Tag der Solidarität mit den Opfern des NSU und Gedenken an Mehmet Kubasik

Tag der Solidarität mit den NSU Opfern, Foto: Ulrike Märkel
Tag der Solidarität mit den NSU Opfern, Foto: Ulrike Märkel

Über 150 Menschen nahmen am Samstag an der Kundgebung zum Gedenken an Mehmet Kubasik, der am 04. April 2006 vom rechtsterroristischen NSU in Dortmund umgebracht worden ist, teil. Mehrere Migrantenorganisationen und Vereine hatten dazu aufgerufen, auch Vertreter der Kölner Vereinigung „Keupstrasse ist überall“ waren gekommen, um ihre Solidarität zu zeigen. Der Demonstrationszug startete an dem ehemaligen Kiosk der Familie Kubasik und endete an dem Mahnmal der NSU-Opfer. Dort wurde  von der Tochter des Ermordeten, Gamze Kubasik, ein Kranz niedergelegt. Die Stimmung war gedrückt, auch weil sich in dem Münchner Prozess gegen die mutmaßliche Mittäterin Beate Zschäpe und die anderen Angeklagten nicht viel bewegt. Die Zeugen schweigen, die Sicherheitsbehörden mauern – und die Verstrickungen des Verfassungsschutzes kommen immer mehr zu Tage.

Carsten Ilius, Anwalt der Familie Kubasik
Carsten Ilius, Kubasiks Anwalt

Die Redner, darunter auch der Berliner Opferanwalt Carsten Ilius, machten deutlich, das es wichtig ist, die Erinnerung wachzuhalten. Nicht nur für die Angehörigen der Mordopfer, sondern auch für die Aufklärung der NSU Taten sei das Gedenken wichtig: „Wir wissen vieles immer noch nicht!“ Als der Kranz für Mehmet Kubasik niedergelegt wurde, kam es zu einem Zwischenfall. Ein vorbeigehender Nazi zeigte den Hitlergruß. Es kam nach einem kleinen Tumult am Rande noch vor Ort zu mehreren Anzeigen. Im Anschluss an die Demonstration lud der Verein Bezent e.V. zu einer Podiumsdiskussion ein. Die ehemalige NSU-Untersuchungsausschuss-Vorsitzende Nadja Lüders (SPD), die am Samstag eigentlich mit auf dem Podium sitzen sollte, war nicht anwesend. Sie war letzte Woche vom Vorsitz zurückgetreten. Dass sie den Vorsitz des NSU- Untersuchungsausschuss überhaupt angenommen hatte – wohl wissend, dass ihr ehemaliger Mandant, der Polizistenmörder Michael Berger, ebenfalls Gegenstand der Untersuchungen sein wird, „ist unsäglich“, meinte Ilius gegenüber den Ruhrbaronen.

Die Frage muss beantwortet werden: Gab es eine Combat 18-Zelle in Dortmund? 

Neben Carsten Ilius nahm auch der türkische Journalist Yücel Özdemir an der Podiumsdiskussion teil. Er beobachtet für die türkischen Zeitung „Evrensel“ den Münchner NSU-Prozess. Auch er machte deutlich, dass weder im Prozess noch im NSU-Bundestagsuntersuchungsausschuss bisher alle Fakten und die Rolle des Verfassungsschutzes ausreichend aufgeklärt wurden. Auf dem Podium war man war sich einig: In Nordrhein-Westfalen gibt es, entgegen einiger Stimmen aus der Landespolitik im Vorfeld des NRW-Ausschusses, immer noch erheblichen Klärungsbedarf.

Dazu gehört unzweifelhaft auch die Frage nach einem nordrhein-westfälischen Helfernetz. Die Anwälte der Familie Kubasik beantragten daher im November 2014 verschiedene Zeugen aus Dortmund  im Münchner Prozess zu befragen. Auch das war Thema auf dem Podium. Dazu gehören Marko Gottschalk, Sänger der Band Oidoxie und Sebastian Seemann. Der Rechtsextremist und Waffennarr Seemann hatte kurz nach der Selbstenttarnung des NSU gegenüber der Dortmunder Polizei ausgesagt, dass er möglicherweise Angaben zu der Herkunft von zwei NSU-Schusswaffen machen könne – so Gottschalk in der Aussage, die den Ruhrbaronen vorliegt.

