Kirchenasyl: Presbyteriums-Entscheidung gibt Roghinya-Flüchtling neue Hoffnung

Refugess welcome, Foto: Ulrike Märkel
Refugess welcome, Foto: 2015 Ulrike Märkel

Die Gemeinde, die den spontan um Schutz bittenden Roghinya aus Birma geholfen hatte, hat nun im zuständigen Gremium Presbyterium einstimmig entschieden, den Flüchtling nicht vor die Tür setzen. Sie wollen dem verfolgten Muslim im falle seiner Abschiebung eine Bleibe geben, bis alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft sind.

Sani B. ist sehr froh über die Entscheidung. Und auch die Gemeindepfarrer sind erleichtert: „Ganz ohne Diskussion kann man so etwas nicht entscheiden. Natürlich gibt es Menschen, die sich erst einmal mit so einer neuen Situation anfreunden mussten. Doch für uns zählt am Ende, dass sich in der Sitzung alle im Presbyterium bewegt haben und eine eindeutige Entscheidung getroffen haben. Das wissen wir, gerade bei den Zweifeln und Bedenken die es gab, sehr zu schätzen“.

Ein „offizielles“ Kirchenasyl wird aus der Entscheidung, die praktisch „auf Vorrat“ getroffen wurde, wenn der Kirchenkreis das Ergebnis der Gemeinde bestätigt. Dort ist man bereits inmitten der Beratungen zu dem Einzelfall. Die rechtlichen Fragen werden noch einmal durch die eigenen Juristen überprüft. Auch die Frage, ob eine reelle Chance für eine Anerkennung von Sani B. als Härtefall in einem neuen Asylverfahren besteht, fliesst in die Entscheidung mit ein.

Viele Gemeindemitglieder haben Sani B. inzwischen kennengelernt. Der Rohingya hat innerhalb nur kurzer Zeit Kontakte geknüpft, denn er wurde mit offenen Armen aufgenommen. Dennoch haben sich Schlaflosigkeit, Panikattacken und schweren Depressionen bei Sani B. weiter verschlimmert. Die Angst vor der anstehenden Abschiebung ist eine große Belastung für ihn. Immer wieder bricht er in Tränen aus.

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Syrisches Protestcamp: Heute Ratsresolution für eine Bleiberecht der Syrer

Protestcamp der syrischen Flüchtlinge, Foto: Ulrike Märkel 2015
Protestcamp der syrischen Flüchtlinge, Foto: Ulrike Märkel 2015

Heute bringen alle demokratischen Parteien gemeinsam im Rat der Stadt Dortmund eine Resolution zum Camp der syrischen Flüchtlinge ein. Der Antrag wurde per Dringlichkeit auf die Tagesordnung gesetzt. So viel Einigkeit ist selten: Von der CDU bis zur LINKEN verständigte man sich auf einen gemeinsamen Text, der im Kern die Forderung enthält, den Syrern zunächst ein Bleiberecht zu ermöglichen. Für die syrischen Flüchtlinge und ihre von Gewalt und Tod bedrohten Frauen und Kinder, ein Zeichen der Solidarität. Resolutionen haben zwar lediglich einen symbolischen Wert, doch wird durch die parteiübergreifende Erklärung ein starkes Signal nach Düsseldorf gesendet, sich um die Sache intensiv zu kümmern. Innenminister Ralf Jäger besuchte das Protestcamp in dieser Woche. Seinen Worten müssen nun Taten folgen.

Die Bundesregierung und die rot-grüne Landesregierung wird in der Resolution aufgefordert, die bisherigen Aufnahmeprogramme für Kriegsflüchtlinge aus Syrien und dem Irak zu verlängern, die Asylanträge schneller zu bearbeiten, das Verfahren zu verkürzen und gegebenenfalls den Aufenthaltstitel des Flüchtlings zu erhalten.

Doch auch lokaler Ebene gibt es für den Rat in Dortmund einiges zu tun, denn in den Zuständigkeitsbereich der Stadt Dortmund fällt sowohl die Ausländerbehörde als auch das Gesundheitsamt. Beide Ämter sind im Fall einer Abschiebung involviert. Im Rahmen der Amtshilfe kann beispielsweise das Gesundheitsamt herangezogen werden, um Gutachten über die Reiseunfähigkeit der Flüchtlinge zu überprüfen und sie gegebenenfalls wieder „gesund zu schreiben“, wie ein Fachanwalt für Asylrecht ironisch sagte. Daher lohnt sich der genaue Blick darauf, wie in Dortmund die gängige Praxis der Behörden ist.

