Rückzug von ‚Collinas Erben‘: Wie viel Kritik ist noch OK? – Vom aggressiven Umgangston auf Twitter & Co.

Nicht immer kann man im Leben so schön fröhlich bleiben. Foto: Robin Patzwaldt

Manchmal wundert man sich ja über die Sensibilität von Leuten, die eigentlich schon länger in der Öffentlichkeit stehen, und daher Widerspruch (auch in einem manchmal sehr rauen Ton) eigentlich gewohnt sein müssten. Als ich zwischen 2010 und 2012 noch in der Lokalpolitik unterwegs war, da stand unser damaliger Ortsverbandschef bei den Grünen häufig im Kreuzfeuer der Kritik. Sowohl lokal, als auch auf Landesebene. Als ich ihn einmal darauf ansprach, wie er das aushalten könne, da meinte er zu mir nur lapidar ‚Wer seinen Kopf aus dem Fenster hält, der muss mit Wind rechnen“.

Warum ich das heute hier erwähne? Weil ich seit dieser Aussage von vor gut zehn Jahren schon häufig daran zurückdenken musste. Erst heute wieder wurde ich mit einer aus meiner Sicht erstaunlichen Sensibilität von Medienschaffenden konfrontiert, die mich doch sehr verwundert.

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Sascha Pallenberg: „Als Blogger musst Du ab und zu einfach mal so richtig auf die Kacke hauen!“

Sascha Pallenberg zu Besuch in seiner Heimatstadt Waltrop. Foto: Robin Patzwaldt
Blogger Sascha Pallenberg zu Besuch in seiner alten Heimat im Ruhrgebiet. Foto: Robin Patzwaldt

Der 43-jährige Sascha Pallenberg gehört seit Jahren schon zu Deutschlands bekanntesten Bloggern. Sein aktuelles Blog ‚Mobilegeeks‘ ist dabei nicht das erste erfolgreicher Projekt des gebürtigen Dortmunders. Mit Hauptwohnsitz inzwischen seit Jahren in Taiwan lebend, bereist der begeisterte Technikfan inzwischen die gesamte Welt, sucht ständig nach neuen, spannenden Entwicklungen in diesem Bereich und hält zahlreiche Vorträge über seine dabei gewonnenen Erkenntnisse.
Ursprünglich stammt Pallenberg aber eben hier aus dem Ruhrgebiet, besuchte in den 1980er-Jahren zusammen mit Ruhrbarone-Autor Robin Patzwaldt das örtliche Gymnasium in Waltrop. Nun kehrte der Weltreisende für wenige Tage mal wieder in seine alte Heimat im nördlichen Ruhrgebiet zurück. Bei einem persönlichen Treffen der beiden, dem ersten seit etlichen Jahren, diesmal im Vorfeld des ‚Waltroper Parkfestes‘, stand Pallenberg den Ruhrbaronen so ausführlich Rede und Antwort, sprach u.a. über Privates, das Ruhrgebiet, seine Vorliebe für Taiwan, seinen Alltag als Blogger, das Internet und auch über seine alte, große Liebe, den FC Schalke 04.

Ruhrbarone: Hallo Sascha! Schön dich mal wieder persönlich hier in Waltrop zu treffen. Ist ja schon Jahre her, dass wir uns hier gesehen haben. Erkläre mir und unseren Lesern doch mal kurz in ein paar Sätzen was hast Du eigentlich nach der Schule alles so getrieben hast. Wie wurde aus Dir der bekannte Technik-Blogger von heute?

Pallenberg: Also, nach der Schule bin ich zur Bundeswehr gegangen und musste mich dann dort zum ersten Mal mit Autoritäten auseinandersetzen, was dann ganz schon spannend war (grinst). Ich hatte mich direkt für vier Jahre verpflichtet, weil ich dachte, dass ich auch beim Bund studieren werde. Dann habe ich aber zum Glück die Kurve gekriegt und bin 1996 beim Bund raus. Danach habe ich dann fünf Jahre lang gejobbt, dabei dann immer schon recht viel mit Computern gemacht. Meinen ersten Computer habe ich schon 1981 bekommen und 1985 war ich glaube ich schon zum ersten Mal online.