Gottschalk ist als Führungsperson der Band Oidoxie für die Nebenkläger auch deswegen wichtig, weil Mitglieder der Oidoxie Streetfighter Crew aus Kassel waren. In Kassel wurde nur zwei Tage nach Mehemet Kubasik der Internetcafé-Besitzer Halit Yozgat erschossen. Reiner Zufall oder Hinweis auf weitere Netzwerke? Seemann sagte auch aus, dass Gottschalk nicht nur Zugang zu Waffen und gute Kontakte zu Bloud & Honour in Belgien habe, sondern in Dortmund eine Combat 18 Zelle gründen wollte. Vorbild für den führerlosen Widerstand seien für die Gründungsmitglieder zwei Bücher von William Pierce gewesen, die Turner Tagebücher und das Buch Hunter. In Pierce’s Hunter wird die rassistische Mordserie eines ‚Einzeltäters als einsamer Wolf‘ beschrieben. Dort heisst es: The ultimate goal is to demonstrate the weakness of the system. Die Schwäche des Systems zu zeigen, ist dem NSU gelungen.

Oidoxie-Konzert mit Sänger Gottschalk, Screenshot Youtube 2013
Oidoxie-Konzert mit Sänger Gottschalk, Screenshot Youtube 2013

Einigkeit herrschte am Samstagabend auf dem Podium darüber, dass die These, dass es sich beim NSU um „drei Wahnsinnige im Alleingang“ handelte, nicht haltbar ist. Ein Netzwerk habe Geld für das Trio gesammelt und Wohnungen besorgt , davon ist auch der Journalist Özdemir überzeugt. Und für ihn ist „zumindest mysteriös“, dass der Tod gleich drei, noch recht junge Zeugen, so plötzlich ereilt habe. „Warum wird der Obduktionsbericht nicht offengelegt?“ fragte auch Anwalt Ilius. „Das könnte Spekulationen  verhindern.“ Und auch die Klärung der Frage, warum ausgerechnet der Kiosk in der Dortmunder Nordstadt das Ziel der NSU wurde und woher die Mörder wussten, dass die Überwachungskamera kaputt war, standen am Samstag weiterhin unbeantwortet im Raum.

Der NSU war im Grunde genommen ein Erfolgsprojekt – die Leute überlegen wegzugehen

Durch die Fragen im Publikum wurde deutlich, dass das Vertrauen in die staatlichen Behörden bei den Migrantinnen und Migranten einen tiefen Riss bekommen hat. Die große Verletzung durch die einseitigen Ermittlungen der Dortmunder und Kölner Polizei in Richtung kriminelles Milieu ist immer noch zu spüren. Eine Initiative der Linken im Bundestag wurde begrüßt: Die NSU-Untersuchungsausschuss Vorsitzende Petra Pau und die Dortmunder Abgeordnete Ulla Jelpke forderten als Konsequenz aus den NSU-Ermittlungen letzte Woche eine Polizeibeschwerdestelle. Ein gutes Werkzeug, wenn Migrantinnen und Migranten – wie im Fall der NSU-Ermittlungen – fürchten müssen, mit handfesten institutionellen Rassismus bei den Behörden zu tun zu haben.

Tag der Solidarität mit den NSU Opfern, Foto: Ulrike Märkel
Tag der Solidarität mit den NSU Opfern, Foto: Ulrike Märkel

Der Mitbegründer der Initiative „Keupstrasse ist überall“, Mitat Özdemir, war anstelle von Nadja Lüders auf dem Podium. Ein guter Ersatz, denn Özdemir machte deutlich, was der abstrakte Begriff ‚Institutioneller Rassismus‘ konkret für die Betroffenen bedeutet hat: “Man hat uns zu Tätern gemacht und uns damit jahrelang gequält! Wir wurden abgestempelt als Kriminelle, Mafiosi und Drogendealer.“