Protestcamp der Syrer

Ein gute Lösung für die syrischen Flüchtlinge im Protestcamp und ihrer, von Gewalt und Tod bedrohten Familienmitglieder, ist nach Meinung der Unterzeichner der Resolution der Vorschlag des Auswärtigen Amtes und des Bundesinnenministers. Durch eine sogenannte „Globalzustimmung“ könnte das Bleiberecht und die, von den syrischen Protestierenden geforderte Familien-zusammenführung möglich gemacht werden. Ihnen wird damit vorübergehender Schutz  – ohne langes Asylverfahren – in Deutschland gewährt.

Auch in der Vergangenheit waren Syrier durch Bürgerkrieg und die Verfolgung durch das Regime Assads in Gefahr. Im Mai 2013 entschieden sich daher einige EU-Staaten, feste Kontingente syrischer Flüchtlinge aufzunehmen. Mit diesem Mittel wurde unbürokratisch Leben gerettet – es ist höchste Zeit für die Menschen auf der Katharinentreppe, dies wieder zu tun.

Hier der vollständige Text der Ratsresolution:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
die Fraktionen von SPD, CDU, Bündnis 90/DIE GRÜNEN, LINKE/PIRATEN und FDP/Bürgerliste bitten auf dem Weg der Dringlichkeit um die Erweiterung der Tagesordnung um den Punkt „Camp der syrischen Flüchtlinge“.

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Kirchenasyl: Kirche steht zu hilfesuchendem Rohingya

Flüchtlinge willkommen, Foto: Ulrike Märkel 2015

Am Wochenende bat ein Rohingya aus Myanmar in einer Ruhrgebietsgemeinde um Kirchenasyl. In den Fall ist nun Bewegung gekommen. Der Kirchenkreis berät in dieser Woche, wie dem Flüchtling Sani B.* geholfen werden kann. Aufgrund der dramatischen Lage der Rohingya hatten die Pfarrer der Gemeinde den um Kirchenasyl bittenden Flüchtling spontan aufgenommen.

Nachdem der Kirchenkreis am Montag über das Kirchenasyl-Begehren informiert wurde, versichert der Superintendent: „Wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen und die juristischen Fragen genau prüfen, um zu verhindern, dass der Flüchtling in einer Kettenabschiebung von Deutschland über Frankreich nach Myanmar gelangt und seinen Verfolgern schutzlos ausgeliefert ist.“

Wenn der Kirchenkreis seine Unterstützung zusagt, wäre der Weg für einen positiven Beschluss des Gemeindegremiums geebnet. Sani B. könnte nach einem ordentlichen Beschluss in der Gemeinde, die ihn bisher in einer Interimslösung untergebracht hat, bis zur Klärung seines Falles bleiben. Das Presbyterium entscheidet eigenverantwortlich, doch ist die Rückendeckung bei der Umsetzung des Kirchenasyls wichtig. Auch weil der Dialog mit den Behörden dann gemeinsam von Gemeinde, Kirchenkreis und Landeskirchenamt geführt werden kann.

In den Gesprächen zwischen Kirchen und Behörden zum Kirchenasyl hatte es zuletzt geknirscht. Die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angedrohte verschärfte Fristenregelung führte zu Verärgerung. Die Frist bis zur Überstellung eines Flüchtlings im Dublin-III Verfahren, sollte im Fall eines Kirchenasylsuchenden von 6 auf 18 Monate verlängert werden. Damit wäre das Kirchenasyl praktisch dem illegalen „Abtauchen“ eines Flüchtling gleich gesetzt worden.

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Ein Rohingya suchte heute Nacht Schutz in einer Kirche

Flüchtlinge willkommen, Foto: Ulrike Märkel 2015
Flüchtlinge willkommen, Foto: Ulrike Märkel 2015

Heute Nacht bat ein von Abschiebung bedrohter Flüchtling den Pfarrern einer Gemeinde um Kirchenasyl. Seine Lage wäre hoffnungslos und er sei in allergrößter Angst, in sein Heimatland Myanmar (Birma) abgeschoben zu werden. Seine Sorge ist berechtigt. Der junge Mann gehört der verfolgten Minderheit der Rohingya an. Gegen die Volksgruppe aus Myanmar kam es in den letzten Wochen zu zahlreichen Gewaltakten. Die Medien berichteten über Massenvergewaltigungen, über Flüchtlings-Massengräber und Misshandlungen auf der Flucht. Zuletzt erschütterte der Bericht über ein Boot, das mit 727 Flüchtlingen an Bord von Malaysia zurück auf hohe See geschickt wurde.