An meinem 30. Geburtstag habe ich dann zusammen mit meinem besten Freund damals hier in Waltrop zusammen vor dem Rechner gesessen und dabei dann einen total moralische Selbstreflektion gestartet. Die Erkenntnis damals für mich war: Irgendetwas läuft in meinem Leben falsch. Ich muss was tun. Und eine Woche später habe ich dann zusammen mit einem anderen Kumpel aus Waltrop hier zusammen eine Firma gegründet.

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Debatte: “RB Leipzig – der Untergang des Fußballs?“


Gleich mehrfach bin ich heute schon von verschiedener Seite auf einen aktuell bei Youtube veröffentlichten Vortrag des Journalisten und Bloggers Alex Feuerherdt zum Thema „RB Leipzig – der Untergang des Fußballs?“, welcher sich aber auch mit der grundsätzlichen Entwicklung und der Geschichte dieser Sportart beschäftigt, den er u.a. auf Einladung der Ultras Braunschweig in der Vorwoche gehalten hat, aufmerksam gemacht worden.
Der Vortrag, welcher am 19.02.15 in Braunschweig gehalten wurde, fasst dabei viele aktuell unter Fußballfreunden heiß diskutierte Themen in knapp 45 Minuten auf interessante und durchaus diskutable Art und Weise, knapp und recht knackig zusammen.

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Die unglaubliche Geschichte der Neda Soltani – vom Versagen der Medien und der „Social Networks“

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Mir gegenüber sitzt die Todgesagte. Sie redet, sie lacht, manchmal merke ich, dass sie Angst hat. Neda Soltani musste flüchten, sie hat ihre Heimat verlassen. Sie sagt, hier in diesem Kaff bei Frankfurt am Main sei alles anders. Schnee, Frost, Regen und kalte Straßen mit kalten Gesichtern. Ein fremdes Land für die jungen Frau.

Das Bild von Neda Soltani kennt fast jeder auf dieser Welt. Es kam über die Sender, das Internet und die Zeitung in so gut wie jedes Haus als das Bild einer Toten. Dieses bekannte Portrait zeigt eine junge, vorsichtig geschminkte Frau mit braunen Augen. Der im Iran gesetzlich vorgeschriebenen Schleier ist eine Handbreit zurückgeschoben. Man sieht den Ansatz ihres kräftigen Haares. Sie lächelt, ein wenig weich, ein wenig unschuldig, freundlich.

Hier und jetzt, in einem Cafe irgendwo in der Nähe von Frankfurt ist das Gesicht von Neda Soltani härter geworden. Sie trägt keinen Schleier mehr. Man sieht graue Strähnen, die größer werden an ihrer Stirn. Es war nur ein Missverständnis, sagt sie. Ein Fehler. Ein Irrtum mit schrecklichen Folgen. Neda Soltani geriet in den Tumulten nach den gefälschten Wahlen im Iran zwischen die Fronten, wurde gehetzt, gejagt und musste flüchten. Ihr altes Leben zerbrach wie ein Spiegel. Ihr Foto, das Bild mit dem weichen Lächeln das um die Welt ging, wurde ihr entrissen.

Bis vor einem halben Jahr hat Neda Soltani in Teheran gelebt. Sie unterrichtete dort englische Literatur. Sie kann sich in der fremden Sprache fließend ausdrücken, gewählt und intelligent. Im Sommer erst hatte sie eine Arbeit über die weibliche Symbolik im Werk von Joseph Conrad abgeschlossen. An den Protesten im Iran konnte sie deswegen nicht teilnehmen. Sie musste im Juni Korrektur lesen. „Mein Ziel war es, irgendwann eine Professur anzustreben, wenn ich gut genug dafür gewesen wäre.“

Ihre Eltern gehören der iranischen Mittelschicht an. Wo genau sie herkommt und was ihre Familie macht, will sie nicht sagen. Sie hat Angst. Sie erkennt Probleme. Sie weiß, dass nicht alles richtig läuft. Aber sie war vor allem fleißig, wenn es darum ging, zu lernen. Eine Akademikerin. „Ich habe über zehn Jahre hart gearbeitet, um mir die Position als Dozentin an der Universität zu sichern. Ich habe Geld verdient, ich bin mit Freunden ausgegangen und ich habe Spaß gehabt.“ Heute hat sie davon nichts mehr. Keine Arbeit, kein Geld und keine Freunde zum Ausgehen. Neda Soltani ist jetzt 32 Jahre alt.

