in Lebensgefahr. Jede Regierung seitdem hat alles getan, um diesen Gedanken auszuschalten. Und wir regen uns auf über die japanischen Verlautbarungen? Wer wird bei uns GAU-Leiter sein, wenn der GAU eintritt? So ein Gau muss schließlich ordentlich ablaufen. Die Atome haben in Reih und Glied zu explodieren. Wie es das Naturgesetz befiehlt. Am deutschen Wesen wird im Ernstfall die Welt genesen. Nur nicht die, die wir kannten.
@ Wilfried Salus Binek
Auch die Japaner selbst regen sich zunehmend über die Verlautbarungen der japanischen Regierung auf. Was nichts an der Tatsache ändert, dass in jedem anderen Land in einer vergleichbaren Situation genauso beschwichtigt, schön geredet und gelogen würde.
Damit stellt sich aber doch die Frage, ob dieses Verhalten der Verantwortlichen alternativlos ist. Nach meiner Ansicht kann es das schon deswegen nicht sein, weil wir nicht mehr im Zeitalter totalen Informationskontrolle leben, bzw. in einem, in dem diese überhaupt noch möglich ist.
Wenn also andere Informationen trotzdem durchsickern, bzw. mit Gerüchten vermischt zu noch mehr Desinformation führen, dann haben die Betroffenen u n d die Beobachter der Katastrophe allen Grund sich aufzuregen. Und zwar nicht moralisch sondern aus ganz sachlichen Gründen.
Am Ende könnte die aktuelle Informationspolitik der Verantwortlichen mehr Leben kosten als sie vorgibt zu retten. Im übrigen bietet genau diese Art des systematischen Betrugs aus vorgeblich gutem Grund denen, die mehr Wissen bzw. die Informationen kontrollieren, die großartige Möglichkeit zumindest ihren Arsch rechtzeitig zu retten, bzw. ihr Leiden gegenüber den Un- und Falschinformierten unverhältnismäßig und ungerechtfertigt zu lindern.
Das alles wird in Japan wohlmöglich noch geschehen oder es geschieht sogar schon , denn der der japanischen Kultur zu Gute gehaltene und zur Zeit aus gutem Grunde mystifizierte „gemeinnützige Heroismus“ und „erhabene kollektive Fatalismus“ wird sich bald in die Mechanismen auflösen, die die Natur des Menschen ihm jenseits der Kultur für die Fälle der absoluten und indivduell spürbaren Bedrohung vorgegeben hat.
In solchen Zeiten gibt es weder ein typisch deutsches noch ein typisch japanisches Wesen sondern einfach nur Menschen aus Fleisch und Blut. Das kann in Japan ohne weiteres zu noch mehr Fatalismus führen, der dann aber nicht mehr typisch japanisch , sondern einfach nur der Tatsache geschuldet ist, dass im wahrsten Sinne des Wortes nichts mehr zu machen ist.
@ all
Nicht nur die Nutzung der Atomenergie scheint mir einer Form des kollektiven Irreseins zu entsprechen, auch die Diskussion darüber nimmt zunehmend diese Form an. Insbesondere seit Beginn der Katstrophe in Japan. Die folgenden sprachlichen Floskeln und kommunikativen Verhaltensweisen sind dafür typisch:
1. Wir können nichts ernsthaft diskutieren, weil wir nichts Genaues wissen.
Atomenergie wird damit zum Heiligtum von Hohen Priestern erklärt, die als einzige etwas wissen bzw. wissen können, und wenn die auch nichts mehr wissen, dann gilt es sich fatalistisch zu fügen. (Japaner als Vorbild)
2. Menschen die dauernd über Zukunft reden (Urlaub, Rente, Kinder, Investments usw) weigern sich im Falle das Atomgaus auch nur über die möglichen Szenarien der kommenden Wochen oder Monate zu reden.
Atomenergie wird damit zum Schicksal erklärt, dass grundsätzlich nicht abwendbar ist und damit auch keine Relevanz für die eigene Handlung haben kann. (Leute die Sonne scheint heute! Warum seid ihr wegen der Atomkatastrophe so traurig)
3. Jetzt wo das Unvorstellbare passiert wollen alle Experten sein die obendrein alles vorher gewusst haben. Hahaha!
Atomkatastrophen werden im Nachhinein für unprognostizierbar erklärt und damit ihre Promotoren für unschuldig. Die Menschen die sich nun durch die Experten betrogen, zumindest aber fehlerhaft informiert fühlen und deswegen gezwungen sind, selber zu Experten zu werden, werden lächerlich gemacht.
4. Wer den sofortigen Ausstieg aus der Kernenergie fordert ist nicht ernst zu nehmen bzw. ist diese Forderung irrational weil nicht finanzierbar.
