Die Falle der Selbstreferentialität

Christian Wulff Foto: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Die ganze Welt diskutiert über den (Finanz-)Weltuntergang. Nur ein kleines Land irgendwo in Mitteleuropa diskutiert darüber, ob sein Häuptling die halbe oder nur ein Viertel Wahrheit gesagt hat. Das ganze Land? Nein, es ist nur ein kleiner Berufsstand, Journalistinnen und Journalisten, die tatsächlich glauben, das ganze Land damit beschäftigen zu können. Und weil sie sich mit den Politikerinnen da hinten im Osten des kleinen Landes, in Berlin immer um sich selbst drehen, wie die Erde, denken sie, sie seien die Erde. So kann man sich irren.

In den diversen Talkshows betonen die Vertreter des Journalistenstandes, wie einig sie sich in der Angelegenheit seien, und dass sie schon deswegen nicht irren können. Und merken nicht, wie peinlich dieses Eingeständnis fehlender Pressevielfalt ist. Wenn Spiegel und Bild zum gleichen Rechercheergebnis kommen, dann muss das wohl die Wahrheit sein – so ihre Logik. Geht es noch peinlicher?

Ich war und bin auch jetzt kein Anhänger oder Verteidiger des jetzigen Bundespräsidenten. Aber ich bin froh, dass es doch schwieriger als gedacht ist, die Insassen dieser Republik beliebig zu manipulieren. Allein deshalb bin ich schon froh, dass einer wie großen oder kleinen „Hälfte“ auch immer der altmediale Anti-Präsi-Shitstorm doch so stark am Arsch vorbei geht, dass die sich nicht zu einer Rücktrittsforderung entschliessen kann.

Die Taktik von Bild und Springer ist ja an Schmierig- und Widerlichkeit auch kaum noch zu toppen. Was mich daran am meisten stört, ist, dass sie den Präsidenten mit Verfehlungen überführen wollen, die kleinlich und unwichtig sind, verglichen mit dem, über was wir mit ihm und gesamtgesellschaftlich dringender diskutieren müssten.

Dazu gehören für mich die Fragen:
– welche Politik und Stategie hat dieser Mann als Aufsichtsrat bei VW und Porsche verfolgt? Da gings nicht um Häuschenkauf von ein paar Hunderttausend, sondern um Besitzverhältnisse von mehreren Milliarden und zigtausend Arbeitsplätze mit ökologisch grenzwertiger Relevanz, garniert mit Prostituiertenskandalen eines Politiker-, Gewerkschafter- und Industriellennetzwerks gegen das die Jungs von der Ergo-Versicherung ja wohl Waisenknaben sind; eine Dokumentation von Lutz Hachmeister über Peter Hartz hat gerade an diese Begebenheiten erinnert.
– was ist dran an Gerüchten, dass der Präsident mit der Europa-Krisen-Politik der Regierung Merkel nicht einverstanden ist, die ja in der Tat jede gesellschaftliche Debatte wert wäre, und der Herr deswegen an der einen oder anderen mehrere hundert Milliarden schweren Gesetzes-Unterschrift zweifeln soll? Und dass die ganze „Affäre“ eigentlich nur dem Zweck dient, ihm diesen Zahn oder diese Zähne zu ziehen? Warum wird darüber nicht öffentlich diskutiert, sondern nur in den Treppenhäusern und Hinterzimmern da hinten im Osten der Republik? Denken die

Continue Reading

Eurokrise: „Ja, aber ich will doch nur wissen, wer der Erste ist.“

Filmszene aus "Rainman" (USA 1988)

„Ja, aber wer ist der Erste? Wer der Erste ist, will ich wissen!“ Immer wenn Raymond Babbitt nervös wurde – und der Rainman wurde schnell und leicht nervös – flüchtete sich der von Dustin Hoffman so großartig dargestellte Autist in den schon unzählige Male immer wieder von ihm aufgesagten Fernsehsketch zweier US-Komiker. „Wer war der Erste, wer war der Zweite. Ich will doch nur wissen, wer der Erste war.“
„Hör jetzt auf mit dem Scheiß, Raimond!“ stoppte ihn sein jüngerer Bruder Charlie Babbitt. Tom Cruise als smarter Raffzahn, der es auf das Geld seines schwerstbehinderten Bruders absieht. „Der Erste, der Zweite, … – Ich habe Dir das doch schon tausendmal gesagt. Das ist ein Witz, Raymond. Das ist zum Lachen, So, und jetzt hör auf damit!“ – „Ja witzig. Zum Lachen.“ Die Erinnerung an ein bekanntes Signal. Dustin Hoffman spielt wieder die dösige Ruhe fernab dieser Welt. Raymond Babbitt war wegen einer Veränderung plötzlich stark überfordert und sehr nervös geworden. Irgendetwas hatte das extrem ritualisierte Alltagsritual aus dem Takt gebracht.

Continue Reading

Ruette: „Wir sollten Obama helfen“

Gestern erhielten wir doch diese SMS von Jürgen Rüttgers, dass unser Ministerpräsident heute sein "Statement" zu den US-Wahlen geben wird. Und zwar schwer bundespräsidential vor der Villa Hammerschmidt. Wir konnten es kaum aushalten, so gespannt waren wir. Euch wird es ja genauso gegangen sein, deshalb hier der besondere Service. Das hat R. heute morgen gesagt: "Barack Obama muss jetzt anpacken, aber darin besteht eine Chance und wir sollten ihm helfen». Natürlich geht Ruette selbst mit gutem Beispiel voran. Wie auf dem Bild zu sehen ist, wird er jetzt Hilfssheriff in New York. Congratulations!

Foto: Mediendatenbank.NRW.de