Mohamed war ein Prolet…

 . . . und ein paar weitere heitere Fußballgeschichten, weil es gleich wieder losgeht!!!

abb: stadtwerke bo/ ruhr nachrichten

RWE/ Für mehr als 30 Millionen Euros soll Traditionsclub und Viertligist Rot-Weiß Essen nun endlich doch ein neues Stadion bekommen kick. Ein Steinwurf entfernt vom alten Georg-Melches Stadion fällt deshalb am Samstag, High Noon, der feierliche symbolische Startschuss für die neue rot-weiße Spielstätte. Eine der letzten Amtshandlungen des scheidenden OB Wolfgang Reiniger (CDU). Immerhin ist das neue Stadion mit vier Tribünen geplant und damit gegenüber dem bisherigen Traditionsbau (3) klar im Vorteil. Klar im Nachteil sind Fußballtraditionalisten im Essener Norden. Statt Georg Melches – dem für die meisten vor allem nur noch rätselhaften Namen des Cluburvaters kick – soll die neue Arena laut "derwesten" einen Namenssponsor aus der Wirtschaft bekommen kick. Allerdings handelt es sich dabei um das allerunauffälligste Sponsoring der Fußballgeschichte: Die neue Anlage wird schlicht "RWE-Arena" heißen. Rheinisch-Westfälischer Kapitalismus, man muss ihn einfach lieben!

VfL/ Zwanzig Kilometer ostwärts heißen die Dinge schon längst anders. Namenssponsor des Rewirpower-Stadions sind die Stadtwerke Bochum und nach der Umbenenung des Ruhrstadion hat der kommunale Versorger nun die nächste Verwandlung ins Auge gefasst. In einer Anzeige haben sich die Bochumer Lizenzspieler in Haka-Pose ablichten lassen. Auffällig: Die Spieler aus der zweiten Reihe posen besonders grimmig. Auch die eher witzigen Ankündigungsplakate für die VfL-Spiele, die bislang die Abenteuer der Bochumerin Gerda zeigten, machen nun einem neuen Motiv Platz. Etwas Fankurve ist zu sehen und dazu das Motto: "Andere haben Trophäen, wir haben Euch!" Angesichts der chronischen Unzufriedenheiten mancher Bochumer Fanseele (kick) kann das allerdings auch als Klage verstanden werden.

BVB/ Im Pokal hat Lucas Barrios bereits getroffen, der neue Weltttorjäger des BVB, doch nun macht ihm Don Alfredo Pöge, Erbsenzähler des Weltfußballs den Titel streitig kick. Zu Pöge und seinen Fußballstistikern ist schon viel geschrieben worden, zum Beispiel im Spiegel.
Persönlich glaube ich ja, die alten Männer und der Republikflüchtling sind eine Art Fußballfreimaurerloge, die den Fußball unterwandern wollen, seine Geschichtschreibung monopolisieren um die ewige Herrschaft des Bösen einzuleiten.

S04/ Schalke hat(te) bekanntlich dieses interkulturelle Problem mit seinem Vereinslied. Für mich nur wieder ein Beispiel von "misheard lyrics". Auf der Nordkurve singen sie seit Jahren klar und eindeutig "Mo-ha-med war ein Prolet". Und was man so von Mohamed weiß – erst am Feuer, Walzwerk, Mannesmann, dann auf Stütze, nebenbei Taxi – muss ich sagen, sie haben recht!  

Wer gegen wen? Wie die Funzelliga startet

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Im Frühjahr wurde die Einführung der Funzelliga vom außerordentlichen DFB-Funzeltag in Düsseldorf abgenickt. Und morgen, Donnerstag 2. Juli um 11 Uhr ist es soweit. Die Liga stellt – natürlich live – den Spielplan für die beiden ersten Funzelligen vor, die am Freitag, 7. August mit dem "obligatorischen Freitagspiel" starten. Und wetten, dass zum Auftakt Magaths Schalke auf Ex-Magaths Wolfsburg trifft?!

