Buli: Gibt es eine moralische Überlegenheit der ‚Traditionsvereine‘ gegenüber den ‚Werksclubs‘?

BVB-Boss Watzke wird von 'ProFans'  hart kritisiert. Foto: Robin Patzwaldt
BVB-Boss Watzke wird von ‚ProFans‘ hart kritisiert. Foto: Robin Patzwaldt

In einer am Samstag veröffentlichten Stellungnahme übt das bundesweite Fußball-Fan-Bündnis ‚ProFans´ harte Kritik an BVB-Boss Hans-Joachim ‚Aki‘ Watzke in Bezug auf jüngste Äußerungen des Sauerländers über den Zweitligaaufsteiger ‚RB Leipzig‘.

Den organisierten Fanvertretern zufolge habe Watzke dem vom Brausekonzern ‚Red Bull‘ gesponserten Aufsteiger gegenüber nun eine dramatische Kehrtwendung vollzogen, seine früher geübte Kritik entscheidend abgemildert. Hier die Pressemeldung im Wortlaut:

„Die bei ProFans organisierten Dortmunder Gruppen reagieren mit Unverständnis auf die zuletzt getätigten Äußerungen des Geschäftsführers der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA Hans-Joachim Watzke zum Thema Rasenballsport Leipzig.

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Euro: alea iacta est

Bild: "Die Chroniken von Baal" (Cover)

Die Ergebnisse des Euro-Krisengipfels in Brüssel liegen zur Stunde (Donnerstag gegen 18:00 Uhr) noch nicht vor. Doch seit Stunden sickern Einzelheiten aus den Verhandlungen über die Agenturen an die Öffentlichkeit. Daraus lässt sich immerhin die Richtung, die der Gipfel nimmt, klar erkennen: Europas verantwortliche Politiker bringen die Kraft auf, die Schuldenkrise Griechenlands zu managen und damit die europäische Gemeinschaftswährung zu retten. Die Richtung stimmt.

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Nun also Italien

Bild: Valerio Capello (via Wikipedia)

Es ist starker Tobak, den Welt Online am Sonntagabend publik gemacht hat. Beim Treffen der Finanzminister der Eurozone am Montagabend in Brüssel, bei dem auch der EU-Ratspräsident sowie die Chefs der Eurozone und der EZB zugegen sein werden, wird es nicht „nur“ um ein weiteres Rettungspaket für Griechenland gehen. Im Zentrum der Erörterungen werden die dramatisch gestiegenen Zinsen italienischer Staatsanleihen stehen, deren Niveau sich mittlerweile an einer „kritischen Schwelle“ befände.

Italien ist ein ganz anderes Kaliber als das vergleichsweise kleine Griechenland. Bei Italien handelt es sich um die drittgrößte Volkswirtschaft innerhalb der europäischen Währungsunion. Als Sofortmaßnahme, damit die europäischen Rentenmärkte nicht vollends außer Kontrolle geraten, fordert die EZB, das Volumen des Euro-Rettungsschirms zu verdoppeln. Von 750 Mrd. Euro auf 1,5 Bio. Euro. Dies will Welt Online „aus hochrangigen Zentralbankkreisen“ erfahren haben.

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Griechenland: „Vor 5 Jahren waren die Griechen noch zu schnarchig…“

Athanasios Papapostolou ist Inhaber der Animation- und Appproduktion Elevision in Köln. Der gebürtige Gelsenkirchener hat einen griechischen Pass und enge Kontakte in das Land seiner Eltern. Die Krise verfolgt er auch über griechische Medien. Er hadert: Mit Griechenland, aber auch mit der Sicht der Deutschen auf die Krise

Europa gibt Milliarden und die Griechen revanchieren sich, in dem sie eine EU-Fahne schwenken, in denen die Sterne ein Hakenkreuz bilden. Was ist los in Griechenland?