Die Pfarrer der Gemeinde hatten sich gestern Abend entschieden, dem um Hilfe bittenden Rohingya Sani B. (Name geändert) zu helfen. Er war gestern Abend in Begleitung von zwei ehrenamtlichen Flüchtlings-Helfern in die Ruhrgebietskirche gekommen. Seine Papiere belegen, dass er unmittelbar von Abschiebung bedroht ist. Kirchengemeinden können sich aus humanitären Gründen für die Gewährung von Kirchenasyl entscheiden.

Die Klage von Sani B. gegen eine Abschiebung nach dem Dublin III-Verfahren wurde abgelehnt, wie der den Ruhrbaronen vorliegende Gerichtsbeschluss zeigt. Im Klartext bedeutet die Entscheidung, dass er von Deutschland aus über den Airport Charles-de-Gaulles direkt in seine Heimat abgeschoben werden kann. Den französischen Flughafen-Transitbereich wird er daher voraussichtlich nicht mehr verlassen dürfen. Sein Anwalt geht davon aus, dass er ohne Anhörung und ohne Rechtsbeistand direkt nach Myanmar abgeschoben werden wird. Frankreich hatte nach Angaben des Anwaltes das Asylverfahren bereits negativ entschieden. Doch hat sich aktuell die bedrohliche Situation Sani B.s Heimat in den letzten Wochen massiv verschärft. Beachtet wurde diese Tatsache vom zuständigen Verwaltungsgericht nicht.

Sani B. hat seine gesamte Familie verloren

Trotz der Ablehnung des Einspruchs könnte  in diesem Fall eine Einzelfallprüfung Erfolg haben. Sani B. hat seine gesamte Familie durch gewaltsame Taten verloren. Die Rohingya waren in Myanmar wiederholt Opfer ethnischer Säuberungen. In glaubhaften Berichten über seine Leben liest man, dass sein Großvater in Myanmar bei Unruhen im Feuer umkam – das gesamte Dorf wurde niedergebrannt. Sein Vater und sein Bruder wurden ebenfalls ermordet, Mutter und Schwester verlor er auf der Flucht. Sie wurden vermutlich von Menschenhändlern verschleppt.

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Asyl: Dortmunder Jusos sind erschüttert über den Brandbrief der SPD-Oberbürgermeister

Refugess welcome, Foto: Ulrike Märkel
Refugess welcome, Foto: Ulrike Märkel

Die Oberbürgermeister im Ruhrgebiet forderten im März in einem Brief an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, die Einzelfallprüfung bei Flüchtlingen aufzugeben. Der Erlass, der aus humanitären Gründen das Auseinanderreissen von Familien und das Abschieben kranker Menschen verhindert, soll nach dem Wunsch der OBs aufgegeben werden. Die Bochumer Linken stellten letzte Woche einen Dringlichkeitsantrag im Rat, um sich gemeinsam gegen die Forderungen auszusprechen. Sie scheiterten damit. Der Vorstoss der Ruhrgebiets-Oberbürgermeister für leichtere Abschiebungen im Zack-Zack-Modus hat für breite Empörung gesorgt. Auch in den eigenen Reihen.

Die Dortmunder Jusos übten am Montag ebenfalls scharfe Kritik an dem Brandbrief, den auch der Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau unterzeichnet hatte. Sie seien erschüttert über das Schreiben, so Maximilian Schulz, Vorsitzender der Dortmunder Jusos: „Einzelfallprüfungen sind wichtig, um die Situation der Geflohenen differenziert beurteilen zu können“. Nur durch die genaue Überprüfung könne man die Notsituation verfolgter Minderheiten nachvollziehen. Eine humanitäre Asylpolitik war auch beim letzten Unterbezirksparteitag ein Thema. Die Jugendorganisation der SPD ist empört: „Das ist keine sozialdemokratische Flüchtlingspolitik!“

Neben Ullrich Sierau unterzeichneten auch die SPD-Bürgermeister Ottilie Scholz (Bochum), Frank Baranowski (Gelsenkirchen), Reinhard Paß (Essen) und Sören Link (Duisburg) den Brief, mit der Forderung die ministeriellen Erlasse aufzugeben. Die Anordnungen aus dem Innenministerium sollen vor allem die Angehörige der Volksgruppe der Roma schützen. Sie waren in der Vergangenheit in ihren Heimatländern zum Teil progromartigen Ausschreitungen ausgesetzt. Der Erlass gilt besonders für schutzbedürftige Gruppen – Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern, Kranke und Pflegebedürftige.

