Frauensicherheit und Flüchtlingskrise. Spätestens seit der Silvester-Vorfälle vor einem Jahr scheinen diese beiden Themen untrennbar miteinander verknüpft. Durch jüngere prominent gewordene Verbrechen, die von Männern mit Migrationshintergrund an Frauen ohne einen solchen begangen wurden, ist die Debatte neu angeheizt. Der bevorstehende Jahreswechsel, den man heute Nacht auch in Köln nicht wird ausfallen lassen können, tut sein übriges. Doch was hat sich für Frauen wirklich verändert? Welche harten Fakten stehen zur Verfügung, wo wird gemogelt und was wird in dem Diskurs vergessen? Ein Blick auf das wesentliche.
Die Zahl der Asylanträge in Deutschland und Europa ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Das Jahr 2015, das als Beginn dieser sogenannten Krise datiert wird, war mit knapp einer Million Flüchtlingen der Höhepunkt dieser Entwicklung. In diesem Jahr wurden mit weiteren 300.000 gerechnet – eine erschreckend hohe Anzahl, die heute beinahe erreicht wurde. Auf 80 Millionen deutsche Staatsbürger und 357.168 km² verteilt sind diese Zahlen allerdings noch immer zu gering, um – besonders in Großstädten – wirklich ins Gewicht fallen zu können. Es sei denn, man glaubt, wie es viele zu tun scheinen, dass Gewaltstraftäter und Frauenverachter einen signifikanter Anteil unter ihn ausmachten. Verbrechen gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind ein beliebtes Argument gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. Rechtspopulisten nennen Männer afrikanischer und nahöstlicher Herkunft gerne abfällig „Antänzer“.
Der Journalist Martin Niewendick hat auf diesem Blog einen Text zum „Krieg der Männer gegen die Frauen“ veröffentlicht. Er listet dort Gewaltverbrechen auf, die unlängst von Männern an Frauen verübt wurden. Teilweise endeten sie tödlich, zumeist jedenfalls wurde der Tod des jeweiligen Opfers entweder bezweckt oder in Kauf genommen. Und wenn mitten in unserer Hauptstadt oder im provinziellen Hameln in Niedersachsen Frauen verätzt oder an einem Seil um ihren Hals hinter einem Auto hergezogen werden, dann gilt es dies selbstredend zu thematisieren. Nur auf diese Weise kommen wir nicht weiter.
Das Tagesgeschehen zu verfolgen bereitet mal wieder Schmerzen: Männer verbrühen Frauen, bevor sie achtzehn mal auf sie einstechen und sie dann bestehlen. Besuchen sie auf Arbeit und überschütten sie mit 30-prozentiger Salzsäure. Schmeißen sie Treppen herunter oder auf Gleise, bevor die Bahn einfährt. Und diese Liste, damit liegt Martin Niewendick nicht falsch, ließe sich beliebig fortsetzen. „Es herrscht ein Krieg der Männer gegen die Frauen. Scheinbar wahllos bewegen sich Männer wie Wahnsinnige durch die Landschaft um an nichtsahnenden, wehrlosen Frauen die grausamsten Verbrechen zu verüben“, resümiert er.
Das Klischee vom Mann als Täter. Es hat unterschiedliche Ursachen, biologische, wie gesellschaftliche, Y-Chromosom und Fußball. Und es ist wahr: Den meisten physischen Gewaltverbrechen machen sich Männer schuldig, wie in zahlreichen Statistiken immer wieder festgehalten wird. Verständlicherweise ermahnen Eltern ihre Söhne also nicht, in der Dunkelheit Abstand zu unbekannten Frauen zu halten. Und vor dem Hintergrund einer weiterhin patriarchalen Gesellschaft erscheinen einem solche Fälle, wie die, auf die Martin Niewendick sich beruft, umso bedeutungsschwerer. „[D]er pure Hass auf Frauen, gepaart mit einer Blutrünstigkeit, einer Willkür, einer rasenden Mordlust“ scheinen für sie verantwortlich zu sein. Einer genaueren Prüfung kann sein Märchen von einem Geschlechterkrieg, der sich in ihnen niederschlagen soll, jedoch nicht standhalten.
