Drei Spiele, neun Punkte! An der Bilanz der ersten drei Pflichtspiele im Kalenderjahr 2023 von Borussia Dortmund lässt sich nicht herummäkeln. Auch wenn die dabei erbrachten Leistungen der Mannschaft bis zum 2:0 bei Bayer 04 Leverkusen vom Sonntag nicht wirklich berauschend waren, an den nackten Ergebnissen gibt es nichts auszusetzen.
Als BVB-Anhänger bleibt zu hoffen, dass Team und Umfeld jetzt nicht sofort wieder abheben. Leider sind erste Anzeichen in diese Richtung schon wieder zu erkennen.
Borussia Dortmund bereitet sich aktuell im spanischen Marbella im Rahmen eines Trainingslagers auf die Wiederaufnahme des Spielbetriebs in der Fußball-Bundesliga vor. Nach einer völlig enttäuschenden zweiten Jahreshälfte 2022 rangiert der BVB in der Liga derzeit nur auf Rang sechs. Der Trainerwechsel zurück zu Edin Terzic, der im Sommer Nachfolger seines eigenen Nachfolgers Marco Rose wurde, hat sich bisher nicht positiv bemerkbar gemacht.
Der Ruck, der schon im vergangenen Sommer durch die Mannschaft gehen sollte, er war, wenn es ihn denn überhaupt gab, nur von sehr kurzfristiger Natur. Vor diesem Hintergrund wirken die aktuellen Aussagen von Kapitän Marco Reus, die er nun im Rahmen eines Mediengesprächs tätigte, geradezu erschreckend gleichtönig und uninspiriert. Reus wird hier mit Aussagen zitiert, die nichts anderes als Standardaussagen und wohlklingende Floskeln sind. Wo da die dringend erforderliche Aufbruchsstimmung für eine erfolgreichere erste Jahreshälfte 2023 der Dortmunder Profikicker herkommen soll, bleibt völlig schleierhaft.
Im Sommer trennte sich Borussia Dortmund überraschend von Trainer Marco Rose. Dieser hatte die Verantwortlichen des Klubs bei einer Saisonanalyse nicht überzeugt. Nach der Vizemeisterschaft und dem frühen Aus in DFB-Pokal (gegen St. Pauli) und in der UEFA Champions League (Vorrundenaus), war das Vertrauen in den Coach schlicht nicht mehr groß genug, um mit ihm in eine weitere Spielzeit zu gehen.
Der BVB holte Roses Vorgänger Edin Terzic zurück, der zwar vergleichsweise unerfahren war bzw. ist, mit den Schwarzgelben im Jahr zuvor allerdings den DFB-Pokal gewann und dadurch zum Fanliebling der Anhängerschaft avancierte, was Rose von Beginn seiner Amtszeit an das Leben schwer machte.
Jetzt, wo die Bundesliga in ein paar Tagen in die rund zweimonatige WM-Pause geht, ist es Zeit einmal eine Zwischenbilanz zu ziehen, ob sich die Dortmunder unter Terzic gesteigert haben. Das Ergebnis ist ernüchternd.
Borussia Dortmund setzte sich am Samstag im Westfalenstadion mit 5:0 (3:0) gegen den VfB Stuttgart durch. Es war der erste wirklich überzeugende Auftritt des BVB seit Wochen, wenn nicht sogar in der gesamten Saison 2022/23.
Dementsprechend groß waren die Freude und die Erleichterung in Dortmund. Doch im Lager der Schwarzgelben sollte man sich nicht der Illusion hingeben, dass die Mannschaft jetzt (endlich) und dauerhaft verstanden hätte und auf dem richtigen Weg wäre. Zu häufig sendete der Kader in den vergangenen Monaten bzw. Jahren schon ähnliche Signale, nur um die eigene Anhängermannschaft kurz darauf wieder mächtig zu enttäuschen.
Der BVB macht es seinen Anhängern gerade schwer. Das spüre ich selber, bin ich doch schon seit den 1970er-Jahren ein Anhänger dieses Vereins. Meine Leidenschaft war zwischenzeitlich sogar so groß, dass ich in den 1990er-Jahren nach Niederlagen der Mannschaft an dem entsprechenden Wochenende nicht mehr ausgegangen bin, weil ich so sauer war. Ganz schön bekloppt, würde ich dazu im Nachhinein sagen. Aber es war wirklich so.