Er berichtet über die Angst, die noch immer präsent sei und dass viele der Nagelbombenopfer aus der Keupstrasse noch immer unter dem traumatisierenden Ereignis leiden. Viele seiner Mitbürger hätten das Vertrauen in die Polizei verloren und wollen keine Anzeigen mehr erstatten, um am Ende nicht womöglich selbst als Beschuldigte dazustehen. Er kritisiert auch die Medien, die ihre Aufgabe nicht erfüllt hätten. Sie wären nach dem vorschnellen Statement des Innenministers, es gäbe keinen politischen Tat-Hintergrund, dieser Behauptung einfach gefolgt – ohne sie jemals zu hinterfragen.

Auch die Nazi-Demo im Dezember 2014, bei der die Mordopfer der Rechtsextremisten ungehindert verhöhnt werden konnten, hat beim Publikum, zu dem viele Migrantinnen und Migranten gehören, sichtbar seine Spuren hinterlassen. Als einer sagt: „Wir leben in einem Rechtsstaat“, lacht das Publikum. Es klingt bitter.

Das härteste Fazit des Abends aber lautet: „Der NSU war im Grunde genommen ein Erfolgsprojekt.“ Der Friseur in der Keupstraße, berichtet Özdemir, sei nach dem Bombenanschlag des NSU viele Male mitten in der Nacht zu Verhören auf die Wache geholt worden. Aber: „Man hat uns nicht geglaubt“. In der Folge dieser Erlebnisse überlegen nicht nur die beiden Friseur-Brüder aus Deutschland auszuwandern: „Viele haben das Gefühl, dass diese Mörder nur die Spitze eines Eisberges waren“.

Gedenkstein Mehmet Kubasik, Foto: Ulrike Märkel
Gedenkstein Mehmet Kubasik, Foto: Ulrike Märkel

Ist der neue Gesetzesentwurf zum Umgang mit V-Leuten hilfreich?

Bis heute haben es die Behörden nicht geschafft, das Vertrauen wieder herzustellen, im Gegenteil. Die Verstrickungen der V-Leute und die Ermittlungspannen lassen die Gräben immer tiefer werden. Thorsten Hoffmann, CDU-Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Innenausschusses, war der Einladung des Bezent e.V. gefolgt. Er wunderte sich am Samstag Abend über die damalige Ermittlungsstrategie der Polizei – er war früher selbst als Kriminalbeamte im Bereich Fahndung tätig. Zwar sei man hinterher immer schlauer, aber dennoch würde man üblicherweise, wenn man einen Mörder nicht findet, den Ermittlungsansatz ändern. Dies ist aber im Fall Kubasik, trotz der erfolglosen Suche nach den Tätern, nicht geschehen.

Als positiven Schritt bewertete Hoffmann hingegen den neuen Gesetzesentwurf zum Umgang mit V-Leuten. Der Entwurf wird allerdings von vielen kritisiert, weil die Behörden zu viele Spielräume zugestanden bekämen und zudem Straffreiheit für so genannte ’szenetypische Delikte‘ gelte. Für die Verhinderung der NSU-Taten hätte dieser Gesetzesentwurf zum damaligen Zeitpunkt jedenfalls nicht viel gebracht. Das Gesetz bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass V-Leute einen Beitrag zur Verhinderung oder Aufklärung von Straftaten leisten, auch weil sowohl der Untersuchungsausschuss als auch der Prozess gezeigt haben: Im Zweifelsfall geht Quellenschutz vor Aufklärung. Und eine weitere denkbare These wird am Samstag angesprochen. Möglicherweise habe der Verfassungsschutz mit dem NSU ein Experiment gewagt: „Was passiert, wenn wir die Drei in den Untergrund gehen lassen?“,

Halbherzige Ansätze zur Veränderung der Dienste – statt echter Aufklärung 

Zu all diesen Fragen fehlt Transparenz. Eine Hauptforderung des Untersuchungsausschusses auf Bundesebene wurde nicht erfüllt: Mehr parlamentarische Kontrolle über den Verfassungsschutz zu bekommen. Zum Thema V-Leute wies Anwalt Ilius noch einmal darauf hin, dass „V-Leute die Szene und das Mordtrio gestärkt haben, auch finanziell. Damit geht der Gesetzesentwurf nicht adäquat um.“ Das Gesetz besagt unter anderem, dass V-Leute nicht mehr allein von den Spitzelgeldern leben dürfen. Ein halbherziger Ansatz, der im Zweifelsfall die finanzielle Unterstützung mordenden Terroristen durch ein Netzwerk, in dem auch V-Leute maßgeblich mitwirken, nicht verhindern würde.