Liebende Mütter, die sich vorstellen könnten, etwas ganz anderes zu sein? Mitte 2015 wurde ihnen durch die israelische Soziologin Orna Donath eine Stimme verliehen. Mit ihrer Studie stellte sie die diversen Schicksale von Betroffenen erstmals einem breiterem Publikum vor. Wie nicht anders zu erwarten, loggte sich daraufhin alles, was am traditonellem Familien- und Gesellschaftsbild festhält, bei Twitter ein und schimpfte diese Frauen Barbaren. Und laut Edo Reents in der Frankfurter Allgemeinen hätte die Debatte um die ihre Mutterschaft bereuenden Mütter durch das im Februar erschienene Buch Regretting Motherhood gar nicht erst wiederbelebt werden sollen. Zum Jugendamt müsse man eigentlich gehen, ob dieses fatalen Egoismus. Denn Frauen, die sich in ihrem späteren Leben mit ihrer einst frei gewählten Mutterrolle nicht mehr bedingungslos wohl fühlen, hält er für fehlgeleitet, »herzlos« und »brutal«. Dies stellt vielleicht insofern eine Besonderheit da, als er sich dabei auf Adorno beruft.
Wir leben grundsätzlich in einer herrlich-pluralistischen Gesellschaft, in welcher nicht nur viele unterschiedliche Lebensentwürfe möglich sind, sondern jede*r auch permanent die Möglichkeit hat, sich über andere als den eigenen zu informieren. Zugleich ist es auszeichnend für unsere Gesellschaft, dass es (in verschiedensten Lebensbereichen) noch sehr jungen Individuen abverlangt wird, Entscheidungen zu treffen, die derart endgültig sind, dass sie in ihrer Ausgereiftheit erst für viel ältere Personen echte Konsequenzen haben werden. Moderne Menschen haben sich mit diesen Tatsachen längst abgefunden. Moderne Menschen wissen nicht nur, dass Frauen einen höheren Daseinszweck als die Fortpflanzung für sich entdecken können, sondern auch, dass ein vielfältiger Lebenslauf für diverse Interessen stehen kann und nicht für eine umtriebige Persönlichkeit stehen muss. Sich umzuorientieren, seine Meinung zu ändern und Jugendsünden oder auch Mittzwanziger-Sünden zu benennen als das was sie sind – all dies bedeutet Fortschritt. Wir verabschieden uns in diesem Jahrtausend von einem sehr großen Teil lästiger Verbindlichkeiten; wir dürfen uns hin und wieder neu erfinden.
Freilich ist es einfacher, seiner Einsicht auch Taten folgen zu lassen, wenn man erst im fünften Semester Informatik bemerkt, dass einem Mathematik nicht liegt, als wenn man das Leben seines dreijährigen Kindes gegen ein eigenes, erfüllenderes eintauschen wollte. Aus genau diesem Grund besteht für die bereuende Mutter mehr Redebedarf. Auf der anderen Seite könnte das Brechen ihres Schweigens einen wichtigen Beitrag zu der Entscheidungsfindung von kommenden Generationen junger Frauen darstellen, was offenkundig vielen Menschen Angst bereitet. Eine Angst, die die Evolution in den Tiefen unseres Unbewussten vergraben hat; die primitive Angst vor dem Aussterben.
Die Künstlerin Mercedes Alejandra Goudet Astudillo lebt und arbeitet in Köln. Geboren im venezuelanischen Caracas, erlebte sie eine Kindheit in einer politisch und religiös geprägten Umwelt. In ihren Gemälden beschäftigt sie sich mit der Gleichstellung der Geschlechter und religiöser Heuchelei. Als Autodidaktin kämpft sie mit ihren grafischen Inszenierungen für die Emanzipation der Frau, Liberalismus, Toleranz und die freie Verfügung über den eigenen Körper.
Zumindest für unseren Gastautor Christian Szymanek (30), der als Webentwickler in einer Werbeagentur arbeitet.
2013 war er Gegenkandidat von Ursula von der Leyen als Direktkandidat der Piratenpartei (eine ehemals recht präsente Kleinpartei) für den Wahlkreis 42 – Stadt Hannover II.
Feminismus – Das Gegenteil von „gut“ ist „gut gemeint“ und das Gegenteil von Wissenschaft ist Pseudowissenschaft. Beides kommt in den Sinn, wenn man sich anschaut, mit welcher Vehemenz und Unerbittlichkeit die Verfechter der Gender Studies gegen Kritiker zu Felde ziehen.
Eine solche Kritikerin ist die 27jährige Saskia Albarus, die Masterstudentin der Intercultural Communication Studies an der (auch von ihr selbst als „Hogwarts an der Oder“ bezeichneten) Uni Viadrina in Frankfurt an der Oder ist.
Albarus ist Humanistin und schreibt für das Magazin diesseits – in ihrem Blog veröffentlicht sie dabei primär feminismuskritische Beiträge.