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Update: Rechtsterrorismus Verdächtiger aus Bochum

Das sollen die Rechtsterroristen sein
Das sollen die Rechtsterroristen sein

Am Morgen kam es zu bundesweiten Festnahmen von Personen, die verdächtigt werden, rechtsterroristische Anschläge geplant zu haben. Die Gruppierung mit dem Namen „Oldschool Society“ hatte sich „pyrotechnische Gegenstände mit großer Sprengkraft“ besorgt und plante Attentate auf Moscheen, Asylunterkünfte und Salafisten.

Einer der tatverdächtigen, Olaf O. (47) lebt in Bochum. Er entstammt der Rocker- und Hooliganszene. Es gibt Hinweise darauf, dass er sich durch die „Hooligans gegen Salafisten“ radikalisiert hat. Update am Ende.

Olaf (Mitte) mit seinen Kameraden.
Olaf (Mitte) mit seinen Kameraden.

Update:

Was ist die „Oldschool Society“? Die Gruppierung scheint vorrangig auf Facebook „Freundschaften“ zu beruhen. In einer Selbstdarstellung ist die Rede von einer „Verbindung gleichgesinnter Menschen“. Es folgt der übliche Sermon rechter Gruppierung. Die Selbstdarstellung verfällt dann in einen Rockerdiktus wenn von den Regeln der Gruppe die Rede ist. Am Ende folgt der Hinweis keine verbotenen Symbole zu posten.

Die Mitglieder der Gruppe sind auffällig alt. Andres H. (56), Olaf O. (47) und Markus W. (39) einzig eine 22 jährige Frau passt nicht in das Schema der Gruppe. Die Facebook-Profile mehrer Verhafteter sind öffentlich einsehbar. Außer rassistischen Posts findet sich dort nichts auffälliges. Auch rechtsextreme Nachrichtenportale werden nicht übermäßig verlinkt. Allerdings finden sich Gewaltaufrufe der „Oldschool Society“ immer wieder in Grafiken. In einer heißt es: „Eine Kugel reicht nicht“, die Grafik ist mit SS-Totenköpfen und einem Panzer versehen.

Bei Olaf O. liegen Hinweise vor, dass er aus der rechten Hooligan- und Rockerszene entstammt. Ihre Anschlagsplanungen soll die „Oldschool Society“ im November 2014 begonnen haben. Möglicherweise wurden die vier Festgenommenen im Zuge der „Hooligans gegen Salafisten“ Demonstrationen radikalisiert. Laut Bundesanwaltschaft wurden „pyrotechnische Gegenstände mit großer Sprengkraft“ bei den Verdächtigen sichergestellt.

Hinter dem Bergiff „pyrotechnischer Gegenstand“ kann sich erstmal viel verbergen. Auf den ersten Blick wirken die Mitglieder der „Oldschool Society“ nicht wie Terrorverdächtige. Ihre Bilder und Aussagen sind oft gewaltverherrlichend und abstoßend, aber solche Menschen finden sich zu tausenden auf Facebook. Auch das die Gruppierung mit einem öffentlichen Facebook-Profil erscheint lässt nicht auf ein hohes Maß an konspirativem Vorgehen schließen. Fraglich ist ob sich hier ein paar Rechte Deppen eine Bombe gebaut haben oder ob der Verfassungsschutz einen Arbeitsnachweis liefern wollte. Der Geheimdienst wird in der Stellungnahme der Generalbundesanwaltschaft ungewöhnlich prominent erwähnt. Die Ermittlungen werden ergeben wie konkret die Planungen der Terrorverdächtigen waren.

Flüchtlinge aus Hamburg zu Gast

abschiebung_essen1In Dortmund sind am Samstag Flüchtlinge aus Hamburg und ihre Unterstützer zu Gast. Die Gruppe „Refugees Welcome Dortmund“ hat die Hamburger eingeladen. Es soll um Austausch und Erfahrungen mit Selbstorganisation gehen. Für 18 Uhr ist eine Kundgebung in der Münsterstaße geplant.