Die Erkenntnisse über den NSU und das mögliche Helfernetzwerk müssten eigentlich zu einer ernstzunehmenden Krise bei den Diensten führen. Vermutlich wird aber auch in Zukunft jeder weitere Erkenntnisgewinn zu weiterem Schweigen, Vertuschen und Aktenschreddern führen. Denn die Theorie der kleinen unerkannten Terror-Zelle ist einfach so ungemein praktisch für alle – außer für die Opfern und ihre Angehörigen und die Menschen, die das Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat inzwischen verloren haben.

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Robert Gorny
Robert Gorny
9 Jahre zuvor

Die Zeugen schweigen nicht nur, die sterben am laufenden Band. Was immer auch dahinter stecken mag, an den Nazi-Plot glaube ich am allerwenigsten.

Petra
Petra
9 Jahre zuvor

„Über 150 Menschen nahmen am Samstag an der Kundgebung zum Gedenken an Mehmet Kubasik, der am 04. April 2006 vom rechtsterroristischen NSU in Dortmund umgebracht worden ist,“

Der Mord wurde doch noch garnicht aufgeklärt…

keineEigenverantwortung
keineEigenverantwortung
9 Jahre zuvor

Wenn ich mir die aktuellen Kriminalstatistiken anschaue, ist wohl eher von einer allgemeinen Schwäche bei der Polizei-/Sicherheitsarbeit auszugehen. Das Vertrauen der gesamten Bevölkerung in die Arbeit der Behörden sinkt.

Ich vermisse aber auch konkrete Aktionen der Politik/Behörden:
– Was gab es bisher an Aufklärung?
– Was wurde bisher optimiert?
– Warum ist es immer noch möglich, dass Menschen bedroht werden, ohne dass es Konsequenzen gibt?
– Warum wird ein Objekt wie das zukünftige Asylbewerberheim in Tröglitz nicht zumindest mit Video überwacht?

Sonntags wird empört demonstrier/gemahnt/…t, in der Woche wird verschlafen, die Strukturen zu optimieren.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
9 Jahre zuvor

@#2 Petra: Da steht ja auch noch nicht, *wer* von den brutalen braunen Schweinen der/die Täter war.

Erdgeruch
Erdgeruch
9 Jahre zuvor

Bitte bleibt dran. Weil langsam wird es wirklich haarsträubend – und man sieht ja durchaus, dass wenig Konsequenzen im Bereich der Organisation der Sicherheitsbehörden gezogen werden. Und stattdessen sitzen die Sympathisanten der Mörder im Stadtrat und gehen offen auf die Straße.

WALTER Stach
WALTER Stach
9 Jahre zuvor

Hinweis:
„Ausländerfeindliche Kommentare -Aufbltizen der Unmenschlichkeit“

Bei Spiegel-online gibt es aktuell unter diesem Titel einen Kommentar vonr Sascha Lobo, der anhand konkreter Beispiele zeigt, daß die Anonymität im Netz immer mehr dazu dient, antisemitische und ausländerfeindliche Kommentare abzugeben, und zwar in einer Diktion, die mir bis vor Kurzem in Deutschland undenkbar erschien.

Der Kommentar von S.Lobo ist vor allem deshalb lesenswert, weil er dazu zwingt, über „ein Potential an Unmenschlichkeit in unserer Gesellschaft nachzudenken“, das nach den schrecklichen Erfahrungen mit dem NS-Regime als gesamt-gesellschaftrliches Problem gar nicht mehr , sondern schlechtestenfalls nur noch relativ belanglos in winzigen Minderheiten der Bevölkerung zu exsieren schien.

