„Der Kampf gegen den Antisemitismus“, hat Claudia Roth (GRÜNE) dem Kulturausschuss des Bundestages bekannt, „muss so global sein wie der Antisemitismus selbst.“ Der Satz der Staatsministerin ist falsch formuliert – Antisemitismus ist global, muss aber nicht – und dennoch richtig, die hessische Kulturministerin Andrea Dorn, ebenfalls GRÜNE, hat ihn gleich nachgesprochen. Klarer Lernerfolg, grüne Kulturpolitik trifft auf eine Szene innerhalb der Welt der Kunst, die schon länger daran arbeitet, eine „globale Poesie“ zu entwickeln und eine passend modulierte „globale Politik“. So formuliert es einer ihrer Vordenker, Charles Esche, graue Eminenz im Kassler Wald, in den er die Documenta gelockt hat. Jetzt steht der Wald schwarz und schweiget, niemand, der sich aus den Büschen traute, auch Esche nicht, der neulich noch gemeint hat, wer BDS nicht auf die Bühne hole, die antisemitische Hetzkampagne, der betreibe „racial profiling“. Hier ein Versuch, sich vorzutasten in eine Gedankenwelt, in der sich alles um Israel dreht, Israel aber keine Rolle spielt, Palästinenser eh nicht, Esche sehr wohl. Etwas gruselig, das Ganze, eine BDS-Geisterbahn, man findet wieder heraus, viel Spaß.
Vor vier Jahren, am 12. Juli 2018, präsentierte die Kassler Documenta, weltweit geachtete Ausstellung für zeitgenössische Kunst, die Mitglieder der Findungskommission, deren Aufgabe es war, die kuratorische Leitung der kommenden Documenta und also deren grundsätzliche Ausrichtung zu bestimmen. Maßgeblich beteiligt an der Findung der Findungskommission: Sabine Schormann, generös verhinderte Generaldirektorin. Einer der acht von ihr gefundenen Findungskommissare: Charles Esche, britischer Staatsbürger aus einer DDR-deutschen Familie, der sich – so stellte ihn die ZEIT 2011 einem deutschen Publikum vor – „in den achtziger Jahren enttäuscht von den radikalen Linken abwandte und sich in die Kulturszene stürzte“. Für ihn, so die ZEIT, müsse Kunst „vor allem eines leisten: Provokation. Kunst dürfe nicht dem Kapitalismus ‚als Mittel der Ablenkung des Widerstands von angemesseneren Aktivitäten dienen‘“.