Die Nacht auf der Karibikinsel ist schwül, die Mädchen sind hübsch und die Drinks hochprozentig. Als der Matrose mit dem Akkordeon wieder zu sich kommt, ist sein Schiff ohne ihn ausgelaufen. Was nun? Horst Hahn erlebt in den nächsten Monaten, wie anstrengend das Schattenleben auf Aruba ist. Ein Beitrag von Stefan Krücken.
Illustration: Salle, New Hope Tattoo
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Neben einer gut sortierten Pornosammlung ist die Qualität der Mahlzeiten wichtig während einer langen Reise auf See. Je schlechter das Essen, desto schlechter ist die Laune der Mannschaft, das ist die Regel. Auf meiner ersten Fahrt als Leichtmatrose, es ging auf einem Frachter von Bremen nach Hongkong, hatten wir noch nicht den Suezkanal erreicht, als eine Meuterei drohte. Was unser „Smutje“, ein stämmiger, etwas dösiger Kerl namens „Fidus“ zusammenrührte, stellte unsere Geschmacksknospen vor unlösbare Probleme. Selbst die simpelsten Reisgerichte rochen säuerlich und wenn die Tür zu seiner Kombüse offen stand, erinnerten die Dünste, die heraus waberten, an einen ungelüfteten Schweinestall.
An wenig luxuriöse Lebensbedingungen waren wir gewöhnt. Eine Rattenplage setzte unserer Moral zu, und die Kakerlaken krabbelten in Scharen durch die Unterkünfte. Zum Zeitvertreib veranstalteten wir Rennen, in dem wir die Schaben mit Feuerzeugen über Glasplatten laufen ließen. „Fidus‘“ Fraß gab uns den Rest. Im Namen der Matrosen beschwerte sich der Bootsmann bei der Schiffsführung. Nach einem Probeessen – Fidus servierte eine Erbsensuppe, die gegen die Biowaffenkonvention der Vereinten Nationen verstieß – entband man den Smutje von seinen Aufgaben. Wie sich herausstellte, war er ein gelernter Mechaniker, dessen kulinarische Qualifikation darin bestand, dass er in der Kantine einer Werft Kessel gewartet hatte. Wie so oft hatte die Reederei Kosten gespart, und wie so oft auf Kosten der Seeleute. In Hongkong, das versprach uns der Kapitän, sollte ein echter Koch gemustert werden.
Die Wahl fiel auf Shang, einen klein gewachsenen, leisen Chinesen, der samt seiner Familie und drei kleinen Kindern an Bord kam. Gleich seine erste Mahlzeit begeisterte uns: Ein wunderbares Curry, perfekt zubereiteter Reis, Gemüse, dazu dieses weiße, zarte Fleisch.