Ich zitiere dazu aus dem Kommentar von Sascha Lobo:

„Die Erschütterung über den Hass im Netz ist eigenlich die Erschütterung über den undigitalen Hass in den Köpfen.
………..
Dass die Unmenschlichkeit im Verborgenen blieb, wurde bequmerweise als Abwesenheit der Unmenschlichkeit interpretiert.“

Hier wäre jetzt selbstkritisch zu fragen, ob die fortwährende Erschütterung der Gesellschaft in Deutschland über den Holocaus nur Heucheilei ist angesichts des jetzt im Internet dokumentierten Potentials an Unmenschlichem in der Gesellschaft und ob nicht alle Bemühungen als gescheitert bezeichnet werden müssen, die auch darin bestanden, den Holocaust im Prozeß gesellschaftspolitischer Bildung, im Prozess der Erziehung zur Menschlichkeit zu instrumentalisieren, um solche Menschheitsverbrechen, um letztendlich fundamental unmenschliches Denken und Handeln weitestgehend auschließen zu können.

Ich stelle deshalb dazu noch einmal, wie sdhon mehrfach geschehen, die Frage, ob sich die Menschen in Deutschland heute in ihrer geistig-moralischen Verfaßtheit , wie immer wieder behauptet, tatsächlich von den Menschen in der Zeit von… bis -, zB. in der Zeit von 1930 bis 1945- substantiell unterscheiden und inwiefern sie sich für legitimiert halten dürfen, so tun als stünde es ihnen zu, mit dem „geistig-moralischen Zeigefinger“ auf ihre Vorfahren und deren Verhalten im unmenschlichen System des NS-Staat zu zeigen.
Mir scheint es stattdessen dringend und mehr denn je geboten – auch mit Verweis auf den Kommentar von Sascha Lobo-, daß die deutsche Gesellschaft sich heute mit ihrer derzeitigen Verfaßheit, wenn es um ein elementares Grundverständnis von Menschliichkieit geht, befassen muß.. Das schließt dann mit ein, intensiv, offen und öffentlich über den “ Ungeist den Unmensdhlichen“ nachzudenken, über seine Wurzeln, über sein unausrottbar erscheinendes Fundament im Wesen der Menschen und darüber, wie dieser „Ungeist in der Flasche gehalten werden “ bzw. wann er und warum er immer wieder “ aius der Flasche entweichen konnte und aktuell dabei zu sein scheint, wieder einmal mit längst aks überwunden geltenden Konsequenzen für Gesellschaft und Staat “ aus der Flasche zu entweichen.“
Das erfordert mehr als das verbale und nonverbale Äußern naheliiegender Wut und selbstverständlichen Zornes, wenn es darum geht, in konkreten Einzelfällen sich der Unmenschliichkeit zu widersprechen bzw. sich ihr zu widersetzen.

Arnold Voss
9 Jahre zuvor

Walter, bei aller berechtigten Beunruhigung, nach 1933 sieht es in Deutschland keineswegs aus. Auch nicht nach einem allgemeinen Kriegswillen und einem Ausländerhass der Massen. Es ist das Viertel der Bevölkerung von dem die aufmerksamen Statistiker schon länger wissen, dass sich zunehmend äußert und von denen der intelligentere Teil auch Teile des Staatsapparates und der Ordnungskräfte besetzt hält.Etwas, von dem gerade die CDU unter Kohl nie etwas wissen wollte.Da gabe es nur die Gefahr von Links.

WALTER Stach
WALTER Stach
9 Jahre zuvor

Arnold,
„nach 1933 sieht es keineswegs aus“

Zustimmung, denn dazu würde ja mehr gehören als nur eine antisemtische Grundstimmung und tagtäglich zu registrierende verbale und nonverbale Aktionen gegen alles Fremde und gegen alle Fremden; von Sascha Lobo mit „Aufblitzen der Unmenschlichkeit“ charakterisiert.