Athanasios Papapostolou: In Griechenland finden seit Wochen friedliche Demonstrationen statt. Neue bunte Bürgerbewegungen haben sich formiert, jeder darf auch 2 Minuten, wie im antiken Athen, auf einem kleinen Podest seine Meinung kundtun. Dabei zeigt sich dann auch das ganze Spektrum der Meinungsvielfalt. Die Nazifahne, die in den deutschen Medien gezeigt wurde, kann man getrost ignorieren. Derjenige der das getan hat, repräsentiert kaum die überwiegende Masse der Demonstranten. Das aber deutsche Medien dieses Bild abgreifen zeigt eigentlich nur die Qualität der hiesigen Berichterstattung. Sie ärgert nicht nur mich sondern auch viele andere Griechen hier in Deutschland.

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So etwas muss man sich vorher überlegen, Monsieur Strauss-Kahn!

Dominique Strauss-Kahn

So ganz genau steht es ja (noch) nicht fest, was sich am Samstag Mittag gegen 13 Uhr im New Yorker Luxushotel „Sofitel“ nahe Times Square ereignet hatte. Dominique Strauss-Kahn, der geschäftsführende Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF), soll gerade geduscht haben, so stellt es die New Yorker Polizei dar, als ein Zimmermädchen seine Suite betreten hatte, um zu putzen. Sie hatte nämlich angenommen, das Zimmer sei nicht mehr belegt. So etwas kann vorkommen; da muss wohl an der Rezeption etwas schief gelaufen sein.

Falls Sie jetzt fragen sollten, ob der Chef des IWF nicht von irgendwelchen Sicherheitsleuten bewacht wurde, weil der mächtigste Banker ja nicht irgendwer ist,

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Die Rettung naht (Teil 2): der Euro auf dem FDP-Parteitag

Gescheitert auf dem Parteitag: Frank Schäffler (Bild: frank-schaeffler.de)

Man merke es meinen Artikeln und Kommentaren überdeutlich an, ob ich etwas aus wahrer Überzeugung schreibe, oder deshalb, weil ich eine bestimmte Meinung vertreten müsse, heißt es in einem anonymen Kommentar. Wenn das stimmt, und – seien wir ehrlich – warum sollte das nicht stimmen, dann kann ich von der Lektüre dieses Beitrags nur abraten; denn das, was jetzt folgt, muss ich schreiben. Ich hatte nämlich Oliver Fink, einem FDP-Politiker aus dem Landstrich zwischen Nord- und Ostsee versprochen, ihm bei Gelegenheit zu „erklären, warum es Anti-Euro ist, wenn man darauf besteht, dass die bei der Einführung des Euro beschlossenen Grundsätze eingehalten werden.“

Euro, Anti-Euro – das ist Ökonomie, also ohnehin schon eine staubtrockene Materie. Und mitunter zu allem Überfluss auch noch ziemlich kompliziert. „Die bei der Einführung des Euro beschlossenen Grundsätze“ – ach Du lieber Himmel! Das kann ja spannend werden.

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Wolfgang Schäuble ist richtig sauer

Wolfgang Schäuble ist sauer. Das kommt gelegentlich vor; aber diesmal ist er richtig sauer. Kein Wunder: wie hat er denn dagestanden, als letzten Freitag das geheime Euro-Krisentreffen in Luxemburg stattfand und die ganze Sache schon Stunden zuvor in Spiegel Online nachgelesen werden konnte?! So etwas kann nicht ohne Konsequenzen bleiben. Deshalb hat der Finanzminister heute, sechs Tage nach der Indiskretion, damit begonnen, den Maulwurf zu jagen. Und zwar mit allen Mitteln:

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Beeindruckende Darbietung der FDP: die Rettung naht

Welch beeindruckende Darbietung! Die junge Garde an der FDP-Spitze hat sich ein neues Personaltableau gebastelt; das Publikum konnte die Inszenierung beinah live mitverfolgen. Für Spannung war reichlich gesorgt, dazu: Intrige, Verrat, menschliche Abgründe – im Grunde alles, was das Herz begehrt. Gewiss: Shakespeare war irgendwie besser, und das neue Personaltableau ist ganz so neu nun auch wieder nicht. Aber nach zehn Jahren Guido Westerwelle war das doch endlich mal eine willkommene Abwechslung. Nichts gegen Steuersenkungen – aber immer und ständig und nur?
Was waren wir das leid!