Während die Menschheit noch vor kurzem für die in waghalsigen Finanzprodukten umgeformte Gier vieler leitendender Banker einen bis dahin unvorstellbaren Schuldenberg riskieren musste ist dies beim Ausstieg aus einer der tödlichsten Dead-End-Technologien, die die Menscheit je hervorgebracht hat, nicht möglich.
P.S. Ich kann mich des Gesamteindrucks nicht erwehren, dass wir selbst in den meisten leitenden Positionen von Menschen geführt und regiert werden, die sich standhaft weigern die Realität auch nur wahrzunehmen.
@ Ben (# 30) „Überflüssiger Artikel, noch überflüssigere Diskussion“
Andreas Lichte fragt sich, warum ich überhaupt noch schreibe, wo ich doch den Weltuntergang kommen sähe. Stefan Laurin lebt noch immer recht sorgenfrei in der freiesten aller freien Marktwirtschaften. Und Du verabschiedest Dich aus dem „Waschweiberkessel des Hypothesen-Gewäschs“. Zugegeben: recht unterschiedliche Standpunkte. Einzige Gemeinsamkeit: die Anregung zu schweigen. Weil wir erstens nichts wissen und deshalb zweitens nur Waschweibergewäsch von uns geben könnten.
Zu 1) Wir wissen tatsächlich nicht besonders viel. Aber was wir wissen, ist fürs Erste umständehalber auch genug. Kernschmelze und Trinkwasserverseuchung sind amtlich bestätigt; denkenden Menschen ist gestattet, weiter zu denken, auch wenn naheliegende Schlussfolgerungen als „Hypothesen-Gewäsch“ denunziert werden.
Zu 2) Diese Diskussion ist keineswegs „überflüssig“ oder „sinnlos“, sondern die Grundlage für Diskussionen, die in den nächsten Wochen und Monaten geführt werden. Um nur drei Beispiele zu nennen: es wird diskutiert werden a) über die Strahlenbelastung hier bei uns, b) über das Verhalten des staatlichen Gewaltapparats in Japan, und c) über die weltwirtschaftlichen und weltpolitischen Kräfteverschiebungen. Noch eine Reihe weiterer Themen fiele mir spontan ein.
Alles sinnlos, alles überflüssig, alles Waschweibergewäsch? Man müsste schon sehr unpolitisch sein, um diese Frage bejahen zu können.
@ Werner Jurga #38
„Zugegeben: recht unterschiedliche Standpunkte. Einzige Gemeinsamkeit: die Anregung zu schweigen.“
Ich habe weder dir – noch mir, noch irgendjemand sonst – die Anregung gegeben, zu schweigen.
Im Gegenteil:
– ich habe dir Fragen gestellt, die du nicht beantwortest hast
– ich habe selbst ausführlich kommentiert
– und ich habe Stefan Laurin per mail und Telefon aufgefordert, doch bitte auch noch einen „inhaltlich wertvollen“ Kommentar beizusteuern
Den Weltuntergang aus den bisherigen Geschehnissen abzuleiten halte ich zwar für etwas verfrüht; dennoch ist es verständlich, wenn sich existenzielle Ängste in gewissen Kommentaren äußern. Der von Herrn Gems angesprochene Super-GAU hat bereits stattgefunden, es wird sich allerdings noch zeigen wie die Konsequenzen aussehen. Negativ werden sie sein, es zeigt sich jedoch noch in welchem Ausmaß. Man kann ja durchaus noch hoffen, dass die Arbeiter das Kraftwerk „in den Griff“ bekommen werden, schließlich bleibt ja auch wenig anderes übrig. Denn falls sich der Kern (wobei das im Moment ja noch graue Theorie ist) in den Boden schmilzt, kann ein Großteil der Insel wahrscheinlich wirklich kaum noch bewohnt werden. Wobei die akutesten Probleme dann kontaminiertes Wasser und Lebensmittel sein werden. Große Explosionen, die die radioaktiven in der Luft zerstäuben würden, erwarte ich zur Zeit nicht mehr, da die Reaktoren wohlmöglich schon geplatzt sind und damit unter sehr viel weniger Druck stehen als zuvor. Damit könnte man aber nach wie vor die restlichen KKW betreiben (hier wurde ja schon über eine Art Kettenreaktion (ein KKW nach dem anderen steht vor dem GAU) gesprochen, die nach den Informationen (die ja zugegebenrmaßen sehr spärlich und verwirrend sind) im Moment nicht zu erwarten sind.
Ich glaube zudem, dass es ein Fehler ist, Informationslücken mit eigener Fantasie aufzufüllen – damit kann man dann besser Romane füllen als vermeintliche Informationsblogs.
Ausdenken kann man sich viel, dann doch lieber auf Mangas wie Akira zurückgreifen, die sind unterhaltsamer.