Die Pressemitteilung der Gruppe:

Never mind the papers” meets “Refugees Welcome Dortmund” – Vernetzungstreffen und kreative Kundgebung am 25. April

Europas Außengrenzen, die Abschottung gegen Geflüchtete und das massenhafte Sterben von Menschen auf ihrer Flucht, das nur Aufmerksamkeit erregt, wenn die Zahl bei mehreren Hundert liegt – das ist die eine Seite des Themenkomplexes Flucht und Flüchtlinge. Eine andere ist der tägliche Kampf um Gleichberechtigung, Anerkennung und ein Bleiberecht in Deutschland und Europa. In mehreren deutschen Städten organisieren sich Geflüchtete gegen das repressive und diskriminierende Asylregime, und auch in Dortmund sind solche Tendenzen erkennbar. Aus diesem Grund hat die Gruppe Refugees Welcome Dortmund für das kommende Wochenende Aktivist*innen und Unterstützer*innen aus Hamburg eingeladen, um Erfahrungen auszutauschen und gemeinsame Ziele und Strategien zu entwickeln. Zudem gibt es am Samstagabend eine kreative Kundgebung mit Musik und buntem Programm.

In Hamburg kämpft die Gruppe “Lampedusa in Hamburg” seit zwei Jahren für Bleiberecht von Geflüchteten, die von Lampedusa über Italien nach Deutschland gekommen sind und sich für die Anerkennung ihrer italienischen Papiere und eine Arbeitserlaubnis einsetzen. Sie organisieren sich im lokalen Bündnis “Rights to the city – Never mind the papers”, das sich gegen Rassismus, für Bewegungsfreiheit, Selbstbestimmung und Wohnraum einsetzt. Ende Januar organisierte das Bündnis eine Demonstration mit rund 8.000 Menschen.

In Dortmund steht die Selbstorganisation von geflüchteten Menschen noch am Anfang: Anfang des Jahres übergaben Geflüchtete aus der Notunterkunft Brügmannhallen einen offenen Brief an die Stadt Dortmund, um auf ihre schlechte Wohnsituation aufmerksam zu machen und forderten die Schließung dieser Unterkunft. “Das ist mittlerweile zwar geschehen, doch Menschen werden weiterhin in Notplätzen wie Containerdörfern untergebracht. Und auch, wenn einige Geflüchtete mittlerweile eine Wohnung gefunden haben, geht es um mehr als das, nämlich um das Recht, hier zu bleiben und das eigene Leben selbst zu gestalten”, betont Rea Vaupel von Refugees Welcome Dortmund.

Daher kommen an diesem Wochenende Aktivist*innen und Unterstützer*innen aus Hamburg und Dortmund in der Ruhrgebietsstadt zusammen, um ihre Erfahrungen der letzten Monate und Jahre auszutauschen und gemeinsam zu überlegen, wie Geflüchtete ihre Rechte und Forderungen besser durch- und umsetzen können.
“Wir möchten die Kämpfe von Refugees in die Öffentlichkeit tragen”, so Vaupel weiter. Darum ist für Samstagabend zudem eine kreative Kundgebung auf dem Kirchplatz an der Münsterstraße geplant: Von 18 bis 22 Uhr gibt es Musik, Video- und Fotoausstellungen und mehr.

“Never mind the papers” meets “Refugees Welcome Dortmund”
Kundgebung am 25. April, 18-22 Uhr
Kirchplatz, Münsterstraße, Dortmund-Nordstadt

Essen: Blockade gegen Abschiebung

Transparent vor Flüchtlingsunterkunft. Schriftzug Flüchtlinge willkommen in verschiedenen Sprachen In Essen-Werden haben sich am frühen Montagmorgen etwa 20 Aktivistinnen und Aktivisten eingefunden, um eine Abschiebung zu verhindern. Eine fünfköpfige Roma-Familie sollte nach Bosnien abgeschoben werden. Pikantes Detail: Die Mutter der Familie ist im fünften Monat schwanger. Von Sebastian Weiermann und Alex Gehrhardt.

Die Aktivisten blockierten von 6:20 Uhr bis 7:20 Uhr die Zufahrt zu der Flüchtlingsunterkunft in Werden. Auch die Polizei war vor Ort und fragte nach dem Grund der Aktion. Die Antirassisten hatten allerdings kein Interesse an einem Dialog mit der Staatsmacht.