Für die Ruhrbarone erklärt sie, wieso sie als moderne, junge Frau nichts mit den ideologischen Grabenkämpfen des heutigen Feminismus anfangen kann.
| Wattenscheider Schule Bastian Schlange Patrick Joswig21 Kommentare
Männer, wo seid ihr? Einst waren wir Abenteurer, Entdecker, Krieger. Die Herrscher einer Welt, die wir geformt und uns untertan gemacht haben. Was hat der Fortschritt nur aus uns gemacht? Playstation, Polstermöbel und Penis-Pumpe. Wir sind weich geworden. Bücklinge der Emanzipation. Heldenmut gibt es nicht mehr, Aggressionen sind aufs Scheißhaus verbannt. Frauen haben den Thron der Gesellschaft bestiegen und uns zu ihren willigen Knechten gemacht. Männer, wir sagen: Nein! Wetzt eure Schwerter und folgt uns auf den Pfad des Kriegers. Nur Waschlappen ergeben sich ihrem Schicksal. Wir waren bei dem Männer-Tantra-Abend einer Herzenskrieger-Gruppe. Ein Erlebnisbericht von Herrn Schlange und Herrn Joswig.
(diese und andere stories auf echtem papier im aktuellen ruhrbarone-magazin: rb#3 – männerwelten. einfach bestellen.)
„Wenn irgendwas schief läuft, boxt du uns raus, oder?“ Joswig zieht an seiner Kippe. „Ich hab echt Schiss.“ Der Rotschopf schaut zu Schlange. Sein Freund nimmt die Pornobrille von der Nase und schüttelt den Kopf.
„Alter, ich kann nur besoffene Typen aus ner Kneipe schmeißen.“ Schlange streicht sich mit der Hand über seinen Schnäuzer. „Ansonsten keine Kampferfahrung: Zivi gemacht und auf die Fresse gekriegt. Hast du gedient?“
Joswig grinst. Chucks und Hippie-Tasche passen nicht zur Bundeswehr. „Och, ich hab mich blöd schreiben lassen. Durfte da ein Jahr in so ner Praxis antanzen und mit meiner Therapeutin Kaffee trinken.“
„Ja, das kannste.“ Schlange reicht Joswig eine Kippe. „Aber das wird gleich kein Kaffeekränzchen. Wir treffen auf echte Krieger. Also reiß dich gefälligst zusammen, du Lusche.“
Die sexuelle Selbstbestimmung, Emanzipation, das Frauenwahlrecht – wenn jemand in den vergangenen 50 Jahren gepunktet hat, dann die Frau. Sie hat sich als moderne Kriegerin bewiesen, sich Rechte erstritten und begonnen die Gesellschaft zu verändern. Frauen sind unabhängiger geworden, haben einen Schritt in die Zukunft gemacht und müssen nicht mehr um jeden Cent betteln. Die Machtverhältnisse sind verschoben. Mit dem Wandel kommen neue
Alice Schwarzer hat in Duisburg eine Vorlesung über Männer, Frauen und Gewalt gehalten. Dabei bezog die oftmals scharf kritisierte Feministin auch Stellung zum Fall Jörg Kachelmann. Doch was ist von der Frauenrechtlerin übrig? Oder: Who the fuck is Alice?
Die Tickets für die Vorlesung von Deutschlands Feministin Nr. 1 waren schnell vergriffen – auf dem Duisburger Campus tummelten sich am Dienstag Abend ungewohnt viele ältere Generationen. Im September wurde bekannt, dass Alice Schwarzer die diesjährige Mercator-Professur der Universität Duisburg-Essen erhält. Eine Aufgabe, die Weltoffenheit, aber auch Diskussionsbereitschaft erfordert.
Der erste Vortrag sollte sich um „die Funktion der Gewalt im Verhältnis der Geschlechter“ drehen. So richtig konnte sich kaum Einer vorstellen, was eine Alice Schwarzer darunter versteht. Im Vorfeld der Vorlesung spekulierten einige Besucher im Foyer des Audimax – wird sie sich zu Kachelmann äußern? Ja, sie wird. Freiwillig und direkt, wie manch einer der anwesenden 68-er es von Alice Schwarzer gewohnt ist.
Die Antwort
Seit vierzig Jahren ist Alice Schwarzer in Sachen Gleichberechtigung unterwegs – gegen Sexismus, gegen Diskriminierung und gegen den Abtreibungsparagraphen 218. Vierzig Jahre, die Alice Schwarzer zu einem Medienmagnet gemacht haben. Wann immer der Begriff der Gleichberechtigung in einer Polit-Talkshow fällt, ist die Mutter der deutschen Gleichberechtigung nicht weit. Dabei sagt sie selbst, dass sie es bedauert, immer auf die Frauenkiste reduziert zu werden. Leider haben wir in Deutschland nur die eine Ansprechpartnerin, wenn es um Frauenkram geht.
