Um zu erkennen, dass unsere Gesellschaft aktuell an vielen Stellen dabei ist auseinanderzubrechen, muss man wahrlich kein Experte sein oder gar teure Studien in Auftrag geben. Um das zu bemerken, reicht es häufig schon mit halbwegs offenen Augen durch das Leben zu gehen.
Was man dann entdecken kann/muss, das verschlägt einem häufig bereits regelrecht die Sprache. Jüngstes Beispiel: Die Diskussionen über die in Hamburg in Kürze möglichen gemeinsamen Bestattungen von Haustier und ‚Herrchen‘ bzw. ‚Frauchen‘.
So ein Friedhof, der eignet sich, ob man es nun glauben mag oder nicht, inzwischen auch geradezu ideal um das Wegbrechen der gesellschaftlichen Mitte in diesem Lande zu beobachten. Ähnlich wie auch im Arbeitsleben erodiert hier nämlich gerade auf besorgniserregende Art und Weise die ehemals breite Mittelschicht.
Besonders protzige Gräber, die gab es immer schon. Leute, die sich mit einem gigantischen, teuren Grabstein ein regelrechtes Denkmal setzen wollten auch. Andere Zeitgenossen, die kaum das Geld für eine Bestattung zusammenbekommen haben, sich in einer sprichwörtlichen Apfelsinenkiste zur letzten Ruhe betten lassen mussten, die gab es auch stets.
Die große Mehrheit der Toten ruhte in den vergangenen Jahrzehnten allerdings in den traditionellen Einzel- oder Familiengruften. Zumindest hier bei uns in der Gegend, im Ruhrgebiet.
Im Laufe der vergangenen Jahre waren und sind in dieser Angelegenheit jedoch deutlich sichtbare Veränderungen zu erkennen.
Bei manchen Themen dauert es offenbar etwas länger, bis sie mal von einer breiteren Öffentlichkeit diskutiert werden. So auch im Falle der bereits vor drei Jahren von mir hier im Blog erstmals thematisierten Bestattungspraxis in Waltrop, wo man die Asche Verstorbener öffentlich für jedermann sichtbar auf Häuflein ausschüttet und den Toten somit wohl ein etwas unwürdiges, zumindest aber wohl sehr diskutables Ende bereitet.
Diese Praxis, die hier in Waltrop wie gesagt schon seit Jahren gepflegt wird, hat nun, zehn Tage nachdem ich das Thema hier im Blog am 10. Oktober noch einmal frisch aufgebracht hatte, und wenige Tage nachdem auch die Kollegen David Schraven und Martin Kaysh dies in ihrem Podcast ‚Wir und heute‘ das Thema noch einmal ganz emotional diskutiert haben, heute dann auch die Lokalpresse in Waltrop erreicht.
In einem recht ausführlichen Beitrag in der Printausgabe der Waltroper Zeitung verteidigt die Stadtverwaltung, mit CDU-Bürgermeisterin Nicole Moenikes an der Spitze, die seit Jahren so gepflegte Praxis, befindet das derzeitige Vorgehen dort kurz zusammengefast tatsächlich so als ‚eine würdige Bestattungsart‘.
Nach dem Tod einmal eingeäschert und dann in alle Winde verstreut zu werden? Für viele Menschen schon zu Lebzeiten eine irgendwie tröstliche Vorstellung. Mancherorts allerdings dann gar nicht so einfach umzusetzen.
Hier in Nordrhein Westfalen geht das grundsätzlich, trotz noch immer vorhandenem Friedhofzwang. Wer die Asche seiner Lieben in der Urne daheim auf dem Kamin haben will, der darf das bei uns so jedoch nicht. In den Niederlanden z.B. geht auch das. Soweit zumindest die Theorie.
In der Praxis sieht die Welt allerdings mal wieder ganz anders aus, wie ich am gestrigen Sonntag abermals erleben durfte. Da ist von der gewünschten Würde des Todes und angestrebten Ästhetik der Beisetzung dann mancherorts offensichtlich leider nicht mehr ganz so viel zu sehen. So auch bei mir, sprichwörtlich um die (Haus-)Ecke, hier in Waltrop (Kreis Recklinghausen).
Am heutigen Feiertag konnte man im Onlineangebot der WAZ einen Artikel über den Friedhofszwang für Urnen in NRW lesen. Darin wird u.a. erläutert, dass die Rot-Grüne Landesregierung hier in NRW auch zukünftig verhindern möchte, dass Angehörige die Asche ihrer Verstorbenen mit nach Hause nehmen, oder die Asche eines Toten vielleicht auch in den eigenen Garten ausgebracht wird o.ä.. Bei ‚derwesten.de‘ heißt es dazu wörtlich „NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) lehnt eine Aufbewahrung der Urne im Wohnzimmer allerdings weiter ab. Die Ministerin will so auch verhindern, dass „Totenasche missbräuchlich verwendet und einfach entsorgt wird“.“
Für mich als langjährig direkt neben einem Friedhof wohnenden Bürger, ist das allerdings eine völlig theoretische Diskussion. Die Praxis sieht hier bei uns am Ort schon seit Jahren ganz anders und irgendwie auch viel unangenehmer aus. Wie in dem Artikel nämlich auch erklärt wird, darf die Asche auf den Friedhöfen zukünftig durchaus verstreut werden. Hier bei mir wird das allerdings schon lange so gehandhabt, wenn das von den Angehörigen so gewünscht wird.
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