Abb: ruhrbarone.de

Danach wird der Fußball aber ziemlich unübersichtlich. Zwischen Freitag 18 Uhr und Montag 22.15 gibt es rund 20 Stunden Livefußball im Fernsehen. Und bei dieser Dauerbefunzelung ist die 3. Liga – beginnt bereits Ende Juli – noch gar nicht mitgerechnet. Es kommen noch einmal zehn Spiele (zwei am Freitag, sechsmal Samstag, zweimal Sonntag; zumeist 14 Uhr) dazu – in der Regel.

Natürlich gibt es auch einige Ausnahmen vom so genannten "Kernspieltag". Aus den fünf "Parallelspielen" am Samstag um 15.30 werden nach "Abstellungsperioden des Weltverbands FIFA" sechs und das Freitagabendspiel um 20.30 wird stattdessen von Zweitligisten ausgetragen. Außerdem finden in fünf UEFA-Cup-Wochen keine Samstagsspiele während der ARD-Sportschau statt. Was ja ohnehin keinen Sinn macht, außer dass sich zwei Sendeformate hübsch kannibalisieren. Natürlich steht der Samstags-Sieger auch schon fest – es ist der gute alte Videotext.

Das ganze noch einmal in einer grafischen Zusammenfassung, gute Unterhaltung:

 

Finale Trainerdiskussion

"Noch zwei Siege, dann ist der Drops gelutscht."
(Felix Magath)

Ich mochte Schalkes Trainer Fred Rutten, das Rudi-Völler-Double, der sich nicht nur der Bundesliga übervorsichtig näherte. Ich habe mit ihm einmal in der Arena warme Curry-Suppe aus einem Glasfläschchen gesaugt, als er mich fragte, "waas is daas". Ich anwortete: "Suppe." Rutten: "Ah, Schuuppe." Es ist wirklich schade, dass er gehen musste – vor allem deshalb: Mein Lieblingstrainer war für einige Monate nicht mehr der farbloseste, vorsichtigste, ja, langweiligste seiner Zunft.

Bochum-Trainer Marcel Koller hat in dieser Saison nur zwei Fehler gemacht: Er hat sich nach Fankritik dazu breit schlagen lassen, einen Fanschal zu tragen, der nicht zu ihm passte. Wenigstens ließ er sich nicht auf den albernen Trainingsanzug und die Fußballschuh-Nummer ein! Und er hat nach der Genesung seiner Stamminnenverteidiger herum geeiert, um Anthar Yahia und Marcel Maltritz doch noch, irgendwie, in die Mannschaft zu kriegen. Weil das nur fast schief gegangen ist, wird der Schweizer wohl endgültig als Erfolgstrainer in die Bochumer Fußballgeschichte eingehen, der den Mythos der ewigen Abstiegskämpfer wieder aufleben lassen hat. Um nicht von "Unabsteigbar"keit zu reden; – als dieses Schlagwort in der Welt war, stieg der VfL auch schon das erste Mal ab. Das Kollers trockene, vorsichtige, ja: langweilige Art auch auf Spiele und Spieler abgefärbt hat, wird Koller oft vorgeworfen. Für mich beweist es nur, dass der Fußball-Existenzialist seine Mannschaft "hundertprozentig" erreicht.

Ich bin eigentlich kein Anhänger des Trainerfußballs. Ärgere mich bei TV-Übertragungen über jedes Bild von der Bank. So lange der Ball rollt, brauche ich keine brüllenden Mitfünfziger, interessiert es mich nicht, wie Sir Alex Ferguson (Man U) versucht sein Kaugummi zu zerstören. Das Spiel hat keine Nahaufnahmen von der Seitenlinie nötig, mir ist egal, wenn es Diskussionen mit dem vierten Offiziellen gibt, ob die Coaching Zone verlassen wird. Ich glaube, ich habe im Stadion während eines Spiels noch nie darauf geachtet, was gerade auf der Trainerbank vor sich geht außer bei den Aus- und Einwechslungen. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass es den Spielern groß anders geht.