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Eigene Stärken bewusst machen, sich helfen und was sonst noch wichtig ist

Geht nicht, gibts nicht“, hat sie gesagt. Eine Heimwerkerweisheit, die ich nicht nur schon immer für unzutreffend gehalten habe, sondern auch – ich will es mal so sagen: für nicht besonders geistreich, dafür aber für ziemlich lästig. „Wohlergehen und Wohlstand ­ das heißt nicht nur ,mehr haben`, sondern auch ,besser leben`. Dafür brauchen wir Sie: die Menschen, die etwas besser machen wollen, die sagen: Geht nicht, gibts nicht“, sprach die Kanzlerin in ihrer Neujahrsansprache. Und auch dies: „Deutschland ist so erfolgreich, weil Sie Tag für Tag Ihre Arbeit machen. Sie sind früh morgens auf den Beinen.“ Ja, ich weiß, ist schon okay – da braucht sich niemand drüber aufzuregen. Über die Neujahrsansprache letztes Jahr hatte sich Claudia Roth „entrüstet“ – okay, ich weiß: auch so etwas soll vorkommen. Sie ahnen nicht warum. Angela Merkel hatte nämlich von einer „Sanierung der Staatsfinanzen“ gesprochen, aber ein „Schuldenvermehrungsgesetz“, so Frau Roth, durch den Bundesrat „gepeitscht“. Starkes Stück, nicht wahr?

Dieses Jahr ist es ruhig geblieben um der Kanzlerin warme Worte. Bislang jedenfalls. Dabei … – Schuldenvermehrung und so, diesmal hätte Claudia Roth eigentlich allen Grund, sich zu echauffieren. Merkel hatte nämlich auch gesagt, … – tun Sie mir bitte den Gefallen und sagen es der Roth nicht! Also, Merkel sagte: „Der Euro ist die Grundlage unseres Wohlstands. Deutschland braucht Europa und unsere gemeinsame Währung. Für unser eigenes Wohlergehen wie auch, um weltweit große Aufgaben zu bewältigen.“ Mehr nicht, jedenfalls nicht zum Euro. Aber immerhin. Nicht, dass die Roth das hört! Man könnte ja – böswillig interpretiert – da eventuell herauslesen … Und die meisten Nachrichtenredaktionen haben genau dies herausgelesen. Gut, dass sie nicht auch gesagt hat: „Gute Freunde sind da, um zu helfen, wenn es einer braucht“. Andererseits: gute Freunde, sich einfach mal Helfen, also Solidarität und so …

Das wäre doch eigentlich etwas für die Claudia Roth. Nun ja, egal, das wäre wahrscheinlich doch etwas zu riskant gewesen. Die Merkel regiert ja nicht allein für die Roth, wenn man sich nicht einmal bei der so ganz sicher sein kann. Jedenfalls hat sie wahrscheinlich gut daran getan, es nicht zu sagen. Dafür hat es aber jemand anders gesagt. Ja, das mit den guten Freunden. In Bezug auf den Euro, ja sicher, in Hinblick auf Griechenland. Was dachten Sie denn?! „Gute Freunde sind da, um zu helfen, wenn es einer braucht“ – Chinas Ministerpräsident Jiabao hat es gesagt. „Für viele angeschlagene Staaten scheint das Reich der Mitte der letzte Rettungsanker zu sein“, schreibt Ralf Heß bei heise.de. „Für die Volksrepublik ist der Zeitpunkt gekommen, jetzt die in jahrelanger Arbeit erwirtschaftete Dividende einzufahren. Die Freundschaftsbekundungen Jiabaos gegenüber den angeschlagenen EU-Staaten dagegen sind wohl kaum mehr als eine diplomatische Floskel, mit der den Staatschefs dieser Länder der Kaufvertrag über Europa schmackhaft gemacht werden soll.“