Kritiker behaupten, Schwarzers Ansichten seien veraltet und mittlerweile wirklich nicht mehr zeitgemäß. Und so war auch ihre Vorlesung am Dienstag nicht wirklich eine Überraschung. Wer ihr Buch “Die Antwort” (2007) nur grob überflogen hat, wird schnell erkannt haben, wohin das Ganze führt. Das Thema des sexuellen Missbrauchs ist wichtig und muss angesprochen werden – leider scheint Alice Schwarzer ihre bekannten Thesen aus aktuellem Anlass einfach mit ein paar frischeren Zahlen aktualisiert zu haben.
Das eigentliche Problem der ganzen Veranstaltung: Seit einigen Wochen begleitet Alice Schwarzer den Kachelmann-Prozess für die BILD-Zeitung. Hätte sie den Namen “Kachelmann” in ihrer Vorlesung nicht fallen lassen, wäre sie eindeutig glaubhafter. Denn wenn das Thema “Männer, Frauen und Gewalt” heißt, gehört dazu einiges mehr als ein Wettermoderator, über deren Schuld oder Unschuld wir bis heute nichts wissen. Wenn Frau Schwarzer den Kachelmann-Fall ziemlich am Anfang einer Vorlesung als “Schauprozess” tituliert, bleibt ein fader Nachgeschmack. Objektivität sieht anders aus.
Gerade weil das Thema des sexuellen Missbrauchs durch den Fall Kachelmann medial wieder präsent geworden ist, muss darüber geredet werden. Doch die Art wie Alice Schwarzer sich als BILD-Reporterin engagiert, lässt Zweifel an ihrer Unvoreingenommenheit aufkommen. Die BILD-Zeitung präsentiert jeden Morgen auf Seite 1 ein neues Nackedei, daneben steht nun die Berichterstattung zu Kachelmann. Gender-Bewusstsein geht anders. Meint man.
Denn Schwarzer sieht darin keinen Widerspruch – vielmehr hat die vermeintlch Kachelmann-freundliche Berichterstattung von Qualitätsmedien wie ZEIT oder SPIEGEL Alice Schwarzer gestört: „Es gab diese beiden gewaltigen Leitmedien, die die Stimmung in Deutschland zum Kippen brachten. An der Stelle habe ich mich eingemischt“, sagt Schwarzer.
Doch wie viel Idealismus hat Alice Schwarzer noch? Ihre Arbeit für die BILD lässt sich vielmehr im Kontext ihres Lebens betrachten: 1978 verklagt Alice Schwarzer zusammen mit anderen Frauen den Stern (sog. Sexismusklage). Die Titelbilder seien zu sexy, ja geradezu sexistisch. Erfolg hatte sie damals wenig, aber es war immerhin ihre erste Aktion gegen pornografische Bilder. 2004 nahm Alice Schwarzer “Die goldene Feder” der Bauer Verlagsgruppe an – ein Verlag, der kurz vorher den deutschen Playboy verlegt hat. 2007 hat Alice Schwarzer Werbung für die BILD gemacht, 2010 schreibt sie selbst Beiträge für das Boulevardblatt.
Immer wieder wurde in den letzten Jahren Kritik an der Vorzeige-Feministin laut. Jeder neuer, moderner Feminismus („Wellness-Feminismus“) wird von Alice Schwarzer abgelehnt und sie geht noch weiter: „Ich bin mit Verlaub nicht abzulösen!“, stellt Alice Schwarzer 2008 fest. Da scheint es fast ironisch, wenn Frau Schwarzer bei ihrer Vorlesung in Duisburg über mangelnde Solidarität bei Frauen spricht.
Alice Schwarzer sagt von sich selbst, sie sei humorvoller geworden und versuche, Vielem eine Prise Ironie entgegen zu bringen. Sie ist vielleicht eine Über-Feministin, am Ende aber nur eine Durchschnittsfrau. Denn nicht nur sie ist humorvoll: Die meisten jungen Frauen heute sind selbstbewusst und das mit einem Augenzwinkern. Sie können den Mann mal als Macho nehmen und mal als Freund. Aber immer als Mensch.
Und auch wenn Alice Schwarzer oft als verbissen bezeichnet wird: Vor ihrer ausgeprägten Toleranz gegenüber Boulevardmedien konnte man sie wenigstens als Feministin ernst nehmen. Durch ihr Verhalten in den letzten Jahren und insbesondere in den letzten Monaten hat Frau Schwarzer ihr Lebenswerk nach und nach degradiert.
Vielleicht ist es kein Zufall, dass ausgerechnet ein Mann das Bedürfnis vieler junger Frauen von heute auf den Punkt bringt, wenn Harald Schmidt ironisch anmerkt: “Wir werden nie vergessen, dass sie den Feminismus nach Deutschland gebracht hat, aber aus dem Tagesgeschäft soll sie sich bitte raushalten.”
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