Einer der größten Umweltskandale in Nordrhein-Westfalen wurde gestern am Landgericht in Dortmund weiterverhandelt. Die Verteidiger des angeklagten ENVIO-Geschäftsführers Dirk Neupert gaben sich siegessicher – die Nebenkläger werden weiterkämpfen. Nachdem Thomas Kelm, Vorsitzender der Strafkammer, in der letzten Woche das Zwischenfazit im ENVIO-Prozess gezogen hatte, dass eine Verurteilung des wegen Körperverletzung „aus jetziger Sicht problematisch sei“, war die Enttäuschung groß. Die zahlreichen Krankheitssymptome der 50 Opfer, die als ehemalige ENVIO-Arbeiter dem PCB schutzlos ausgesetzt waren, würden „nicht zweifelsfrei“ auf die erhöhten PCB-Werte im Blut der Betroffenen zurückgeführt werden können, führte Richter Kelm aus. Am gestrigen Prozesstag beschrieb jedoch der vom Gericht bestellte Gutachter und PCB-Experte Prof. Dr. Wolfgang Rotard (TU Berlin) sehr anschaulich, wie giftig und gefährlich PCB ist. Der Prozess ist also noch nicht endgültig entschieden.
Das Gericht hatte zwar deutlich gemacht, dass es sich vor allem auf das Gutachten von Professor Albert Rettenmeier , der von der Staatsanwaltschaft bestellt wurde, bezieht. Für das Urteil im Prozess werden alle vorliegenden Gutachten und Beweismittel ausgewertet, aber man kann sagen, dass im Moment Rettenmeier zum „Hauptgutachter“ gemacht wurde. Diese Entscheidung erschliesst sich einem nicht ganz, hat doch Rettenmeier in seiner Ausführungen vor Gericht durch seine allgemeinen Aussagen wenig zur Aufklärung beigetragen.