Aber gut, was soll uns groß interessieren, was der chinesische Regierungschef so von sich gibt? Schließlich haben wir selbst ja auch eine tolle Regierungschefin. Und die hat jetzt gesagt, in besagter Neujahrsansprache: „Gemeinsam haben wir Enormes geleistet. Wir haben erfahren, was möglich ist. Das ist wichtig, denn wir Deutschen sind uns unserer Stärken selbst nicht immer bewusst.“ Das ist diese typisch deutsche Art: ständig an der eigenen Nation herummäkeln. Machen wir uns also unsere eigenen Stärken bewusst! So wie jetzt z.B. der Cicero mit seinem Januar-Titel: „Vorbild Deutschland. Was die anderen an uns bewundern.“ So geht es doch auch. Sicher, das Titelbild ist Geschmackssache. Und auch die Story direkt darunter: „Welthandel in Gefahr: Chinas Angriff auf die Wirtschaftsordnung“. Aber so ist es nun einmal, da kann man nichts machen – außer natürlich: sich gemeinsam mit der Kanzlerin auf die deutschen Stärken besinnen.

James MacDonald hat diesen Cicero-Artikel über die Chinesen geschrieben. Der steht aber (noch) nicht online; er heißt: „Der Kampf um Rohstoffe“. Ein Historiker, überhaupt ein ulkiger Kerl, dieser MacDonald. Vor drei Wochen war in der FAZ über ihn zu erfahren, dass er Staatsschulden offenbar für „gar nicht so übel“ hält. Der Schuldenstaat sei die Wiege der modernen Demokratie, behauptet er. Kredit zu geben, privat oder öffentlich, sei stets Ausdruck von Lebensfreude und wirtschaftlichem Optimismus: Würden nämlich die Schuldner nicht glauben, dass die Rendite auf das geborgte Geld größer wäre als die Kosten von Zins und Tilgung, würden sie auf den Kredit verzichten. Auch die Gläubiger müssten darauf vertrauen, dass das Einkommen des Schuldenstaats in der Zukunft wächst. Wirklich ulkig: wirtschaftlicher Optimismus und Lebensfreude in einem Atemzug zu nennen! Und überhaupt: wenn Schuldenstaaten die Wiege, und nicht nur die, sondern überhaupt Kennzeichen der modernen Demokratien wären, müssten Überschussländer doch Diktaturen sein. Ansichten hat dieser Mann!

Beim Aufstieg zur ökonomischen und militärischen Großmacht gefährde China jetzt die Grundpfeiler der internationalen Wirtschaftsordnung, weil es den freien Handel und überhaupt den Zugang zu Rohstoffen behindere, schreibt MacDonald in der aktuellen Ausgabe des Cicero: „Mit großer Eile hat China in Afrika, Zentralasien und Lateinamerika Konzessionen ausgehandelt und Vermögenswerte gekauft, um seine Versorgung mit Erdöl, Metallen und Nahrungsmitteln zu sichern. In Afrika werden die Konzessionen bereits von chinesischen Soldaten bewacht.“ Na sowas! Da hatte Joseph Nye nicht zuletzt im Hinblick auf die chinesische Afrikapolitik den politikwissenschaftlichen Begriff der Soft Power geprägt, und dann schalten die Chinesen einfach mal so um auf Hard Power. Und zwar nicht nur in Afrika. China, um noch einmal James MacDonald zu zitieren, „hat seine Fähigkeit demonstriert, Satelliten mit bodengestützten Raketen zu bedrohen, hat eine landgestützte Flugabwehr-Trägerrakete entwickelt, die die US-Navy daran hindern soll, ihre traditionelle Rolle als Schutzmacht anderer ostasiatischer Länder zu erfüllen; und die Hochseeflotte wächst rasch, die Chinas Militärmacht in weit entfernte Regionen tragen soll“.