Derzeit ist meine Begeisterung für den BVB längst nicht mehr so groß. Und das, obwohl die Mannschaft in Summe immer noch deutlich erfolgreicher spielt als das in meinen frühen Jahren als Fan der Fall war. Ja, ok, derzeit läuft es nicht so, wie gewünscht. Trotzdem reden wir hier immer noch über eine der bestbestückten Teams des Landes, das den Anspruch hat Deutschland in der UEFA Champions League, als der sogenannten Königsklasse, zu vertreten. Das war in meinen ersten Jahren mit diesem Verein anders.
Am Mittwochabend trifft der BVB in der UEFA Champions League auswärts auf Manchester City. Eigentlich ein Fußballfesttag, auf den sich jeder Dortmunder freuen müsste. In diesen Tagen ist das jedoch anders.
Am Samstag um 15.30 Uhr tritt der BVB auswärts bei RB Leipzig an. Diese Begegnung ist schon seit Jahren keine wie jede andere. Große Teile der Dortmunder Anhängerschaft arbeiten sich seit langem am aus ihrer Sicht unbeliebten Konstrukt von Red Bull ab. Für ausreichend Emotionen war dadurch in den vergangenen Jahren bereits stets gesorgt.
Diesmal kommt jedoch noch ein besonderer Aspekt zusätzlich mit hinzu, und verleiht dem Aufeinandertreffen weitere Bisanz, wenn die Schwarzgelben sich mit dem Brauseklub aus dem Osten der Republik messen. Der neue Trainer der Leipziger ist seit heute Ex-BVB-Coach Marco Rose!
Und dass dieses Kräftemessen mit dem ehemaligen Arbeitgeber, den Rose nach Saisonende 2021/22 ungewollt und vorzeitig verlassen musste, für den neuen Übungsleiter von RB eine besondere Herausforderung darstellt, liegt nicht nur auf der Hand, das hat dieser bei seiner offiziellen Vorstellung bei seinem neuen Arbeitgeber auch herausgestellt.
Die Dortmunder stehen ihrerseits also vor einem Spiel, wo die Gefahr zu straucheln ungewöhnlich groß ist, aber eben auch die Chance zu beweisen, dass man aus der Vergangenheit tatsächlich gelernt hat und die Last-Minute-Pleite gegen den SV Werder Bremen eben nur ein unglücklicher Ausrutscher war.
Für den BVB hat sich heute Vormittag eine günstige Gelegenheit ergeben, seine seit Sommer 2017 ins Trudeln geratene Entwicklung kurzfristig endlich wieder in die richtigen Bahnen zu lenken. Der FC Chelsea aus London hat sich überraschend vom FIFA-Welttrainer des Jahres 2021, Thomas Tuchel, getrennt, der dadurch jetzt urplötzlich wieder auf dem Markt verfügbar wäre, um seine 2017 unsanft unterbrochene Aufgabe die Dortmunder zu einem europäischen Top-Verein zu formen zu einem glücklichen Ende führen könnte.
Als der BVB am Samstag sein Heimspiel gegen den SV Werder Bremen in den letzten Minuten noch komplett vergeigte, und aus einem 2:0-Vorsprung noch eine 2:3-Niederlage machte, da kam wohl nicht nur ich mir vor, als wäre ich in einer Zeitschleife gefangen.
Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Blogbeiträge ich in den vergangenen Jahren an dieser Stelle schon geschrieben habe, in denen ich die extreme Wankelmütigkeit der Schwarzgelben bei den Ruhrbaronen öffentlich kritisiert habe und wie häufig wir hier danach schon in eine Diskussion über die fehlende Siegermentalität des Kaders eingestiegen sind.
Nach dem hart erkämpften 1:0-Sieg gegen Bayer 04 Leverkusen zum Auftakt der Bundesligasaison 2022/23 in der Vorwoche sahen sich viele im Umfeld von Borussia Dortmund bereits auf dem Wege der Besserung. Ein Spiel, das in der Vorsaison im heimischen Westfalenstadion noch mit 2:5 verloren ging, konnte diesmal ohne Gegentreffer gewonnen werden. Das gab Mut.
Wie sehr der Optimismus rund um den BVB allerdings tatsächlich berechtigt ist, das könnte sich bereits an Spieltag zwei zeigen, wenn die Borussen am heutigen Freitag auswärts beim SC Freiburg gefordert sind, wo sie in der Vorsaison unerwartet glatt mit 0:2 unterlagen.