Andererseits geht es bei den Trainerdiskussionen um etwas anderes, um Ideale. Fußball ist ein Mikrokosmos im Flutlicht, eine Scheinwelt, ein Olymp. So ähnlich wie Mode, wie Musik und Kunst, wie Second Life oder Casting Shows nehmen wir Anteil mit unseren Meinungen, Sympathien, Haltungen zum großen Spiel. Fußball ist ein Labor der Arbeit. Und die Trainer die Vorarbeiter, Vorzeigechefs.

Auch Jürgen Klinsmann, den sie nun "Hi Hi" nennen. Mir ist dieser JK schon immer zu sektiererisch, zu beseelt, ein bisschen Tom Cruise an der Linie. Ob bei der Nationalelf oder den Bayern. Dieses jeden jeden Tag ein bisschen besser machen zu wollen – wer will so einen anstrengenden Chef haben? Außerdem: Was riskiert ein Coach, der nebenbei Vorstand seiner Firma "Soccer Solutions" bleibt, der auch als Bundestrainer konkurrierende Fußballverbände beriet, Verträge für Turnierbälle aushandelte, was riskiert der außer seine Glaubwürdigkeit? Als Geschäftsmann für Fußball und Motivation ist Klinsmann eben sehr erfolgreich, als Trainer war und ist er es nicht.

Andererseits – Klinsmann im Gespräch mit Günter Jauch zeigte auch, wofür der Schwabe auch steht: Für Wandel, Veränderungen, die immer neue Suche nach Tempo, Klasse, Begeisterung, Weltgewandheit im deutschen Fußball. Erst beim DFB – heute immerhin ein Verband, der sich gegen Rassismus, Homophobie und für Dribbelkünstler mit Migrationshintergrund stark macht – dann bei den Bayern. Klinsmann scheiterte natürlich an sich, seinem peinlichen Psychosprech, fehlender Authentizität und "Rüberkomme", wenig Gelassenheit und Erfahrung, aber eben auch an den eitlen Alten in der FCB-Chefetage, den Netzers des Blätterwaldes, den Beleidigten bei Springer, an bockigen Spielern, verwöhnten Zuschauern. Am Mittwoch hat er mich trotzdem fast überzeugt.

Übrigens steht der neue Bayerntrainer Louis van Gaal nur vordergründig für den alten Schleifer, das Fußballlehrer-Style, das Karl-Heinz Rummenigge vorschwebt: Van Gaal schreibt Gedichte, kleidet sich wie eine Gestalt aus Tim und Struppi, steht auf hypermodernistischen Fußball und kämpft gegen Homophobie.

Noch ein JK, vielleicht  d e r  JK, die zur Zeit angesagteste Mischung aus Wahnsinn, Kompetenz und Charme im Fußball. Mit Jürgen Klopp hat Dortmund den Coup des Jahres gelandet. Die Stadt ist aufgewacht, die Mannschaft geht lange Wege, spielt kurze Pässe, wird Rekordsieger. Und plötzlich steht – nach müden Jahren – wieder Fußball im Mittelpunkt, nicht die ökonomischen Aufräumarbeiten der überdrehten Neunziger Jahre, nicht der Präsident, sondern ein Trainer.

Das gleiche will Schalke auch. Ausgerechnet Clemens Tönnies. Dabei steht der vorlaute Aufsichtsratschef, der erst zum Schalker wurde, weil der Bruder starb, auf deftig, sich, labern. Auch bei der Trainersuche. Wie ein Sonnenkönig ließ er Muskeln und Moneten spielen, verhandelte mit Olli Kahn, kokettierte mit Rudi Völler, um dann doch den Dortmunder Coup vom vergangenen Sommer zu toppen: Ein Fast-Schon-Meistertrainer auf Schalke, dem VW-Wolfsburg wurde der zur Zeit erfolgreichste deutsche Fußballlehrer abgeworben.