„Chinas Welt – Was will die neue Supermacht?“ titelt heute der Spiegel. Eine berechtigte Frage; denn „so wie es sich jetzt abzeichnet, wird es eine multipolare Welt so wenig geben wie eine unipolare. Es wird wieder eine Ost-West-Konfrontation geben, in der nur nicht mehr die UdSSR, sondern China die Rolle des Gegenspielers der USA übernommen hat. Die bipolare Welt 2.0.“ So zu lesen in Zettels Raum. Heimlich, still und leise baue China globale Machtpositionen auf, heißt es dort, „wie ein Schachspieler“. So mag es gewesen sein, wenn man rückblickend die letzten gut vierzig Jahre seit Kiesingers legendärem „Ich sage nur China, China, China“ betrachtet. Inzwischen aber ist China, will man im Bild bleiben, zum Blitzschach übergegangen. Von Soft Power, von Langsamkeit, gar von Heimlichkeit kann inzwischen keine Rede mehr sein. Es sei denn, man zählte diese Form von Heimlichkeit mit dazu: „Seltene Erden – China hält Exportquote künftig geheim“. Die Frankfurter Rundschau meldete am Freitag: „Das staatliche ,China Securities Journal` berief sich bei seinem Bericht am Freitag auf nicht genannte Regierungskreise. Üblicherweise veröffentlicht das Handelsministerium die Ausfuhrquoten der begehrten High-Tech-Rohstoffe zwei Mal im Jahr. Die Regierung will die Ausfuhr in der ersten Jahreshälfte 2011 um 35 Prozent drosseln.“  

Dazu muss man wissen, dass es sich bei den Seltenen Erden um die strategischen Rohstoffe überhaupt handelt. In zahlreichen Hightech-Bereichen werden Seltene Erden gebraucht, wobei China 97 Prozent der Weltproduktion innehat. Die USA beabsichtigen China wegen der Exportrestriktionen – in Bezug auf diese strategischen Metalle – vor der Welthandelsorganisation WTO zu verklagen. Nur zu! Kleine Zusatzinformation: der Weltmonopolist China benötigt selbst mehr Seltene Erden als die gesamte Produktionsmenge. Kurzum: der High-Tech-Branche steht weltweit eine dramatische Rohstoffkrise ins Haus. Die Volksrepublik hat hier – ganz unabhängig von ihrer Globalstrategie – alle Trümpfe in der Hand. Unterdessen arbeitet die chinesische Zentralbank daran, ihre Währung als globale Reservewährung aufzubauen – dies tatsächlich mit der strategischen Ruhe eines Schachspielers. Heute erreicht uns die Meldung, wonach China eine Möglichkeit entwickelt haben will, Plutonium und Uran aus abgebrannten Brennstoffen zu gewinnen.

Ein deutscher Europapolitiker hat kürzlich darauf hingewiesen, dass es seit langem nicht mehr um G7 oder G20 gehe. Vielmehr gehe es um G2 oder G3. „Entweder wird Europa der Dritte im Bunde mit China und den USA oder Peking und Washington entscheiden ohne uns„, sagte der EU-Kommissar für Energie. Unglaublich: es ist Günther Oettinger. Ob er dies inzwischen seiner Parteifreundin hat klarmachen können? Wie sagte sie es noch so treffend in ihrer Neujahrsansprache, unser aller Kanzlerin? „Wir haben erfahren, was möglich ist. Das ist wichtig, denn wir Deutschen sind uns unserer Stärken selbst nicht immer bewusst.“ Nun ja, und falls es mit dem Selbstbewusstsein demnächst mal wieder richtig bergab gehen sollte, immer dran denken: „Gute Freunde sind da, um zu helfen, wenn es einer braucht.“

Polit-Prognose 2011: alles intakt

Auf ins neue Jahr! Endlich wird es für Polit-Freaks wieder spannend. Sieben Landtagswahlen stehen auf dem politischen Kalender. Mindestens sieben; denn wenn die Minderheitsregierung in NRW nicht halten sollte, sind es schon acht. Und wenn die Koalition in Berlin platzen sollte, gäbe es auch noch Bundestagswahlen. Aber warum sollte sie?