Polizeikontrolle am Bahnsteig Essen-WerdenGegen 7:20 Uhr lösten die Aktivisten ihre „Blockade“ auf. Sie hatten erfahren, dass sich die Familie nicht in der Unterkunft befand. Das Warten auf die S-Bahn nutzte die Polizei, die zum Schluss mit neun Einsatzwagen vor Ort war, dazu, die Blockadegruppe festzuhalten und alle Personalien aufzunehmen, bevor alle den Heimweg antraten.

 

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Flüchtlinge willkommen? Nein, in Nordrhein-Westfalen wird abgeschoben.

Refugees_welcomeFür heute Abend kündigte die Partei „Die Rechte“ eine Mahnwache unter dem Motto „Nein zum Asylheim!“ in der Nähe eines Flüchtlingsheim in Dortmund an. Zuletzt waren die rechtsextremen Parteimitglieder in nationalsozialistischer Tradition mit einem Fackelzug ungehindert vor ein Asylbewerberheim gezogen. Die Menschen, die in Deutschland Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen, werden durch solche Aktionen verängstigt. Das ist vor allem auch deswegen besorgniserregend, weil viele von Ihnen durch ihre Erlebnisse schwer traumatisiert sind.  Auch S. gehört zu ihnen. Sein Vater und sein Bruder wurden ermordet, seine Mutter und Schwester von Kriminellen entführt.

Die Menschen in den Asylbewerberunterkünften sind psychisch enorm belastet, auch weil vielen die Abschiebung droht. Für den 17. Februar waren wieder Abschiebungen in Dortmund geplant. Hinter den abstrakten Flüchtlingszahlen stehen einzelne Schicksale und individuelle Menschen. Einer von ihnen ist S. Er kommt aus Myanmar, dem ehemaligen Birma, und gehört zur Volksgruppe der Rohingyas. Sie werden in dem überwiegend buddhistischen Land auf Grund ihres muslimischen Glaubens verfolgt und werden, wie S. Familie, immer wieder Opfer von Gewalttätigkeiten. Auch die Regierung geht gegen sie vor: 2012 wurden nach Ausschreitungen gegen die buddhistische Minderheit zehntausende Rohingyas gegen ihren Willen zwangsumgesiedelt. Die Vereinten Nationen stuften die Rohingyas als die „am meisten verfolgte Minderheit der Welt“ ein. Tausende Menschen sind seitdem auf der Flucht vor Unterdrückung, Verfolgung und religiös motivierten Gewalttaten. S. hat durch Hass und Gewalt alles verloren: Sein Haus, sein Land, seine ganze Familie. Doch seine Chancen stehen schlecht, hier bleiben zu dürfen.

Es droht die Abschiebung in „sichere“ Drittländer – die UN rät davon ab

Institute in Myanmar sprechen offen von einem drohenden Völkermord an den Rohingyas. 140.000 Menschen sind zur Zeit auf der Flucht, allein in Bangladesch leben über 30.000 der verfolgten Minderheit in Flüchtlingslagern, die in einem katastrophalen Zustand sind. Das Land, dass zu den ärmsten der Welt zählt ist mit der Situation überfordert. Doch in Deutschland, einem der reichsten Länder der Welt wird trotzdem abgeschoben – auch in Nordrhein-Westfalen. Einige Flüchtlinge wollen ihre Abschiebung nicht widerspruchslos hinnehmen und haben Rat bei einem Anwalt gesucht.

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Aus Syrien ins deutsche Hinterland – Eine Flüchtlingsodyssee

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Muhammad Tamim in seinem Zimmer in der Flüchtlings-Erstaufnahmeinrichtung in Hemer. Foto: Felix Huesmann

Es ist ein grauer Novembertag, tief im deutschen Hinterland. Ein paar Kilometer außerhalb des kleinen Örtchens Hemer im Sauerland liegt eine ehemalige Militärkaserne, nur durch eine Straße vom ehemaligen Truppenübungsgelände getrennt. Einige hundert Meter weiter grast eine einsame Kuh. Soldaten schlafen in den Baracken schon länger nicht mehr, 2007 hat die Bundeswehr den Standort Hemer aufgegeben. Während auf anderen Teilen des Kasernengeländes 2010 die Landesgartenschau stattfand, wohnen in den Baracken neben dem ehemaligen „Standortübungsplatz“ nun Flüchtlinge.

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