Ruhrgebiet: Wer wird was?

rotgruenkoalitionrvrIn der  Rot-Grünen Koalition im Ruhrparlament hat die Diskussion um das Führungspersonal des Ruhrgebiets begonnen.

Eigentlich wollte die Rot-Grüne Koalition in Ruhe die Landtagswahl abwarten und dann ganz entspannt die Personalfragen des kommenden Jahres besprechen. Durch den Tod des Chef-Wirtschaftsförderers des Ruhrgebiets, Hanns-Ludwig Brauser, hat sich die Personaldiskussion nun beschleunigt. Neben einem Nachfolger für Brauser müssen sich SPD und Grüne auch noch auf Nachfolger für den RVR-Regionaldirektor Heinz Dieter Klink und die Dezernenten Thomas Rommelspacher (Grüne) und Dieter Funke (SPD) einigen. Auch soll eine neuen Kulturabteilung als Nachfolger der Ruhr2010 GmbH aufgebaut werden und auch die braucht einen Chef.

Grüne und SPD wollen sich möglichst diskret einigen und lange Personaldiskussionen vermeiden. Beiden Parteien wäre eine Paketlösungen am liebsten. Wer wird am Ende in diesem Paket stecken? Diese Frage ist nicht nur die wichtigste der gerade begonnenen Legislaturperiode des Ruhrparlaments, sie wird auch zeigen, wie ernst es den beiden Parteien mit der vollmundig verkündeten Stärkung des RVR und der Zusammenarbeit im Ruhrgebiet ist.

Vor allem die Posten des Chefs der Wirtschaftsförderung und des Regionaldirektors sind entscheidend.

Der nächste Regionaldirektor, so hört man aus beiden Parteien, soll nicht wieder so eine Null wie der jetzige Amtsinhaber Heinz-Dieter Klink (SPD) werden. Der war vom damaligen Dortmunder OB, Gerhard Langemeyer (SPD) auf den Posten bugsiert worden. Langemeyer wollten einen möglichst schwachen RVR-Chef und Klink war dafür der Richtige: Völlig ambitionslos, mit mäßigem Arbeitseifer und ohne eigene Ideen machte Klink brav was man ihm sagte. In seiner Amtszeit gab es aus dem RVR heraus nicht eine einzige nennenswerte Initiative. Mit jedem seiner Auftritte vor Publikum gelang es Kling zudem sich lächerlich zu machen – und die Region gleich mit.

Aus beiden Parteien hört man, dass ein peinlicher Komplettausfall wie Klink  nicht wieder an die RVR-Spitze kommen soll.  Ein Stadtplaner, so ist man sich einig, wäre nicht schlecht.  Die SPD widerspricht allerdings den Gerüchten, sie hätte sich schon personell festgelegt. Bochums ehemaliger Stadtplaner Martin zur Nedden, im Moment Stadtbaurat in Leipzig, könnte ein Kandidat werden. Oder Ullrich Sierau: Scheitert er bei der OB-Wahl in Dortmund ist es unwahrscheinlich, dass er unter Pohlmann als Dezernent arbeiten würde. Sicher ist das alles aber noch lange nicht.

Schwierig wird auch die Brauser-Nachfolge. Im Moment ist Dieter Funke provisorischer Geschäftsführer. Hanns-Ludwig Brauser war extrem gut vernetzt und in der Lage, Mehrheiten im Ruhrgebiet für seine Projekte zu organisieren. Die gefielen nicht immer allen Wirtschaftsförderern: Das Brauser  Immobiliendaten für das gesamte Ruhrgebiet erheben und veröffentlichen ließ, störte viele, lagen doch Brausers Zahlen zum Teil deutlich unter den von den Städten veröffentlichten.  Klar ist, dass keiner der Wirtschaftsförderer der drei großen Ruhrgebietsstädte Dortmund, Duisburg und Essen den Posten haben will.  Unklar ist jedoch, ob die Wirtschaftsförderung überhaupt als GmbH erhalten bleibt oder stärker in den RVR eingegliedert wird, wie es sich manche in der Koalition vorstellen können.

Es kursieren zur Zeit zwei Modelle für die Spitze der Wirtschaftsförderung: Ein direkter Brauser Nachfolger oder derer gleich zwei: Einen Verwaltungsmann für das interne Management und die Zusammenarbeit mit der Politik und einen ehemaligen Manager oder Unternehmer für die Aussendarstellung und den Kontakt mit der Wirtschaft. Bei beiden Modellen kommt es letztendlich auf die künftig handelnden Personen an: Wählt man Männer oder Frauen mit eigenen Vorstellungen und kräftigen Ellenbogen oder einen reinen Koordinator, einen Business-Klink, dessen Agenda die Wirtschaftsförderer der Städte diktieren?

