Komplizierte Deutungen

Der Flyer zu den Stelen (Quelle: Polizei Dortmund)

Eine Israelfahne an einem Schornstein, Skulpturen aus Pflastersteinen an Orten der NSU-Morde. Zwei Gedenkaktionen zeigten in den letzten Tagen, wie schwierig Deutungen sein können.

Jedes Jahr wird zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Das geschieht staatstragend im Bundestag oder bei der Gedenkfeier im Vernichtungslager Auschwitz. Aber auch lokal gibt es Gedenkfeiern und immer auch selbstorganisierte Varianten des Erinnerns, etwa wenn sich Menschen zusammenschließen und die „Stolpersteine“ in ihrem Viertel pflegen. Zwei Versuche des Gedenkens in Leipzig und Dortmund haben in diesem Jahr für Irritationen gesorgt. In Leipzig wehte eine Israelfahne an einem 40 Meter hohen Schornstein einer Fabrikruine. Die Polizei wurde gerufen, die Fahne sollte sogar auf DNA-Spuren untersucht werden, und die Feuerwehr sorgte schließlich dafür, dass die Fahne des jüdischen Staates nicht mehr über Leipzig wehte. Die „BILD“ titelte „WIDERLICHE PROVOKATION AM JAHRESTAG DER AUSCHWITZ-BEFREIUNG -Israel-Flagge auf Schornstein in Leipzig gehisst“. Vom Besitzer des Fabrikgeländes hieß es, dass er „entsetzt“ sei, dass eine solche Provokation „hier stattfindet“. Auch auf Facebook und Twitter rollte eine Empörungswelle, an der sich bekannte Persönlichkeiten beteiligten.

Zwei Tage später dann die überraschende Auflösung durch Thomas Feist, den sächsischen Antisemitismusbeauftragten. Der Nachrichtenagentur dpa erklärte er: „Es waren linke Aktivisten, die ein Zeichen für Israel setzen wollten“. Über die Platzierung auf einem Schornstein könne man sicher streiten, die Aktivisten hätten „schlicht keinen höheren Ort in der Umgebung“ gefunden. Eine antisemitische Absicht habe es nicht gegeben.

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Nazis vs. Die PARTEI Dortmund: Ermittlungsverfahren eingestellt

Naziaufmarsch von "DIE RECHTE" am 1. Mai 2019 in Duisburg. Foto: Vera-Maria.com
Naziaufmarsch von „DIE RECHTE“ am 1. Mai 2019 in Duisburg. Foto: Vera-Maria.com

Am 20. April 2019 – es jährte sich der 130. Führers Geburtstag – eröffnete die Neonazipartei „Die Rechte“ ihre „Frühjahrsoffensive“ zum Europawahlkampf. Mit ihrem Aufmarsch zum „Tag der deutschen Arbeit“ in Duisburg erhaschte Splitterpartei mediale Aufmerksamkeit. Ebenfalls für Aufmerksamkeit sorgten die unsäglichen Plakate mit der Aufschrift „Israel ist unser Unglück“ – eine unverhohlene Anspielung auf den Slogan „Die Juden sind unser Unglück“. Unterzeile jeder Ausgabe des, inzwischen eingestellten, nationalsozialistischen Herzorgans Der Stürmer. Ein am 19.04.2019 entferntes, antisemitisches, Plakat beschäftigte bis jetzt die Staatsanwaltschaft in Dortmund.

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„Hier ist Polen und nicht Israel!“

Was fällt einem dazu ein? Durch Polen marschierten Zehntausende zum „Unabhängigkeitsmarsch“ mit Pyrotechnik und rechtsextremen Geschrei.

„Gott, Ehre, Vaterland“, „Hier ist Polen und nicht Brüssel“ und eben „Hier ist Polen und nicht Israel!“ schrieen Tausende Vollhonks, am meisten davon in Warschau.

Mir fällt nicht mehr viel dazu ein. Der immer offenere Antisemitismus empört, verletzt, schockiert, macht sprachlos. Die regierende PiS befeuert das Ganze immer wieder, oder zeigt sich zumindest nicht willens die feuer zu löschen, die sie selbst mit entfachte.

