In Duisburg-Walsum sollte eigentlich am 27. Januar, dem internationalen Auschwitz-Gedenktag, „zum Gedenken an die Walsumer Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ ein Teil des Kometenplatzes in „Schalom-Platz“ umbenannt werden.
Dies berichtete die Stadtteilredaktion der WAZ im Duisburger Norden Mitte vergangener Woche. Darauf hatten sich alle Parteien in der Bezirksvertretung Walsum geeinigt. Doch daraus wird jetzt möglicherweise nichts.
Die Idee zur Platzbenennung hatte der Walsumer Grünen-Politiker Franz Tews, der auch Sprecher der Initiative „Erinnern gegen Rechts“ ist. Es habe nämlich „bemerkenswerte Recherchen und Aktionen seitens der Kirchen, Bürgerinitiativen und Schulen gegeben“, um „Licht in ein dunkles Kapitel der Walsumer Lokalgeschichte“ zu bringen. Nachdem nunmehr „die lange verdrängten Schicksals- und Leidensgeschichten der jüdischen Walsumer Familien eindrucksvoll der Öffentlichkeit“ bekannt gemacht worden seien, solle mit der Platzbenennung dauerhaft die Erinnerung an die Opfer wachgehalten werden.
Ein „Schalom-Platz“ in Walsum. Genauer gesagt: in Aldenrade, einem Ortsteil der bis in die 1970er Jahre selbstständigen Stadt am Rhein nördlich der Emscher. Ein Stück deutscher Erinnerungskultur. Nichts sonderlich Spektakuläres; nicht der ganze Platz, nur ein Stückchen. Nicht direkt überstürzt, sondern immerhin gut 65 Jahre nach dem Morden in dem idyllischen Bergarbeiterstädtchen. Und doch: eine anrührende Idee, ein schönes Wort: „Schalom Walsum!“
Ein „Schalom-Platz“ in Walsum. Schalom ist hebräisch und bedeutet etwa Unversehrtheit, Heil, Frieden. Eng wortverwandt mit dem arabischen Salam, moderner übersetzt: Gesundheit, Wohlfahrt, Sicherheit und Ruhe. Schalom ist das zentrale Wort im Judentum und ist der gängigste Gruß unter Juden – sowohl zur Begrüßung als auch zum Abschied: Frieden!
Eine kleine, fast unauffällige Geste des Andenkens an diejenigen, die als Deutsche voll in die Gesellschaft integriert waren, die sich meistens völlig assimiliert hatten, und deren Ruhrpott-Deutsch tausendmal besser war als ihr Hebräisch, das sie – eher schon folkloristisch – allenfalls bei religiösen Festen bemüht hatten, was sie jedoch dennoch nicht davor bewahrt hatte, „einfach so“ in die Gaskammern verfrachtet zu werden.
Nach 65 Jahren wollte der Stadtbezirk nun hingehen und in die Sprache der Ermordeten, mehr: in die ihnen zugeschriebenen Sprache, sagen wir: in ihr Wort für Frieden, Freundschaft und Wohlergehen ein kleines Stückchen Grün umtaufen. Schalom-Platz – warum eigentlich nicht?!
Warum nicht?! Auch dies war in der WAZ Duisburg-Nord zu erfahren: „CDU und SPD machen Rückzieher bei Schalom-Platz … CDU und SPD (zogen) den von ihnen mitformulierten Antrag in der Sitzung der Bezirksvertretung zurück.“ Ob es einen „Schalom-Platz“ in Walsum geben wird, steht deshalb in den Sternen.
Die Demokratie vor Ort kuscht vor dem Heimatverein Walsum e.V., über den im Internet nicht mehr zu erfahren ist, als dass ein gewisser Helmut Schorsch dessen Sprecher ist. Und jetzt kommt´s: „Man habe vergessen, den Heimat- sowie den Knappenverein einzuschalten, so die Fraktionsvorsitzenden Peter Hoppe (CDU) und Jürgen Feuchtner (SPD).“
Feuchtner entschuldigte sich inzwischen beim Heimatverein, der den Namen „Schalom-Platz“ ablehnt. Und der Vorsitzende Schorsch hat auch ein gewichtiges Argument dafür, warum. Denn: „Naziopfer-Gedenkstätten gibt es genug.“ CDU-Bezirkspolitiker Hoppe wollte es jetzt aber genau wissen. Im Geiste der direkten Demokratie bot sich ihm bei der Prinzenproklamation der Karnevalsgesellschaft (KG) Grün-Weiß Walsum in der Walsumer Stadthalle die Gelegenheit, das Volk direkt zu befragen.
600 Narren seien anwesend gewesen, steht in der WAZ. Und da hat der CDU-Fraktionschef einfach einmal „in die lustige Runde (gefragt), wer dafür sei, dass der Aldenrader Rathausvorplatz in „Schalomplatz“ umbenannt werden soll.“ „Keiner hat die Hand gehoben“, wusste Schorsch vom Walsumer Heimatverein zu erzählen, um daraus zu schlussfolgern: „Das Meinungsbild ist so, dass das keiner will.“ Als er das gehört hatte, war allerdings SPD-Feuchtner – nach eigenen Angaben – „umgefallen“. Er bleibe bei Schalomplatz; denn: „Das ist eine Sauerei ohne Ende, wie da Stimmung gemacht wird.“
Nur nicht in die Luft gehen! Und auch nicht Umfallen. Karneval ist doch dafür da, dass Stimmung gemacht wird. Und Heimatvereine gibt es genug. Karnevalsvereine auch. Schalom, Peace und Helau!