Klar ist, das Ruhrgebiet braucht durchsetzungsfähige Persönlichkeiten mit eigenen Ideen und Ambitionen auf beiden Positionen. Rot-Grün können mit der richtigen Auswahl wichtige Weichen stellen – oder aber zeigen, dass das Gerede von der Stärkung des Ruhrgebiets nicht mehr als heiße Luft ist.

Zum Tod von Hanns-Ludwig Brauser

brauser_abschiedDer Tod von Hanns-Ludwig Brauser hat uns bei den Ruhrbaronen geschockt. Wir haben ihn kennengelernt als engagierten Mann im Ruhrgebiet, jemanden, dem die Region am Herzen lag. Nicht immer waren wir einer Meinung, oft haben wir uns gestritten, auch heftig. Aber es ging um die Sache. Und da war es schön, mit Hanns-Ludwig Brauser  jemanden zu haben, mit dem man sich engagiert über die vielen Themen des Ruhrgebietes streiten konnte.

Er gehörte zu den Menschen, die das Ruhrgebiet in den vergangenen Jahren geprägt haben: Hanns-Ludwig Brauser, der Chef der Wirtschaftsförderung Metropole Ruhr, ist gestern nach kurzer und schwerer Krankheit im Alter von 62 Jahren gestorben. An die Metropole glaubte Brauser selbst nicht. So ein PR-Sprech war nicht seine Sache. Brauser wollte die realen Stärken des Ruhrgebiets betonen, um so Investoren für die Region zu interessieren: Logistik, Werkstoffentwicklung, Chemie. Er konnte einem stundenlang anhand von Untersuchungen und Tabellen erklären, warum genau diese Bereiche wichtig sind. Über die  Metropolenträumereien machte er sich lustig: „Wer von Metropole Ruhr redet, hängt alten Ideen nach.“

Brauser hatte einen schweren Stand, als er von Düsseldorf in das Ruhrgebiet kam, um die Projekt Ruhr GmbH zu führen. Sie war kaum mehr als der verlängerte Arm der Landesregierung, geschaffen von Clement, um den letzten Rest an Selbstverwaltung im Ruhrgebiet  zu zerschlagen: den Kommunalverband Ruhrgebiet. In dieser Zeit wurde Brauser immer wieder – und oft auch zu Recht – kritisiert. Aber schon damals setzte er Zeichen: Hanns-Ludwig Brauser hat bereits in den 90ern Themen wie die Bildungsarmut im Ruhrgebiet nach vorne gespielt und gleichzeitig für Lösungsansätze geworben. Es ist unter anderem ihm zu verdanken, dass die Migranten als eigenes Thema in der Wirtschaftsförderung erkannt wurden. Er hat mit den Boden bereitet, dass heute türkische Unternehmer gefördert und nicht behindert werden.

Als der Vater von vier Kindern im Jahr 2007 Chef der Ruhrgebiets-Wirtschaftsförderung wurde, war schnell klar, dass dies der Job war, der perfekt zu ihm passte. Hier war er unabhängiger, konnte selbst den Kurs bestimmen. Klar, er musste mit den Städten und lokalen Wirtschaftsförderern kooperieren, aber das konnte er hervorragend: Hanns-Ludwig Brauser war gut vernetzt, kannte noch den unwichtigsten Geschäftsführer irgendeiner Ratsfraktion in irgendeinem Kaff persönlich. Und wenn er wollte, konnte er sie mit der Kraft seiner Argumente und seiner Beharrlichkeit von seinen Ideen überzeugen und auf Linie bringen.

Hanns-Ludwig Brauser hat immer für das Ruhrgebiet geworben. Er hat es nicht aufgegeben, wie so viele andere. Er hat die Probleme der Städte erkannt, er hat die Lösung in einem Mehr an Zusammenarbeit gesehen. Er wollte ein starkes Ruhrgebiet. Und er legte sich immer wieder mit den zaghaften Kommunalpolitikern an: Er ließ Studien anfertigen, in denen die Probleme des Ruhrgebiets offen gelegt wurden. Im Verkehrsbereich zum Beispiel. Und bei aller Geduld konnte er auch ungeduldig sein: „Wenn es in zehn Jahren nicht weniger Nahverkehrsgesellschaften als heute gibt, haben wir etwas falsch gemacht,“ sagte er damals.

Wir bei den Ruhrbaronen hätten uns oft ein schnelleres Vorgehen gewünscht, während Hanns-Ludwig Brauser für den Konsens und damit für den kleinsten gemeinsamen Nenner warb. Aber, und das ist wichtig: vielleicht war Hanns-Ludwig Brauser einfach der größere Realist, der bessere Politiker, der Mann, der das Machbare auch schaffte, während wir Utopien forderten. Wir werden Hanns-Ludwig Brauser als streitbaren Mann für das Ruhrgebiet vermissen.

Unser tief empfundenes Beileid gilt seiner Familie

Stefan Laurin,  David Schraven

Stimmen zu Hanns-Ludwig Brausers Tod…Link