Symposium mit wenig Zukunft an der Folkwang

Tradition gegen Zukunft: „Der grüne Tisch“ von Kurt Jooss. (Foto: Andrea Mohin)

Im Frühjahr diesen Jahres veröffentlichte die vom Kunsthochschulbeirat beauftragte  Tanzkommission NRW ihren Abschlussbericht. Ein Jahr lang hatte sie die Tanzausbildung in NRW – an der HfMT Köln und der Folkwanguniversität der Künste in Essen unter die Lupe genommen. Obwohl der Bericht aufgrund methodischer Mängel sowie faktischer Fehler nicht unproblematisch ist und sogar nachgebessert werden musste, enthielt er doch in seiner Grundtendenz richtige Thesen: An der HfMT mangelt es der eigentlich gut und zukunftsfähig strukturierten Tanzausbildung an räumlicher und personeller Ausstattung, an der Folkwang führt eine allzu starke Fixierung auf die Tradition – Jooss, Leeder, Bausch – dazu, dass die Studierenden kaum noch marktgerecht ausgebildet werden. Sowohl etliche Leiter von Tanz-Ensembles wie auch ehemalige Studierende der Folkwang Universität bestätigen diesen Eindruck.

Nun kündigt die Folkwang Universität für den 13. bis 15. Oktober ein Symposium „Folkwang Tanz“ an. Zum einen ist das zwar Teil der Feierlichkeiten anlässlich des 90jährigen Bestehens der Hochschule, zum anderen nährte die Ankündigung aber in Fachkreisen und bei Studierenden die Hoffnung, dass das Symposium eine Reaktion auf die Kritik der Tanzkommission sei und hier über Möglichkeiten der dringend nötigen Neuausrichtung der Ausbildung nachgedacht werden würde, um sie, wenn schon nicht in die Zukunft, so zumindest in die Nähe gegenwärtiger Ansprüche zu bringen.

Nach der nun versandten Pressemitteilung zu urteilen, muss diese Hoffnung allerdings als verfrüht angesehen werden. Gleich in der Überschrift heißt es, das Symposium setze sich „mit dem Erbe von Kurt Jooss bis Pina Bausch auseinander“. Mit reiner Rückwärtsgewandtheit geht es dann weiter. Es solle deutlich gemacht werden, wie die Jooss-Leeder-Technik TanzkünstlerInnen bis in die Gegenwart prägte. Genannt werden hier Reinhild Hoffmann, Susanne Linke und Gregor Zöllig. Letzterer ist mit 52 Jahren der jüngste. Als Höhepunkt des Tanzabends, der am Samstagabend stattfindet, wird das Pina-Bausch-Solo „Philips 836885 D.S.Y.“ genannt, das seit 40 Jahren nicht mehr aufgeführt wurde. Weitere Programmpunkte: Am Freitag eine Lecture Performance „Sigurd Leeder“, Samstag eine Lesung aus Briefen von Kurt Jooss und ebenfalls Samstag ein Late Night Talk „Weißt du noch?…Mit allen, die sich erinnern wollen“ mit Malou Airaudo, Lutz Förster, Susanne Linke und Reinhild Hoffmann. Eine exklusive Runde durchaus ehrenwerter Senioren und geballter Folkwang- und Bausch-Vergangenheit.

Das aktuelle Tanzgeschehen muss man im Programm des Symposiums dagegen lange suchen. Es findet sich am ehesten am Sonntag, wenn der Choreograph und Compagnieleiter Ben J. Riepe ein Tanztraining gibt und dann auch auf dem Podium mit Stefan Hilterhaus – künstlerischer Leiter von PACT Zollverein – und Gregor Zöllig, Leiter des Tanztheaters Braunschweig sitzt. Insbesondere Riepe, der an der Folkwang studierte und danach seine eigene freie Compagnie gründete, hat hier die Möglichkeit, Defizite in der derzeitigen Ausbildung aufzuzeigen, die dazu führen, dass Folkwang-Absolventen kaum vorbereitet sind auf den realen Arbeitsmarkt und die Durchsetzung in einem sich rasch verändernden Umfeld. Auch Stefan Hilterhaus kann hier Hinweise dazu geben, wie heute ausgebildet werden muss, angesichts der Tatsache, dass feste Tanz(theater)Compagnien immer seltener werden und freie Projektarbeit immer wichtiger wird. Die Kompetenzen, die dazu nötig sind, werden an der Folkwang Universität kaum vermittelt und eine Ermunterung der Studierenden, sich in diesem und dem Grenzbereich zur Performance auszuprobieren, fehlt im Curriculum bisher. Die Hoffnung, dass von diesem Symposium allerdings wirklich wichtige Impulse ausgehen, ist gering. Eher werden wohl die Neuerungen am Tanztheater Wuppertal Pina Bausch, mit dem die Tanzausbildung an der Folkwang Universität nicht nur personell eng verzahnt ist, ausschlaggebend sein. Hier versucht die neue Intendantin Adolphe Binder ab diesem Jahr mit neuen Choreographien einen Weg heraus aus der rein musealen Erhaltung des Bausch-Erbes und dessen allzu begrenzten Kosmos‘. Wenn das gelingt, wird vielleicht auch die Tanzausbildung an der Folkwang Universität nachziehen.

 

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