Die Geschichte ihres Fotos beginnt am 20. Juni 2009. Damals wurde in der Nähe der Kargar Avenue in Teheran gegen 19:00 Uhr Ortszeit eine junge Frau niedergeschossen. Sie fiel auf den Rücken, aus ihrem Mund lief Blut. Dabei starrte sie in eine Handykamera, verletzt, voller Angst, wehrlos. Sie starb wenig später auf dem Weg ins Hospital. Die Bilder der sterbenden Frau wurden auf Youtube hochgeladen.

Alarmiert durch Blogger und Twitter stoßen bald große Sender auf das Sterben der Frau. Redakteure versuchen sie zu identifizieren. In Zeitnot suchen sie Bilder der Toten. Ihr Vorname, Neda, war im Video zu hören. Schnell kommt über das Netz ein Nachname: Soltan, Studentin der Islamic Azad Universität in Teheran. Irgendwer sucht mit diesen Daten bei Facebook.

Hier unterhält auch Neda Soltani eine Seite. Öffentlich zugänglich ist hier nicht viel. Neda Soltani hat ihre Inhalte allein für Freunde freigegeben. In ihrem Profil stand allerdings ein Foto, das damals jeder sehen konnte.

Wer als erster auf ihre Seite im internationalen Portal für Studenten, Manager und Hausfrauen stieß, ist nicht mehr zu rekonstruieren. Genauso wenig ist klar, wer den Fehler machte und die ermordete Neda Soltan (auf dem Foto links) mit Neda Soltani (auf dem Foto rechts) verwechselte.


Auf jeden Fall kopiert irgendwer das Foto der Lebenden in der Nacht auf den 21. Juni 2009 aus deren Facebook-Profil. Es wird über die sozialen Netzwerke, über Blogs und Portale gestreut. Dann wird es über CNN, BBC, CBS, ZDF, ARD und fast jeden anderen denkbaren Sender gesendet. Es wird gedruckt in den Zeitungen und Magazinen dutzender Länder. Es passiert gleichzeitig, es passiert weltweit.

Das Foto der jungen Frau wurde so zum Symbol des Freiheitskampfes am persischen Golf. Auf Demonstrationen trugen die wütenden Menschen das Abbild der vermeidlichen Märtyrerin vor sich her. Sie trugen es auf ihren T-Shirts und bauten ihm Altäre. Sie riefen: „Engel des Iran“.

Wie konnte es zu dem verwechselten Foto kommen? Soltani ist ein gewöhnlicher Name im Iran. Wie Meyer oder Müller vielleicht. Auch Neda ist nicht ungewöhnlich. Man könnte ihn mit Sonja oder Sandra vergleichen. Die Ermordete studierte an der privaten Islamic Azad Universität, die lebende Neda Soltani war dort Dozentin. Doch hätten die Medien nicht besser prüfen müssen, wessen Foto sie benutzen, anstatt es einfach von einer Facebook-Seite zu kopieren und weltweit zu verbreiten? Es gab Zeitdruck, das ja, aber es gab zumindest eine Sache, die hätte stutzig machen müssen. Die Tote hieß mit vollem Namen Neda Agha-Soltan. Die Lebende wird einfach Neda Soltani genannt.

Am Morgen des 21. Juni 2009, einen Tag nach dem Todesschuss, wunderte sich Neda Soltani. Immer mehr Menschen wollten sich auf ihrer Facebook-Seite registrieren, als angebliche Freunde. Hunderte waren das, aus aller Welt. Es hörte nicht auf. Es kamen Anrufe. Ein befreundeter Professor brach in Tränen aus, als er ihre Stimme hörte.

