Hannelore Kraft (SPD) kann auch ohne die Stimmen der Linkspartei Ministerpräsidentin werden. Sie braucht nur etwas Geduld.
Angeblich plant Hannelore Kraft sich mit den Stimmen der Linkspartei zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen, wenn es mit der Ampel nichts wird. Dafür müsste sie einen politischen Preis zahlen. Und der wäre nicht günstig: Zu gelungen war die Demaskierung der Linkspartei durch Kraft und die Grünen Ende Mai, als dass sich die Linkspartei mit ein paar kleinen Zugeständnissen abspeisen lassen würde.
Und warum sollte Kraft mit der Linkspartei kungeln? Sie braucht die Stimmen der Linkspartei nicht, um Ministerpräsidentin zu werden. Sie würde es locker schaffen, wenn sich die Linkspartei enthalten würde. Die Stimmen ihrer eigenen Fraktion und der Grünen würden reichen. Ein Blick in die Landesverfassung zeigt, dass die Zeit für Kraft arbeitet:
Artikel 52(1) Der Landtag wählt aus seiner Mitte in geheimer Wahl ohne Aussprache den Ministerpräsidenten mit mehr als der Hälfte der gesetzlichen Zahl seiner Mitglieder.(2) Kommt eine Wahl gemäß Absatz 1 nicht zustande, so findet innerhalb von 14 Tagen ein zweiter, gegebenenfalls ein dritter Wahlgang statt, in dem der gewählt ist, der mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen erhält. Ergibt sich keine solche Mehrheit, so findet eine Stichwahl zwischen den beiden Vorgeschlagenen statt, die die höchste Stimmenzahl erhalten haben.
Grüne und SPD haben zusammen mehr Stimmen als CDU und FDP. Solange die Linkspartei nicht Rüttgers wählt, ist es absolut egal, was Zimmermann und seine Genossen im Moment alles Vorschlagen und planen.
Kraft könnte dann als amtierende Ministerpräsidentin auf die Union zugehen und eine große Koalition eingehen. Die Grünen könnten von einem solchen Weg überzeugt werden. Sie würden beispielsweise bessere Rechte beim Einsetzen von Untersuchungsausschüssen erhalten. Gedankenspiele in diese Richtung gibt es seit Wochen.
Eine Minderheitsregierung ist unwahrscheinlich: Kraft wäre als Ministerpräsidentin ohne eigene Mehrheit kaum eine starke Regierungschefin. Und nur als solche hätte sie eine Chance wiedergewählt zu werden. Dem Land stehen unangenehme Einschnitte bevor. Mit wechselnden Mehrheiten ist eine solche Politik nicht umzusetzen. Kraft wäre vom ersten Tag an eine lahme Ente.
Als Ministerpräsidentin könnte sie auch leichter Neuwahlen durchsetzen. Warten wir es mal ab. Vielleicht dient das ganze Gerede auch nur dazu, die FDP vor den Ampelgesprächen unter Druck zu setzen.