„Es ist das Viertel……….“
Ich bezweifle, daß mit dieser statistischen Größe in etwa der Anteil der Bevölkerung erfaßt wird, für den Menschlichkeit nicht der Wert schlechthin ist, an dem sich alles private, alles öffentliche Handeln des Einzelnen messen lassen muß
Und diese Zweifel erhalten Nahrung durch die quantitativ und qualitativ tagtäglich waschenden hasserfüllten Aussagen gegenüber Fremden, gegenüber jüdischen Mitbürgern im Netz. Was man bei offfizielen repräsentativen Befragungen trotz zugesagter Annonymität nicht zu sagen wagt, äußert man vor-, rücksichtlos und ungeschminkt anonym im Netz.

Mir scheint also, daß es nicht nur bei einem Viertel der Bevölkerung an der Wertentscheidung „pro Menschlchkeit, contra Unmnenschlichkeit“ fehlt.

Wahrscheinlich rechnet der Statisker z.B. Menschen wie diejenigne, die in „schicken Wohngebieten wohnen“ und deshalb Flüchtlingen „das Dach über dem Kopf“ in ihrem Wohngebiet verweigern, trotzdem zu denjenikgen, die „ansonsten“ für Menschlichkeit und gegen Unmenschlichkeit stehen, für die die „Würde aller Menschen“ ein unantastbares Grundprinzip unserer Verfassungsorndung zu sein scheint. Ich mache das nicht.

Arnold,
wenn ich auf den Kommentar von Sascha Lobo hingewiesen habe, dann in der Tat nicht deshalb, weil ich befürchte, daß Deutschland „morgen“ keine freiheitlich-demokratisch- und rechtstaatliche Ordnung mehr haben könnte und der Faschismus vor der Tür steht, sondern deshalb, weil sich m.E. jede Gesellslchaft permanent und dann und wann aus konkretem Anlaß ganz gezielt zu fragen hat bzw. fragen lassen muß, ob ihre Mitglieder und warum ihre Mitgliede sich in ihrer großen Mehrheit aus Überzeugung der Menschlichkeit als Grundwert ihres privaten und öffentlichen Handelns verpflichtet fühlen oder ob das Bekenntnis zur „Menschlichkeit“, zur „uantasbaren Würde“ aller Menschen nur eines unter vielen ist, das man heute bei einer Befragung abgibt, dem aber letztendlich die Substanz fehlt, zudem man eben nicht aus Überzeugung steht.

Arnold,
diese Frage stellt sich mir nicht nur im Zusammenhang mit dem Antisemitismus und der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland.

Leider wird, so mein Eindruck, eine solche Frage nicht, nicht hinreichend genug und immer wieder durch diejenigen gestellt, die z.B. im Bereich der Erziehung, im Bereich, der Bildung als Humanisten diese Frage zu stellen und darauf Anworten zu geben hätten.

Wenn insofern das Fundament unserer freiheitlich-pluralen Gesellschaft, getragen von der Wertenscheidung für die unantastbae Würde aller Menschen, mir als ein zumindest sehr wackeliges erscheint, bin ich mir zwansläuftig der Gefahr bewußt , wie schnell das Haus einer freiheitlich-pluralen, der Würde alle Menschen verpflichteten Gesellschafts- unmd Staatsorndungt “ bei schlechtem Wetter, in stürmischen Zeiten“ einstürzren könnte.

Arnold,
wir diskutieren auch hier bei den Ruhrbaronen oftmals sehr kritisch über den Antisemitismus in Deutschland, über Fremndenfeindlchkeit in Deutschland über………..
Ich bin mir nicht immer sicher, wie viel davon bei allen Diskutanten zurückzuführen ist auf deren bedachte, auf deren aus Überezeugung getroffene Wertenscheidung für Menschlichkeit, für die unantastbare Würde aller Menschen oder wie viel davon „lediglich“ zu tun hat mit verständlichem, mit naheliegendem Zorn über privates, über gesellschaftliches, über staatliches Fehlverhalten in Einzelfällen. z.B von Neo-Nazis, von Pegida-Aktisten, von (radikal-fanatischen) Islamisten, von weißen Polizisten in den USA, wenn diese…..

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