Zunächst ein schlechter Witz, dachte Neda Soltani. Etwas, das mit zwei, drei Anrufen aus der Welt zu schaffen ist. Ein Fehler halt, wie er nicht passieren darf, aber passieren kann. Sie fing an zu schreiben. Sie schrieb, dass sie leben würde. Sie schrieb an den im Iran populären Sender Voice of America. Sie schrieb, dass es ein Irrtum sei. Dass sie das falsche Foto hätten. Als Beweis schickte Neda Soltani ein weiteres Foto von sich. Und schrieb: Die Redaktion könne ja vergleichen. Das sei auch sie. Neda Soltani hat nicht damit gerechnet, was dann passierte.

Voice of America verbreitete nun dieses zweite Foto als neues Bild der verstorbenen Neda und CBS griff es auf. Neda Soltani bekam Angst. Alles was sie tat, um ihr Bild zurück zu gewinnen, schien nutzlos.

Sie löschte das Foto auf ihrer Facebook-Seite. Damit es niemand mehr runterladen kann. Der nächste Stein kam ins Rollen. Zensur wähnend, wurde ihr Foto kopiert, dutzende, hunderte Facebook-Seiten auf aller Welt spiegelten ihr Bild. Es wurde in Blogs fixiert und bei Twitter versandt.

Es war, als sei ihre eigene Identität aus dem Foto gelöscht und stattdessen mit den Sehnsüchten tausender Menschen aufgeladen. Das lächelnde Gesicht der Tod Geglaubten gerann zur Ikone eines unschuldigen Opfers im Freiheitskampf.

Es half auch nichts, dass spätestens seit dem 23. Juni 2009 authentische Fotos der toten Neda Agha-Soltan frei und für jeden verfügbar waren, deren Eltern hatten sie herausgegeben. Das Bild von Neda Soltani wurde trotzdem weiter verbreitet.

Freunde von Neda Soltani versuchten, in Foren den Fehler richtig zu stellen. Eine Vertraute wurde deswegen beschimpft. „Du Bastard, Du wirst uns den Engel des Iran nicht nehmen.“ Es ist, als könne der einmal geglaubte Irrtum nicht mehr berichtigt werden.

Die Geschichte ist nicht nur die Geschichte des Versagens der traditionellen Redaktionen in hektischen Nachrichtenzeiten. Diese Geschichte beschreibt auch das Versagen der sozialen Medien. Die Masse hat im Netz nicht nur die Macht, Lügen zu entlarven. Die Masse kann auch eigene Wahrheiten erschaffen und verteidigen. Egal wie falsch die sind. Nur sehr wenige Blogs berichteten über den Fehler. Keiner wurde so ernst genommen, dass er die Macht gehabt hätte, den Irrtum zu korrigieren.

Irgendwann wurde Neda Soltani klar, dass etwas gewaltig aus dem Ruder läuft. Nur wenige Journalisten schrieben sie über ihre Facebook-Seite an und fragten nach ihrer Identität. Keiner von ihnen konnte oder wollte die Welle stoppen.

Neda Soltani geriet im Iran unter Druck. Sie wurde bedroht. Sie hat Angst um ihre Familie, deswegen kann und will sie nicht sagen, was genau vorgefallen ist. Nur soviel ist klar: Der Fehler mit ihrem Foto sollte gegen die Opposition gewandt, die Menschen auf der Straße als Instrumente westlicher Fälscher entlarvt werden – mit aller Gewalt. Es kamen schlimme Vorwürfe, die den Tod bringen können. Neda Soltani wurde krank. Panikattacken und hilflose Angst.

Sie konnte nicht mehr bleiben. Sie musste aus dem Iran verschwinden. Ohne von ihren Eltern Abschied zu nehmen, floh sie am 2. Juli 2009 in den Westen. Ihre Ersparnisse bekamen Fluchthelfer. Mit nichts in den Händen als einem Rucksack, einem kleinen Rucksack, ging sie los. Sie floh über Griechenland nach Deutschland. Hier hat sie einen Cousin. In Bochum. Der ist jetzt Ihre Familie.