Über Selbstverständlichkeiten braucht man nicht zu reden. Deshalb ist es fast schon überflüssig, auf diese beiden, nennen wir sie: Grunderkenntnisse hinzuweisen:
1. die bisherigen sog. „Volksparteien“ verlieren an Bindungskraft – trendmäßig, präziser: mega-trendmäßig. Denn es handelt sich hierbei um einen Megatrend. Und damit zusammenhängend:
2. in der Bundesrepublik Deutschland hat sich ein Fünf-Parteien-System fest etabliert. Wobei in dieser Aufzählung bekanntlich CDU und CSU als eine Partei gedacht sind, und „fest etabliert“ soviel bedeutet wie: so bleibt es erst einmal. Union, SPD, Grüne, Linke und FDP. Das sind fünf.
Man kann und darf ganz getrost an diesen beiden „Grunderkenntnissen“ festhalten, selbst wenn der Megatrend zulasten von CDU und SPD im kommenden Jahr mal eine Pause einlegen sollte, und wenn 2011 nach den meisten Wahlen nicht etwa fünf, sondern nur drei oder vier Parteien in die Landtage einziehen sollten.
Denn – kleiner Tipp für die Plauderei auf der Silvesterfeier: ein Trend ist ein Trend, und „mega“ ist überhaupt schon mal sehr gut. Will sagen: man wird Ihre Prognose in 2011 gar nicht empirisch überprüfen können; denn Sie prognostizieren ja gar nicht. Sie machen einfach einen Trend aus, wie gesagt: einen Megatrend. Am besten verwenden Sie zusätzlich noch das Adverb „tendenziell“ – kommt immer gut.
Auch in Hinblick auf das etablierte Fünf-Parteien-System. Hier ist der Terminus „System“ von entscheidender Bedeutung. System bedeutet hier so viel wie: insgesamt kommen fünf Parteien vor und hängen irgendwie miteinander zusammen. Also: nicht immer und überall, sondern nur im „System“.

Der Vorteil, sich parteiensystemmäßig nicht allzu genau festzulegen, liegt darin, dass – wie gesagt – in den meisten Fällen gar nicht fünf Parteien in die Länderparlamente einziehen werden. Das ist das eine, das andere: es ist noch nicht ganz klar, ob nach diesem neuerlichen Superwahljahr überhaupt noch fünf Parteien übrig bleiben werden. Ausgerechnet die beiden Parteien mit den klarsten inhaltlichen Profilen hadern gegenwärtig nicht nur mit ihren Vorsitzenden, sondern zeigen darüber hinaus existenzbedrohende Schwächen.
Die Linken weisen zwar stabile Umfragewerte um die zehn Prozent auf, allerdings nur bei der bundesweiten Sonntagsfrage. In Bezug auf die einzelnen Landtage ergibt sich jedoch ein völlig anderes Bild. Während die Linke im Osten Deutschlands als Volkspartei überall Platz Zwei belegt, bekommt sie in den westdeutschen Flächenländern kein Bein auf die Erde. Abgesehen von den drei Stadtstaaten und dem Saarland dümpelt sie allerorten um die Fünf-Prozent-Marke herum.
Hinzu kommt, dass – wenngleich geleugnet – auch inhaltlich die Grenze zwischen „Realos“ und „Fundis“ exakt dort verläuft, wo dereinst der Eiserne Vorhang heruntergelassen war. Dass dies in einem Jahr, in dem sich die neue Partei anschickt, ein Programm zu beschließen, die Spannungen, ja: Spaltungstendenzen deutlich erhöht, ist wenig überraschend.
Doch ganz unabhängig davon, was die innerparteilichen Ränkespiele ergeben werden: sollten nach den Anfangserfolgen die westdeutschen Landtage für die Linkspartei wieder in unerreichbare Ferne gerückt sein, hat sich das mit der Partei Nr. 5 im vermeintlich etablierten Fünf-Parteien-System erledigt. Mit ganz erheblichen Auswirkungen weit über die Partei Die Linke hinaus.