Dass Felix Magath auf Schalke einschlägt wie ein Klopp ist nicht gesagt. Aber Magaths Motivation ist einfach: Welcher Club in der Bundesliga kann den Bayern zum wirklichen Konkurrenten werden? Wer hat die Fans, Begeisterung, Hinterland und Tradition, welches Stadion kann mithalten mit der Allianzarena an der Mülldeponie? Er hat die Frage mit Schalke beantwortet. Ich wär mir da nicht so sicher. 

Der Rückrunde

Wenn der Winter fast vorbei ist
und der Frühling nicht mehr weit,
weiss ich, das es an der Zeit ist,
denn die Liga ist bereit.

Wenn die Schanzen fast schon grün sind
und die Pisten spieln ins braun,
sind wir endlich nicht mehr schneeblind,
dürfen Fußballspiele schaun.

Kein Geklacker der Gewehre,
auch kein Kufenrumpeln stört,
Eiskanal wird wieder Röhre
weil die Sonne Eis verdörrt.

Schlimmer als das Schneeverwehte
ist der Handballmarathon,
ein Geraufe und Geknete,
Blut, Schweiß, Tränen auf Beton.

Wenn der Winter fast verkrochen,
helle Tage werden lang,
Pause nun für Behles Jochen
und auch Uwe Müssiggang.

Foto: ruhrbarone.de

Werbung

Ein klassischer Fehlstart

Die Bundesliga ist gestartet. Am Freitag spielte Bayern gegen Hamburg. Vor dem Anpfiff wurde eine kurze Eröffnungszeremonie mit Fackeltänzerinnen und Feuerwerk abgehalten. Paul Pots gab seine schlanke Version von "nessun dorma". Und die übertragende ARD legte mal wieder einen klassischen Fehlstart hin.

 

Der Reihe nach: Paul Pots ist Gewinner einer britischen Talentshow, so ählich wie DSDS in nice. In England ist Pots seither ein Superstar mit Aufsteigermärchen: Ein Handyverkäufer aus Wales mit schiefen Zähnen wird zum Opernsänger mit gerichteten Zähnen. Und zur Werbe-Ikone der deutschen Telekom. Die hat nämlich einen Werbefilm über die Geschichte produziert, lässt Pots seit Wochen aufs deutsche Publikum los. Ergebnis: Paul Pots erste LP ist ein Verkaufsrenner. Motto des Werbeclips: "Erleben, was verbindet".

Um gute Verbindungen, genau darum geht es seit einigen Prozesstagen auch in Frankfurt im Prozess gegen Jürgen Emig. Vorgeworfen wird dem Ex-Sportchef des Hessischen Rundfunks, dass er gegen Geldzahlungen an die Agentur seiner Frau Liveübertragungen im öffentlichen Fernsehen arrangierte. Tanzverbände, Veranstalter von Stadtjubiläen oder Radrennen sollen mit dem einstigen Tour-de-France-Reporter solche Gegengeschäfte eingegangen sein. Natürlich hatte Emig auch mit den engen Geschäftsbeziehungen zwischen Telekom und ARD zu tun. klick "Das Erste" war bekanntlich jahrelang Co-Sponsor des Radsportstalls Team Telekom und Männer wie Emig am Mikrophon machten gleichzeitig kräftig Werbung für die cofinanzierten Pedaleure und den einstigen Staatskonzern. Heraus kam dabei das Gegenteil von Journalismus. Und jetzt schauen wir noch einmal auf das Aufmacherbild…

Paul Pots, einem Telekom-Werbeträger, hat die ARD am Freitag Abend mal wieder die ganz große Bühne bereitet. Damit es auch jeder merkt, stand auf dem weißen Gestell für den Tenor groß und fett "Das Erste". Dahinter leuchtete die passende Bandenwerbung auf: "Erleben, was verbindet". Wenig später spielten die Bayern auf, natürlich in Telekom-Wäsche. Immerhin wird Dr. Jürgen Emig diesen Ligaauftakt gerne gesehen haben. In diesem neuen Fall von Schleichwerbung und Interessenverquickung ist er garantiert unschuldig. Vor drei Jahren wurde ihm fristlos gekündigt.

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