Am 3. Juli 2009 brachte endlich BBC Online eine Nachricht über die falsche Identität in einer Internet-Wochenschau über soziale Netzwerke. Direkt hinter den Verschwörungstheorien zum Tod von Michael Jackson. BBC Online kommentierte: „Dieser Fall ist ein herausragendes Beispiel für die Gefahren, wenn Massenmedien Bilder aus sozialen Netzwerken im Internet verbreiten.“

Man hätte nun erwarten können, dass es damit ein Ende findet. „Meine Freunde haben mir gesagt, warte noch einen Tag. Dann wird alles gut. Doch es vergingen die Tage und nichts wurde gut“, sagt Neda Soltani.

Das Asylverfahren in Deutschland läuft nun seit Monaten. Neda sagt, sie wollte nie auswandern. Sie war auch noch nie im Westen. Sie sagt, sie hat Heimweh. Sie bekommt vom Deutschen Staat etwa 180 Euro im Monat als Hilfe. Das reicht kaum, um sich von Salaten, Früchten und Broten zu ernähren, so wie sie es gewohnt ist. Sie lebt irgendwo in einem Heim für Flüchtlinge. Ihr Zimmer mit der Nummer 11 ist schmal, zwei Betten, ein Regal. Hier will sie niemanden hineinlassen. Sie sagt, sie will die Monate „im Lager“ so schnell wie möglich vergessen. Sobald sie raus ist, soll sie nichts mehr an das hier erinnern. Die Beschläge der Türen sind mit Gips geflickt. Die Küche für einen ganzen Flur mit zwei dutzend Menschen hat kein Fenster, der Ausguss wackelt auf einem Brettergestell. Auf einem Balkon zum Hof ist eine Satellitenschüssel auf eine abgebrochene Metallstange gespießt. Die Stange steckt in einem vergammelten Sauerkrauteimer mit Sand und Steinen. Improvisiertes Flickwerk für eine Verbindung zur Heimat.

Obwohl das Foto der toten Neda seit Monaten bekannt ist, taucht noch immer das Bild der falschen bei Spiegel-Online auf, in der New York Times oder in der Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung. Selbst ein Bild der Nachrichtenagentur AFP zirkuliert noch durch die Archive.

Eines ist allen diesen Bildern gemein: Es sind meist Aufnahmen von Fotos. Sie zeigen Menschen, die eine Ikone in die Kamera strecken. Bilder eines falschen Bildes.

Neda Soltani hat lange dazu geschwiegen. Sie hat Boden unter den Füssen gesucht, sich gesammelt.

Als CNN im November einen Bericht zum Iran brachte, war der wieder mit dem Foto von Neda Soltani illustriert. Sie schrieb den Sender an und bat darum, ihr Bild zu löschen.

Als Antwort erhielt sie eine automatische Email, die um Verständnis bat, dass nicht alle Hinweise persönlich beantwortet werden könnten. Unterzeichnet war das Schreiben mit „CNN, The Most Trusted Name In News“.

Das Bild gehört nicht mehr ihr. Es gehört CNN und den anderen.

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Diese Geschichte erschien auch im SZ-Magazin.

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Neuer Politblog – CDU Kampfblog?

kante

In den vergangenen Tagen wurde ich von verschiedenen Leuten auf den Blog Klare Kante hingewiesen. Dies sei der neue Kampfblog der CDU in NRW. Nun, ich hab mir das Ding jetzt mal angeschaut. Und muss sagen: Wenn das die Vorhut der schwarzen Wahlkampf-Maschine sein soll, dann weiß ich es auch nicht.

Der Blog ist zunächst einmal mager. Da passiert nix. Erst eine Handvoll Beiträge und die noch schlecht geschrieben. Ein Twitteraccount fast ohne Follower. Das prickeligste bisher: Ein Interview mit Peter Ramsauer. Peter Wer? Ramsauer. Das ist ein Typ aus Bayern, der in Berlin Verkehrsminister ist und in NRW nix zu sagen hat.