Immer hin marschierten die PiS-Vertreter dieses Jahr nicht mit.

Polen, du mieses Stück Scheiße.

Laschet grenzt sich von AfD ab: „Wir müssen heute wieder das Grundgesetz verteidigen“

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) grenzt sich von AfD ab (Foto: Roland W. Waniek)
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) grenzt sich von AfD ab (Foto: Roland W. Waniek)
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) grenzt sich von AfD ab (Foto: Roland W. Waniek)

 

Am gestrigen Tag, an dem AfD-Rechtsaußen Björn Höcke der arg wahlgebeutelten Ost-CDU in Thüringen eine Tolerierung als Minderheitsregierung anbietet, schlägt NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) keine 400 Kilometer weiter westlich, im rheinischen Bonn, ganz andere Töne an. Er beklagt, dass man Pressefreiheit, Unabhängigkeit der Justiz und europäische Orientierung Deutschlands heute wieder verteidigen muss. Die AfD nennt er nicht, aber jeder weiß, wer gemeint ist.

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Zehn Fragen an Bijan Djir-Sarai – Außenpolitischer Sprecher der FDP im Bundestag

Bijan Djir-Sarai, Außenpolitischer Sprecher der FDP im Bundestag; Foto: Bijan Djir-Sarai
Bijan Djir-Sarai, Außenpolitischer Sprecher der FDP im Bundestag; Foto: Bijan Djir-Sarai

Bijan Djir-Sarai wurde 1976 in Teheran/Iran geboren. Im Jahre 1987 kam Bijan Djir-Sarai, ohne Kenntnisse der deutschen Sprache, in die Obhut seines Onkels in Grevenbroich.

Der Vater hatte früher in Deutschland studiert und wollte seinem Sohn eine bessere Lebensperspektive, als die, die er im Iran hätte, bieten. Bijan Djir-Sarai besuchte das Gymnasium und engagierte sich später in der FDP.

2009 gelang ihm der Einzug in den deutschen Bundestag. Eines seiner Schwerpunktthemen ist die Menschrechtslage im Mittleren und Nahen Osten. 2016 gelang ihn, nachdem die FDP in der vorherigen Legislaturperiode den Einzug in den Bundestag nicht geschafft hatte, erneut der Einzug ins deutsche Parlament.

Bijan Djir-Sarai ist Außenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion und Vorsitzender der NRW-Landesgruppe.

In der Reihe Zehn Fragen an (Bisher haben wie Antworten von Volker Beck und Martin Sonneborn erhalten.), haben die Ruhrbarone einige Fragen zu BDS, zum Nahen Osten und zur ziemlich traurigen Rolle der SPD in der Nahostpolitik, an Bijan Djir-Sarai gestellt.

Und zehn Antworten von Bijan Djir-Sarai erhalten.

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Zehn Fragen an Volker Beck (Bündnis90/Die Grünen): Antisemitismus, BDS, Iran

Volker Beck (Bündnis90/Die Grünen): Die Ruhrbarone hatten da mal zehn Fragen; Foto: Thomas Vogt
Volker Beck (Bündnis90/Die Grünen): Die Ruhrbarone hatten da mal zehn Fragen; Foto: Thomas Vogt [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons

Volker Beck (Bündnis90/Die Grünen) gehörte von 1994 bis 2017, als Abgeordneter für Bündnis90/Die Grünen, dem deutschen Bundestag an. Von 2014, bis zu seinem Ausscheiden aus dem Bundestag, war er Vorsitzender der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe. 

Menschenrechte sind das Thema, zu dem er sich, auch nach seinem Parlamentsexit, regelmäßig äußert. Das Verhältnis Deutschland-Israel ist eine Herzensangelegenheit für ihn: Was nicht zu übersehen ist, selbst wenn man Nachrichten zur diesem Komplex nur sporadisch verfolgt.

Die Ruhrbarone wollten, in der Reihe Zehn Fragen an, ein paar Informationen zu aktuellen Themen haben: Mit Volker Beck hatten wir einen kompetenten Experten als Antwortgeber. Über Antisemitismus, die neonazistische Splitterpartei „Die Rechte“, eine falsche Iranpolitik  und die traurige Rolle von Heiko Maas (SPD) in der UNO.