Für die FDP, die so klar für den Kapitalismus ist wie die Linkspartei dagegen, geht es in diesem Jahr ganz offenkundig ans Eingemachte. Daran ändert auch der Hinweis nichts, dass die FDP schon oft totgesagt worden sei, weil sie in der Mehrheit der Landtage nicht vertreten war und an der Fünf-Prozent-Hürde herumkreuchte. Dies ist ein Verweis auf die alte Bundesrepublik. Die Grünen waren weder stark noch stabil genug, den Liberalen die Rolle des Züngleins an der Waage streitig machen zu können.
Die FDP hat – daran ändert nicht einmal der Blick auf die unglaublich erfolgreiche, letzte Bundestagswahl etwas – ihre Funktion eingebüßt. Nicht mehr Funktionspartei sollte sie wenigstens inhaltlich etwas zu bieten haben. Die von Westerwelle ausdauernd betriebene Verengung auf die Marke „Steuersenkungspartei“ verschaffte der FDP den Rekord vom Herbst 2008 … und die einmalige Existenzkrise jetzt. Dies ist hinreichend erörtert worden.
Es bedeutet, dass die einzige Überlebenschance darin besteht, ein neues inhaltliches Angebot zu präsentieren und das dazu passende neue Personal. Westerwelles innerparteiliche Konkurrenten kommen dafür nicht infrage. Die FDP wird nicht überleben, nur weil Leute wie Brüderle, Gerhardt oder frustrierte Landespolitiker die Themen „Bildung“ oder „Bürgerrechte“ stärker plakatieren.
Auch ein Comeback Westerwelles bzw. der Aufstieg „seiner“ jungen Leute aus der zweiten in die erste Reihe können die FDP genauso wenig retten wie die Linksliberalen, die sich jetzt als mögliche Alternative zu Wort melden. Das ist so ehrenwert wie süß, aber sorry: da ist wirklich kein Platz mehr frei.
Für die FDP gibt es nur eine einzige Alternative zum Untergang, nämlich der nicht ganz offene, dafür umso nachhaltigere Wechsel zum Rechtspopulismus. Die Sache ist bereits im Gange, die Leute stehen längst bereit. Nicht die gute, alte Stahlhelmfraktion, keine Haiderisierung, und auch kein plumper Antisemitismus à la Möllemann. Die Rede ist vielmehr von den Herren rund um den liberalen Aufbruch.
Ohne eine allzu ruckartige inhaltliche Wende würde die FDP auf das Profil der Anti-Euro-Partei ausgerichtet. Die anderen Punkte sind für die Wutbürger bereits zurechtgelegt – unnütze, kostenträchtige Migranten („Sarrazin-Partei“), Vergesellschaftung der Kindererziehung („Familienpartei“). Sie werden jedoch in Hinterhand gehalten, weil die Anti-Euro-Kampagne erstens vor Verdächtigungen in punkto Rechtsradikalismus schützt, und zweitens sofortige wahlpolitische Erfolge verspricht.

Es steht keineswegs fest, dass sich diese Anti-Euro-Kräfte in der FDP durchsetzen werden. Es steht aber fest, dass die FDP entweder diese Wende zum Rechtspopulismus vollzieht oder aber von der Bühne verschwindet. Letzteres wäre für diese Bundesregierung zunächst einmal kein allzu großes Problem. Das mit dem Fünf-Parteien-System könnte man zwar vergessen, alles Andere schaut man sich dann nach der Bundestagswahl 2013 an. Ohne die liberalen Minister, versteht sich.
Wird jedoch die FDP in eine Anti-Euro-Partei transformiert, wäre die Bundesregierung schneller am Ende, als gegenwärtig so landläufig gedacht wird. Und falls Sie annehmen sollten, die Bundestagsfraktion würde solch einen Kurswechsel nicht mitmachen, empfehle ich Ihnen, sich einfach mal im FDP-Kreisverband ihrer Stadt umzuhören. Die Kameraden brennen nur drauf. Und mit solch einem populären Kurs hätte man auch nichts dagegen, vor die Wähler zu treten.
Was 2011 nicht ist, kann 2012 noch werden. Prost Neujahr! So wie die Dinge liegen, wird es tatsächlich bei einem Fünf-Parteien-System bleiben. Wahrscheinlich noch sehr lange. Und der Megatrend, dass die Volksparteien, oder sagen wir: die bisherigen Volksparteien an Zustimmung verlieren, wird intakt bleiben. Insofern können Sie bei Ihrem Polit-Smalltalk auf der Silvesterfete nichts falsch machen. Und noch ein Tipp: deuten Sie an, dass Ihnen der ganze Kram mit den Parteien sowieso mehr und mehr egal ist. Das kommt besonders cool. Und liegt im Trend. Sozusagen im Megatrend.