Der Ramsauer jedenfalls schwadroniert bei der Klaren Kante über die Bedeutung der NRW-Wahlen für Berlin. Wettert gegen die Linke. Aber sagt kein Wort zum besch.ssenen Nahverkehr im Ruhrgebiet und warum eigentlich der RuhrXpress nicht kommt, der mal als Ersatz für den Metrorapid angedacht war und von Berlin cofinanziert werden sollte. Ein völlig belangloses Interview. Ähnlich die Qualität der anderen Texte.

Als Macher hinter Klare Kante outet sich Gerd Reuter. Ein alternder Journalist, der als “Kanzlerkorrespondent” mit Alt-Kanzler Helmut Kohl (CDU) „auf allen fünf Kontinenten“ war.

Wer Helmut Kohl ist, muss man den jüngeren Lesern sicher erklären. Das ist der Mann mit den verschwiegenen Millionenspenden, der von dem Skandal vor ein paar Jahren. Ja genau der, der seinen Ehrenvorsitz bei der CDU aufgeben musste, weil er das mit den Finanzen nicht hingekriegt hat. Ich finde, es ist ein merkwürdiger Versuch für einen Blogger, seine Qualifikation mit der Nähe zu einem Bimbesmauschler beweisen zu wollen. Aber egal. Seine Motivation für den Blog sieht Reuter in der „Schicksalswahl„, die auf NRW im Mai zurolle. Als Domain-Inhaber und Admin fungiert ein CDU-Mann und Ex-Vize-Schatzmeister aus der Heimat-Gegend von NRW-Medienminister Andreas Krautscheid (CDU), der sich vor einem Jahr  in den Wahlkampf abgemeldet hat. Erst vor Kurzem ist der Mann, Niels Litzka, aus dem Impressum der Internetseite der CDU-Meckenheim als Webmaster gelöscht worden.

Nur zur Erklärung: Krautscheid ist Vorsitzender der CDU im Kreis Rhein Sieg, zu dem die CDU Meckenheim gehört.

Ich rechne ganz scharf damit, dass die CDU in diesem Wahlkampf versucht, Blogs neben sich im Untergrund zu platzieren, um eine Wahlbotschaft zu transportieren. Nun sagen einige Leute in Düsseldorf, der Blog Klare Kante soll eines dieser U-Boote sein. Gleiches vermuten andere Leute auch hinter dem Blog „Wir in NRW“ – nur mit anderen Vorzeichen. Es wird gespottet, die Schreiber unter dem Ex-WAZ-Vormann Alfons Pieper seien „Rotblogger“.

Tja, wie dem auch sei: Ich glaube nicht, dass Pieper „Rotblogger“ anführt. Dafür sind die Berichte dort meist zu gut, zu fundiert und zu journalistisch. Zudem zeugen sie von einer intimen Kenntnis der CDU-Strukturen. Ich denke eher, da machen Leute mit, die von der jetzigen CDU unter dem Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers enttäuscht sind. Ich glaube, bei „Wir in NRW“ sind Leute aller Colour mit einem journalistischen Interesse.

Wenn der Blog „Wir in NRW“ reine Wahlkampfmasche wäre, so wäre das für mich eine Riesenenttäuschung.

Aber zurück zur Klaren Kante. Auch hier fällt es mir schwer zu glauben, dass hinter dem Schrott eine Parteistruktur steht. Dafür ist das Ding zu uninformiert und schwach. Und wenn doch, dann sollten sich die Wahlkampfmanager der CDU ihr Geld zurückgeben lassen. Das Ding langweilt. Die Zugriffsraten werden miserabel sein. Unter 1000 Leser am Tag – da halte ich jede Wette.

Zudem wäre zu prüfen, ob es sich um Rechtsbruch handelt, wenn eine Partei wie die CDU den Blog aus Parteikassen finanzieren würde, ohne sich als Financier zu outen. Auch hier glaube ich, wird sich die CDU kaum in die Brennnesseln setzen wollen und kurz vor der Wahl einen kleinen Finanzskandal anheizen.

Aus diesen Gründen denke ich lieber, Klare Kante ist das Werk eines alten Mannes, der im Netz Unsinn macht und sich dabei von einem jüngeren Parteigenossen der CDU helfen lässt.

Den Rest wird die Zeit beweisen.