Ruhrbarone: Der Bundesinnenminister hat unlängst neue Zahlen zum Thema Innere Sicherheit vorgelegt. Bei antisemitischen Straftaten wird hier eine signifikante Steigerung verzeichnet. Bei 90% der Taten gibt es einen rechtsextremen Hintergrund. Wie kann der Staat hier reagieren?

Volker Beck: Die Antwort auf antisemitische Straftaten muss Repression, Aufklärung und klare Haltung sein. Dass die Taten überwiegend rechts zu verorten sind, ist vermutlich korrekt. Das ergibt sich auch aus der Statistik über die ermittelten Täter und den hierbei festgestellten Nationalitäten. Allerdings sind die vom Bundesinnenministerium veröffentlichten 89,1 % sicher zu hoch gegriffen.

Jede antisemitische Propaganda von nicht-bekannten Tätern wird als rechts eingeordnet. Das ist nicht mehr sachgerecht: Denn auch Islamisten und Palästinenser verwenden inzwischen z.B. Hakenkreuze für ihre antiisraelische Propaganda.

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Schalom! Extrem geile Stimmung – beim Israeltag 2019 in D’Dorf!

Am Schadowplatz: In Düsseldorf wird, im Gegensatz zu Duisburg, die israelische Flagge von der Polizei geschützt; Foto: Peter Ansmann
Am Schadowplatz: In Düsseldorf wird, im Gegensatz zu Duisburg, die israelische Flagge von der Polizei geschützt; Foto: Peter Ansmann

Das Wetter: Heiter bis wolkig. Die Stimmung: Extrem gut.

Diese minimalistische Zusammenfassung, umschreibt den Israel-Tag 2019 eigentlich ziemlich genau.

Die jüdische Gemeinde Düsseldorf und diverse Partner hatten für den Israel-Tag, der in Düsseldorf am 16.05.2019 gefeiert wurde, geladen: Hintergrund: Die Gründung des Staates Israel am 14.05.1948. Neben israelischer Musik und kulinarischen Genüssen, stand auch das Thema Information ganz oben auf dem Programm.

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Pro-israelisch reden, anti-israelisch handeln: Heiko Maas

Bundesaußenminister Heiko Maas beklagt die antiisraelische Stimmung in der UNO. Dabei verschweigt der Meisterdenker im Maßanzug, dass er sich ansonsten bereitwillig in ebendiese Einheitsfront der antisemitischen Internationale einreiht. Die Bundesrepublik stimmt regelmäßig in UNO-Gremien gegen Israel oder enthält sich vornehm.

Arye Sharuz Shalicar, der Deutschlands Verhältnis zu Antisemitismus aus erster Hand kennt, kommentiert diese Diskrepanz treffend:

Sehr geehrter Herr Außenminister Heiko Maas,

Israelis sind sehr viel, aber ganz bestimmt nicht auf den Kopf gefallen. Ihre Ansage, dass “Deutschland weiterhin an der Seite Israels in der UN stehen wird”, das obwohl Deutschland in 2018 in 16 Fällen Resolutionen, die von grausamen Diktaturen und radikalislamischen Staaten gegen Israel ins Leben gerufen wurden, zugestimmt hat, ist echt nicht nachvollziehbar. Israelis, und ich weiß, auch viele Deutsche, sind enttäuscht. Wieder.

Hochachtungsvoll, trotz allem,

Ihr Arye Sharuz Shalicar

Das ist sehr diplomatisch. Der Minister mit der gespaltenen Zunge ist nicht einmal die vorzügliche Hochachtung wert.

Update: Antisemitischer Zwischenfall am Tag der Arbeit in Duisburg

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Am Tag der Arbeit 2019 lief die nationalsozialistische Splitterpartei Die Rechte durch Duisburg – die Ruhrbarone haben im Liveticker berichtet.

Am Rande der Gegendemonstration kam es zu einem antisemitischen Zwischenfall. Zu den – anfangs – spärlichen Informationen, konnten die Ruhrbarone nun mit Betroffenen und Zeugen des Vorfalls sprechen. Wir haben die bisherigen Informationen mit den aktuellen in diesem neuen Artikel verarbeitet.

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